In diesem Workshop soll es um das Spielen eines gelungenen Blues-Basssolos gehen! Vor einiger Zeit habe ich euch bereits den Workshop “5 Survival-Tipps für die nächste Blues-Session” präsentiert. Bei einem solchen Jam kann es natürlich durchaus auch mal passieren, dass man als Bassist in die Verlegenheit kommt, ein Blues-Basssolo spielen zu dürfen – bzw. zu müssen. Vielleicht hat man sogar richtig Lust darauf, schließlich ist ein Solo ein intensiver Ausdruck des kreativen Musikmachens aus dem Moment heraus! Und eigentlich tun wir Bassisten das ja auch schon die ganze Zeit, wenn wir Basslines improvisieren: Wir stellen die Akkorde harmonisch dar und verbinden diese miteinander – nur eben mit einfacherer Rhythmik.
Genau wie im ersten Workshop zum Thema Blues soll es hier auch nicht zu weit führen, sondern ich möchte euch ein paar Tipps geben, wie man mit einfachen Mitteln relativ schnell ein authentisches Blues-Basssolo spielen kann. Wobei das Wort “Solo” an sich irreführend ist, impliziert es doch, dass man alleine ist.
Die gute Nachricht: Die Band spielt in Wahrheit in der Regel weiter, d.h. es ist schon ordentlich was los und wir müssen eigentlich gar nicht mehr so viel machen, wie wir vielleicht zunächst annehmen. Viele Bassisten/innen sind keine erfahrene Solisten, da das Solospiel nicht gerade zu ihren Hauptaufgaben innerhalb der Band gehört.
Aus diesem Grund fühlt man sich nicht selten im entscheidenden Moment wie in einen Western-Film, wenn ein Fremder den Saloon betritt: Die Musik stoppt, die Leute hören auf zu sprechen, und jeder starrt dich an! Man fühlt sich exponiert und unter Druck, unbedingt so viel wie möglich “abliefern” zu müssen. Das ist aber eigentlich gar nicht so!
1. Das Wichtigste beim Blues-Basssolo: Selbstvertrauen und “ruhig Blut”!
Kommen wir deshalb zuerst zu zwei der wichtigsten Werkzeuge, die für ein gutes Solo notwendig sind: Ruhe und Selbstvertrauen. Klar, das klingt wie ein Spruch von einem Kalenderblatt, ist aber doch nur allzu wahr! Nur wenn wir im wahrsten Sinne des Wortes Vertrauen in uns selbst haben sowie in das, was wir spielen, können wir unser Publikum und unsere Mitmusiker überzeugen.
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Solieren bedeutet auch keineswegs, alles abzuliefern, was man jemals geübt hat. Also ruhig Blut, denn “weniger ist mehr”. Nimmt dir Zeit, dir selbst zuzuhören und langsam etwas zu entwickeln. Kommuniziere und interagiere mit den anderen Musikern. Und habe keine Angst davor, auch mal daneben zu hauen. Egal was passiert, du kannst im Grunde immer nur gewinnen! Bist du mit deinem Solo zufrieden, bekommst du eine schöne Bestätigung für deine Zeit und Energie, die du investierst hast. Das fühlt sich verdammt gut an und beflügelt!
Im anderen Fall gewinnst du aber ebenso! Bist du nämlich unzufrieden mit deinem Solo, so kannst du bestens aus deinen Fehlern lernen und als Musiker wachsen. Die Herausforderung dabei ist, seine eigenen Fehler als etwas Positives zu sehen! Sie sind die beste und schnellste Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Etwas esoterisch könnte man es so ausdrücken: Fehler sind deine Freunde, nicht deine Feinde! Hier gibt es erst einmal das Playalong, zu dem du eigene Ideen ausprobieren kannst:
2. Das richtige Tonmaterial für ein Blues-Basssolo
Ein gutes Blues-Basssolo zeichnet sich also nicht wirklich dadurch aus, welches Tonmaterial zum Einsatz kommt, sondern eher durch die Art und Weise, wie dieses verwendet wird. Deshalb beschränken wir uns hier und heute auf die Allzweckwaffe schlechthin in punkto Tonmaterial: die Blues-Pentatonik. Bei ihr gilt nämlich die Devise “Jeder Schuss ein Treffer”, will sagen: Mit ihr können wir zumindest über einen Blues eigentlich nicht falsch spielen. Manche Tönen passen natürlich an manchen Stellen besser, manche schlechter, aber das verrät uns unser Ohr schnell von selbst.
Unser Beispiel-Blues für diesen Workshop steht in G-Dur. Die Akkorde, welche vorkommen, lauten G7, C7 und D7. Durch eine glückliche Fügung können wir über alle Akkorde die Blues-Pentatonik in G-Moll spielen. Das klingt erst einmal komisch: Über drei Akkorde, die auch alle noch Dur-Akkorde sind, passt eine Moll-Pentatonik? Ja, das ist so und diese Tatsache kann man sogar handfest erklären, was jedoch an dieser Stelle zu weit führen würde. Nehmen wir diese Tatsache daher einfach dankbar zur Kenntnis, denn wir wollen ja Dinge vereinfachen, nicht verkomplizieren.
Damit unser Blues-Basssolo auch schön transparent klingt, rücken wir in die höheren Lagen des Griffbretts und beschränken uns gleichzeitig auf einen gewissen Bereich. Diese Einschränkungen in punkto Tonmaterial und Lage ist keinesfalls schlecht, sondern eher förderlich! Es ist immer besser, sich auf wenige Mittel zu reduzieren, die man auch wirklich beherrscht.
Gerade, wenn man noch kein sehr erfahrener Solist ist, kann man diese Mittel dann auch wirklich bewusst und musikalisch einzusetzen. Ansonsten überfordert man sich schnell. Erweitern kann man sein Spektrum ja später immer noch.
Hier hört und seht ihr die Moll-Blues-Pentatonik in Noten und Tabs:
3. Rhythmische und harmonische Start- und Endpunkte für ein Blues-Basssolo
Haben wir einmal die Pentatonik unter den Händen, geht es darum, mit ihr kleine melodische Bausteine zu bilden (sogenannte “Motive”), aus denen unser Solo besteht. Die Pentatonik lediglich rauf und runter zu spielen, ist leider noch kein echtes Blues-Basssolo.
Nun aber wird es schwierig für uns Tieftöner: Seit Äonen wird uns beigebracht, den Grundton zum jeweiligen Akkord zu spielen – und zwar möglichst auf der Zählzeit 1! Beides ist beim Solospiel jedoch kontraproduktiv und führt dazu, dass nicht gerade Spannung aufkommt.
Hören wir uns dazu zwei Beispiele an: Nummer 1 beinhaltet die beschriebene “Falle” für uns Bassisten/innen und orientiert sich an dem Grundton und der Zählzeit 1:
Puh, das ist nicht gerade aufregend – da verliert man wirklich schnell die Lust am Zuhören! Bei Beispiel Nummer 2 habe ich daher versucht, nicht auf dem Grundton zu starten und zu landen. Zudem beginne oder beende ich meine Motive nicht auf der 1. Dies lässt sich auch schön im Notenbild erkennen:
Na, das klingt doch gleich deutlich interessanter und spannender – sowohl für die Zuhörer, als auch für unsere Mitmusiker – und natürlich für uns selbst! Nicht falsch verstehen, der Grundton ist natürlich nicht verboten, wirkt aber eben schnell langweilig, wenn häufig auf ihn aufgelöst wird. Gleiches gilt für die Zählzeit 1.
4. Das Frage-Antwort-Prinzip
Ein schönes Motiv macht allerdings leider noch lange kein Blues-Basssolo, denn wir müssen ja schließlich 12 Takte füllen. Falls wir länger solieren, vielleicht sogar 24, 36 oder noch mehr Takte. Stell dir einfach vor, dein Solo sei quasi eine Konversation und jedes Motiv darin ein gesprochener Satz. Sinnvollerweise sollten sich die Sätze aufeinander beziehen und sich eine Art “Gespräch” oentwickeln. Alternativ kannst du es auch als Frage-Antwort-Spiel mit dir selbst sehen. Das könnte dann ungefähr so klingen:
Das klingt für mich schon wie eine sinnvolle Unterhaltung, die sich hier langsam entwickelt. Das erste Motiv stellt eine Art Frage dar, das zweite die Antwort. Die Frage kann auch wiederholt werden und eine alternative Antwort folgen, oder Teile davon werden in die nächste Frage übernommen etc. Die Hauptsache ist, es besteht eine logische Verbindung.
Um dies zu üben und nicht in die Falle zu tappen, einfach drauflos zu dudeln, probiere Folgendes: Spiele das erste Motiv, das dir spontan in den Kopf kommt, dann mache Pause und höre in dich rein, was du als Antwort darauf hörst. Dein Ohr soll dir die Richtung vorgeben, nicht deine Hand am Griffbrett!
Um dir den Anfang zu erleichtern, gebe ich dir ein Motiv als Ausgangspunkt vor. Ich spiele es im ersten, dritten, fünften etc. Takt, im zweiten, vierten etc. Takt soll die Antwort darauf von dir erfolgen. Höre es dir am besten ohne Instrument an und ich wette, dein inneres Ohr hat sofort die passende Antwort parat, ohne dass du deinen Bass dazu brauchst.
Als Vorschlag sind hier zwei von vielen möglichen Antworten:
5. Dynamischer Aufbau bei einem Blues-Basssolo
Um einen oder mehrere Bluesformen interessant zu gestalten, ist es wichtig, das Solo dynamisch zu steigern. Wenn wir gleich bei 100% einsteigen und jede mögliche Note im Takt spielen, bleibt kein Raum für Entwicklung mehr und die Spannung ist schnell raus. Also auf jeden Fall immer schön luftig starten und die Sache erst allmählich verdichten. Das kann z.B. durch längere Motive oder komplexere und/oder dichtere Rhythmik geschehen.
Als letztes Beispiel gebe ich dir ein Blues-Basssolo über 24 Takte (entspricht zweimal der Bluesform), in dem genau dies und die vorher genannten Punkte gut zu hören sind:
Soweit für heute! Mit diesen Tipps solltest du erstmal über die Runden kommen und die nächste Session mit einem schönen Blues-Basssolo souverän meistern!
Bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt