Audio-Technica AT2050 Test

Der japanische Hersteller Audio-Technica ist für Mikrofone mit einem teils sehr guten Preis-Leistungsverhältnis bekannt.

Audio_Technica_AT2050_01Titel

Vor allem in der 40er-Serie gibt es mit dem Röhrenmikro AT4060a oder dem Ribbon AT4080 einige hervorragende Produkte, die im mittleren Preissegment angesiedelt sind, sich mit ihrem Klang aber problemlos mit kostspieligeren Konkurrenten messen können. Das AT2050 sitzt dagegen am oberen Ende der 20er-Serie und ist damit sozusagen das Größte unter den Kleinen. Ob der Großmembraner mit seinem Straßenpreis von unter 250 Euro ebenfalls teurer klingt, als er ist? 

Details

Umschaltbare Richtcharakteristik

Das AT2050 ist eines der wenigen Mikrofone von Audio-Technica, die eine umschaltbare Richtcharakteristik bieten. In dieser Hinsicht erinnert das Mikrofon ein wenig an seinen Namensvetter aus der 40er-Serie (das AT4050). Die beiden Rücken an Rücken liegenden Membranen der Doppelmembrankapsel können über den Pattern-Schalter auf der Vorderseite des Gehäuses in unterschiedlichen Kombinationen von Spannung und Polarität kombiniert werden, dementsprechend ändert sich das Richtverhalten. Die Optionen liegen bei Niere, Kugel und Acht. Damit ist das AT2050 grundsätzlich recht flexibel einsetzbar.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Pattern-Schalter befindet sich am unteren Ende des Gehäuses.

Die goldbedampften Membranen wurden einem künstlichen Alterungsprozess unterzogen und liegen mit ihrem Druchmesser etwas unter einem Zoll – und damit auch unter der allgemein gängigen Norm für Großmembraner. Dies lässt sich als eine interessante Eigenheit des AT2050 begreifen. Eine kleinere Membran wird oft mit einem etwas nüchterneren Klang in Verbindung gebracht; meiner Meinung nach handelt es sich hier keinesfalls um einen Kritikpunkt.

Durch das Drahtgeflecht des Mikrofonkorbs lässt sich die Kapsel erkennen.
Durch das Drahtgeflecht des Mikrofonkorbs lässt sich die Kapsel erkennen.

Geringe Empfindlichkeit

In Sachen Schalldruckverträglichkeit ist das AT2050 alles andere als ein Sorgenkind. Mit einem maximalen Schalldruckpegel von stattlichen 149 dB (bei 1 % THD) kann es problemlos mit den lautesten Quellen umgehen, denen man im Studioalltag begegnet. Das zusätzliche Pad, das die Grenze um weitere 10 dB nach oben schraubt, ist aller Voraussicht nach nur dann nötig, wenn ein angeschlossener Preamp von zu heißen Signalen überfahren wird und mit seinem Regelweg nicht genügend Spielraum nach unten bietet. Allerdings hat das Mikrofon ohnehin keinen besonders hohen Output. Bei einer für Kondensatormikrofone recht niedrigen Empfindlichkeit von 7,9 mV/Pa ist am Vorverstärker durchaus zu bemerken, dass man vergleichsweise viel Saft geben muss, um den Pegel einer Stimme auf ein angemessenes Niveau zu heben. Dies ist zwar längst kein KO-Kriterium für ein Mikrofon, in Kombination mit sehr leisen Schallquellen und einem Audio-Interface, das ebenfalls aus der Einsteigerklasse kommt, könnte man aber durchaus ein erhöhtes Rauschen feststellen. Noch niedriger sollte die Empfindlichkeit jedenfalls nicht sein.

Fotostrecke: 3 Bilder Das AT2050 von hinten.

Spinne und Tasche enthalten

Das Audio-Technica AT2050 wird in einer Pappschachtel geliefert und ruht dort in einer Schaumstoffpolsterung. Ein Case, wie man es von der 40er-Serie her kennt, ist nicht enthalten, dafür aber ein dünn gepolstertes Täschchen aus Kunstleder, das bei Lagerung oder Transport für grundlegenden Schutz sorgt.

Fotostrecke: 2 Bilder Auf diesem Bild verdeckt die Spinne den Pattern-Schalter vollständig, das Mikrofon kann aber noch tiefer in die Halterung geschoben werden, sodass die Bedienelemente sichtbar werden. Die Bedienung ist dadurch allerdings trotzdem erschwert.

Eine solide wirkende Spinne ist ebenfalls im Paket. Es gibt zwar keine Verankerung, mit der sich das AT2050 festschrauben ließe, das Mikrofon sitzt aber trotzdem so sicher an seinem Platz, dass man sich auch bei gewagteren Mikrofonpositionen keine Sorgen machen muss, dass es aus der Halterung rutschen könnte. Die Bedienelemente werden zwar nicht vollständig von der Spinne verdeckt, beim Pattern-Schalter lässt sich allerdings die Beschriftung nicht mehr erkennen, und auch das Umschalten gestaltet sich etwas frickelig, solange das Mikro in der Spinne sitzt. Mit zwei Millimetern mehr Luft nach oben wäre dies kein Problem gewesen.

Praxis

Solider Klang, aber kein Wunderkind

Man kann durchaus mit dem Audio-Technica AT2050 arbeiten, klangliche Kunststücke, die weit jenseits der Preisklasse liegen, darf man jedoch nicht erwarten. Ganz ähnlich wie bei vielen anderen Großmembranern aus dem Einsteigerbereich macht sich vor allem im Übergang zwischen den hohen Mitten und den Höhen eine gewisse Schärfe bemerkbar, wobei dies in unterschiedlicher Ausprägung für alle Richtcharakteristiken gilt. 

Das AT2050 zusammen mit dem Neumann TLM 103.
Das AT2050 zusammen mit dem Neumann TLM 103.

Bei Gesangsaufnahmen in Nierencharakteristik fehlt es dem Klang auch bei Besprechung aus geringem Abstand ein wenig an Fundament, was sich jedoch gut durch nachträgliche Bearbeitung mit einem Equalizer beheben lässt. Dies sorgt nebenbei dafür, dass der Präsenzbereich im Kontext leicht gezähmt und die leichte Tendenz zum Gifteln etwas weniger deutlich wird. Anzumerken ist allerdings, dass Harschheit im Fall von kräftiger gesungenen Rock-Vocals noch wesentlich deutlicher zu Tage treten würde als in unseren Audios. Wie fein aufgelöst die Höhen klingen könnten, zeigt dagegen das Neumann TLM 103 – wobei dieses mit einem etwa dreimal so hohen Preis zu Buche schlägt. Ganz fair ist dieser Vergleich also nicht.

Audio Samples
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AT2050: Vocals (10 cm) AT2050: Vocals (10 cm, Trittschallfilter) AT2050: Vocals (30 cm) TLM 103: Vocals (10 cm) TLM 103: Vocals (30 cm) AT2050: Vocals (10 cm, Processed) TLM 103: Vocals (10 cm, Processed)

Helle Kugel und dünne Acht

Um die weiteren Richtcharakteristiken anzutesten, wurde das AT2050 als Raummikrofon bei einer Schlagzeugaufnahme aufgestellt. Die Kugel bewegt sich in dieser Situation recht nah an der Niere, gibt sich aber noch etwas heller und fängt geringfügig mehr Raumklang ein. Der Unterschied könnte durchaus deutlicher ausfallen. In der Richtcharakteristik Acht wirkt der Klang dagegen überraschend dünn und unnatürlich. Da sich bei Verwendung dieses Patterns ein sehr ausgeprägter Nahbesprechungseffekt bemerkbar macht, lässt sich der Notstand im Bassbereich beim Close-Miking aber zumindest recht gut ausgleichen. 

Audio Samples
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AT2050: Drumroom (Niere) AT2050: Drumroom (Kugel) AT2050: Drumroom (Acht)

Fazit

Neben der hohen Schalldruckverträglichkeit ist der Punkt, dass es sich beim Audio-Technica AT2050 um ein Multi-Pattern-Mikrofon handelt, zwar durchaus erfreulich, der allgemein etwas dünne Grundklang mit der leichten Tendenz zur Harschheit bleibt aber bei der Verwendung aller Pattern erhalten. Vor allem bei der Richtcharakteristik Acht äußert sich das sehr deutlich. Abgesehen davon gibt es einige weitere Kleinigkeiten, die besser gelöst sein könnten: Das Gehäuse ist zwar stabil, aber von kleinen Unreinheiten übersät, die Verwendung der mitgelieferten Spinne erschwert das Erreichen der Bedienelemente und der Output ist relativ gering. Ja, das AT2050 ist vor allem in Nierencharakteristik ein grundsätzlich solide klingendes Mikrofon für Einsteiger. Den klanglichen Wow-Effekt und das außergewöhnliche Preis-Leistungsverhältnis, wie man sie von einigen Mikros aus Audio-Technicas 40er-Serie her kennt, kann es meiner Meinung nach aber nicht bieten. 

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • umschaltbare Richtcharakteristik (Niere, Kugel, Acht)
  • sehr hohe Schalldruckverträglichkeit
  • stabiles Gehäuse
  • günstiger Preis
Contra
  • in den Höhen etwas unnatürlich, Richtcharakteristik Acht klingt dünn
  • Empfindlichkeit an der Untergrenze (geringer Output)
  • kleine Makel auf der Oberfläche
  • Spinne erschwert das Erreichen der Bedienelemente
Artikelbild
Audio-Technica AT2050 Test
Für 219,00€ bei
Audio_Technica_AT2050_11Ende

FEATURES UND SPEZIFIKATIONEN

  • Empfängertyp: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere, Kugel, Acht
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48 V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 7,9 mV/Pa
  • Impedanz: 120 Ohm
  • Gräuschpegelabstand: 77 dB, 1 kHz bei 1Pa
  • Maximaler Schalldruckpegel: 149 dB SPL (1% THD+N), 159 dB mit Pad
  • Vordämpfung: 10 dB
  • Lowcut-Filter: 80 Hz (12 dB/Oktave)
  • Preis: € 239,– (Straßenpreis am 15.05.2017)
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