Behringer Ultravoice UV1 Test

Der Behringer Ultravoice UV1 ist ein Channel-Strip mit eingebautem Audio-Interface. Genauer: Preamp, Kompressor, De-Esser, Enhancer, Expander/Gate, zweikanaliges 192kHz-USB-Interface und Monitoring-Sektion.

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Dass der Behringer UV1 Kanalzug aus vielen Bestandteilen besteht, ist nicht die Besonderheit, sondern der Preis. Wie es geht, ein solches Gerät für wohl um die 200 Euro feilbieten zu können, ist mir nicht bekannt.

Details

Viele Glieder ergeben eine Kette

Preamp für Mikrofon und Line-Level

Im Einleitungstext ist schon grob dargestellt, aus welchen Modulen der Behringer UV1 zusammengestellt ist. Es beginnt mit einem Preamp, der über eine frontseitige Combobuchse Mikrofon- und Line-Signale akzeptiert und mit bis zu 60 dB verstärkt. Es gibt eine zuschaltbare Phantomspeisung und ein dreipoliges Hochpassfilter bei 80 Hz, aber keine Umschaltung auf Instrument-Level/Impedanz. Wer also seinen E-Bass oder seine E-Gitarre anschließen möchte, muss noch eine separate DI-Box davor schalten. Diese gibt es preiswert, aber es ist eben ein weiteres Gerät nötig (und ein weiteres Kabel).

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Kompressor mit zwei Reglern

Auf der Frontplatte des Behringer-Channels-Strips schließt sich rechts ein Zweiregler-Kompressor an, dessen Potis mit “Drive” und “Density” beschrieben sind. Das sind etwas merkwürdige Bezeichnungen für den Threshold und die Release-Zeit, also den Wert, ab dem der Kompressor arbeitet und der Zeit, die er für das Zurückregeln benötigt. Sicher verstehen Laien so die Funktion besser, aber es ist schon nicht verkehrt die korrekten Bezeichnungen zu verwenden. Zweifelsohne war der dbx 286S das “Vorbild” des UV1, hier findet man sogar die gleichen Bezeichnungen.

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De-Esser zum Entschärfen

Scharfe S-Laute sind ein häufiges Problem bei Sprache und Gesang, ein De-Esser verringert diese. Behringer benutzt hier die klassischen Parameter Frequenz und Threshold, um den De-Esser dem Signal möglichst gut anzupassen.

Enhancer ist ein halber EQ

Die Enhancersektion soll helfen, das Audiosignal spektral zu optimieren. Behringer geht hier den Weg, eine “Enhancer”-Sektion statt eines klassichen EQs zu verwenden. Dieser ist für viele leichter einzustellen, aber eben auch unflexibler. Die LF-Sektion des Enhancers ist im Grunde ein EQ, der um 80 Hz herum anhebt, und bei 250 Hz breitbandig absenkt. Das HF-Band hingegen arbeitet dynamisch und hebt nur dann als Shelf an, wenn das Signal in diesem Bereich genug Pegel zeigt.

Weitere Dynamikeinheit

Anschließend gibt es eine Expander-/Gate-Sektion, die keine Einstellung von Zeitparametern ermöglicht. Die Regelbarkeit beträgt sich darauf, unterhalb welchen Pegeln abgesenkt wird (Threshold) und wie stark das dann geschieht (Ratio).

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Nach den Beasrbeitungsschritten: Monitoring

Daran schließen sich eine globale Verstärkung und eine kleine Monitoringsektion an. Letztere erlaubt, über Kopfhörer ein vom Computer versendetes Signal (z.B. Playback zum Draufsingen) im Verhältnis zum Eingangssignal abzuhören.

Metering integriert

Mehrere Meter zeigen den Eingangspegel, die Gain Reduction sowie das Über- oder Unterschreiten des Thresholds in den beiden Dynamikeinheiten. Eine Clip-Anzeige im Output warnt vor Verzerrungen. Leider gibt es nur einen globalen Bypass, es lassen sich nicht die einzelnen Module aus dem Signalweg nehmen (geschweige denn in ihrer Abfolge verändern).

Anschlüsse, Routing, Daten 

Das Signal im UV1 kann per Insert-Send-Return-Punkt zu anderen Geräten zur Bearbeitung geleitet werden, also beispielsweise einen vollwertigen EQ. Oder aber das Signal wird per Send abgegriffen und somit gesplittet. Über den analogen Ausgang des Behringer-Channels kann das Signal per XLR oder große Klinke versendet werden. Gleichzeitig geht das Signal intern zum zweikanaligen AD-Wandler, dessen zweiter Channel mit einem externen Signal gefüttert werden kann, das an einem weiteren Line-In auf der Rückseite anliegen kann. Das DA-Signal des Wandlerchips liefert der UV1 an den Kopfhörerverstärker, wo per Mix-Regler das Verhältnis zwischen USB-Playback und (mono summierten) Analogsignalen eingestellt werden kann. Bis 192 kHz beträgt die Sample Rate, Windows-Rechner benötigen Treiber, Macs nicht. Angesichts des Preises kann es wohl nur ein Land geben, in dem Elektronik zu diesen Konditionen entstehen kann, nämlich China. So wird auch der UV1 dort gebaut.

Fotostrecke: 3 Bilder Auf der Rückseite ist auch ein ISR zu sehen.

19 Zoll. Warum eigentlich?

Behringer beherbergt den Ultravoice UV1 in einem 19-Zoll-Gehäuse. Sehr schön: Das Netzteil ist im Gehäuse integriert. Wenn man aber bedenkt, dass 19”-Racks hauptsächlich von Personen eingesetzt werden, die mehrere Geräte verwenden, der UV1 aber ein ideales Erstgerät und einziges Gerät ist, keimt doch die Frage auf, warum kein Desktopgehäuse gewählt wurde. Das könnte der ambitionierte Sänger auf den Tisch neben den Computer stellen, Mikrofon und Kopfhörer anschließen und glücklich sein. Ein 19”-Gerät ist da doch arg sperrig. Allerdings fehlt für das eben beschriebene Szenario dann doch die Möglichkeit, ein Speakerpaar anzuschließen. Mehrere Audio-Interfaces gemeinsam an einem Rechner zu nutzen, ist oft eine etwas ungelenke Lösung.

Praxis

Nein, nicht “audiophil”, aber trotzdem in Ordnung

Behringer ist bekannt dafür, vollmundige Bezeichnungen zu verwenden. Woher das Selbstbewusstsein rührt, auf einem sehr, sehr preiswertes Gerät für den Massenmarkt den Begriff “audiophil” erscheinen zu lassen, ist mir allerdings schleierhaft. Natürlich ist dieser Begriff in keiner Weise fest definiert oder geschützt, doch die Allgemeinheit verbindet damit doch genau entgegengesetzte Eigenschaften. Nicht dass der Klang “schlecht” wäre: Insgesamt kann man mit dem Behringer UV1 durchaus vernünftig arbeiten. Der Mic Pre arbeitet clean (vielleicht etwas kantig) und bewegt sich klanglich auf dem Niveau von Preamps normaler Audio-Interfaces. Verwendet man dynamische Mikrofone, wie etwa Tauchspulenmikrofone wie das Shure SM7B oder Bändchen wie das the t.bone RM-700, können 60 dB Maximalverstärkung etwas wenig sein, zumal der Vorverstärker des Behringer-Channel-Strips im geringeren Verstärkungsbereich dynamisch besser agiert. Muss man den Amp stark aufreißen, nimmt das Rauschen überhand. Ich würde also dazu raten, den UV1 mit Kondensator- oder zumindest aktiven dynamischen Mikrofonen zu betreiben.

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Audio Samples
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dynamisches Mikrofon, UV1 analog out dynamisches Mikrofon, separates Audio-Interface Kondensatormikrofon, UV1 analog out Kondensatormikrofon, UV1 USB Kondensatormikrofon, separates Audio-Interface

Drive ist mehr als Threshold

Der Kompressor packt ordentlich zu und kann den Durchschnittspegel eines Signals gut verstärken. Mit der Density, die links eine sehr hohe und rechts eine schnelle Releasezeit bewirkt, lassen sich die meisten Signale gut unter Kontrolle halten. Und es fällt im Betrieb auf, dass Drive tatsächlich nicht nur den Threshold bestimmt, sondern auch ungefähr dazu passend das Make Up Gain.

Zu starke Settings ergeben “F” oder “TH”

De-Essing gelingt immer dann gut, wenn es die Möglichkeit gibt, sich zunächst die detektierten S-Laute in den Monitorweg zu legen. Das fehlt beim Behringer Ultravoice UV1, genauso wie ein separater Bypass, der allen Einheiten gut zu Gesicht gestanden hätte. Schön ist aber, dass die De-Essing-Unit nicht sofort allzu brutal vorgeht, sondern bei moderaten Reglerstellungen mit Bedacht entschärft. Allerdings kann die Einheit auch sehr stark zupacken und jedes “S” in ein “F” oder “TH” verwandeln.

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“Bump”-Ähnlichkeit

Die kombinierte LF-EQ-Regelung des Enhancers arbeitet entfernt wie die “Bump”-Funktion von Harrison-Filtern oder der Pultec-Trick: Es wird angehoben, etwas darüber aber abgesenkt. Dadurch entsteht eine Art “Fokus”, die vielen Signalen guttut. Vor allem tiefe Stimmen bekommen damit ein kräftiges Fundament, werden gleichzeitig nicht dröhnend. Vom HF-Regler hätte ich mir etwas weniger Biss gewünscht, in jedem Fall hilft es aber etwas müden Signalen zu mehr Frische. Allerdings wird es der Anfänger genau damit wahrscheinlich schnell übertreiben. Viele Stimmen, die mit Kondensatormikros mit nicht allzu geringem Abstand aufgenommen wurden, werden diese Regelung kaum brauchen.

Dynamikeinheit zwei packt kräftig zu

Gate und Expander könnten nach meinem Geschmack aufgrund des Fehlens von Attack, Hold und Release und regelbarer Hysterese ein rundes Knee gebrauchen, also auch bei starken Änderungen etwas sanfter öffnen und schließen. Um im Livebetrieb ein Bleeding in Spielpausen zu verringern oder ein allzu stark rauschendes Signal zu bändigen, reicht die Einheit aber allemal. Übrigens: Wenn es zu sehr rauscht, ist sicher oft der Kompressor zu heftig eingestellt und der HF-Enhancer zu weit aufgedreht.

Audio Samples
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dynamisches Mikrofon ohne Processing dynamisches Mikrofon mit Kompression dynamisches Mikrofon volles Processing Kondensatormikrofon ohne Processing Kondensatormikrofon volles Processing

Auf der rechten und der Rückseite alles klar

Der Kopfhörerverstärker macht seinen Job ordentlich und kraftvoll genug, die Regelungsmöglichkeiten sind praktisch und selbsterklärend. Der USB-Anschluss unter macOS Big Sur war eine Wonne: Kabel verbinden und im Programm direkt auswählen, so soll es sein. Und wie von einem heutigen Gerät zu erwarten, fiel das digital gewandelte Signal gegenüber dem analogen qualitativ nicht ab. Um hier unterschiede zu erkennen, müsste man sich in die Sphären hochwertigerer Wandler und analoger Kettenglieder begeben.

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Fazit

Es erscheint klar: Der Behringer Ultravoice UV1 funktioniert in erster Linie über den absurd geringen Preis. Schließlich ist der UV1 nicht nur ein umfangreich ausgestatteter Channel Strip, sondern auch ein Audio-Interface. Natürlich kann man sowohl für die Bedienelemente als auch für die Klangeigenschaften eine lange Liste mit Wünschen erstellen, allerdings muss all das ja dann auch bezahlt werden. Einzig: Konzeptionell ist der Behringer Ultravoice nah an einer All-in-One-Lösung, an die an nur noch das Wunschmikrofon anschließen muss. Allerdings wären dazu zumindest rudimentäre Monitoring-Controls für Lautsprecher notwendig.

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Features & Spezifikationen

  • Channel-Strip für Mikrofon- und Line-Signale
  • eingebautes 2/2-USB-Interface (192kHz/24Bit)
  • Mic Pre mit HPF und 48V
  • Zweiregler-Kompressor
  • De-Esser
  • Enhancer
  • Expander/Gate
  • Kopfhörerverstärker mit Monitoring
  • ISR
  • 19″/1HE
  • Netzteil eingebaut
  • Preis: $ 179 (MSRP [netto] in den USA, hiesiger Preis am 15.12.2021 noch nicht bekannt)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • besonders preiswert
  • umfangreiches Processing
  • Audio-Interface integriert
  • Kopfhörer-Monitoring
Contra
  • kein richtiger EQ
  • einige Kleinigkeiten
Artikelbild
Behringer Ultravoice UV1 Test
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Profilbild von Marco Heger

Marco Heger sagt:

#1 - 02.01.2022 um 06:49 Uhr

0

Sorry aber was soll ich denn nun mit dieser Audio Datei machen? Damit kann ich wirklich nichts anfangen. Dazu noch irgendwie im Wohnzimmer mit allen Reflexionen aufgenommenen. Also hier hätte ich eher eine professionelle Vocalbooth erwartet und eine gescheite Aufnahme. Aber ja, ist ja auch nur ein Behringer Dingsda.... Muss ich halt mal selber ausprobieren.

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