Drawmer MPA-90 und CPA-50 Test

Seitdem aktive Abhörmonitore die Tonstudios dieser Welt erobert haben, sind Endstufen für passive Monitorlautsprecher, zu denen die Drawmer MPA-90 und CPA-50 Class-D Stereoendstufen zählen, eine rare Gerätegattung geworden.

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Die beiden Class-D-Amps im direkten Größenvergleich von vorne…

Aber immer noch gibt es passive Studiomonitore wie den Auratone Cube oder das klassische Paar Yamaha NS10er, die mit endverstärktem Signal gefüttert werden wollen – und es gibt Stimmen, die sogar von einem anstehenden Revival des passiven Studio-Monitors munkeln. Die ATC SCM12 Pro beispielsweise sind brandneue, aber ebenfalls passive Systeme.

Drawmer bietet jetzt die Endstufen CPA-50 und MPA-90 an, konzipiert vornehmlich zur Verwendung mit ihren Monitor-Controllern aus der MC-Reihe (MC1.1, MC2.1 und MC3.1), aber natürlich in Verbindung mit jedem anderen Paar passiver Studiomonitore und auch Hi-Fi-Boxen.

Details

Drawmer CPA-50 Power Amplifier

Die kleine Stereo-Endstufe hat eine Kantenlänge von lediglich 17 Zentimeter, ist somit nur unwesentlich größer als eine CD, bringt aber dennoch eine Leistung von zweimal 50 Watt (an 4 Ohm) oder gebrückte 100 Watt (an 8 Ohm) auf die Ausgänge. Das Gehäuse besteht aus Stahlblech und ist Drawmer-typisch komplett in schwarz gehalten. Die kleine Kiste wiegt lediglich 1,25 Kilogramm, nicht viel für eine 50 Watt-Endstufe. Aufbau und Ausstattung der Mini-Endstufe ist auf das Wesentliche reduziert: Auf der Rückseite eine Kaltgerätebuchse und einen Power-Schalter, zwei XLR-Eingänge und die vier Lautsprecherausgänge, ausgeführt als Schraubklemmen.

Fotostrecke: 2 Bilder Die CPA-50 hat 50 Watt Power und ist nur unwesentlich größer als eine CD.

Auf der Front sind ein Standby-Schalter und vier kleine LEDs zur Anzeige des Betriebszustandes, der Schutzschaltung und des Betriebsmodus: Die CPA-50 kann als Stereo- oder als Mono-Endstufe betrieben werden. Zum Brücken der beiden Kanäle für den Mono-Betrieb muss man das Gehäuse aufschrauben und innen einen Jumper umstecken. Das ist etwas mühsam, aber im Normalfall macht man das ja nicht so oft. Allerdings sollte beim Aufschrauben vorsichtig zu Werke gehen, die verwendeten Schrauben gehören nicht zu den langlebigsten.

Fotostrecke: 3 Bilder Alles hinten und von überschaubarer Menge: Die Anschlüsse der CPA-50.

Das Innenleben der CPA-50 ist ebenso überschaubar wie das Äußere: Eine große Platine enthält die komplette Verstärkungselektronik, selbst das Netzteil ist nicht separat aufgebaut, sondern befindet sich auf dieser Platine. Lediglich die LEDs und die Eingangsstufe sitzen auf separaten PCBs. Die große Verstärkerplatine stammt – so viel sei vorweggenommen – nicht aus den Entwicklungslabors von Drawmer, doch dazu gleich mehr.

Fotostrecke: 2 Bilder Das sieht doch mal aufgeräumt aus. Die große (grüne) Platine ist das Anaview Class-D-Modul.

Drawmer MPA-90

Nicht nur was die Ausstattung betrifft, auch bei der Leistung bietet die MPA-90-Endstufe wesentlich mehr als die kleine Schwester: Immerhin 90 Watt (an 4 Ohm) oder 180 Watt im gebrückten Modus (an 8 Ohm) kann die größere Version liefern. Das mehr an Ausstattung und Leistung spiegelt sich in den Abmessungen: 27,6 auf 21,5 auf 8,1 Zentimeter misst das Gehäuse, das wiederum aus Drawmer-typischen schwarzen Stahlblech und gebürstetem Aluminium besteht. Die Kiste mit den abgerundeten Kanten wiegt dann auch 2,2 Kilogramm. Ein Kilo mehr wie die kleine CPA, aber immer noch nicht viel für eine Endstufe dieser Leistungsklasse – Class-D macht’s möglich. Signale finden auf zwei Wege in die Endstufe: einmal über die XLR-Eingänge, ausgelegt auf symmetrische Line-Signale und einmal über den RCA-Eingang (mit Cinch-Buchsen) für unsymmetrische Signale. Welcher Eingang verstärkt wird (und das kann immer nur ein Eingang sein), darüber entscheidet ein kleiner Druckschalter, ebenfalls auf der Rückseite. Auch die MPA-90 kann man brücken, dazu ist aber kein Aufschrauben nötig, hier gibt es einen entsprechenden Schiebeschalter. Wie die Box dann verkabelt wird, dabei hilft der Aufdruck.
Die Vorderseite ist wieder spartanisch uns schlicht aufgebaut: Zwei LEDs zeigen den Betriebsmodus, wiederum zwei eventuell aktive Schutzschaltungen und weitere LEDS welcher Eingang angewählt ist. Zusätzlich zum hinteren Power-Schalter findet sich vorne wieder ein Standby-Schalter mit blauer Status-LED.

Fotostrecke: 4 Bilder Ein Schalter und acht LEDs, mehr braucht die aufgeräumte Front nicht.

Class-D-Technologie in beiden Power Amps

Beide Endstufen arbeiten im Class-D-Betrieb und das heißt nicht, dass es sich hierbei um digitale Endstufen handelt! Class-D ist lediglich eine „bestimmte“ Art, Signale zu verstärken und hat das „D“ im Namen, weil es Class- A, -B, -AB und -C schon gab. Somit ist die gängige Bezeichnung „Digitalverstärker“ für Class-D-Produkte zwar nicht korrekt, aber schaut man sich mal an wie Class-D funktioniert, ist dieses Missverständnis verständlich: Das Eingangssignal wird pulsweitenmoduliert, aus einem wertekontinuierlichen wird ein wertediskretes Signal – der richtige Begriff hierfür ist tatsächlich: Digitalisierung. Allerdings erfolgt keine Wandlung in Bits und Bytes, die Wortbreite ist (zumindest theoretisch) unendlich, es erfolgt also kein Quantisierung auf eine bestimmte Bit-Breite. Und die letztliche Verstärkungsarbeit übernehmen analoge MOSFET-Transistoren, bevor ein analoges Filter vor dem Ausgang das Trägersignal herausfiltert und das verstärkte Eingangssignal zu den Boxen schickt.

Verstärkungsklassen

Ob da nun Class-A, -B, -AB, – C oder D drauf steht, sagt erst mal nichts über die Klangqualität der Verstärkung aus. Die Ingenieure müssen bei der Entwicklung von Verstärkern immer einen Kompromiss zwischen Verzerrungsverhalten, Stromverbrauch und Wirtschaftlichkeit suchen. Class-A ist zum Beispiel sehr gut, was das Verzerrungsverhalten angeht, allerdings eine Katastrophe, wenn man sich den Stromverbrauch ansieht. Das Class-D-Verstärker dagegen haben einen extrem hohen Wirkungsgrad, bei Vollaussteuerung wird bis zu 90% der aufgewendeten Leistung in Ausgangsleistung umgesetzt. Konsequenz: Der Stromverbrauch ist sehr niedrig, es braucht keine leistungsstarken und schweren Netzteile und keine aufwendigen Kühlkörper. Class-D-Amps können also klein und leicht gebaut werden, beides sind Vorteile, die vor allem im mobilen Einsatz und in Beschallungsanlagen zum Tragen kommen. Im Tonstudios geht es hauptsächlich um den Klang. Hier hatten Class-D-Amps anfangs Schwierigkeiten, auf vernünftige THD-Werte zu kommen (THD = total harmonic distortion). Hinzu kommt das Problem, dass die verwendete Hochfrequenztechnik (das Trägersignal der Pulsweitenmodulation) große Probleme mit Interferenzen hat, böse Zungen behaupten: „Brauchst Du einen Radio-Sender, ist ein Class-D-Amp ein guter Anfang…“. Allerdings sind diese Kinderkrankheiten seit langem ausgemerzt, wie auch die Drawmer-Endstufen im folgenden zeigen werden.

Drawmer kauft ein

Bei CPA-50 und MPA-90 kann man im eigentlichen Sinne gar nicht von Drawmer-Endstufen reden, denn der britische Hersteller hat sich nicht die Mühe machen müssen den schwierigen Weg der Entwicklung eines eigenen Class-D-Verstärkers zu gehen. Wie so oft in der heutigen Zeit kauft man Spezial-Know-How einfach ein. Im Falle der Endstufen hatte Drawmer keinen weiten Weg zu gehen, die ebenfalls in England ansässige ETAL-Gruppe hat fertige Class-D-Module im Produktkatalog. Und jetzt wird´s interessant: Die Module stammen aus der Entwicklungsabteilung der schwedischen Firma Anaview (vormals Abletec), die von ETAL aufgekauft wurde. Anaview/Abletec-Class-D-Module haben sich in der DIY-Szene schnell einen guten Ruf als Basis für hervorragende Hi-Fi-Verstärker erarbeitet. Verbrieft ist auch die Nutzung eines solchen Moduls im Glockenklang „Blue Soul“-Bassverstärker – auch kein Unbekannter, wenn es um High-End-Sound geht. Auf den Anaview-Platinen ist die komplette Class-D-Schaltung verbaut, inklusive des benötigten analogen Filters und der Stromversorgung, das heißt Drawmer musste nur noch das mechanische Drumherum und die Elektronik der Eingangsstufen designen, eine Aufgabe, welche die erfahrenen Ingenieure vor keine großen Herausforderungen gestellt haben dürfte. 

Fotostrecke: 3 Bilder In der CPA-50 findet sich eine Abletec-Platine (Anaview ALC-0100).

Praxis

Anwendung

Endstufen wie Drawmer CPA-50 und MPA-90 sind ja Geräte, die nicht allzu viel Aufmerksamkeit in der täglichen Arbeit erfordern. Einmal verkabelt, tun sie (hoffentlich) einfach nur ihren Dienst. Das Verkabeln stellt sich bei beiden als unkompliziert dar und weil alle Anschüsse ausnahmslos auf der Rückseite angebracht sind, bleibt der Arbeitsplatz schön aufgeräumt.
Die Klemmen des CPA-50 haben leider keine Löcher zum einfädeln des Lautsprecherkabels, was ein wenig nervig ist. Beim MPA-90 macht das Anschließen der Speaker mehr Spaß (der hat nämlich Löcher an den Klemmen). Beide Endstufen erlauben das Verwenden von sogenannten Banana-Plugs, allerdings wird in der Anleitung netterweise darauf hingewiesen, das nur amerikanische oder kanadische User diese auch benutzen dürfen – Banana-Plugs sind in der EU nämlich verboten, weil sie theoretisch auch in die Buchsen einer Steckdose passen. Der Thru-Ausgang bei der MPA90 ist im Prinzip eine tolle Sache, nur die Ausführung mit Chinch-Buchsen finde ich keine so gute Wahl: Der Cinch-Stecker hat keinen voreilenden Massekontakt, symmetrische Klinkenbuchsen wären nicht viel größer gewesen.

Fotostrecke: 3 Bilder Die beiden Class-D-Amps im direkten Größenvergleich von vorne…

Die beiden Power-Schalter mögen anfangs verwirren, aber im Prinzip ist die Sache einfach: Der hintere Schalter ist ein „hard boot“ Schalter, ausgeschaltet ist die leitende Verbindung zum Stromnetz physikalisch getrennt. Resultat: Stromverbrauch = Null. Der vordere Schalter ist ein „soft boot“-Schalter, mit ihm kann man die Endstufe in den Standby-Betrieb schicken, hier wird eine geringe Menge Strom verbraucht, die Endstufe ist aber immer betriebsbereit.Die XLR- und RCA-Eingänge werden mit einem Druckschalter ausgewählt, diesen Schalter hätte ich mir auf der Vorderseite gewünscht. Die Lautsprecher werden beim MPA-90 an soliden Klemmen angeschlossen.Sicher ist sicher: Trotz der geringen Abwärme hat der MPA links und rechts kleine Lüftungsschlitze.

Fotostrecke: 3 Bilder Die XLR- und RCA-Eingänge werden mit einem Druckschalter ausgewählt, diesen Schalter hätte ich mir auf der Vorderseite gewünscht.

Die Anforderungen, die wir an eine Endstufen stellen sind recht einfach: laut machen, möglichst ohne den Klang zu beeinflussen. Ich erwecke meine alten passiven Tannoy Reveal mit dem Drawmers zu neuem Leben und ich muss sagen: zu was für einem! Klar, es ist schwer, den Sound der Lautsprecher aus dem System „Klangbeurteilung“ einer Endstufe herauszunehmen, aber man kann ja durchaus vergleichen und sagen, ob einem das Gehörte gefällt oder nicht. Da ich lange genug mit den Tannoys unterwegs war, habe ich nach wenigen Minuten Hörtest ein dickes Grinsen im Gesicht. Ganz oben haben die Monitore nie besonders fein aufgelöst, aber die Mitten waren immer warm und der Bass trocken und knackig. Und genau das drückt die Drawmer-Endstufe aus den Boxen. Da ist nichts von einer gewissen Harschheit zu hören, wie es der Class-D-Verstärkung nachgesagt wurde. Im Gegenteil: Was ich höre ist warm, druckvoll und präzise.
Apropos „Wärme“: Die Abwärme der beiden Class-D-Endstufen im Dauerbetrieb ist wirklich kein Vergleich zu Verstärkern anderer Klassen. Man kommt nicht umhin sich Gedanken darüber zu machen, dass alle Abwärme im Studio letztlich verbratene Energie ist – verbratene Energie, die zuvor aus einer Ressource gewonnen werden musste und die man zudem auf der Stromrechnung wiederfindet!

Fazit

Mit den zwei Stereo-Endstufen CPA-50 und MPA-90 erweckt Drawmer eine Gerätegattung wieder um Leben, die zumindest im Tonstudio sträflich vernachlässigt wurde. Gerade für kleinere passive Nahfeldmonitore ist das Angebot an Endstufen dünn gesät. Das Drawmer zum einen den modernen Weg der Class-D-Endstufe geht und zum anderen dabei auf die renommierten Anaview-Module zurückzugreifen, ist ein geschickter Schachzug der Briten. Herausgekommen sind sehr gute Stereo-Endstufen, die im Verbund mit einem Paar NS10 oder einem Auratone C5 eine gute Figur machen. Aber selbst als Hi-Fi-Verstärker kann ich mir die Beiden vorstellen, dank des guten Sounds der Anaview-Module. Auch im Studio profitiert man von den geringen Abmessungen und dem geringen Stromverbrauch, schließlich ist die Abhöranlage ja immer in Betrieb, während man Vorstufen (meist) nur beim Aufnehmen anschaltet.  

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • geringer Stromverbrauch
  • geringe Abmessungen
  • präziser Klang
Contra
  • Thru-Ausgang beim MPA-90 als unsymmetrischer Chinch-Verbinder
Artikelbild
Drawmer MPA-90 und CPA-50 Test
Drawmer_Amps-1

TECHNISCHE SPEZIFIKATIONEN

CPA-50

  • Ausgangsleistung (RMS), stereo, 4 Ohm: 2 x 50 Watt
  • Ausgangsleistung (RMS), stereo, 8 Ohm: 2 x 25 Watt
  • Ausgangsleistung (RMS), bridged, 8 Ohm: 100 Watt
  • Frequenzgang, +/- 0,25 dB: 20 Hz – 20 kHz
  • Verstärkerklasse: D
  • Crosstalk bei 0 dBu, 1 kHz:
  • Eingänge: XLR-Buchsen
  • Ausgänge: Klemmen
  • Ausgangs-Impedanz: 3 mili Ohm
  • Schutzschaltungen: Temperatur, Kurzschluss
  • Energieversorgung: 115 / 230 VAC (Auswahl mit internem Jumper)
  • Abmessungen: 165 x 51 x 184 mm (B x H x T)
  • Gewicht: 1,25 kg

PREIS: € 475,– (UVP)

MPA-90

  • Ausgangsleistung (RMS), stereo, 4 Ohm: 2 x 90 Watt
  • Ausgangsleistung (RMS), stereo, 8 Ohm: 2 x 50 Watt
  • Ausgangsleistung (RMS), bridged, 8 Ohm: 180 Watt
  • Frequenzgang, +/- 0,25 dB: 20 Hz – 20 kHz
  • Verstärkerklasse: D
  • Übersprechung XLR-Eingänge bei 0 dBu, 1 kHz:
  • Übersprechung Phono-Eingänge bei 0 dBu, 1 kHz:
  • Eingänge: XLR-Buchsen, Chinch, schaltbar
  • Ausgänge: Klemmen, Thru-Ausgnag (Chinch)
  • Ausgangs-Impedanz: 3 mili Ohm
  • Schutzschaltungen: Temperatur, Kurzschluss
  • Energieversorgung: 115 / 230 VAC (Auswahl mit internem Jumper)
  • Abmessungen: 215 x 81 x 276 mm (B x H x T)
  • Gewicht: 2,2 kg

PREIS: € 832,– (UVP)

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