Epiphone Thunderbird Vintage Pro Test

Die Firma Epiphone wird ja gemeinhin als Gibsons kleine Schwester gesehen. Bei genauerer Betrachtung wird dies den Tatsachen aber in keiner Weise gerecht. Tatsächlich reichen die Wurzeln von Epiphone bis 1873 ins Osmanische Reich (!) zurück. So weit ausholen wollen wir bei einem Bass-Testbericht zwar nicht, die Anmerkung soll nur zeigen, dass es sich tatsächlich um eine eigenständige Firma mit langer Tradition im Instrumentenbau handelt. Für Bassisten/innen ist es unter Umständen sogar die interessantere Adresse, hat Epiphone doch ganze 20 Modelle für uns im Programm.

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Einige davon sind natürlich günstigere Versionen von Modellen aus dem Hause Gibson. Der berühmteste und geschichtsträchtigste Bass darunter ist sicherlich der legendäre Thunderbird, der 1963 das Licht der Welt erblickte. Eine Neuauflage des Klassikers beschert uns Epiphone nun mit dem Thunderbird Vintage Pro. Er ist eine Hommage an das 1963er-Original, verzichtet aber nicht auf ein paar sinnvolle Entwicklungen der letzten Jahrzehnte.

Details

Die Hauptzutaten jedes Thunderbirds sind der durchgehende Hals und die beiden Korpusflügel. Traditionell bestehen diese drei Komponenten aus Mahagoni, und das trifft natürlich auch auf den Vintage Pro zu – schließlich soll er ja sehr nah am Ur-Modell sein.

Fotostrecke: 4 Bilder Mit dem Epiphone Thunderbird Vintage Pro bringt Epiphone eine Neuauflage des Klassikers von 1963 auf den Markt.

Der Hals hat zusätzlich vier dünne Einlagen aus Walnuss, kommt also auf insgesamt neun Streifen. Das erhöht die Stabilität und macht ihn unempfindlicher gegenüber klimatischen Schwankungen. Erhältlich ist der Vintage Pro in Ebony (Schwarz), Tobacco Burst und Alpine White (Weiß). Letzteres ist auch das Finish meines Testkandidaten, und ich muss gestehen: er sieht extrem sexy aus! Auch wenn man die Farbe Weiß nicht unbedingt mit einem Rockbass in Verbindung bringt, passt sie zum Thunderbird nach meinem persönlichen Geschmack wirklich ganz hervorragend.

Fotostrecke: 5 Bilder Der Thunderbird besitzt einen durchgehenden siebenstreifigen Hals, der aus Mahagoni und Walnuss gefertigt wurde.

Auch die Rückseite des Halses wurde mit diesem Finish versehen, und selbst das dreilagige Schlagbrett ist weiß. Die Thunderbird-typische Kopfplatte mit der auffälligen Welle ist dagegen in Schwarz gehalten und bietet somit einen schicken Kontrast. Ein weiteres schönes Detail ist die weiße Phase, welche die Kopfplatte umrahmt. Vier offenen Stimm-Mechaniken runden das ganze Bild ab.

Eine mir bislang unbekannte Neuerung findet sich beim Griffbrett: über Jahrzehnte war hier Rosewood (Palisander) das Material der Wahl. Da die Verwendung dieses Holzes jedoch aufgrund des CITES-Abkommens immer schwieriger wird, sucht die Branche händeringend nach Alternativen, welche klanglich und optisch ähnliche Eigenschaften haben.

Palisander adé: Auf dem Thunderbird kommt ein Griffbrett aus Blackwood Tek mit 20 Bünden zum Einsatz.
Palisander adé: Auf dem Thunderbird kommt ein Griffbrett aus Blackwood Tek mit 20 Bünden zum Einsatz.

Eine relativ neue Entwicklung ist Blackwood Tek, was auch das Griffbrettmaterial des Thunderbird Vintage Pro ist. Die Basis von Blackwood Tek ist eine spezielle Sorte Kiefer. Diese wird mit einem “technologischen Verfahren, in dem ausschließlich natürliche Stoffe Verwendung finden” (Zitat Epi-Webseite) behandelt. Nach diesem Prozess ähnelt die Kiefer in Aussehen und Klangverhalten dem Palisander. Und siehe da: Ich muss gestehen, hätte ich nicht die Spec-Liste gelesen, hätte ich tatsächlich keinen Unterschied bemerkt!

Den typischen Sound verdankt ein Thunderbird aber außerdem seinen zwei Humbuckern. Der Vintage Pro kommt mit den neu designten Probucker-760-Pickups mit Alnico-II-Magneten. Einen netten Hauch von Vintage versprühen die schicken silbernen Aluminium-Gehäuse der Tonabnehmer. Der Bridge-Pickup ist zusätzlich mit einer Lage Kunststoff unterfüttert, wodurch er näher an die Saiten rückt, um im Vergleich zum aktuellen Gibson-Modell ein tragfähigeres Signal abgreifen zu können. Zudem verbessert sich durch diese Maßnahme auch die Bespielbarkeit, denn so bietet er auch eine Ablage für den Daumen der Anschlagshand. Auch hier punktet also der günstigere Epiphone! Pro Pickup gibt es einen Volumen-Regler. Die passive Höhenblende ist für beide Tonabnehmer zuständig. Auf den drei Potis sitzen die bekannten gold- und silberfarbenen “Top Hat”-Knöpfe.

Fotostrecke: 5 Bilder Zwei neu designte Humbucker dienen als Klangübertrager.

Die Brücke lehnt sich laut Epiphone-Webseite stark an die des Ur-Thunderbirds aus dem Jahre 1963 an. Sie ist zweigeteilt und besteht aus einer sehr luftigen Konstruktion mit relativ wenig Masse, d.h. wenig Eigendämpfung. Dies sorgt in der Regel für langes Sustain, doch dazu später mehr. Im hinteren schmaleren Teil der Brücke kann man die Saiten einhängen. Auf dem zweiten Teil sitzen die Saitenreiter, welche für die entsprechende Führung sorgen. Kontakt mit dem Korpus hat dieser etwas massivere Block lediglich durch zwei Schrauben, mit denen sich die Saitenlage anpassen lässt. Um keinen Verschleiß am Holz zu riskieren, sitzen die Schrauben in im Korpus versenkten Metallhülsen.

Fotostrecke: 3 Bilder Ein zweigeteilter 1960’s Tuneomatic-Steg dient zur Aufnahme und Weiterführung der Saiten.

Der Lieferumfang des Birds beschränkt sich auf einen Sechskant-Schlüssel – allzu viel mehr ist in dieser Preisklasse aber auch nicht üblich. Ein Hardcase kann optional erhältlich werden. Alles in allem wirkt der Vintage Pro sehr gut verarbeitet und macht bisher keinesfalls den Eindruck, die günstige Ausgabe seines großen Bruders zu sein.

Praxis

Die Waage zeigt ziemlich genau 4 kg Lebendgewicht für den Thunderbird Vintage Pro. Das geht für ein Instrument aus dem sehr dichten Hartholz Mahagoni absolut in Ordnung. Jetzt kommt eigentlich der Punkt, an dem ich über Ergonomie und Bespielbarkeit schreibe. Aber da läuft der Thunderbird meiner Meinung nach außer Konkurrenz, und man sollte ihn aus anderer Perspektive betrachten: 1963 waren ja schließlich Männer noch Männer und Rock’n’Roll noch Rock’n’Roll! Rundungen und Shapings, mit denen sich der Bass wie eine zweite Haut anfühlt? Fehlanzeige! Da wurde noch richtig schweres Equipment geschleppt, geschwitzt, geraucht und sich nicht über Wehwehchen beschwert.
Ob das gut oder schlecht ist, sei einfach mal dahingestellt, aber aus dieser Zeit stammt eben auch das Design des Thunderbird. Der zweifelsohne geniale Look (den übrigens der amerikanische Autodesigner Raymond Dietrich entwarf) stand und steht im Vordergrund, nicht die Annehmlichkeiten eines modernen Basses. Ein bisschen wirkt er auf mich wie ein Dinosaurier, der aus seiner Zeit gefallen ist. Ich bin mir aber sicher, wer über einen Thunderbird nachdenkt, weiß um genau diese Punkte und sucht auch genau diesen rauen Charme.

Sein markanter Look und die authentischen Rock- und Heavy-Sounds machen den Thunderbird zum ultimativen Rockbass!
Sein markanter Look und die authentischen Rock- und Heavy-Sounds machen den Thunderbird zum ultimativen Rockbass!

Zur Vollständigkeit folgt hier dennoch eine kleine Beschreibung der Bespielbarkeit: Im Sitzen rücken die ersten Lagen relativ weit weg vom Körper des Spielers und sind nicht gerade sehr komfortabel zu spielen. Das liegt am Design bedingten Auflagepunkt des Thunderbirds auf dem Oberschenkel. Eine weitere Folge davon ist die recht ordentliche Kopflastigkeit. Positiv anmerken muss man aber, dass die Anschlaghand durch die beschriebene Unterfütterung des Bridge-Pickups deutlich mehr Auflagefläche findet als beim Modell aus dem Hause Gibson. Das Halsprofil nennt sich “rounded” und entspricht einem kräftigen D. Lob verdient die Abrichtung der Bünde, die eine sehr komfortable Saitenlage ohne Scheppern ermöglicht.
Im Stehen wird es etwas besser, aber die Devise lautet definitiv: “Je tiefer er hängt, desto besser ist er zu bespielen!” Die eigentliche Komfortzone eines Thunderbirds ist das Baumeln in Kniehöhe an einem entsprechend langen Gurt. Dafür wurde er gebaut – und das merkt man ihm auch an. Am besten spielt man ihn dann noch mit Plektron, denn in diesem Fall gibt es wohl kaum einen cooleren Bass mit mehr Charisma. So richtig bequem wird es freilich nie, dafür ist das Design einfach zu kompromisslos und der Rock’n’Roll-Faktor zu hoch.
Der akustische Test bestätigt, was die Brückenkonstruktion verspricht: Der Thunderbird gibt sich äußerst schwingfreudig und glänzt mit einem gutem Sustain – vor allem gemessen am Preis! Auch ohne Verstärker zeigen sich hier bereits die charakterstarken Mitten des Mahagonis. Ein Meister der Auflösung und Transparenz ist der Bass natürlich nicht, was aber auch keine Überraschung darstellt.
Also, lassen wir den Donnervogel doch aus dem Käfig und hören ihn uns verstärkt an. Hier sind beide Pickups mit offener Höhenblende:

Audio Samples
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Beide PUs, offene Höhenblende

Hier hört ihr den gleichen Groove mit Plektron gespielt:

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Beide PUs, offene Höhenblende, Plektrum-Style

Nun der Hals-Tonabnehmer alleine:

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Hals-Tonabnehmer Beispiel 1 Hals-Tonabnehmer Beispiel 2

Und hier der Hals-Tonabnehmer mit fast geschlossener Tonblende:

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Hals-Tonabnehmer mit fast geschlossener Tonblende

Der Bridge-Pickup ist im Solobetrieb für den Bandkontext nicht unbedingt die erste Wahl. Für solistische Einlagen, wie z.B. dieses Intro, bringt er aber die nötige Transparenz:

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Bridge-Pickup

Auch für Drop Tunings eignet sich der Thunderbird Vintage Pro hervorragend. Hier wieder ein Klangbeispiel mit beiden Pickups:

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Beide Pickups, Drop-Tuning

Und hier einmal ein Soundschnipsel mit großem Besteck – Vollröhrenamp und 8x10er-Box:

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Soundbeispiel über Röhrenamp

Ganz klar: Der Epiphone Thunderbird Pro liefert absolut die Sounds, die man von ihm erwartet. Er drückt ordentlich und besitzt stets den nötigen Biss, um sich im Mix durchzusetzen. Die dafür nötigen Mitten liefert das Paket aus Mahagoni und den zwei Probuckern. “Rock” und “Heavy” stehen auf der Speisekarte und werden mit entsprechender Authentizität serviert. Natürlich ist ein Thunderbird kein Vorbild in Sachen Vielfalt, Transparenz und Auflösung, das wäre unter Umständen für solch brachiale Rocksounds aber sogar kontraproduktiv.

Der Donnervogel - dieses Logo steht für Rock'n'Roll!
Der Donnervogel – dieses Logo steht für Rock’n’Roll!

Fazit

Es gibt wohl kaum Bässe, die so kultig sind wie ein Thunderbird. Das liegt vor allem an seinem berühmten Look und seinem markanten Ton – und natürlich an seiner Geschichte, welche mit unzähligen berühmten Rock-Playern gespickt ist. Zudem sieht man einen Thunderbird eben nicht so häufig wie andere Klassiker. Wer also das Besondere sucht und sich von der Masse abheben möchte, der liegt hier genau richtig. Kultfaktor und Rockhistorie gibt es tonnenweise gratis dazu! Der Thunderbird ist bei weitem nicht der vielseitigste Bass und kommt einem auch in punkto Bespielbarkeit wenig entgegen. Das ist aber kein Geheimnis und offenbart sich im Grunde auf den ersten Blick. Ein Thunderbird war und ist nun mal ein kompromissloser Rockbass für den/die hart arbeitende(n) Bassisten/in. Der Epiphone Vintage Pro ist eine wirklich gelungene Interpretation des Ur-Modells und punktet mit toller Optik, sehr guter Verarbeitung, authentischen Sounds und einem sehr erstaunlichen Preis-Leistungs-Verhältnis. In manchen Details überflügelt er für meinen Geschmack sogar die kürzlich getestete aktuelle Version des großen Bruders Gibson! Das neuartige Blackwood-Tek-Griffbrett zeigt auch, dass sich Epiphone hart am Puls der Zeit bewegt, moderne Entwicklungen behutsam in Instrumente mit Tradition integriert und nicht nur wehmütig zurückblickt. All diejenigen, die schon immer mal einen Thunderbird haben wollten und denen das Original bisher aber zu teuer war, können hier bedenkenlos zuschlagen!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • authentische Rock- und Heavy-Sounds
  • coole Optik
  • gute Verarbeitung
  • tolles Preis-Leistungs-Verhältnis
Contra
  • eingeschränkte Bespielbarkeit im Sitzen
Artikelbild
Epiphone Thunderbird Vintage Pro Test
Für 636,00€ bei
Der Epiphone Thunderbird Vintage Pro ist eine preisgünstige Version des Kultbasses und punktet mit toller Optik, sehr guter Verarbeitung und authentischen Sounds.
Der Epiphone Thunderbird Vintage Pro ist eine preisgünstige Version des Kultbasses und punktet mit toller Optik, sehr guter Verarbeitung und authentischen Sounds.
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Epiphone
  • Modell: Thunderbird Vintage Pro
  • Herstellungsland: Indonesien
  • Mensur: 34 Zoll, Longscale
  • Korpus: Mahagoni
  • Hals: Mahagoni, Blackwood-Tek-Griffbrett, 20 Bünde
  • Tonabnehmer: 2 x Epiphone Probucker
  • Brücke: 1960’s Tune-o-matic
  • Gewicht: ca. 4 kg,
  • Preis: 580,- (Ladenpreis im Juli 2018)
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Wie beim Ur-Modell ist der markante Korpus aus Mahagoni gefertigt.

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Profilbild von Ralph Puetz

Ralph Puetz sagt:

#1 - 03.08.2018 um 14:28 Uhr

0

Es ist doch immer wieder schön, seine eigene Meinung bestätigt zu sehen!Habe mir kürzlich die Version in Tobacco Sunburst gekauft und ja, es ist ein Klasse Rock-Bass!Hinsichtlich des Griffbretts scheint es zweierlei zu geben. Auf meiner Rechnung ist Palisander (mit allem was CITES so vorschreibt) angegeben.
Auch bezüglich des Halses stimme ich dem Artikel nicht zu. Ok, bei den lackierten Hälsen sieht man's ja nicht, aber bei meinem sehe ich 9 Streifen genau wie bei Gibson! 4 sehr dünne Streifen Walnuss und 5 aus Mahagoni. Aber selbst die Epiphone-Seite nennt 7. Komische Sache ;-)

    Profilbild von Thomas Meinlschmidt

    Thomas Meinlschmidt sagt:

    #1.1 - 04.08.2018 um 14:41 Uhr

    0

    Hi Ralph,Griffbrett ist beim Testbass ganz sicher Blackwood, Streifen hat der Hals 9 (wie auch im Text zu lesen), die Epi-Webseite liegt in diesem Punkt daneben.Gruß, Thomas

    Antwort auf #1 von Ralph Puetz

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