Um einen soliden Bass-Sound in einer ernstzunehmenden und bandtauglichen Lautstärke zu erzeugen, braucht man einfach Leistung – das war früher so und hat sich über die Jahre auch nicht geändert. Die Zeiten, in denen aber jedes zusätzliche Watt teuer erkauft werden musste und ein Abo beim Chiropraktiker unumgänglich war, weil sich das Lieblings-Bass-Stack in der Gewichtsklasse einer Waschmaschine bewegte, sind aber definitiv vorbei. Zum Glück!
Die modernen Micro-Tops, die mittlerweile fast jeder Bassequipment-Hersteller in seinem Line-Up hat, sind dank moderner Endstufentechnologie in Größe und Gewicht derart geschrumpft, dass man sie mühelos im Gigbag transponieren kann. In Sachen Leistung können sie aber locker mit den Boliden vergangener Tage mithalten und auch größere Bühnen mit ordentlich Bassfundament versorgen.
Im unteren Preissegment findet man solche Kraftzwerge allerdings noch nicht so häufig, was den BA500H von Harley Benton, einer Eigenmarke des Musikhaus Thomann, um so interessanter macht. Die Eckdaten sind vielversprechend, das kompakte Top bringt lediglich 3,4kg auf die Waage, stellt aber dennoch eine satte Ausgangsleistung von 500W bereit und verfügt über eine zeitgemäße Ausstattung – alles zu einem Straßenpreis von unter 300 Euro. Grund genug, dem BA500H mal ordentlich auf den Zahn zu fühlen, wie ich finde!
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Details
Das Innenleben des BA500H ist in einem verschraubten, schwarzen Metallgehäuse untergebracht. Die Konstruktion macht einen stabilen Eindruck und die Verarbeitung ist einwandfrei: Keine ungenauen Spaltmaße, nichts klappert, da gibt es absolut nichts auszusetzen. Durch die leicht gewölbte Frontplatte in gebürstetem Metall bekommt der Budget-Amp sogar einen noblen Touch – der erste Eindruck ist wirklich positiv. Schließlich sind auf der Unterseite noch vier Gummifüße angebracht, damit der Kleine sich in der Hitze des Gefechts nicht selbstständig machen kann.
Auch die Ausstattung der Micro-Tops kann sich sehen lassen. Hier wurde an fast alles gedacht, was ein Amp in dieser Größe braucht. Außer einem Tuner und einer Effektschleife vielleicht, aber wir wollen ja nicht übermütig werden.
Werfen wir zuerst einen Blick auf die Front und ihre Bedienelemente. Links, wie immer, der Klinkeneingang für den Bass, allerdings mit Taster, um die Eingangsempfindlichkeit an passive bzw. aktive Bässe anzupassen, gefolgt von einer Power-LED und dem Gain-Regler samt Clip-LED zum richtigen Aussteuern des Gains. Danach kommen die ersten zwei von zahlreichen Klangwerkzeugen, nämlich ein Bass- und ein Treble-Regler. Wie ich der Bedienungsanleitung entnehmen kann, greift der Bass-EQ bei 100Hz und der Höhen-Regler bei 10kHz zu. Darüber sitzen zwei Taster zur Aktivierung von EQ-Presets: „Boost“ für das Bass-Preset und „Bright“ für das Höhen-Preset. In der Mitte der Front macht sich ein graphischer EQ mit sechs Bändern breit, der sich nicht nur um die Mitten kümmert, wie man es aufgrund der Bass- und Treble-Potis vielleicht erwartet hätte, sondern mit den Frequenzen 50Hz, 120Hz, 400Hz, 800Hz, 1kHz und 3,2kHz das komplette Spektrum von Bass bis Ultrahöhen abdeckt. Der EQ kann ebenfalls mit einem Taster ein- oder ausgeschaltet werden.
Sound-Shaping-Werkzeuge, die den Charakter eines Amps in eine bestimmte Richtung biegen oder für spezielle Spieletechniken geeignet sind, gehören mittlerweile fast schon zur Grundausstattung und finden sich an Topteilen der meisten Hersteller. Da steht der BA500H natürlich auch nicht hinten an und trumpft mit einem „Color“ und einem „Contour“ Feature auf. „Color“ funktioniert im Prinzip wie eine Höhenblende beim passiven Fender Bass – die hohen Frequenzen werden zunehmend gedämpft, um einen Vintage-Sound zu erzeugen. Ganz anders arbeitet das Contour-Poti. Hier werden die Bässe und Höhen geboostet und gleichzeitig die Mitten abgesenkt, also die allseits bekannte Slap-Waffe für die Marcus Miller Fans unter euch. Auch diese beide Features kann man mit einem Taster komplett deaktivieren.
Fehlt nur noch der Master-Regler inklusive einer „Mute“-Funktion, die den Ausgang stummschaltet, der Kopfhörerausgang in Form einer normalen 6,3mm Stereo-Klinke und der AUX-IN zum Anschluss externer Soundquellen zum Jammen, ebenfalls als 6,3mm Stereo-Klinke. Bevor ich es vergesse, sämtliche Taster bis auf den Input Passiv/Aktiv sind lobenswerterweise mit LEDs ausgestattet, die den jeweiligen Betriebszustand anzeigen – wenn se leuchten is an, klar wa!?
Auch auf der Rückseite wird einiges geboten. Hier sind der temperaturgesteuerte Lüfter, der Power-Schalter nebst Netzkabelanschluss und alle übrigen Ausgänge untergebracht. Die Line-Out-Sektion besteht aus einer XLR-Buchse und einem Ground Lift Schalter zum Eliminieren von Brummschleifen, an die darauf folgenden zwei Klinkenbuchsen können ein Stimmgerät und ein optional erhältlicher Fußschalter angeschlossen werden. Mit dem Fußschalter lassen sich, laut Bedienungsanleitung, die „Mute“- und „Color“-Funktionen des Amps bedienen.
Speakon als Lautsprecheranschluss hat sich mittlerweile etabliert, der BA500H hat außerdem noch einen Speaker-Klinkenausgang, falls das Speakon-Kabel mal wieder unauffindbar ist oder ältere Boxen mit Klinkenbuchsen verwendet werden. Sehr schön!
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Praxis
Ich freue mich immer, wenn die allererste Begegnung mit einem Verstärker relativ geräuschlos verläuft, also ohne lärmende Ventilatoren und übermäßiges Rauschen. Hier verhält sicher der BA500H schon mal vorbildlich, der temperaturgesteuerte Lüfter springt im Wohnzimmerbetrieb gar nicht erst an, und das Eigenrauschen des Amps ist bei normalen EQ-Einstellungen absolut im Rahmen. Der Ventilator hat allerdings die seltsame Eigenart anzuspringen, sobald ich den Amp nach kurzem Betrieb aus- und direkt wieder anschalte. Das passiert auch völlig ohne Belastung des Verstärkers – ob da mit der Temperatursteuerung irgendwas nicht ganz in Ordnung ist? Das ist allerdings kein großes Problem, da der Lüfter in der niedrigsten Stufe nicht sehr laut ist. Bei Proben oder im Livebetrieb fällt das also nicht weiter ins Gewicht.
Einen Verbesserungsvorschlag hätte ich bezüglich der Color- und Contour-Regler zu machen. Die Neutralstellung des „Color-Features“ ist bei ganz nach rechts gedrehtem Poti erreicht, der Sound verändert sich also, wenn man nach links dreht. Das Color-Feature funktioniert genau entgegengesetzt, links neutral und rechts Vollbetrieb. Ich fände es logischer wenn beide in gleicher Art von links nach rechts den Sound verändern würden, wie es zum Beispiel bei den Markbass-Amps mit den gleichen beiden Features funktioniert. Das würde der Bediensicherheit entgegenkommen.
Kommen wir zum Sound und den EQ-Möglichkeiten des Micro-Tops. Ich habe zum Test hauptsächlich zwei Epifani 112UL Boxen mit je 8 Ohm verwendet, an die der Amp dann seine volle Leistung von 500 Watt abgeben kann und bin wieder einmal erstaunt von der Lautstärke, die ein solch kleines Gerät erzeugen kann. Dabei hilft dem BA500H auch seine kompakte Grundausrichtung im Sound. Der Bassbereich ist im Neutral-Betrieb eher schlank und frisst somit weniger Leistung als ein fett ausgeprägter Tiefbassbereich. Zusätzlich bietet der Amp eine deutliche Hochmitten-Charakteristik, die den Lautstärkeeindruck erhöht und den Sound sehr schnell und griffig oder „snappy“ macht. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, ist letztendlich Geschmacksache, ich persönlich finde das Mittenvoicing und die daraus resultierende schnelle Ansprache sehr angenehm. Der Bassbereich ist mir aber zu schlank, sodass ich das Bass-Boost-Preset permanent aktiviert habe. Der Sound kommt für mich so näher an eine „neutrale“ Wiedergabe meines Bass-Sounds heran.
Die Frequenz des Bass-Boost-Tasters erzeugt ein solideres Fundament als der Bass-Regler, der mit 100Hz für meinen Geschmack doch sehr hoch greift und nicht wirklich Tiefbass erzeugt. Frequenzen um die 50Hz kann man allerdings zusätzlich mit dem Graphic-EQ, der sechs Bänder von 50Hz bis sage und schreibe 10kHz bietet, reindrehen.
Insgesamt finde ich das EQ-Konzept des BA 500H etwas merkwürdig und unausgegoren. Ich würde die Einsatzfrequenz des Bass-Potis auf 50Hz legen und auch den Treble-Regler, der jetzt bei 10kHz eingreift, mit einer für den Bass-Einsatz praxistauglicheren Höhenfrequenz zwischen 6 und maximal 8 kHz ausstatten. Denn 10kHz ist für alles außer vielleicht den „Super Sizzle Marcus Miller Crisp“-Sound doch eher unbrauchbar und außerdem zusätzlich noch einmal am Graphic-EQ des BA500H zu finden.
Mit den entsprechend tiefergelegten Frequenzen der Bass- und Treble-Potis könnte der 6-Band Graphic-EQ dann für ein umfangreiches und flexibles Mittenshaping benutzt werden. In diesem Zusammenhang würde ihm beispielsweise eine zusätzliche Frequenz um 250Hz gut zu Gesicht stehen.
Dennoch, der BA500H biete insgesamt einen ausgewogenen und in der Grundausrichtung modernen Sound mit einer schnellen Ansprache, den er auch bis in bandtauglichen und wirklich hohen Lautstärken beibehält, ohne den Bassbereich unangenehm zu komprimieren. Wie oben schon erwähnt ist der BA500H wie einige seiner modernen Leichtbau-Kollegen im Mittenbereich sehr präsent, was zwar für eine gute Ortbarkeit sorgt, aber manch einem zu aufdringlich sein könnte. Der Graphic-EQ stellt aber für diesen Fall genügend Frequenzen bereit, um den Sound bei Bedarf etwas smoother schrauben zu können.
Auch die zusätzlichen Sound-Features „Contour“ und „Color“ sind in der Praxis absolut nützlich, besonders der Color-Regler zum Absenken des Höhenbereichs ist eine echte Bereicherung. Moderne aktive Bässe, die obenrum gerne mal etwas zu aufdringlich klingen, hat man damit im Handumdrehen gebändigt.
Für die Soundsamples habe ich den BA500H direkt aus dem XLR Line-Out aufgenommen. Das Signal klingt gut genug für die Studio-Session zwischendurch und ist vor allem frei von Nebengeräuschen.
Audio
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FlatContour halb aufColor Bass Boost
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Der BA500H ist ganz schön viel Amp fürs Geld und leistet sich dabei keine gravierenden Mängel. An den kleinen Ungereimtheiten wie dem Lüfterverhalten oder der Konzeption der EQ-Features sollte in zukünftigen Revisionen zwar ein wenig geschliffen werden, grundsätzlich ist Harley Benton mit dem BA500H in Sachen Micro-Top aber auf dem richtigen Weg. Mit der geeigneten Boxenaustattung produziert der Amp eine erstaunliche Lautstärke, die für sämtliche Einsatzgebiete, zumindest als Backline, völlig ausreichend ist. Die gute Ausstattung inklusive Line-Out, Aux-In und Kopfhöreranschluss macht ihn auch zum perfekten Begleiter im Studio oder zu Hause als Übungsamp. Wer also einen leistungsfähigen, modernen Amp zu einem äußerst attraktiven Preis sucht, der sollte ruhig mehr als nur einen Blick auf den BA500H werfen.
Anschlüsse: Input Klinke, Kopfhörer Klinke, Aux – In Klinke, Speaker Out Speakon + Klinke, Line Out XLR mit Ground Lift, Footswitch Klinke, Tuner Out Klinke
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