inQBarna deej Test

Die Firma inQbarna bietet mit deej eine App für iOS an, die das Mixen von Tracks aus der iTunes-Bibliothek auf zwei virtuellen Decks ermöglicht. Standesgemäß beherrscht das Programm die automatische Synchronisation von Musikstücken, bietet Loops und Effekte in diversen Spielarten und natürlich den obligatorischen Zweikanal-Mixer mit Equalizer. Deej ist Inter-App-Audio fähig und kann das Master- und Preview-Signal über ein externes Vierkanal-Audiointerface ausgeben. Die App beherrscht Mix-Recording inklusive der Option, eure Mixes per Dropbox, Sound- oder Mixcloud zu teilen. Klingt vielversprechend, also schauen wir uns deej einmal genauer an.

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inQBarna deej

Details

Mit dem iPad im Studio musizieren, im privaten Rahmen oder auf der Party auflegen? Was vor einiger Zeit noch belächelt wurde, trifft mehr und mehr auf Akzeptanz. Vor Kurzem erst haben wir einen Beitrag veröffentlicht, wo DJ Juicy M mit gleich vier iPads (!) am externen Pult eine Mixsession hinlegt, die sich sehen lassen kann. Gut, so weit wollen wir in unserem heutigen Test nicht gehen, denn die App deej von inQbarna, die wir hier auf dem iPad testen wollen, ist ein klassischer One-Screen Doppeldecker, der einem alle nötigen Basiswerkzeuge liefert, um Musik aus der eigenen iTunes-Bibliothek aufzulegen, ja sogar über den integrierten iTunes Shop einzukaufen und dann abzuspielen.
Deej erblickte bereits 2010 das Licht der Welt und hat sich mittlerweile zur Version 5.11 gemausert. Das Programm kostet 5,99 € im App Store und setzt zum Betrieb ein iOS in der Version 7 voraus. Was die Hardware angeht, könnt ihr deej auf dem iPad, iPhone und iPod Touch laufen lassen. Der Hersteller empfiehlt jedoch, ressourcenhungrige Funktionen auf leistungsschwachen Devices abzuschalten. Immerhin, das ist eine Option für betagtere Gerätschaften.

Fotostrecke: 3 Bilder inQbarna deej bietet essenzielle Mix-Funktionen und einige Goodies. Der Hauptbildschirm mit Mixer und Decks.

Hauptbildschirm

Nach dem Bootscreen, es erscheint auch nach Kauf der Vollversion gelegentlich ein Werbescreen für „Mitteilungen“ oder Splyce, blickt man auf die Hauptseite, wo sich sämtliche Werkzeuge für das Mixvergnügen einfinden. Dies beinhaltet eine zentrale, zweikanalige Mixersektion, die eigentümlicherweise den Crossfader über den Linefadern präsentiert und nicht darunter, wo stattdessen die Gain-Regler positioniert sind. Auch beim EQ ein eher untypisches Layout, denn die Regler für Bässe, Mitten und Höhen sitzen dort, wo man normalerweise die Abspielsektion erwartet, die stattdessen oben neben dem Crossfader zu finden ist. Verkehrte Welt, aber gut, wir werden sehen, wie sich das in der Handhabung darstellt. Den Pitch hingegen findet man standesgemäß an den Außenflanken, die Titelinfo-Displays mit der Touch-sensitiven Peak/Wellenformvorschau (je nach Template) thronen über den Deck-Sektionen, zusammen mit der Vorhör-Selektion für die Player A und B. So man sich der Effekte und Loops bemächtigen möchte, gilt es auf den FX-Button zu drücken, woraufhin ein das jeweilige Jogwheel überdeckendes Pop-up Fenster mit den zugehörigen Bedienelemente von der Seite hinein fährt und euch entweder 99 Cent zum Entsperren der FX/Loops entlocken möchte (nicht vergessen, wir haben ja schon 5,99 € für die App bezahlt) oder ein Facebook/Twitter-Share.
Acht virtuelle Schaltflächen widmen sich im Loop-Modus fortan dem Schleifenbau, sechs davon setzen taktgenaue Loops in verschiedenen Längen von 1/16 bis 2 Beats, zwei deklarieren den Anfangs- und Endpunkt manuell, was die Schleife auf maximal 32 Beats verlängern kann. Einen Loop-Cutter suche ich vergeblich. Die Schleifen agieren von Haus aus temporär, also solange der Finger auf dem Pad liegt, dazu auch im Slip Modus, es sei denn, ihr betätigt die Schloss-Taste zum „Einfrieren“.
Effects öffnet das Effektfenster mit einem XY-Pad nebst Hold-Funktion zur Parametersteuerung. Hier stehen euch Echo, Flanger, Phaser, Hi-Low-Filter und Bit-Crusher zur Verfügung. Dass es nicht auch für eine kleine Sampler- und Hotcue-Sektion wie in DJAY2 gereicht hat, gern auch mit Snap-to-Beat Funktion und quantisiertem Triggern, ist schade, finde ich. So gibt es nur einen Cue, der am besten im Pausenmodus mittels drehen am Jogwheel positioniert wird, weil dabei die Wellenform zoomt.

Praxis

Bevor wir uns nun den weiteren Funktionen der Software zuwenden, stellt sich die Frage nach dem Setup. Wer mit einem Kopfhörer unabhängig vom Playout-Signal vorhören möchte, sollte sich entweder ein Splitter-Kabel besorgen, das zwei separate Monosignale (A/B) via Stereoklinke ausspielt, einmal für den Preview-Signalpfad, einmal für den Master. Kostet rund 20 Euro und reicht für Hobby-DJs erste Schritte definitiv aus. Wer es professioneller mag, arbeitet mit einem externen Vierkanal-Audiointerface, das von der App, so unterstützt, eingerichtet wird.
Das Routing lässt sich in den Settings, wo sich die üblichen Einstellungen zu Pitch, Audio, Jogwheel und Co vornehmen, ändern. Einen „External Mixer Mode“ zur Ausgabe der einzelnen Decks an je einen Stereo-Channel, um sie dann in ein echtes Mischpult zu leiten, bietet das Programm im Gegensatz zu Traktor DJ nicht an. Als Controller unterstützt deej nur den Akiyama TTWO und den DJ2Go. Die habe ich beide nicht hier, also muss das flachfallen. Eine alternative Hardware ist mangels MIDI-Learn nicht zu mappen. Als Interface wähle ich für diesen Test das Griffin DJ Connectmit je einem Headphone-Anschluss und Stereo-Cinch-Masterausgang.

Fotostrecke: 3 Bilder Einstellungen für Audio und Features.

Die Kabel sind gesteckt, der Lade-Button auf dem Hauptbildschirm blinkt mich fröhlich an und schnell – auf meinem iPad Air 2 innerhalb von 3 (!) Sekunden – sind die Titel im Player inklusive Wellenvorschau startklar. Hut ab. Während der Titelselektion stehen euch die Kategorien Playlists, Künstler, Songs, Alben und Discover (Anmerkung: iTunes Store) zur Verfügung. Dazu kommt der Reiter Beats, wo ihr bereits analysierte Titel fein säuberlich nach BPM gelistet findet. Hier würde ich mir für das nächste Update noch die Tonart fürs Harmonic-Mixing wünschen und für die Library grundsätzlich Sortierfunktionen.
Ist der Track eingestartet, lässt er sich mit dem Pitchfader zehntelgenau im Tempo abstimmen. Wer mag, betätigt + oder – für je einen Zehntelprozent-Schritt. Das Regelintervall (5, 10, 15, 20 Prozent) könnt ihr dabei vorgeben. Alternativ lässt sich das Tempo auch einklopfen und halbieren/verdoppeln. Angeschubst und gescratcht wird mit dem Jogwheel je nach gewähltem Modus (CD/Vinyl). Wem das alles zu aufwändig ist, der bemüht die automatische Tempo/Taktsynchronisation, die bei meiner House/Techno-Playlist weitgehend gut funktioniert, aber zu Tonhöhenverschiebungen (Mickey Mouse/Darth Vader) führt, da es keinen Keylock respektive Timestretcher/Compressor gibt.
Das Mixen selbst über die virtuellen Channelfader und den Überblendregler, den ich lieber unten gesehen hätte, indes geht problemlos von der Hand. Ein nettes Detail: Wenn man an den Frequenzen schrauben will, bläht sich der angefasste EQ auf gut die doppelte Größe auf, sodass man ihn besser tweaken kann. Die EQs lassen sich über einen Doppelklick wieder zentrieren. Dennoch muss man bei impulsiveren Handlungen darauf achten, nicht die Quicklaunch-Leiste des iPad (Bluetooth, WLan, Air Drop und Co.) aufzuziehen. Ein Pop-Up-Fenster mit drei EQ-Fadern wie in Traktor DJ wäre mitunter ein Lösungsansatz hierfür, zumal sich Fader am iPad ohnehin besser bedienen lassen, als kleine Knobs. Dann noch Autogain für die (leiseren) Titel und der Hersteller könnte zwei weitere Drehknöpfe einsparen. Ein Blick auf die FX:
Beim Setzen von Loops, Pitch-Bending oder Scratchen via Jogwheel zoomt das Programm in die Waveform hinein und zeigt die Schleife und Beatmarker an. Ein nettes Detail. Die Loop-Abteilung funktioniert auf dem Fuß, allerdings werden die taktgenauen Schleifen nicht quantisiert auf den Beat gesetzt. Dennoch dürft ihr die Beats pro Phrase in den Settings (-/1/2/4/8) festlegen, was für die Track-Synchronisierung, den Wiedergabebeginn nach einer Seek-Funktion und den Loop-Release im Slip Modus relevant ist. Die Effekte, wo wir das Fenster schon mal offen haben, bewegen sich klanglich im Mittelmaß und eignen sich eher zum gelegentlichen Herumspielen.

Fotostrecke: 2 Bilder Loops, Rolls und Effekte kosten ein Share oder 99 Cent.
Audio Samples
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Sicher ist euch auch schon der Rec-Button ins Auge gesprungen, der eure Performance als m4a-Datei für die Nachwelt festhält. Ein integrierter Preview-Player erlaubt innerhalb der App das Anhören des aufgezeichneten Tracks, bevor ihr ihn verteilt. Dies kann via Dropbox, Sound- oder Mixcloud erfolgen oder ihr bannt die Datei über iTunes auf den Rechner. Deej erlaubt zudem auch Audio Copy-Paste.
Schade nur, dass deej keinen Streaming Service integriert hat, auch in Hinblick darauf, dass die App Splyce aus gleichem Hause mit Pulselocker zusammenarbeitet. Splyce Premium (2,99 €) bekommt derjenige aktuell kostenlos on-top, wer deej und Splyce im Music Lover Bundle für 5,99 statt in der Einzelversion kauft. Kein schlechter Deal, wie ich finde, denn Splyce ist eine sehr interessante App, die in einigen Teilen sehr an Serato Pyro erinnert, nur mit deutlich mehr durch den User festlegbaren Optionen. Ob die App besser als Pyro ist, das wird  unser Test ans Licht bringen, der bereits in vollem Gang ist. Trotzdem muss man sich vor Augen halten, dass Algoriddim Djay 2 und Traktor DJ zumindest für iPhone preiswerter sind (für iPhone 2,99/1,99 € und für iPad 4,99/9,99 €) und meiner Meinung nach einfach mehr zu bieten haben.
Schließlich möchte ich noch erwähnen, dass deej ein umfangreiches integriertes Handbuch bereitstellt, mit dem sich Einsteiger gut zurecht finden werden. Ebenso wissenswert: Aktuell kann man zwischen drei unterschiedlichen Design-Templates auswählen, einmal etwas minimalistisch, einmal eher klassisch, auch was die Wellenformen betrifft, und einmal knallbunt als Aquarell. Das sieht dann so aus.

Fotostrecke: 3 Bilder Hier das Default-Design, …

Fazit

Mit deej hat der Hersteller inQbarna eine intuitiv zu bedienende, gut funktionierende iOS DJ-App im Programm, die zwar vom marktbeherrschenden Layout an einigen Stellen abweicht, nichtsdestotrotz jedoch recht übersichtlich gestaltet ist und alle nötigen Werkzeuge für eine Mixsession und noch ein bisschen mehr an Bord hat. Dazu zählen Waveforms, Loops und FX, Auto-Sync, Slip-Mode und ein Session-Rekorder. Es gäbe allerdings noch Luft nach oben, zum Beispiel mit der Integration eines Keylocks, eines Streaming-Services, eines External-Mixer-Modes und einer Sample und Hotcue-Palette inklusive Snap und Quantisierung. Was dann wiederum Punkte einfährt, ist die Inter-App-Audio Unterstützung und die nicht selbstverständliche Möglichkeit, Mehrkanal-Audiointerfaces zu nutzen. Selbst das Mitschneiden der Performance inklusive Upload der Datei nach Dropbox, Sound- oder Mixcloud ist möglich. Vor diesem Hintergrund geht der Preis von 5,99 € zuzüglich 99 Cent für Loops und FX noch in Ordnung, aber bitte stellt nach dem Kauf zukünftig die Mitteilungen/Werbung ab.

Unser Fazit:
3 / 5
Pro
  • Ordentliche Performance
  • Inter-App-Audio-fähig
  • Passables Funktionsangebot
  • Unterstützung externer Mehrkanal-Audiointerfaces
  • Split-Option
  • Austauschbare Skins
  • Gute Loop- und FX-Steuerung
  • Integrierter iTunes-Store
Contra
  • Kein Keylock
  • Nur ein Cuepoint, keine Hotcues
  • Kleinere Layout-Aspekte (EQs, CF…)
  • iTunes only, kein Streaming-Dienst
Artikelbild
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Kommentieren
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Point sagt:

#1 - 25.04.2016 um 11:26 Uhr

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"iTunes only, kein Streaming-Dienst"Und genau das finde ich gut so, endlich mal eine App die voraussetzt Musik gekauft zu haben!Klasse :)

Profilbild von schorschl

schorschl sagt:

#2 - 25.04.2016 um 18:01 Uhr

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Interessanter Beitrag! Es lebe die Wahlfreiheit - Was genau spricht denn gegen "mieten" ? ;)

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