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Sonicsmith Squaver P1+ Test

Mit ihrer Eigenentwicklung, dem ACO-Chip (Audio Controlled Oszillator) hat die polnische Synthesizer-Manufaktur von Brian Kaczynski und Noam Lavi einen beachtlichen Coup gelandet. Denn als Zweimann-Unternehmen einen Prozessor zur Serienfertigung zu bringen, der in der Lage ist, ankommendes Audiomaterial in Echtzeit in Hinblick auf die prominenteste Frequenz zu analysieren, die gewonnene Information als Kontrollspannung auszugeben und gleichzeitig einen integrierten Analog-Synthesizer anzusteuern, ist schon eine respektable Leistung. Der Squaver P1+ verbindet die Tonhöhenanalyse mit einer potenten analogen Klangerzeugung und einer Vielzahl von Modulations-Ein- und Ausgängen.

Sonicsmith Squaver P1+ Test. (Foto: Numinos)

Details

Die Plus-Version des Squaver P1 verspricht einen – im Vergleich zum Vorgänger – weiteren Modulationsbereich der Pulsbreite, eine weichere Hüllkurve und hat nun eine Gate-Schaltung mit an Bord. Das Grundprinzip bleibt aber gleich: Zuerst leitet man ein Audiosignal in den Squaver, woraufhin dieser es in Bezug auf Tonhöhe und Lautstärke analysiert. Damit steuert man nun den integrierten, monophonen Synthesizer und/oder nutzt einen der vielen Steuerspannungs-Einschleif- und Abgriffspunkte, um externe Hardware einzubinden. Wer auf den Suboszillator, die Pulsweitenmodulation und das Filter verzichten kann oder lediglich die Tonhöhenanalyse benötigt, der kann auch zum etwas abgespeckten, aber günstigeren „Convertor+“ aus gleichem Haus greifen.

Auspacken

Der Squaver P1+ wird in einer ansprechend gestalteten Box geliefert, die ein wenig an einen Schuhkarton erinnert und deren farbliche Gestaltung des Design des Geräts aufgreift. Darin findet sich das Gerät nebst einer englischsprachigen Bedienungsanleitung. Der Synth kann wahlweise über 9-Volt Blockbatterie oder ein externes 9-Volt Netzteil betrieben werden. Ein Netzteil befindet sich allerdings nicht im Lieferumfang, obwohl die Styropor-Formteile über eine entsprechende Aussparung verfügen.
Auf Rückfrage kommt aus Polen die Antwort, dass ein mitgeliefertes Netzteil die Kosten für das Gerät in die Höhe getrieben hätte, da eine lokalisierte Version der gesamten Verpackung für die unterschiedlichen Regionen erforderlich gewesen wäre und Musiker in der Regel ein regional passendes 9-Volt Netzteil zur Hand haben. Das ist verständlich und wir lassen es als Erklärung gelten.
Fotostrecke: 3 Bilder Der Karton in dem der Squaver geliefert wird. Es ku00f6nnten auch Sneaker drinnen sein. (Foto: Numinos)

Erster Eindruck

Der Squaver P1+ ist in zwei massiven, zweiteiligen Metallwannen verbaut. Drei Fuß-Metalltaster an der Oberseite verstärken den Eindruck eines robusten Bodeneffektgeräts (wobei wohl die wenigsten Anwender das gute Stück mit den Füßen traktieren werden). Die Farbkombination aus altweiß und orange, die auch die verschiedenen Sektionen optisch voneinander trennt (Altweiß: Input & VCA, Orange: ACO & VCF), wirkt ebenso hübsch wie zugänglich und mit den schwarzen Potiköpfen und den silbernen Schaltern und Patchbuchsen kann man den Squaver P1+ als geradezu schick bezeichnen. Schön auch, dass bei den Potis die wertige Metallvariante mit seitlichen Schrauben zum Einsatz kommt und keine einfachen Plastik-Aufsteck-Kappen.
Fotostrecke: 2 Bilder Solide gebautes Ding: Der Squaver P1+ von oben. (Foto: Numinos)

Anschlüsse

Rückseitig finden sich am Squaver P1+ (von links nach rechts): Der Mono-Synth-Ausgang, ein Expression-Pedalanschluss, ein durchgeschliffener Ausgang der Sidechain-Kette, der Sidechain Eingang (der als zweiter-Envelope-Follower dient). Es folgt die Strombuchse und nach rechts dann der Eingang, sowie ein Port, an dem das Eingangssignal durchgeschliffen wird.
Die rückseitigen Anschlüsse – alle als Standard-Klinke ausgeführt. (Foto: Numinos)

Auf der Oberseite sind dann eine ganze Reihe von Ein- und Ausgangsbuchsen (Miniklinke) montiert, die den Squaver P1+ zu einem semi-modularen Gerät machen. Neben CV-Ausgängen für die erkannte Tonhöhe und die generierte Hüllkurve, finden sich Eingangsbuchsen für u.a.: Die Oktavlage, das Intervall zum Grundton, die Pulsweite, Gate-, VCF- und VCA-In, sowie eine Quelle für den integrierten Ringmodulator – sehr gut!

Die Patch-Buchsen an der Oberseite. Sie sind als Miniklinke ausgelegt. (Foto: Numinos)
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Praxis

Egal, ob man den Squaver nun mit Gitarre, Mikrofon oder Line-Signal befeuern will, zunächst gilt es, ihn auf vernünftigen Arbeitspegel zu bringen. Mit maximal 40 dB Pegelhub liefert der Eingangsverstärker genug Reserven, um sogar dynamische Mikrofone direkt betreiben zu können. 
Beim Einpegeln hilft dann eine kleine, vier-segmentige LED-Kette. Musikern, die noch nie ein Gitarren-Effektpedal in Benutzung hatten sei gesagt, dass der Squaver über den Bodentreter-üblichen Stecker-On/Off verfügt: Eingeschaltet wird er durch Einstecken eines Kabels am Input. Die Elektronik erkennt auch, ob es sich um einen Mono-Stecker handelt und verweigert bei der Stereo-Version den Dienst – eine automatische Umschaltung auf Mono hätte mir hier allerdings besser gefallen. 
Als praktisch erweist sich auch der Hardware-Bypass Taster, lässt sich mit ihm bei Betätigung doch überprüfen, ob überhaupt ein Signal anliegt. Ein Filter trennt subsonische Anteile vom Nutzsignal und das mit zwei wählbaren Flankensteilheiten. Ein Gate regelt das Signal unterhalb einer einstellbaren Schwelle (-inf bis -6dB) komplett ab, was hilfreich ist, um die saubere Trennung zwischen den Noten zu unterstützen. 
Mit einem gerasterten Drehschalter adressiert man das Expression-Pedal wahlweise auf das Intervall, die Oktavlage oder das Filter und mit einem Kippschalter legt man fest, ob das Thru-Signal durch das Filter laufen soll oder nicht. Ebenfalls im Eingangsbereich angesiedelt ist ein Envelope-Follower, der getrennt schaltbar auf die Lautstärke, das Filter und die Pulsweite wirken kann.
Fotostrecke: 2 Bilder Der Envelope-Follower ist u00fcber Kippschalter adressierbar. (Foto: Numinos)

Klangerzeugung

Die Synthese-Sektion ist überschaubar und schnell erklärt: Ein Oszillator liefert wahlweise Puls- oder Sägezahnschwingung (stufenlos überblendbar) und wird von zwei Suboszillatoren flankiert, die frei mischbar eine und zwei Oktaven unterhalb der Tonhöhe schwingen. Gerade wenn man Eingangs- und Synthese-Signal mischt, lasse sich mit den Reglern Oktave (Oktavlage: +/- 1/2 Oktaven) und Harmony (Verschiebung um -7 bis +5 Halbtöne) reizvolle Intervalle generieren. 
Bei Oktavlage und Harmony hätte ich allerdings gerne eine Rasterung gesehen. Am Ende steht noch ein potentes Filter mit Cutoff und Resonanz bereit, das wahlweise mit 12 oder 24 dB Flankensteilheit und als High-, Low- oder Bandpass, dem Signal Kontur verleiht und auch solitär genutzt werden kann. In der VCA-Sektion wird das Eingangssignal mit der Synthese gemischt und ein zusätzliches Modulator-Signal für den Ringmodulator eingeschliffen, was die klanglichen Möglichkeiten noch mal mächtig erweitert. Auch und gerade, da sich mit dem Harmony-Regler ja feste Abstände zwischen Carrier und Modulator einstellen lassen.
Fotostrecke: 2 Bilder Die Synthese-Sektion ist einfach strukturiert. (Foto: Numinos)

Spielbarkeit und Klang 

Das Wichtigste zuerst: Die Tonhöhenanalyse funktioniert. Richtig eingepegelt folgt der Squaver der Master-Melodie so präzise, dass man – gerade wenn man ihn von einem anderen Mono-Synth aus ansteuert – oft gar nicht mehr merkt, dass hier eine „Übersetzung“ erfolgt. So sauber agiert er allerdings nur, wenn auch das Eingangsmaterial entsprechend „clean“ ist.
Womit er überhaupt nichts anfangen kann ist komplexes Material wie etwa fertige Mixe. Führt man ihm die zu, revanchiert er sich mit nervöser Klangmatsche. Auch mehrstimmiges Material irritiert ihn. Ja selbst stark Obertonreiche monophone Linien bewirken manchmal ein Springen zu unterschiedlichen Partialtönen.
Das bedeutet natürlich nicht, dass das im Kontext experimenteller Musik nicht auch reizvoll sein kann. Ganz zu schweigen davon, dass das Filter für sich genommen bereits eine mächtige Waffe ist. Allerdings neigt es – abhängig von der Eingangslautstärke – gelegentlich zu etwas übertrieben forschen Verzerrungen, insbesondere bei einer niedrigen Grenzfrequenz und hoher Resonanz:

Audiobeispiele

Audio Samples
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Musik (am Ende mit Filter) Synth (mit verschiedenen Filter-Einstellungen) Synth plus Ringmodulator (mit verschiedenen Intervallen)
Am besten kooperiert der ACO mit besonders „eindeutigen“ Elementarwellenformen – kurz allem, was sich einem reinen Sinus annähert und das bevorzugt in nicht zu hohen oder tiefen Lagen. Das heißt allerdings nicht, dass sich der Squaver nicht auch mit Gitarre oder Stimme gut verstehen würde. 
Ganz im Gegenteil: Besonders beim einstimmigen Spiel mit der Gitarre zeigt der ACO-Chip seine besten Qualitäten. Zu erwähnen ist hier allen voran, dass er ziemlich treffgenau zwischen „geslideten“ und neu angespielten Noten unterscheiden kann. Auch die Lautstärken-Verfolgung arbeitet erstaunlich präzise und bewirkt – gerade wenn sie auf das Filter adressiert ist – ein so nuancenreiches Spiel, dass man das Gefühl bekommen kann, das Instrument würde den Sound machen. 
Auch das Gegenteil ist spannend: Entkoppelt man die physische Lautstärke von der Synthese, so das alle Noten quasi legato sind oder regelt sie gar über ein Fußpedal, bekommen manche Instrumente eine ganz neue Ausdrucksqualität. Nicht hundertprozentig sauber arbeitet allerdings der Bypass, denn auch wenn er gedrückt ist, „klingelt“ das Synthesizer-Signal minimal durch.

Audiobeispiele

Audio Samples
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Gitarre/Synth mit Slide Gitarre/Synth Envelope-Follow Stimme/Synth mit verschiedenen Einstellungen (Intervalle, Filter)

Eine Eigenheit des ACO-Chips ist es, Noten beim Ausklingen tendenziell ein bisschen nach unten zu „ziehen“. Dadurch ergibt sich eine gewisse „Acid-“ beziehungsweise „Chiptune-haftigkeit“ von Melodielinien. Das ist ziemlich körnig und charmant, könnte Anwender, die eher einen „cleanen“ Sound bevorzugen aber stören. In Verbindung mit der rohen Knarzigkeit der Synthese und den beiden Suboszillatoren wird der Squaver P1+ so in jedem Fall zu einer charaktervollen Bassmaschine.

No Talking Video zu Sonicsmith Squaver P1+

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Fazit

Der Squaver P1+ ist ohne jeden Zweifel ein hoch innovatives Gerät, dessen ganzes Potenzial sich einem erst bei der praktischen Arbeit nach und nach erschließt. Denn auf dem Papier klingt der Trick, externe Melodielinien in Echtzeit in Noten und Kontrollspannung umzuwandeln zunächst einmal gar nicht so dramatisch. Fängt man aber erstmal an, mit Quellen für die kleine Box zu experimentieren und die umfangreichen Modulationsmöglichkeiten zu nutzen, wird schnell klar, dass man hier eine extrem potente Experimentier- und Kreativquelle mit unzähligen Nutzungsmöglichkeiten vor sich hat.
Schon für sich genommen macht die Tonhöhenanalyse in Verbindung mit der charmant-knarzigen Klangerzeugung mächtig Spaß. Eröffnet es doch besonders für Solisten, die bislang wenig mit Synthesizer-Klängen zu tun hatten die Möglichkeit, plötzlich voll elektronisch klingende Linien abzufeuern.
Und auch, wenn das Finden der richtigen Einstellung manchmal etwas Fingerspitzengefühl erfordert und weshalb man nur bedingt zum Live-Einsatz raten kann, tut das der Gesamtkonzeption keinen Abbruch: Der Squaver P1+ aus dem Nachbarland Polen ist wirklich ein außergewöhnliches Gerät, dessen Preis – auch und besonders vor dem Hintergrund der umfangreichen Patch-Möglichkeiten – als angemessen zu bezeichnen ist.

PRO
Innovatives Konzept
Umfangreiche interne und externe Modulationsmöglichkeiten
Kräftiger, charaktervoller Sound
Robuste, hochwertige Verarbeitung
CONTRA
Stellenweise etwas „unberechenbar“
Synth „klingelt“ auch im Bypass minimal durch
Oktave und Harmonie nicht gerastert 
Sonicsmith Squaver P1+ Test. (Foto: Numinos)

FEATURES
Basiert auf dem ACO (Analog Controlled Oszillator)-Chip, einer Eigenentwicklung des Herstellers
Analoger Synthesizer folgt der Tonhöhe und Lautstärke des Eingangssignals
Extrahiert Gate-, Pitch-, Envelope- und CV-Trigger vom Audio-Eingang
Oszillator mit Rechteck (PWM) und Sägezahn
40 dB Verstärkungsbereich am Eingangsvorverstärker (hochohmig)
Sidechain-Eingang für zweiten Envelope-Follower (über Fußschalter zuschaltbar)
Integrierter Ringmodulator
Resonanzfilter (LP, BP, HP, 12/24dB) mit CV-Eingangssteuerung
9V Batteriebetrieb oder Standard 9V Netzteil
Die Dual-4-LED-Anzeige zeigt sowohl den Pegel des Haupteingangs als auch des Sidechain an
Insgesamt 3 Audio-Eingänge, 5 CV-Ausgänge und 6 CV-Eingänge

PREIS
Sonicsmith Squaver P1+: Ca. 624,17 € (Straßenpreis: Stand: 14.07.2018)


Weitere Informationen zu diesem Produkt gibt es auf der Webseite des Herstellers.

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