Sonicware Liven Bass&Beats Test

Sonicware-Mastermind Yu Endo und sein Team haben sich auf preisgünstige, batteriebetriebene kleine Musikmaschinen im poppigen Spielzeuglook spezialisiert. Mit dem ELZ_1 und den beiden Liven-Grooveboxen 8bit warps und XFM landete das kleine japanische Start-up bereits einen Achtungserfolg. Der neueste Streich ist die Liven Bass&Beats, eine 6-stimmige Drummachine mit 16 Sounds pro Kit, einem für Bässe optimierten, monophonen Wavetable-Synthesizer, und einer FX-Einheit mit 12 verschiedenen Effekten. Sogar ein Side-Chain-Kompressor zum Beat-Pumpen ist mit an Bord.

Sonicware Liven Bass&Beats. (Quelle: Christine Mangels)
Sonicware Liven Bass&Beats: Drummachine und Bass-Synthesizer mit 6-stimmiger Polyphonie. (Quelle: Christine Mangels)

Drums und monophoner Synth in einem Gehäuse; dieses Konzept erinnert mich spontan an die altehrwürdige Quasimidi Rave-O-Lution 309. Die war in den 1990er Jahren auf vielen Bühnen zu sehen. Die Liven Bass&Beats ist also eine echte „Groovebox“ wie sie im Buche steht. Mit ihr soll man netzunabhängig und unkompliziert Beats und eben Bass- oder Hooklines programmieren können. Das alles zum heißen Preis von knapp 300 Euro. Und „cute“ schaut sie auch noch aus. Das macht neugierig.

Sonicware Liven Bass&Beats
Sonicware Liven Bass&Beats. (Quelle: Christine Mangels)

Sonicware Liven Bass&BeatsDas Wichtigste in Kürze

  • Digitale Kompakt-Groovebox: Kombination aus monophonem Wavetable-Bass-Synthesizer und 6-stimmiger Drummachine
  • Wavetable-Bass-Synthesizer mit zwei eigenständigen Oszillatoren (64 Wavetables) und einem Sub-Oszillator
  • Drum Machine-Part mit 150+ Drumsounds und 350 Beats für die Groove-Produktion
  • 2-Spur Pattern-Sequenzer mit 64 Steps für Pattern-Programmierung über 27 Keyboard-Taster
  • Mobiler Einsatz durch Batteriebetrieb
  • Eignet sich für Live-Jams und den Studio-Einsatz

Details

Äußere Erscheinung der Liven Bass&Beats

Die Liven Bass&Beats kommt in dem gleichen und mittlerweile schon typischen Sonicware-Gehäuse wie ihre Liven-Geschwister 8bit warps und XFM. Eine gute Idee, denn so kann auch ein kleiner Hersteller basierend auf einer Plattform unterschiedliche Konzepte anbieten. Das abgerundete Gehäuse aus festem Kunststoff ist mit 300 × 175 × 40 mm kompakt bemessen und nur 790 Gramm leicht. Bei der Bedienung helfen 15 kleine Drehregler, ein gerasteter Value-Regler, 16 Schalter zur Anwahl von Drum-Sounds und der Step-Programmierung von Sequenzen. Weiter gibt es 16 hintergrundbeleuchtete Soft-Buttons für die Menü-Anwahl, Transport und mehr. Gespielt wird Bass&Beats über eine behelfsmäßige Klaviatur mit 27 klapperigen Taste(r)n. Und wieder sind – wie schon beim Liven XFM – Auflage-Schablonen dabei. Diesmal sogar zwei, denn es gibt einiges zu editieren, wie wir im Laufe dieses Tests noch sehen werden. Das große vierstellige Display stellt Nummernwerte klar und Namen sehr verkürzt bis kryptisch dar.

Sonicware Liven Bass&Beats im Karton, geschlossen.
Fotostrecke: 3 Bilder So kommt die Sonicware Liven Bass&Beats zu Hause an.

Anschlüsse und Mini-Lautsprecher im Kompaktgehäuse

Folgende Anschlüsse befinden sich oben auf der Frontplatte: DIN-MIDI-In/Out sowie analoger Sync-In/Out, Kopfhöreranschluss und Stereo-Line-In und -Out, jeweils im 3,5 mm Miniklinkenformat. Dazu gibt es wie bei Sonicware üblich einen kleinen Mini-Lautsprecher mit größentypischer Klangqualität. Dieser erklingt selbst, wenn der Sound über Line abgehört wird. Um das zu vermeiden, muss man ihn im Preference-Menü ausschalten. Für portable Jams mag er trotzdem hilfreich sein. Dank der Möglichkeit, die Bass&Beats mit sechs AA-Batterien zu betreiben, ist sie auch mobil einsetzbar.

Sonicware Liven Bass&Beats von oben
Fotostrecke: 6 Bilder Die poppige Oberfläche der Sonicware Liven Bass&Beats passt gut in die Jugendzimmer dieser Welt.

Aktuelle Drum-Samples für unterschiedliche Genres

Die Liven Beats&Bass Groovebox verfügt über einen ansprechend großen Fundus von 350 PCM-One-Shot-Samples. Diese decken eine stilistisch breit gefächerte Vielfalt an Drums, Percussion und Effektsounds ab. Inklusive den allseits beliebten Risern, menschlichen Stimmsamples und tonalen Klängen. Die Soundauswahl geht weit über das Spektrum anderer Drummachines hinaus. Die Drumkit-Presets sind geschmackvoll und inspirierend zusammengestellt und können selbstverständlich individuell gestaltet werden. Hier ist für jeden was dabei. Der Schwerpunkt liegt nicht auf dem üblichen Roland-XOX-Arsenal, sondern auf aktuell angesagten Sounds aus elektronischen Genres. Trap, Bass, Vaporwave und Future-Pop sind hier zu Hause, selbst Drum’n Bass und Hip-Hop-Fans werden hier gut bedient.

Sonicware Liven Bass&Beats mit Kit Edit Schablone
Im Drum Kit Edit Mode wird die Oberfläche der Sonicware Liven Bass&Beats völlig neue Funktionen zugewiesen, die auf der entsprechenden Auflegeschablone abgebildet sind. (Quelle: Christine Mangels)

Bass-Synth mit Wavetable-Engine

Die Bass-Wavetable-Synthesizer-Engine verfügt über 64 verschiedene Wavetables, mit Parametern für Wellenposition und Startphase. Es können sogar eigene Wavetables via MIDI Sysex geladen werden. Ein Sound greift auf zwei unabhängige Wavetables, einen Sub-Oszillator und einen Noise-Generator zu.  Der Sub-Oszillator ist mit den Wellenformen Sine, Square, Triangle, Sawtooth und Reverse-Sawtooth gut bestückt, kann aber nicht in der Oktavlage verändert werden. Noch üppiger liefert der Noise Generator mit sechszehn verschiedenen Modellen ab. Von white, pink und brown noise bis hin zu verschiedenen Wassergeräuschen und Vinyl-Crackles für den LoFi-Trip-Hop-Touch ist alles da. Das digitale Filter bietet Lowpass, Highpass, Bandpass und einen parametrischen EQ, jeweils mit Resonanz, aber ohne Selbstoszillation. Zwei LFOs mit 18 verschiedenen Kurven lassen sich diversen Parametern zuordnen und bringen Bewegung in die Klangstruktur. Das alles kann dann auf 128 Speicherplätzen verewigt werden.

Sonicware Liven Bass&Beats mit Kit Edit Schablone
Auch auf der Schablone für den Memory Edit Mode des Wavetable-Synthesizers sind alle neue Funktionen aufgedruckt. (Quelle: Christine Mangels)

2-Track Pattern-Sequenzer mit 64 Steps

Der zweispurige Sequenzer des Bass&Beats ist prinzipiell eine Drummachine mit dazugehöriger Bass-Sequenzer-Spur. Die 128 Patterns sind in acht Bänken á 16 Patterns organisiert, von denen selbst die ersten beiden Bänke mit den Preset-Patterns überschrieben werden können. Die Eingabe erfolgt per Step-Recording oder in Realtime (auch via MIDI-Keyboard) und bis zu maximal 64 Steps. Beide Sequenzen können verschiedene Längen haben. Schön ist, dass man bei beiden Sequenzer-Einheiten auch die Step-Einheit im laufenden Spielbetrieb von z. B. 16tel auf z. B. 8tel oder 32tel verstellen kann. Dadurch sind Half-oder-Double-Speed Tempi machbar. Parameterautomatisierung ist per „Parameter Locks“ möglich. Auch gibt es Copy-and-paste (separat für Drums und Bass) sowie Undo und Redo.

Möglichkeiten und Einschränkungen des Sequenzers

Selbstredend kann man Patterns bei laufendem Sequenzer aufrufen, programmieren, editieren und speichern. Die Patterns merken sich übrigens jeweils das bei der Progammierung festgelegte Tempo und man kann sie für längere Verläufe verketten. Das nicht nur in der chronologischen Reihenfolge, sondern auch nach Gusto. Patterns und Sounds lassen sich übrigens per MIDI-Sysex-Backup auf einem Computer sichern und wieder laden. Auf gleichem Wege werden auch Updates übertragen. Leider kann ein Takt nicht einfach auf den zweiten Takt des gleichen Patterns kopiert werden, sondern muss manuell nachgebaut werden. Ich hoffe, dass dieses kleine, aber so praktische Feature in einem zukünftigen Update bald nachgereicht wird.

Schablonen der Sonicware Liven Bass&Beats
Der Sequenzer des Sonicware Liven Bass&Beats verfügt über maximal 64 Steps und kann auch mit der Behelfstastatur live eingespielt werden. (Quelle: Christine Mangels)

Editor-Schablonen für die Programmierung

Die Performance-Ebene bietet Zugriff auf einige wenige Parameter bei Drums und Bass: Lautstärke, Tuning und Effektanteil bei Bassdrum, Snare, Hi-Hats und „others“ sowie Macroregler beim Bass. Um Drumkits zusammenzustellen, deren Sounds individuell zu bearbeiten oder die Power des Wavetable-Synthesizers voll auszuschöpfen, reichen die vorhandenen Regler auch mit Shift und Function-Doppelbelegung bei weitem nicht aus. Deshalb bedient sich Sonicware wie schon beim Liven XFM des Schablonen-Tricks, hier sogar doppelt. Um Doppelt-und-Dreifachbeschriftungen zu vermeiden, hat sich Sonicware schon bei den anderen Livens für Schablonen entschieden. Die werden auf das Gerät gelegt und verdeutlichen schon aufgrund ihrer anderen Farbgebung, in welchem Modus sich das Gerät gerade befindet. Der Bass&Beats liegen gleich zwei Schablonen bei. Eine zum Editieren eines Drumkits, die zweite zum Programmieren des Bass-Synthesizers. Das ergibt insgesamt drei Editierebenen, in denen wir jeweils eine komplett neue Oberfläche vorfinden.

Schablonen der Sonicware Liven Bass&Beats
Ohne die Plastikschablonen fällt es schwer, die beiden Editmodi der Sonicware Liven Bass&Beats zu bedienen. (Quelle: Christine mangels)

Effekt-Auswahl der Liven Bass&Beats

Was wäre eine Groovebox ohne groovy FX? Die Bass&Beats greift vermutlich auf den gleichen globalen Effektgenerator wie bereits die XFM zurück und hat folgendes Gepäck an Bord: Hall, Raum, Mono-Hall, Chorus, Flanger, Delay, Bit-Crusher, Distortion, Hochpass-Filter, Tiefpass-Filter, Isolator und Tilt-EQ. Einige Effekte sind Send-Effekte mit regelbarem Effektsend, andere wirken on/off als Insert auf einen oder mehrere Tracks. Dazu kommt der Dimension-Effekt, der sich mit einem eigenen Regler auf der Oberfläche präsentiert. Dieser verändert eigentlich nur die Stereobreite des monophonen Wavetable-Synths. Wahrscheinlich stand hier der altehrwürdige Roland Dimension D-Effekt Pate. Der Machine-Gun-Effekt erzeugt stotternde Effekte, während Ducking den Bass oder das extern zugeführte Audiosignal zum Pumpen bringt.

Praxis

Arbeiten mit Sonicware Liven Bass&Beats

Die Soundpalette ist gut bestückt und die Drums geschmackvoll gewählt. Hier finden sich weniger die üblichen Roland XOX-Collections, sondern gut zusammengestellte Kits für Genres jenseits von Techno und House. Während mich die Kits für Four-to-The-Floor-Musik nicht vom Hocker hauen, finde ich die Kits für Drum n’Bass. Dubstep, Vaporwave, Hip-Hop, Trap und Future-Pop frisch und inspirierend. Die Klangqualität dagegen ist nicht umwerfend, denn man hört immer ein leichtes Rauschen. Das kann daran liegen kann, dass die Liven-Instrumente nur Ausgänge im Miniklinken-Format verbaut haben. Für solch ein kompaktes und preisgünstiges Gerät geht der gebotene Sound aber voll in Ordnung.

Sonicware Liven Bass&Beats eingeschaltet von links oben.
Die Sonicware Liven Bass&Beats bietet inspirierende Sounds jenseits der sattsam bekannten üblichen Verdächtigen. (Quelle: Christine Mangels)

Sound-Editing mit Hindernissen

Zum Deepdive in die Maschinenräume der beiden Soundgeneratoren aktiviert man einen der beiden Edit-Modes. Hier haben Schalter und Drehknöpfe teilweise völlig unterschiedliche Funktionen. Deshalb muss man zur besseren Übersicht eine der beiden Schablonen auf das Gerät legen, welche die Edit-Parameter der Potis und Schalter zeigen. Auch hier sind Fehlbedienungen anfangs wieder unvermeidbar, weil z. B. der Bass-Lautstärkeregler im Minimixer des Performance-Menüs (Drum-Menü) das Tuning des angewählten Instruments bewirkt. Im Bass-Edit-Menü regelt er die Anschlagdynamik. Die beiden anderen Mixerregler wiederum regeln die per Assign zugewiesenen Parameter, welche im Performance-Mode dann jedoch von den beiden mittleren oberen Regler unter dem Display ausgeführt werden. Confusing? Absolutely! Zumindest eine gewisse Einheitlichkeit der Funktionen in den Edit-Menüs wäre hier hilfreich.

Ohne Schablonen geht wenig

Auch sonst fehlt mir eine geradlinige Verknüpfung der verschiedenen Modi. So kann man nicht einfach von der Performance-Ebene in den Sound-Editor wechseln, sondern muss sich den Sound oder das Kit merken, um es dann im jeweiligen Editmodus (auf-) zu-suchen. Das ist sehr ungelenk und gar nicht direkt. Bei der Performance kann man also tatsächlich nur an den Macros vorher erstellter eigener Presets schrauben. So pfiffig das Konzept auch ist: ohne die Schablonen (oder ohne ein extremst fotografisches Gedächtnis) ist man ziemlich aufgeschmissen, wenn man ins Eingemachte will.  Und so portabel der Bass&Beats ist: Wer unterwegs editieren möchte, muss die Schablonen auch immer dabeihaben. Nicht die eleganteste Lösung.

Sonicware Liven Bass&Beats mit Schablonen
Gut auf die Schablonen aufpassen, denn ohne geht gar nichts. (Quelle: Christine Mangels)

Gute KombinationBass&Beats und Pocket Operators

Immerhin kann man Patterns oder Klangparameter exportieren, importieren, das Gerät per MIDI-Keyboard auch anschlagdynamisch spielen und es integriert sich dank MIDI, Sync und Audio-Ein-und-Ausgängen easy in verschiedenste Liveset-Umgebungen. Ganz besonders schön klappt das mit Teenage Engineerings Pocket Operator-Serie: Mit einem Stereo-Miniklinkenkabel werden via Line-In sowohl das Audiosignal als auch der Sync eines Pocket Operators übertragen, supereinfach und ohne geteiltes Spezialkabel. Ein tolles Feature für alle Freunde der kleinen schwedischen Grooveplatinen.

Bass&Beats-Effekte mit Einschränkungen

Die 13 internen Effekte sind etwas willkürlich auf Send- und Insert-Effekte aufgeteilt. Es handelt sich um mehrere Hall- und Delay-Effekte, Modulations-Effekte wie Chorus und Flanger, Verzerrungs-Effekte wie Crush und Distortion, Filter-Effekte wie Tief- und Hochpass, Isolator und Kill-EQ. Editieren ist nicht möglich, die Effekte können dem Signal lediglich dazu gemischt werden. Das ist wirklich schade. Dafür spendiert Sonicware der Bass&Beats einen Side-Chain-Kompressor, um den internen Bass-Synth und externe Audiosignale zu ducken. Das funktioniert okay, aber einen Instant-Daft-Punk-Habenwollen-Pump-Effekt erzielt die Bass&Beats nicht.

Klangbeispiele zu Sonicware Liven Bass&Beats

So klingen die ersten 16 Presets der Liven Bass&Beats

Audio Samples
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Bass&Beats Preset 1 Bass&Beats Preset 2 Bass&Beats Preset 3 Bass&Beats Preset 4 Bass&Beats Preset 5 Bass&Beats Preset 6 Bass&Beats Preset 7 Bass&Beats Preset 8 Bass&Beats Preset 9 Bass&Beats Preset 10 Bass&Beats Preset 11 Bass&Beats Preset 12 Bass&Beats Preset 13 Bass&Beats Preset 14 Bass&Beats Preset 15 Bass&Beats Preset 16

Hohe Lernkurve durch eigene Workflow-Philosophie

Bei den meisten Herstellern hat sich eine gewisse vereinheitlichte Bedienlogik durchgesetzt, sodass erfahrene User ein neues Gerät ohne Bedienungsanleitung zumindest teilweise erkunden können. Sonicware hat da eine ganz eigene Workflow-Philosophie. Die ist anders und kompliziert! Einige Funktionen wie die Programmierung des Drum-Step-Sequenzers lehnen sich noch an die bekannte Roland XOX-Bedienung an. Viele Funktionen werden jedoch völlig eigen gedacht. Langjährig erworbene Erfahrung im Programmieren von Synthesizern und Grooveboxen hilft hier nicht wirklich weiter. Wer hingegen die Bedienung der anderen Liven-Maschinen verinnerlicht hat, ist klar im Vorteil. Alle anderen werden ohne das 48-seitige PDF-Handbuch nicht allzu weit kommen. Diese hohe Lernhürde ist der größte Kritikpunkt am Liven Bass&Beats. Zu oft drückt man eine Taste oder dreht an einem Regler und etwas völlig anderes als das Gewünschte passiert. Man befindet sich im falschen Menü, was aufgrund der bisweilen verwirrend zugepflasterten Bedienoberfläche nicht sofort deutlich wird. Das kann sehr frustrierend und nervig werden.

Sonicware Liven Bass&Beat, Hand dreht an Regler
Die geriffelten Plastikregler der Sonicware Liven Bass&Beats sind angenehm zu bedienen. (Quelle: Christine Mangels)

Gewöhnungsbedürftiges Schablonenkonzept

Mit Shift erreicht man die alternativen Funktionen aller Drehregler. Mit Function die alternativen Funktionen aller Schalter sowie die Edit-Modi, die wieder eigene Shift- und Function-Ebenen haben. Dies und andere Dinge gilt es sich zu merken. Mehr als einmal befand ich mich „lost in the machine“, aber eben nicht im positiven Sinne. Ich drehte an Reglern und bewirkte etwas völlig anderes als gewünscht, weil ich mich nicht in dem Menü befand, in dem ich mich wähnte. Die von vielen Drummachines und Grooveboxen über viele Jahre gelernten Bedienstrategien muss man hier erstmal komplett vergessen und sich auf ein neues Abenteuer einlassen wollen.

Sonicware Liven Bass&Beats mit aufgelegter Memory Edit Schablone.
Der Workflow der Sonicware Liven Bass&Beats ist nicht sehr intuitiv. (Quelle: Christine Mangels)

Kurzum: wer wie ich Geräte mit singulär zugewiesenen Reglern oder grafikfähige LC-Displays mit pro Menü zugewiesenen Knobs schätzt, wird sich mit dem Schablonenkonzept der Bass&Beats nicht anfreunden können. Ich möchte auch nicht verschweigen, dass das Gerät nach mehreren Wochen gegen Ende der Testphase aus unerfindlichen Gründen nicht mehr zum Einschalten zu bewegen war. Weder mit Batterien, noch mit Netzteil-Stromversorgung. Die Ursache war nicht erkundbar. Immerhin hielt der Liven Bass&Beats lange genug durch, um einen Eindruck des Gebotenen zu erhalten.

Batteriefach der Sonicware Liven Bass&Beats
Die Sonicware Liven Bass&Beats kann auch netzunabhängig mit sechs AA-Batterien betrieben werden. Für umweltfreundlichen Betrieb und längere Laufzeiten empfehlen wir allerdings ein optionales Netzteil. (Quelle: Christine Mangels)

Für wen eignet sich die Liven Bass&Beats Groovebox?

Wer sich neuen Instrumenten am liebsten hands-on nähert und erst mal damit jammed, um die Möglichkeiten kennenzulernen, wird hier sehr schnell merken, dass ohne Bedienungsanleitung gar nichts geht. Wie schon die anderen Liven-Grooveboxen fordert auch die Bass&Beats viel Liebe, Leidenschaft und Zeit von ihren Usern ein. Wer wenig Geld, aber viel Geduld in ein sehr komplexes und durchaus mächtiges Stand-Alone-Instrument investieren möchte, das stilistisch vor allem in Genres wie Drum n’ Bass. Dubstep, Vaporwave, Hip-Hop, Trap und Future-Pop zu Hause ist, erhält eine passable portable Groovebox. Diese kann man obendrein mit Batterien betreiben und hat sogar einen bescheidenen Minilautsprecher an Bord. Auch Pocket Operator-Fans finden hier einen kongenial passenden Kompagnon für ihre Groove-Platine.

Sonicware Liven Bass&Beats
Die Sonicware Liven Bass&Beats Groovebox. (Quelle: Christine Mangels)

Fazit

Sonicware hat sich viel Mühe gegeben, den Liven Bass&Beats mit einer großen Menge an Funktionen vollzupacken. Auf den ersten Blick sieht man der poppigen und spielzeugartigen Groovebox nicht an, wie viel Potenzial unter ihrer Haube schlummert. So viele Möglichkeiten in so einer kleinen Box gibt es selten für so wenig Geld. Vor allem der Wavetable-Bass-Synthesizer allein ist schon den Kaufpreis wert. Im Test zeigt sich, dass bei diesem Füllhorn an Möglichkeiten die Bedienfreundlichkeit auf der Strecke bleibt. Das Gerät ist ein echtes Nerd-Instrument und man muss sich sehr tief einfuchsen, um sich nicht in den vielen Optionen zu verirren. Ohne das (rein digital vorliegende) Handbuch ist man da erst mal ziemlich verloren. Wer einen schnell erlernbaren und intuitiven Workflow schätzt, wird die Bedienung deshalb nicht besonders mögen.

Auch House-und-Technofans kommen nicht voll auf ihre Kosten. Aber es ist schön, dass es solch leicht abseitige Instrumente jenseits der ausgetretenen Pfade gibt. Den eingangs bemühten Vergleich zur Quasimidi Rave-O-Lution möchte ich nicht mehr aufrechterhalten. Tatsächlich ist der stärkste Teil hier der Wavetable-Synthpart. Die neue Liven erinnert mich eher an Yamaha’s AN-200 und DX-200-Grooveboxen, bei denen einer sehr potenten Synth-Engine noch ein PCM-Drumpart zugefügt wurde. Der Drumpart der Bass&Beats ist eindeutig mächtiger als der beider Yamahas. Daher kann sie für die Stand-Alone-Produktion von Drum n’ Bass, Dubstep, Vaporwave, Hip-Hop, Trap und Future-Pop ein perfektes Spielzeug sein. Wenn man bereit ist, das Teil inside-out zu erlernen.

Sonicware Liven Bass&Beats
Sonicware Liven Bass&Beats. (Quelle: Christine Mangels)

Features

  • 2 unabhängige Oszillatoren mit 64 Wavetables, 1 Sub-Oszillator
  • Noise Generator mit 16 verschiedenen Rauscharten
  • LFO, Hüllkurven Generator, Unisono-Steuerung, Multimode-Filter, Verzerrungseffekte
  • 64 Bass Presets
  • 2 Performance-Knöpfe können mehreren Parametern gleichzeitig zugeordnet werden
  • 2 Assign-Drehregler für die komplexe Steuerung mehrerer Parameter
  • 350 Beats
  • 4-16 Bit Engine
  • Mehr als 150 Drum-Samples
  • Über 50 FX-Samples
  • 64-Step Sequencer
  • Abmessungen (L × B × H): 297 × 176 × 48 mm
  • Gewicht: 790 g

Preis

Sonicware Liven Bass&Beats: Ca. 299 € (Straßenpreis am 27. Oktober 2022)

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