TC Electronic wurde 1976 von den Brüdern Kim und John Rishøj im dänischen Risskov gegründet. Legendäre Effekt- und Studiogeräte wie das Stereo-Chorus-Flanger Pedal für Gitarristen oder das Digital Delay mit der Bezeichnung 2290 schrieben Geschichte und setzten Standards, die auch nach fast 30 Jahren noch Gültigkeit haben. Heute ist TC ein führender Anbieter im Bereich der digitalen Audiotechnik und kaum ein Studio weltweit, das keine Produkte aus unserem nördlichen Nachbarland im Einsatz hat. Dass die Entwicklungsabteilung von TC Electronic bestrebt ist, bis an die Grenzen des technisch Möglichen im Studio- und Livebereich zu gehen, zeigen die Auszeichnungen alleine der letzten zehn Jahre, darunter acht TEC-, fünf Blue Ribbon-, sieben MIPA- und drei Excellence-Awards, um nur einige zu nennen.
Und jetzt hat TC Electronic wieder ein sehr innovatives Produkt auf den Markt gebracht: das Polytune – ein polyphones Bodenstimmgerät. Haben damit die alten, monophon ausgerichteten Stimmgeräte ausgedient?
Wer ein handelsübliches Stimmgerät besitzt, der schlägt in der Regel die Saiten nacheinander an, um herauszufinden, welche von ihnen den Pfad der Tugend verlassen hat. Selten sind alle an der schlechten Stimmung schuld, aber auch wenn es sich im Nachhinein herausstellt, dass nur eine oder zwei von ihnen als Übeltäter infrage kommen, müssen alle gecheckt werden. Zumal auf der Bühne, wo das eigene Gehör dabei keine Hilfe leisten kann. Das kostet Zeit, die man sich unter Umständen mitten im Geschehen und zwischen zwei Titeln kaum nehmen kann. Das könnte sich in Zukunft dramatisch ändern und die Stimmpausen zwischen den Stücken könnten sich erheblich verkürzen, wenn das Polytune hält, was es verspricht. Mit ihm ist – wie der Name schon vermuten lässt – ein Stimmgerät zum bonedo-Test angetreten, das den Zustand aller Saiten gleichzeitig erkennen kann. Wir sind gespannt.
Das Polytune kommt als Bodentreter daher und erinnert mit den Abmessungen 12 cm x 6 cm x 3, 3 cm an das Design einer typischen Stomp-Box. 300 Gramm bringt das robuste Gehäuse aus Metall auf die Waage, nicht gerade leicht für ein Stimmgerät. Selbstverständlich kann man mit dem Polytune sowohl E-Gitarren als auch E-Bässe stimmen, auch 5-Saiter.
Das Pedal verfügt über je eine Klinkenbuchse für Ein- und Ausgang, sodass das Gerät auf der Bühne permanent zwischen Instrument und Amp angeschlossen bleiben kann und mit dem Bypass-Fußschalter bei Bedarf in das Geschehen einbezogen wird. Ist das Gerät ausgeschaltet, sorgt der True-Bypass-Schaltkreis dafür, dass das Signal unangetastet bleibt. Das Polytune wird im Regelfall mit einem 9V-Block oder einem externen Netzteil betrieben, wobei Letzteres allerdings nicht im Lieferumfang enthalten ist. Bei TC hat man sich Gedanken über die Wünsche und Bedürfnisse von Musikern gemacht und dem Gerät einen zusätzlichen Netzausgang spendiert, der beim Anschluss eines externen Netzteils aktiv wird. Über ihn können auch andere Gitarrenpedale mit Strom versorgt werden.
Display Modi Das Polytune stellt zwei Display-Modi zur Verfügung, den polyphonen und den chromatischen. Im polyphonen Modus erscheint automatisch ein entsprechendes Display, wenn alle Saiten gleichzeitig angeschlagen werden. Diese werden durch horizontale Doppellinien grafisch dargestellt. Grüne Linien signalisieren, dass die entsprechende Saite richtig gestimmt ist. Leuchtet eine rote Leuchtdiode, muss nachgestimmt werden. Darüber wird auch die Entfernung (in Halbtonschritten) einer nicht gestimmten Saite zur richtigen Tonhöhe optisch dargestellt. Im chromatischen Modus erscheint dann eine neue Oberfläche auf dem Display. Die sinnvolle Unterscheidung zwischen Grob- und Feinstimmung kennt man ja bereits vom herkömmlichen chromatischen Tuner. Großbuchstaben (E, A, D) werden für die Grobstimmung benutzt, wobei dann die chromatische Leiter durchschritten wird, wenn man eine Saite nach oben oder unten dreht.
Für die Feinstimmung einer Einzelsaite wird eine separate Skala im oberen Bereich bereitgestellt. Auf dieses Design kann man Einfluss nehmen, denn es werden zwei Anzeige-Betriebsarten („Nadel“ und „Verlauf“) zur Wahl gestellt. Mit einem kleinen Taster, der sich an der Rückseite des Geräts versteckt, wählt man zwischen beiden. Für die optimale Beleuchtung des Displays ist auch gesorgt. In seiner rechten unteren Ecke befindet sich ein Umgebungslichtsensor, der erkennt, wie hell es gerade auf der Bühne ist und dann die Helligkeit des Displays entsprechend anpasst. Ist keine maximale Helligkeit erforderlich, verlängert sich die Akkulaufzeit. Allerdings besteht noch kein Grund, das gute alte chromatische Stimmgerät zu verschrotten. Mit dem Polytune kann man nämlich (noch?) keine akustischen Instrumente stimmen, denn es gibt kein internes Mikrofon. Schade.
Drop Tunings im polyphonen Modus Normalerweise sind bei der Gitarre die Töne E A D G B E (Normalstimmung) die Referenztöne im polyphonen Modus. Heavy Metal Musiker können aber jetzt aufatmen. Wenn man die Gitarre/den Bass herunterstimmt, wird auch das Drop Tuning durch entsprechende Stimmungsbetriebsarten unterstützt. Die Saiten (in Normalstimmung) können dabei jeweils bis zu fünf Halbtonschritten heruntergestimmt werden. Zuständig ist ein kleiner Schalter auf der Rückseite des Bodentreters. Mit jedem Druck auf ihn wird eine neue Betriebsart angewählt, das heißt, fünf Halbtöne tiefer = 5x drücken. Danach wird wieder die Betriebsart für die Normalstimmung erreicht. Die gewählte Betriebsart wird deutlich im Display angezeigt. Leider unterstützt Polytune im polyphonen Modus keine offenen Tunings wie zum Beispiel DADGAD, sodass man die nur im chromatischen Modus stimmen kann.
Kalibrieren der Referenztöne Die Standard-Referenztonhöhe des Polytune ist 440 Hz. Man kann ihn aber in Schritten von einem Hertz auf jede Stimmung zwischen 435 und 445 Hz einstellen.
Wie bewährt sich das Polytune in der Praxis? Bei einem Stimmgerät geht es in erster Linie um Präzision und einfache Bedienbarkeit. Sind dann noch einige sinnvolle Features mehr an Bord, um so besser. Und das ist beim Polytune definitiv der Fall. Schlägt man beherzt alle sechs Saiten an, identifiziert das Gerät mit großer Sicherheit diejenigen, die nicht mehr der Norm entsprechen, und zeigt den kompletten Status des Instrumentes an. Das Display wechselt jetzt in den chromatischen Modus und man kann gezielt die verstimmten Saiten nach der herkömmlichen Methode nachstimmen. Ist dabei die Betriebsart „Nadel“ eingestellt, orientiert man sich an der Position der im Display gezeigten digitalen Nadel aus fünf Leuchtdioden, die auf den Fixpunkt in der Mitte gebracht werden soll. Wenn die Saite korrekt gestimmt ist, leuchten in der Anzeige fünf grüne Leuchtdioden in der Mitte sowie die beiden darauf weisenden Linien rechts und links auf.
In der Betriebsart „Verlauf“ kommuniziert man mit drei horizontalen Linien, die im Display nach rechts fließen, wenn die Saite zu hoch, oder nach links, wenn sie zu niedrig gestimmt ist. Stimmt die Saite, hören die Linien auf zu fließen. Die Fließgeschwindigkeit gibt immer die Entfernung zur richtigen Tonhöhe an. Es bleibt aber Geschmacksache, mit welcher Betriebsart man arbeiten möchte.
Die von TC Electronic entwickelte Monopoly-Erkennungstechnologie stellt automatisch fest, ob eine einzelne oder mehrere Saiten gleichzeitig angeschlagen wurden und das Display schaltet dementsprechend in den chromatischen oder polyphonen Modus um. Spielt man eine Einzelsaite, wird sofort der chromatische Modus aktiviert. So gesehen arbeitet Polytune dann wie ein herkömmliches chromatisches Stimmgerät. Im täglichen Einsatz arbeitet das Gerät in beiden Betriebsarten präzise und schnell.
Noch nie hat das Stimmen so viel Spaß gemacht. Das polyphone Prinzip des Polytune kann auf der Bühne helfen, Zeit zu sparen. Es überzeugt durch Präzision und ist absolut studiotauglich, wobei man mit dem ausreichend großen und optimal beleuchteten Display aber auch auf der Bühne sehr gut leben kann. Drop Tunings sind kein Problem, Open Tunings erfordern den klassischen chromatischen Modus. Die guten alten chromatischen Stimmgeräte haben allerdings noch nicht ganz ausgedient, denn dem Polytune fehlt noch ein internes Mikrofon für das Stimmen akustischer Instrumente.
Wer ein Stimmgerät der neuesten Generation sucht und auf der Bühne schnell und sicher seine E-Gitarre oder den E-Bass in die richtige Stimmung bringen muss, dem sei das Polytune wärmstens ans Herz gelegt. Für alle anderen lohnt es sich vielleicht, noch etwas abzuwarten, denn der Preis und die fehlende Akustikoption sind durchaus bedenkenswert.
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
Präzision und schnelle Ansprache
Großes beleuchtetes Display
Chromatisch und polyphon (mit Drop Tuning)
Contra
Unterstützt im polyphonen Modus keine Open Tunings
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