Adam Audio H200 Test

Adam Audio H200 im Test: Dass hochwertige Kopfhörer für Studioprofis ein aufstrebender Markt sind, haben um das Jahr 2018 zumindest zwei Hersteller entdeckt, die sich zuvor in anderen Gerätekategorien einen erstklassigen Ruf erarbeitet haben. Der Neumann NDH 20 folgte auf den Adam Audio SP-5 – beides geschlossene Studiokopfhörer für anspruchsvolle Anwender und letzterer sogar aus deutscher Herstellung.

Da der SP-5 bei Adam Audio nicht mehr als Produkt gelistet ist und offensichtlich die letzten Exemplare im Online Store veräußert werden, könnte man den neuen H200 trotz einer mangelnden Ähnlichkeit bei der Modellbezeichnung vielleicht als Nachfolger betrachten. Allerdings ist der H200 auch deutlich (!) günstiger als der Debütant von 2018. Hat der etablierte Berliner Audiospezialist etwa seine Ansprüche herabgesetzt? Die Antwort findet ihr in unserem Adam Audio H200 Review!

Quick Facts zum Adam Audio H200

  • dynamische Schallwandler
  • geschlossene Bauart, ohrumschließende Ohrmuscheln
  • beidseitig verwendbares abnehmbares Kabel (3 m)
  • inkl. Headphone Utility Plug-in (AU, VST3) von Sonnox

Bauweise und technische Merkmale

Während sich der SP-5 nicht zuletzt optisch noch eindeutig als Kooperation mit dem bayrischen Kopfhörerspezialisten Ultrasone zu erkennen gab, ist der H200 innen wie außen eine komplette Neuentwicklung. Zunächst einmal handelt es sich um einen Kopfhörer in geschlossener Bauweise mit ohrumschließenden Ohrmuscheln. Den Antrieb erledigen dynamische 40mm-Treiber (PEEK Performance-Treiber). Interessant ist die Information, dass die Studiomonitore von Adam Audios hochwertiger S-Serie als Abstimmungsreferenz verwendet wurden. Die Modelle S3H und S3V konnten uns bereits im Test überzeugen! Ob und inwieweit das ebenfalls auf den Kopfhörer zutrifft, klärt der Praxisteil.

Geschlossene Ohrmuschel mit dem abstrakten Herstelleremblem

So ungewöhnlich wie beeindruckend sind die Angaben zum Frequenzgang (2 bis 23.500 Hz) mit einem Referenzwert ( 3kHz, -3 dB) sowie einer passiven Dämpfung von satten 40 dB. Bei einer zeitgemäß niedrigen Impedanz von 32 Ohm lassen sich auch schwache Kopfhörerausgänge ohne Probleme verwenden. Die weiteren technischen Angaben findet ihr am Ende des Reviews.

Dicke Ohrpolster begünstigen die überdurchschnittlichen Dämmeigenschaften.

Headphone Utility Plug-in von Sonnox

Hin und wieder besitzen Kopfhörer eine Software-Ausstattung oder eine Software gehört gar zum Gesamtkonzept wie beim Steven Slate Audio VSX Essentials Edition. Subjektiv haben mich derartige Dinge in der Vergangenheit eher selten überzeugt. Aber worum geht es überhaupt bei dem in Kooperation mit Sonnox entwickelten Plug-in?

Headphone Utility ist ein AU-/VST3-Plug-in für Mac und PC zur Verwendung im DAW-Host. Je nach verwendeter Host Software verursacht dies einen mehr oder weniger eleganten Workflow beim Mischen und Produzieren. Basis Features sind zwei alternative Klangprofile sowie ein Crossfeed Algorithmus namens „Externalization“. Das klingt doch zumindest schon einmal interessant und Sonnox genießt bekanntlich einen ausgezeichneten Ruf unter Tonprofis. Mehr Infos hierzu folgen im Praxisteil.

Das Plug-in wird als letztes Glied im Master-/Monitorbus der DAW insertiert.

Weitere Ausstattungsmerkmale des Adam Audio H200

Der H200 wird mit einem abnehmbaren geraden 3m-Kabel geliefert. Der Clou: Das einseitig geführte Kabel kann je nach Präferenz an der linken oder rechten Ohrmuschel befestigt werden. Es endet in einem Miniklinkenanschluss mit Schraubadapter auf 6,35 mm. Außerdem zählt ein Beutel zum Transport und zur Aufbewahrung zum Lieferumfang. Im Gegensatz zu vielen mir bekannten, meist etwas billig wirkenden „Beilagebeuteln“ wirkt dieser durch die weiche Fütterung ausgesprochen robust und wertig. Optional sollen in Kürze Ohr- und Bügelpolster-Alternativen in Stoff erhältlich sein, die während unseres Reviews noch nicht verfügbar sind.

Die Hardware-Ausstattung: Farblich abgestimmter Transportbeutel und beidseitig verwendbares Kabel

Verarbeitung und Design

Im Gegensatz zu einigen Konkurrenzprodukten, wie beispielsweise dem AKG K371 oder auch dem hauseigenen Vorgänger SP-5, besitzt das Gehäuse des neuen Adam Audio Modells keinen speziellen Klappmechanismus. Aus meiner Sicht macht dies aber nichts, da der kompakte H200 immer noch recht transportfreundlich ist. Der (nun) in China gefertigte Kopfhörer ist sauber verarbeitet und besitzt trotz überwiegend sichtbarer Bauteile aus schlichtem (recyceltem) Kunststoff einen stylisch-robusten Studio-Look. Die gabelartige Ohrmuschelaufhängung aus Metall sowie die zweifarbigen stoffummantelten Kabel vom Bügel zur Ohrmuschel sind willkommene i-Tüpfelchen, die dem H200 eine wertige Ausstrahlung verleihen.

Ohrmuschelaufhängung aus Metall
Äußerer Bügelrahmen mit Schriftzug des Herstellers
Der H200 wird in China gefertigt.

Adam Audio H200 im Praxis-Check

Der Praxistest erfolgte über einen mehrtägigen Zeitraum an den folgenden Kopfhörerverstärkern:

Während des Tests kamen auch die folgenden Vergleichskopfhörer zum Einsatz:

Sowohl das alte Adam-Audio- als auch das Focal-Modell sind deutlich teurer, zu einem gewissen Anteil aber auch durch einen umfangreicheren Lieferumfang bedingt. Durch den selbstbewussten Anspruch des Herstellers (Mix, Mastering etc.) aber durchaus interessante Referenzen, denen sich der H200 stellen muss. Soviel vorweg: Der preiswerte H200 muss sich vor niemandem verstecken!

Anwendungsbereich

Mit seiner auffallend hohen Dämmung ist der H200 eine exzellente Wahl bei sensiblen Mikrofonierungen und unter hohem Lärmpegel. Darüber hinaus besitzt der neue Adam Audio Kopfhörer universell einsetzbare Wiedergabeeigenschaften, wie man sie auch in höheren Preisregionen nicht alltäglich findet. So lässt er sich sogar gewinnbringend beim Mixing und Mastering einsetzen.

Adam Audio H200 im klassischen Studio-Look

Wie klingt der Adam Audio H200?

Der erste Eindruck

Der H200 klingt über den gesamten Hörbereich erfreulich ausgewogen und insgesamt hochwertiger, als ich es bei dem überraschenden „Abwärts-Preissprung“ gegenüber dem SP-5 befürchtet hatte! Auch wenn beispielsweise mein erheblich teurerer Focal Lensys – so wie es nun einmal im Hochleistungssport ist – in manchen Wiedergabeparametern einige Nasenlängen Vorsprung hat, liegen keine Welten zwischen beiden Modellen.

Frequenzwiedergabe

Wie gesagt, empfinde ich die Frequenzwiedergabe als weitgehend homogen und gut beurteilbar und Tonalität und auch Quantität. Der Bass besitzt druckvollen Tiefgang, ohne dabei zu dick aufzutragen und der mittlere Frequenzbereich wirkt gegenüber dem auslaufenden teureren Modell SP-5 aus eigenem Hause tatsächlich noch natürlicher. Dabei profitieren die Mitten zusätzlich vom Einsatz des Plug-ins.

Die Höhen sind prinzipiell gut austariert, wobei der „Audiolupeneffekt“ zum Aufspüren von Schnittfehlern und sonstigen Artefakten nicht ganz so ausgeprägt ist, wie bei meinen Vergleichsreferenzen. Zudem neigt der H200 ein wenig dazu, Zischlaute zu mildern. Das kann man mögen oder auch nicht. Auf jeden Fall gefällt mir die Höhenwiedergabe des H200 deutlich besser und ist aus meiner Sicht praxisgerechter als die übertriebene Höhenpräsenz und Schärfer einiger Konkurrenzmodelle von anderen Herstellern.

Geschlossener Studiokopfhörer mit profigerechten Wiedergabeeigenschaften

Raumabbildung & Dynamik

Die Wiedergabe von Transienten und Impulsen bewegt sich auf einem Niveau, das professionelle Beurteilungen der Dynamik ermöglicht. Eine nennenswerte Eigenschaft, die ich weder als gut noch als schlecht bewerten möchte, ist eine wahrnehmbare Ausprägung des Seitensignals gegenüber dem Mittensignal. So wirken beispielsweise mittig positionierte Gesangsspuren eingebetteter als es bei meinen Vergleichskopfhörern der Fall ist. Hierauf hört man sich jedenfalls schnell ein und fällt nur im unmittelbaren Vergleich auf.

Deutlicher, als ich es in der Vergangenheit mit anderen Kopfhörermodellen wahrgenommen habe, profitiert die Auflösung, Luftigkeit und Tiefe des H200 an einem hochwertigen Kopfhörerverstärker wie meinem SPL Phonitor mini. Eine ordentliche Lokalisation und generell gute Performance leistet der neue Adam Audio Kopfhörer aber an allen im Test verwendeten Kopfhörerausgängen.

Verwendung und Praxisrelevanz des Headphone Utility Plug-ins

Wie eingangs erwähnt, kann ich vielen „Kopfhörer Plug-ins“ wie zuletzt der mitgelieferten Software des Sennheiser HD 490 Pro Plus-Bundles (toller Kopfhörer übrigens) nicht viel abgewinnen. Das Headphone Utility Plug-in des H200 bietet „kaum“ Features, aber diese sind hochinteressant und bieten Anwendern, die sich nicht am „Plug-in-Workflow“ stören, einen tatsächlichen Mehrwert.

Zunächst aber das Negative: Das AU/VST3 Plug-in läuft nicht mit jedem älteren Setup, wie meinem Produktionsrechner (macOS 12.7.6 / Logic 10.7.4). Unter Profis ist es nicht ungewöhnlich, dass man mit leicht patinierter Software arbeitet. An meinem MacBook Pro unter macOS 14.4 und Logic 11 läuft aber alles einwandfrei. Unsere Nachfrage beim Hersteller hat ergeben, dass die (zwischenzeitlich online einsehbaren) Mindestvoraussetzungen wie folgt lauten:

  • macOS 13 bis 15
  • Windows 10 / 11
  • VST3 / AU-kompatible Host Software

Pro Tools User können bzw. müssen laut meiner Online Recherche zur Einbindung der VST3-Version auf Software von Drittherstellern zurückgreifen. In der Praxis habe ich dies bisher nicht ausprobiert.

Wie bei anderen Plug-in-Lösungen auch, wird Headphone Utility in der Regel als letztes Glied im Masterbus insertiert und muss beim Bouncen oder Monitoring über Speaker stets deaktiviert würden. Einige DAW-Hosts bieten auch elegantere Einbindungsmöglichkeiten in einem separaten Monitorweg.

Headphone Utility Plug-in

Headphone Utility Plug-in

Der oben abgebildete Screenshot sollte weitgehend selbsterklärend sein. Die Haupt-Features sind die anwählbaren Klangsignaturen („Voicing“) „Pure“ und „UNR“ sowie der aktivierbare Crossfeed-Algorithmus namens „Externalization“. Crossfeed nutze ich seit Jahren in meinen Kopfhörerverstärkern von SPL. Diese Funktion mildert das extreme Panning beim Abhören über Kopfhörer und nähert sich dem Monitoring über Lautsprecher etwas an.

Die Aktivierung der Externalization-Funktion im Plug-in bewirkt eine für mich überraschend extreme Verengung des Stereosignals, verglichen mit meinem gewohnten und subtiler agierenden Hardware Setup. Nach einer moderaten Einhörphase beginne ich aber dieses Setting zu schätzen und zu „verstehen“. Trotzdem vermisse ich hier eine Abstufungsmöglichkeit. Aus meiner Sicht wäre dies ein willkommener Bestandteil eines Updates.

Sobald das Plug-in aktiv ist, erfolgt eine Klangveränderung, auch in der von mir favorisierten Voicing-Einstellung „Pure“, die bereits ein Processing bewirkt! Pure verbessert laut Hersteller die neutrale und präzise Wiedergabe – tatsächlich ist das der Fall. Die Mitten wirken aufgeräumter, vor allem im unteren Bereich, und der H200 klingt insgesamt noch transparenter und präziser. „UNR“ (Uniform Natural Response) bewirkt eine etwas HiFi-mäßigere Abstimmung mit wärmerem Bass und einer zusätzlichen Prise an Höhen, die meinen Nerv nicht so sehr trifft.

Gut, dass man die Wahlmöglichkeit hat – schade, dass man das Processing nicht DAW-unabhängig nutzen kann. Insgesamt empfinde ich das Plug-in aber als Bereicherung des Gesamtpakets!

Tragekomfort

Der Adam H200 wiegt lediglich 250 g (ohne Kabel) und sitzt gut und sicher auf meinem Kopf. Positiv zu bewerten sind die dicken und weichen Kunstlederpolster der Ohrmuscheln und des Kopfbügels. Nicht sicher bin ich mir, ob der kräftige Anpressdruck wirklich jedem gefällt – Selbstversuch macht „kluch“. Mir persönlich ist der Druck für längere Hörphasen tatsächlich etwas zu dominant, das wäre aber auch kein Ausschlusskriterium.

Dicke Ohrpolster mit Kunstlederbezug
Effektive Polsterung des Kopfbügels

Die Größenanpassung des Bügels erfolgt über einen gerasterten Schiebemechanismus, der im positiven Sinne etwas schwergängig ist. Beim Auf- und Absetzen bleibt die Größeneinstellung stets erhalten.

Schiebemechanismus zur Größenanpassung

Alternativen zum Adam Audio H200

Audio-Technica ATH-M50XShure SRH840AAKG K371
inzwischen ein Klassiker unter den Allround Studiokopfhörern, der im Kollegenkreis auch zum Mischen eingesetzt wird; gleiche Preisklasseguter Studiokopfhörer „unter dem Radar“; in der EFS-Variante mit universell einsetzbarer Abstimmungpraktischer Studio-Allrounder, der innerhalb seiner Preisklasse eine gute Eignung für Klangbeurteilungen hat. Etwas wärmere Mitten als der H200

Test des Adam Audio H200: Fazit

Der Adam Audio H200 ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass erstklassige Kopfhörer nicht teuer sein müssen! Realisieren lässt sich das offensichtlich nur bei einer Fertigung in Fernost, aber damit befindet sich Adam Audio in guter Gesellschaft und dies soll keine Kritik sein. Der Kopfhörer lässt sich universell bei Audio-/Musikproduktionen einsetzen: Recording, Producing, Editing, Mix und Mastering – kein Problem! Damit ist der H200 beispielsweise eine absolute Preis-Leistungs-Empfehlung für Bedroom Producer. Wirklich bemerkenswert ist auch die Dämmung, was den neuen Adam Audio Kopfhörer empfehlenswert für das Monitoring bei sensiblen Mikrofonierungen macht. Insgesamt eine runde Sache!

  • geschlossene Bauart
  • ohrumschließend
  • dynamischer Treiber, 40 mm
  • Impedanz: 32 Ohm
  • Frequenzgang (re 1 kHz / -3 dB): 2 – 23.500 Hz
  • max. Schalldruckpegel: 112,5 dB SPL (1 kHz / 0,04 % THD)
  • max. Eingangsleistung: 30 mW
  • passive Dämpfung (gemittelt): 40 dB (> 4 kHz)
  • links & rechts verwendbares einseitig geführtes 3,5mm-Klinkenkabel (3 m)
  • Schraubadapter auf 6,35 mm
  • Gewicht: 250 g (ohne Kabel)
  • Headphone Utility (AU/VST3 Plug-in für MacOS 13+ / Windows 10, 11)
  • Stoffbeutel
  • optional erhältlich: Ohrpolster aus Stoff (während des Tests noch nicht verfügbar)
  • hergestellt in: China
  • Webseite: https://www.adam-audio.com
  • Preis: € 159,– (Straßenpreis am 16.11.2024)

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • universell einsetzbare hochwertige Wiedergabeeigenschaften
  • authentische Tonalität und Transienten
  • beidseitig verwendbares abnehmbares Kabel
  • überdurchschnittliche Dämmeigenschaften
  • interessantes DAW Plug-in mit Crossfeed und Klangprofilen im Lieferumfang
  • äußerst fairer Preis
  • sicherer, guter Sitz
Contra
  • kräftiger Anpressdruck
  • Headphone Utility Plug-in nicht mit älteren Systemen kompatibel
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Adam Audio H200 Test
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