AFI flat.2 Record Flattener & Relaxer Test

Ob durch Sonneneinstrahlung, falsche Lagerung oder fehlerhaftes Pressen – es gibt viele Ursachen für wellige Schallplatten, aber nur wenige Lösungen, um diesem jaulenden Schönheitsmakel den Garaus zumachen. So eine Huckelpiste rutscht einem beim Auflegen aufgrund der geringeren Auflagefläche auf der Slipmat glatt weg, die Nadel (zum Testmarathon Tonabnehmer-Systeme) überspringt gern mal ein paar Takte. Da gegen dieses Übel kaum ein Kraut gewachsen war, behalf man sich bisher provisorisch mit Glasplatten und Büchern, für die notwendige Betriebstemperatur sorgten Backofen, Bügeleisen oder ein Sonnenbad. Das Ergebnis war meistens eher ernüchternd. Damit möchte der Plattenbügler AFI flat.2 Record Flattener & Realxer nun Schluss machen.


Der von Dr. Ulrich Kathe entwickelte AFI.flat.2 Record Flattener & Relaxer geht dieses Problem wissenschaftlich, professionell und ziemlich innovativ an, indem er die Schallplatte sehr langsam auf eine maximale Temperatur von 59 Grad Celsius erhitzt und anschließend genau so gemächlich wieder abkühlt. Die Plateau-Zeit zum Glätten variiert je nach Programm zwischen 25 und 60 Minuten. Gleichzeitig entspannen sich die Schallplatten buchstäblich durch das sogenannte Tempern mit einem praktischen Nebeneffekt: Sie sollen danach auch noch besser klingen. Gleich zwei Gründe, dieses High-End-Wunderwerk auf die Bonedo-Teststrecke zu schicken.

Details

Schon aus optischem Betrachtungswinkel lässt der AFI flat.2 Record Flattener & Relaxer Plattenbügler das Herz eines Vinylisten höher schlagen. Mit dem puristischen, stilsicheren und formschönen Scanner-ähnlichen Design könnte er in meinen Augen glatt als Apple-Produkt durchgehen. Dazu diese äußerst hochwertige Verarbeitung aus verschiedenenfarbigen, gehärteten und miteinander verklebten Glasschichten, wodurch das Gerät bei Maßen von 6 x 40 x 50 cm fast 9 kg auf die Waage bringt. Ein besonderer Blickfang: Neugierigen Tech-Nerds gewährt das Gerät dank seiner transparenten Seitenfront einen Einblick in das elektronische Innenleben.

Fotostrecke: 4 Bilder Optisch geschniegelt und gebu00fcgelt

Das sehr schwere Oberteil, das beim Glätten für den notwendigen Druck auf die Platte sorgt, wird wie bei einem Scanner aufgeklappt. Dagegen erinnert die sich versteckende Innenfläche zum Ablegen der Schallplatten eher an ein Ceran-Kochfeld. Funktionell nicht ganz abwegig, denn auch auf diesen Platten aus Floatglas geht es recht heiß zu. Das Material erhitzt sich am Unter- und Oberteil nur partiell dank zweier identischer, innen aufgeklebter Heizfolien, deren Felder zwei punktierte Kreise für 12-Zoll-Vinyl und 7-Inches markieren. Thermisch isoliert, bleibt der Rest der Fläche cool.
Zwei präzise Temperatursensoren regeln die Kontaktflächen separat, damit sie auf A- und B-Seite immer gleich temperiert sind. Die Maximaltemperatur beträgt aus Sicherheitsgründen 60 Grad Celsius. Eine Temperatursicherung schützt vorm Überhitzen und schaltet bei einem Fehler die Stromzufuhr ab.  
Für einen gleichmäßigen Wärmeaustausch zwischen Glasplatten und Vinyl sorgen die beigelegten Flat-Mats, ähnlich den Slipmats. Sie passen sich dem verbogenen Vinyl flexibel an, sorgen für den erforderlichen Gegendruck zum Plätten, gleichen unterschiedliche Schallplattenstärken aus und schützen natürlich vor Kratzern. Der Hersteller legt auch ein Paar Baumwollhandschuhe gegen Fingerabdrücke oder Beschädigungen der Schallplattenrille beim Ablegen des Vinyls bei. 

Hier kommen die Platten drauf

AFI flat.2 Relax-, Standard- und Expert-Modi

Die Wahl der drei Programme Relax, Standard und Expert nehme ich über vier Sensortasten vor, die nur auf einen der beiden beigelegten Magnetstifte reagieren. Das Display dokumentiert die Einstellungen und den momentanen Status der laufenden Prozedur. An der Rückwand befinden sich lediglich das Netz- und Verbindungskabel für Ober- und Unterteil.
Das Netzteil samt Kabel und externem Schalter gehört genauso zum Lieferumfang wie die beiden Magnetstifte, besagte Handschuhe und die Bedienungsanleitung in Deutsch und Englisch.

AFI flat.2: Lieferumfang der Platten-Bügelmaschine

Der technische Background des Plattenbügelns

Um die Philosophie des Bügelns beziehungsweise Temperns von Schallplatten und damit die Arbeitsweise des AFI flat.2 zu verstehen, bedarf es etwas Nerd-Know-how. Obwohl Polyvinylchlorid als Hauptbestandteil, aus dem Schallplatten seit 1948 bestehen, erst ab 79 Grad Celsius in einen gummiartigen Zustand übergeht, lässt es sich auch mit 20 Grad Celsius weniger verformen. Der Schlüssel des Erfolges liegt in der dosierten Dauer und sehr gleichmäßigen Temperaturbehandlung, die keine Veränderung der Rillenstruktur verursacht, was Tests und Untersuchungen mit dem Mikroskop belegen und dabei die Materialstruktur mit einem Nebeneffekt verbessert.
Denn beim sogenannten Tempern werden die Atome des Werkstoffs neu strukturiert, das Material verliert die durch das Pressen verursachte innere Spannung. Die Abriebfestigkeit, Steifigkeit und damit die Härte des Materials steigert sich, ohne die Langzeitstabilität zu beinträchtigen. Stattdessen wird der Verschleiß des Vinyls beim Playback durch die verbesserte Abriebfestigkeit reduziert und somit die Lebensdauer des Vinyls erhöht.
Bei diesem beeindruckenden Aussichten möchte ich am liebsten gleich meine ganze Plattensammlung mit dem AFI flat.2 veredeln. Leider reicht die Zeit nur für die nachfolgenden Tests …

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