ANZEIGE

AKAI Pro Force Test

Unverhofft kommt oft: Kurz vor der NAMM-Show leakten erste Bilder einer neuen Akai Pro Sample Workstation ins Netz, die wie eine hochkomplexe Mischung aus MPC Live, Ableton Push, APC40, Novation Launchpad, Maschine Jam und Elektron Octatrack wirkte. Mit Stepsequenzer, Timestretch Audio und dem Zauberwort: „Standalone“! Nur wenige Tage danach dann schon Gewissheit: Akai Pro präsentiert mit „The Force“ ein neues eigenständiges Produkt, das die Tradition der MPC Serie mit der Bedienästhetik von Ableton Live kombiniert, angekündigt als DAW-Controller und vor allem auch eigenständig ohne Computer. Und zwar jetzt, sofort, unverzüglich und bereits im Februar, für einen Ladenpreis von rund 1500 Euro.

Akai_Force_TEST_AufmacherVomHersteller


Die Überraschung war perfekt und die oft gehörte Frage stellte sich erneut: Ist das nun endlich das von vielen so heiß ersehnte „Ableton in Hardware“, die DAW ohne Computer?

Details

Lieferumfang und Formfaktor

Die Akai Force kommt im poppig-bunten Karton. Im Lieferumfang enthalten sind neben der Force noch ein Netzteil, ein dazu passendes Kaltgerätenetzkabel, ein USB-Kabel mit speziellem USB-B-3.0-Stecker, eine Schnellstart-Anleitung, ein Putztuch für den Touchscreen und drei MIDI-Adapterkabel, denn das MIDI Trio auf der Rückseite der Force ist wie heutzutage so oft in Miniklinkenform verbaut. Das Objekt der Begierde selbst hat mit fast vier Kilo ein wertiges Gewicht, nicht zu leicht und nicht zu schwer.
Die Akai Force wirkt auf den ersten Blick wie mehrere Geräte in einem, denn rein designtechnisch ist sie dreigeteilt. Auf dem oberen Drittel thront leicht erhöht ein Touchscreen samt Bedientasten. Es folgt eine schräge Kante mit acht OLED-Displays und dazugehörigen Endlosreglern. Die untere Hälfte wird von einer großzügigen und zum Spielen einladenden Matrix aus hintergrundbeleucheten RGB-Buttons dominiert, links und rechts flankiert von weiteren Funktionstasten.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Akai Force sieht aus wie eine Mischung aus MPC Live, Ableton Push, Novation Launchpad, Maschine Jam und Elektron Octatrack.

Oben der Touchscreen

Der 150 x 98 Millimeter große Touchscreen ist – ebenso wie die wertige Anmutung des mattschwarzen stabilen Plastikgehäuses – von der MPC Live übernommen. Manche Akai Fans dürften es schade finden, dass das Display nicht wie bei vielen MPCs schräg angewinkelt werden kann, es ist unbeweglich im Gehäuse verbaut. Der Screen dient aber eben nicht nur zur Anzeige, sondern auch zum häufigen Berühren, Gleiten und Tippen. Dabei ist er genauso responsiv wie das Display der MPC Live und lässt sich gut bedienen. Beim Eingeben von Buchstaben fällt aber auch auf, dass man schon mal kräftiger tippen muss, wenn z. B. Tracks oder Patterns benannt werden. So supersensibel wie moderne Smartphones ist das Display also nicht. Akribische Editierer können via Bluetooth übrigens eine QWERTY-Tastatur anschließen.
Viele Funktionen lassen sich sowieso besser mit dem rechts vom Screen gelegenen ebenfalls von der MPC Live bekannten großen, gerasterten Eingabepoti mit Push-Funktion und den zusätzlichen Plus/Minus-Tasten bedienen. Darunter befindet sich ein Crossfader samt Zuweisungsbuttons. Der hat nicht so weitreichende Morphingfähigkeiten wie z. B. die Elektron Octatrack, aber nur modisches DJ-Gimmick ist er auch nicht. Ihm können Tracks zugewiesen werden, um zwischen zwei verschiedenen Trackzuweisungen hin und her zu cutten, ganz so wie bei Ableton. Gut zurechtgelegt sind damit spontane bis spektakuläre Transitions möglich.
Links vom Screen finden sich Lautstärkeregler und 16 gummierte mattschwarze Eingabebuttons fürs Menü, die Transportfunktionen Play, Stop und Record, Administratives wie Undo, Load und Save, die zentralen Darstellungsoptionen Matrix, Clip und Mixer sowie vier Richtungscursor, Navigate und Shift. Mehr dazu weiter unten.

Das obere Drittel wird vom großen, farbigen 7 Zoll-Touchscreen dominiert.
Das obere Drittel wird vom großen, farbigen 7 Zoll-Touchscreen dominiert.

Mittige OLED-Displays

Die charakteristische Kante, die den oberen Teil der Force Oberfläche von der unteren trennt, wurde von den Akai-Ingenieuren genutzt, um dort acht schmale OLED-Desplays à la MPC X einzubauen. Durch die schräge Anordnung hat man sie beim Sitzen vor der Force gut im Blick und durch die weiß-auf-schwarze Benennung auch den jeweils zugeordneten Parameter. Davor befinden sich acht leicht geriffelte Endlosregler, die zur Editierung der angezeigten Werte dienen. Aufgrund des harten Plastikmaterials und ihrer konischen Form erscheinen mir die Potis nicht ideal zum Schrauben. Kein Drama, man kann sie mit einem flachen Schraubenzieher problemlos von den Metallschäften abheben und gegen griffigere und womöglich buntere Caps austauschen. Pimp your Force! 
Links daneben dient der Button „Knobs“ zur praxisnahen Zuweisung für insgesamt neun Presets für die OLED-Displays und ihre dazugehörigen Endlosregler: Volumen, Pan und die vier Send-Menüs sind hart den Spuren zugeordnet, pro Projekt und Track lassen sich globale Parameter definieren. In der „Screen“-Zuweisung ordnen sich die acht Knobs den ersten acht auf dem Touchscreen sichtbaren Parametern zu. Schon mal vorweggenommen: Das ist wirklich super gelöst und bietet enorm viel Kontrolle über die vielschichtigen Möglichkeiten der Force.

Die charakteristische Kante der Akai Force beherbergt acht kleine OLED-Screens, die auf die davorliegenden acht Endlosregler reagieren.
Die charakteristische Kante der Akai Force beherbergt acht kleine OLED-Screens, die auf die davorliegenden acht Endlosregler reagieren.

Unten die RGB-Pad-Matrix

Der zentrale Blickfang der Akai Force ist jedoch die zentrale Buttonmatrix, die die gesamte untere Hälfte des Geräts dominiert. Sie ist sehr von den Ur-Ableton Controllern Akai APC40 und Novation Launchpad inspiriert: achtmal acht hintergrundbeleuchtete, anschlagsdynamische (!) RGB-Buttons, darunter noch zweimal acht ebenfalls hintergrundbeleuchtete schmalere Schalter für Track-Select und Mute/Solo/Record Arm/ClipStop, seitlich rechts acht Launch-Buttons für die Scenes plus zwei schmalere Schaltflächen für Master und Stop All. Links der Matrix befinden sich verschiedene schwarze Funktionstasten, um die Clips in verschiedene Ansichten wie Launch, Note Grid oder Stepsequenzer zu versetzen. Hintergrundbeleuchtete Schrift identifiziert jede dieser Schaltflächen, sowohl in Funktion als auch Status. Dazu Buttons für oft genutzte Funktionen wie Select, Edit, Copy und Delete. Schön, dass hierfür keine Menütaucherei oder Shift-Befehle nötig sind. Viele Sekundär-Funktionen werden jedoch per Shift-Button angewählt. Das meiste ist aber sehr logisch, alles andere schnell durchschaut und wer sich mit Ableton und MPC Live/X auskennt, ist klar im Vorteil.

Die riesige Clipmatrix mit ihren 64 hintergrundbeleuchteten anschlagsdynamischen RGB-Pads lädt zum Improvisieren mit Audio- und MIDI-Clips ein. Hier im Notenmodus.
Die riesige Clipmatrix mit ihren 64 hintergrundbeleuchteten anschlagsdynamischen RGB-Pads lädt zum Improvisieren mit Audio- und MIDI-Clips ein. Hier im Notenmodus.

Insgesamt wirkt die gesamte Oberfläche der Akai Force sehr ergonomisch und kompakt, hier haben schlaue Köpfe lange nachgedacht und sehr vieles richtig gemacht: oben das dicke Gehirn der Force, unten die Spielwiese mit den vielen bunten RGB-Pads, an den Seiten die markanten schrägen Schlitze, die der Force auch ohne lauten Lüfter Kühlung verschaffen. Resultat: Sie wird im Betrieb nicht sonderlich heiß, selbst wenn sie mal eine Nacht lang auf ihren morgendlichen Einsatz gewartet hat.

Fotostrecke: 2 Bilder Der hoch abgesetzte Touchscreen und die abgesenkte Clipmatrix sind von der Seite zu erahnen.

Anschlüsse

Die Anzahl der Anschlüsse erscheint wie eine gelungene Mischung aus MPC X und MPC Live: nicht zu viel, aber alles Essentielle. Rückseitig gibt es vier Audioausgänge (Klinke), vier Spannungssteuerungsausgänge (Miniklinke) sowie das allseits bekannte MIDI-Trio In, Out und Thru, allerdings ebenfalls als Miniklinke ausgelegt. Die entsprechenden Adapter liegen bei. Das ist leider so ein Trend, an den wir uns wohl gewöhnen müssen. Wenn die Adapter zumindest kompatibel mit anderen Adaptern wie denen von Arturia wären … Leider nicht. Daher gilt für die Akai-MIDI-Adapter:  Auf keinen Fall verlieren!
An Eingängen hat die Force auf der Rückseite zwei sehr flexible Audio-Inputs im XLR-Klinke-Kombi-Format zu bieten. Jeder verfügt über einen Gain-Regler und je einen Schalter für Line-oder Instrumentenimpedanz sowie eine zuschaltbare 48-Volt-Phantomspeisung für Kondensatormikrofone. Ob ein Mikrofon angeschlossen ist, erkennt die Force übrigens automatisch, wenn ein XLR-Kabel angeschlossen ist. 
In Sachen USB finden wir hinten zwei Host-Anschlüsse für USB-Sticks oder -Keyboards sowie einen besonders großen Anschluss für das bereits von den aktuellen MPCs bekannte blaue USB-Kabel mit dem extradicken Stecker zur Verbindung mit dem Computer. 
 

Fotostrecke: 3 Bilder Die Rückseite der Akai Force bietet alle essentiellen Anschlüsse.

Schließlich gibt es da noch einen ominösen LAN-Netzwerk-Anschluss, der mit „Link“ bezeichnet ist. Link womit? Bisher verrät Akai im Manual der Force lediglich: „Connect a standard Ethernet cable to this port to use Ableton Link and other compatible devices with Force.“ Was kommt da noch? Einige Mutmaßungen aus der Bonedo-Redaktion findet ihr weiter unten im Praxisteil.
Ein Anschluss für das leider externe Netzteil, eine Netzteilkabelklammer und ein Kensington-Lock runden den Rücken der Force ab.
Der Kopfhörerausgang befindet sich zum Glück ganz praxisgerecht vorne rechts, daneben zwei kleine Potis für dessen Lautstärke und den CueMix, um DJ-mäßig zwischen Stereosumme und Vorhörkanal regeln zu können, sowie ein großer SD-Card-Slot.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Kopfhöreranschluss und der SD-Card-Slot sind sehr praxisgerecht vorne angebracht. Ein Cue-Mix-Regler erlaubt DJ-mäßiges Vorhören.

Drahtlos

Ohne Kabel kann die Force auch: Sie bietet WiFi und Bluetooth Connectivity an. Letzteres dient zur Verbindung mit Bluetooth-fähigen Keyboards und QWERTY-Tastaturen. In einem WLAN-Netzwerk kann sich Force mit Ableton-Link-fähigen Apps auf Laptop, iPad oder iPhone verbinden. 

Tracks

Wie von Ableton bekannt, repräsentiert jede senkrechte Padreihe einen Track mit seinen Clips. Hier muss User sich entscheiden, ob der Track ein Drumkit mit 16 Sounds steuern soll (wie ein MPC Program), eine Keygroup mit verschiedenen Multi-Samples, einen der enthaltenen Softsynths, einen angeschlossenen MIDI-Synth, einen CV/Gate-Synth, oder ob es ein Audiotrack sein soll. Und die Audiotracks folgen timegestretched dem Projekttempo. Acht Spuren mit jeweils acht Clips werden im Touchscreen-Display dargestellt. Dank des Navigate Buttons verliert User auch bei großen Sets mit mehr Tracks und Clips nicht den Überblick.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Navigate Screen verschafft Überblick über größere Projekte.

Sounds

Force hat 10 GB an Demosongs und Preset-Sounds an Bord. Die Projekte und Drumkits bieten einen breiten Querschnitt durch alle aktuellen Musikrichtungen und schon allein mit dem vorhandenen Soundvorrat kann man komplette Songs produzieren. Selbst wenn euch die Demos nicht gefallen, kann es sich lohnen, einfach mal reinzuhören und gelungen klingende Drumkits, Channelstrips oder komplette Sets ohne Patterns als Templates zu speichern. Schließlich sind mit Hype, Tubesynth, Bassline und Electric auch vier gut klingende Softsynths an Bord. Zum Abschmecken bietet Force satte 85 Plugin-Effekte, von denen viele wie auch die Softsynths von AIR Music stammen. Ebenfalls finden sich in der Effektliste Vintage Emulationsfilter von den Großmüttern Akai MPC-60, MPC-3000 und Großtante E-mu SP-1200. Fast forward into the past sozusagen!

Sampling

Aber wir wollen ja auch selbst samplen. Und das kann man natürlich ebenso mit der Force. Ob im Sync mitlaufende externe Synthesizer, Vocals und andere Geräusche via Mikrofon oder Klangfutter vom Turntable, das via Mixer zugeführt werden muss, weil die Force anders als die MPC Live keine Phono-Eingangsvorstufe hat – alles lässt sich direkt bei laufendem Sequenzer taktgenau in die Clips samplen oder auch im Stehen über ein dediziertes Sampling-Menü, um z. B. Drums einem Drumkit zuweisen zu können. Hier beträgt die Samplingzeit allerdings lediglich 20 Sekunden, beim Sampling direkt in die Clips ist „the RAM the limit“.

Speicher

Die Force hat 16 GB internen Speicher. Davon sind bereits 10 GB mit Presets belegt, die nicht gelöscht werden können. Warum auch, wenn man zusätzlich eine riesige Harddisk einbauen kann. Akai empfiehlt die Nachrüstung einer 1 TB SSD in einem Slot an der Unterseite der Force, um dort die eigenen Sounds und Projekte abzulegen. Alternativ kann auch via USB-Sticks und SD-Cards geladen und gespeichert werden. Ich habe im Laufe des Tests meine Daten auf eine 64 GB SanDisk SD-Karte gespeichert, auf der ich vorher bereits MPC Live Daten eingelagert hatte. Funktioniert!
Wie die MPC Live sampelt und lädt auch die Force die Sounds komplett in das Sample RAM von 2 GB.  Zwei Gigabyte, das klingt erst mal ordentlich, aber es gilt zu bedenken, dass jedes File in 32 Bit Floating Point umgerechnet wird, was deren Größe schon mal verdoppelt. Auch die internen Plugins der Force verbrauchen RAM. Daher kann es schon früh zu einer „Low Memory“-Warnung kommen.
DJing wie bei Ableton mit 64 Songs in allen Slots der Matrix geht also (noch) nicht. mp3-Files kann man laden (!), allerdings werden sie in der Force auf WAV-Größe umgerechnet. Somit müssen alle, die die Force nur als wohlfeile Sample-Schleuder nutzen wollen, wahrscheinlich auf ein entsprechendes Update warten. Alle anderen lesen weiter, denn mit reinen RAM-Zahlen wird man der Force nicht gerecht.

Gönn dir 1 TB: die SSED gehört in das Harddisk-Fach an der Unterseite der Force.
Gönn dir 1 TB: die SSED gehört in das Harddisk-Fach an der Unterseite der Force.
Kommentieren
Profilbild von Heinz Bernd Wendholt

Heinz Bernd Wendholt sagt:

#1 - 18.02.2019 um 16:14 Uhr

0

Hm, ich bin auf der Suche nach der richtigen Festplatte, die von mir eingebaute 256 GB SSD wird nicht erkannt. Hat da jemand eine Empfehlung ??

    Profilbild von Oh Gott

    Oh Gott sagt:

    #1.1 - 03.03.2019 um 23:25 Uhr

    0

    Es scheint, dass die SSD vorformatiert sein muss, sonst wird sie nicht erkannt, jedenfalls wird das in einem mpcstuff video gesagt. Das Format dürfte Exfat sein, was unter Windows geht.

    Antwort auf #1 von Heinz Bernd Wendholt

    Antworten Melden Empfehlen
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.