AKG K-702 Test

Der AKG K702, die Standard-Variante der etwa doppelt so teuren K702 65th Anniversary Edition, macht auf den ersten Blick aber eine ganz gute Figur für eine Standard-Variante. Gleichzeitig ist er quasi die „höherwertige“ Ausführung des K701, preislich aber unterhalb des K712 Pro angesiedelt, welcher aber dennoch deutlich günstiger ist als der K702 65th Anniversary Edition. Findet ihr das auch irgendwie so kompliziert wie ich?

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Zusätzliches Verwirrungspotential besteht durch den Quincy Jones Signature Line-Ableger Q701. Die Aufschlüsselung, in welcher Beziehung all diese Modelle zueinander stehen, beschäftigt mich nicht erst seit diesem Testmarathon. Wie dem auch sei, da ich mich jetzt endlich in der luxuriösen Situation befinde, einige dieser Modelle direkt miteinander vergleichen zu können, möchte ich anhand dieses Tests nichts unversucht lassen, Licht ins Dunkel zu bringen, sprich wo gibt es Unterschiede und wo gibt es keine Unterschiede. Wie sich der AKG K702 im Vergleich unseres Testmarathons in Bezug auf Studiotauglichkeit schlägt, klären wir hingegen quasi im Vorbeigehen.

Details

Bauweise

Der AKG K702 ist ein offener, dynamischer Kopfhörer mit ohrumschließenden Ohrpolstern. Das Gewicht beträgt 235 Gramm ohne und 297 Gramm mit Kabel.

Verarbeitung

Farblich kommt der AKG K702 schon einmal etwas seriöser daher als der Dandy-hafte K701 und der etwas „prollig-matt-orangene“ K712 Pro, welcher vor einer typisch orange-schwarzen Teilzeit-Rocker-Jacke von Harley Davidson perfekt getarnt ist. Bis auf die farbliche Gestaltung und die Mini XLR Buchse an der linken Ohrmuschel gleicht er meinem K701 bis aufs Haar. Das Schmuckstück „Made in Austria“ bietet nicht den geringsten Anlass zur Kritik. Materialanmutung und Verarbeitung wirken absolut hochwertig und edel – so wie sich das in dieser Preisklasse gehört!

Das Kopfband des AKG K702 hat acht Polsterwölbungen auf der Innenseite.
Das Kopfband des AKG K702 hat acht Polsterwölbungen auf der Innenseite.

Die ohrumschließenden Ohrmuscheln des offenen Kopfhörers sind mit schwarzem Velours gepolstert und austauschbar. Das echt-lederne Kopfband ist mit Ausnahme der Farbe eine exakte Kopie des Kopfbandes vom AKG K701, inklusive der acht Polsterwölbungen auf der Innenseite, wozu ich mich später noch äußern werde. Zudem ist die Tierhaut großflächiger als bei den Modellen K702 65th Anniversary Edition und K712 Pro angelegt. Den Mechanismus zur selbstjustierenden Kopfbandeinstellung empfinde ich nach wie vor als genial. Auch nach Jahren intensiven Gebrauchs treten an dem identischen Mechanismus meines K701 keinerlei Mängel oder Verschleißerscheinungen auf, womit man als Pessimist beim Anblick von freiliegenden Gummibändern eventuell rechnen könnte.

Mitgelieferte Kabel und Co.

Der wesentliche Unterschied zum günstigeren K701 ist das „Kabel-Management“. Im Lieferumfang des K702 befindet sich ein 3m langes auswechselbares (Mini XLR) glattes Kabel, an dessen Ende sich ein vergoldeter 3,5mm Klinkenstecker mit dem obligatorischen abschraubbarem Adapter auf 6,3mm Klinke befindet.

Das Anschlusskabel ist austauschbar und mit 3,5 mm auf 6,3 mm Adapter ausgestattet.
Das Anschlusskabel ist austauschbar und mit 3,5 mm auf 6,3 mm Adapter ausgestattet.

Den letzten Nebensatz habe ich so oder in ähnlicher Form schon einige Male in diesem Testmarathon formuliert, aber es gibt auch Ausnahmen und eine solche finden wir beim AKG K701. Das fest montierte Kabel des AKG K701 endet in einem 6,3mm Klinkenstecker, auf den man einen Adapter auf 3,5mm aufstecken kann. In der Theorie mag dies professioneller erscheinen, weil im Studio-Alltag in der Regel der 6,3mm Klinkenstecker verwendet wird und ein Adapter von 3,5mm auf 6,3mm eventuell zu Klangverlusten führen könnte. Wie esoterisch dieser Gedanke ist und ob es sich in der Praxis bemerkbar macht, darüber habe ich jedoch keine repräsentativen Studien angestellt. Handlicher ist auf jeden Fall die gängige Variante (3,5mm auf 6,3mm), da beim K701 unter Verwendung des 3,5mm Klinkensteckers unter ungünstigen Umständen eine ganz schöne Hebelwirkung auf den Kopfhörerausgang eines mobilen Gerätes einwirkt.
Vorbildlich sind die von der AKG Homepage herunter ladbaren Service Manuals, in denen je nach Modell der Aufbau, Pin-Belegungen, Reparaturhinweise und die Bestellnummern der einzelnen Ersatzteile aufgeführt werden. Das Service Manual für den AKG K702 findet ihr hier!

Technik und Kennzahlen

Das Datenblatt des AKG K702 liest sich identisch mit den folgenden Varimotion 2-Schicht Membran Modellen von AKG: K701, K702 65th Anniversary Edition, K712 Pro und Q701. Der Übertragungsbereich ist mit 10 bis 39.800 Hz angegeben und übertrifft den menschlichen Hörbereich in beiden Richtungen. Dass dies nicht zwingend eine Qualitätsaussage ist, haben wir inzwischen gelernt, ich kann aber vorwegnehmen, dass uns hier keine bösen Überraschungen erwarten. Da man einen offenen Kopfhörern eher nicht in einer lauten Umgebung verwendet, erzeugt der K702 bei einer Impedanz von 62 Ohm einen für meinen Geschmack vollkommen ausreichenden Pegel an mobilen Geräten. Daher ist der Schalldruck mit 105dB mehr als praxisgerecht, sowie man auch bei der Nennbelastbarkeit von 200mW bezüglich einem zu hohem Input mit Folgeschäden auf der sicheren Seite ist.

Das echt-lederne Kopfband trägt selbstverständlich auch ein AKG Logo.
Das echt-lederne Kopfband trägt selbstverständlich auch ein AKG Logo.

Praxis

Verwendungszweck

Als offener Studio-Kopfhörer ist der AKG K702 für die Verwendung am Editier-, Misch- oder Masteringplatz prädestiniert. Aufgrund kaum vorhandener akustischer Isolation in beide Richtungen ist er als Monitor-Kopfhörer zur Aufnahme von Musikern tendenziell ungeeignet.

Tragekomfort

Wegen der geringen Abschottung zur Außenwelt sind offene Kopfhörer tendenziell angenehmer zu tragen als geschlossene. Der lediglich 297 Gramm schwere K702 bietet wenig Anlass zur Kritik. Die ohrumschließenden Velours Ohrpolster gewährleisten eine komfortable Luftzirkulation und verhindern bei normalen Temperaturen schwitzige Ohren. Der selbstjustierende Kopfband Mechanismus sorgt für einen angenehmen und sicheren Sitz mit einem für meinen Geschmack perfekt dosierten Anpressdruck der Ohrmuscheln. Lediglich das Kopfband ist nicht jedermanns Sache. Als ich noch mit Limahl-Frisur unterwegs war, hatte es mir keine Probleme bereitet. Jetzt als Body Double von Dr. Evil empfinde ich die Polster an der Unterseite des Lederbands nach kurzer Zeit als unangenehm. Viel besser, obwohl es unbarmherziger aussieht, ist das schmalere Kopfband der Modelle K712 Pro und derK702 65th Anniversary Edition.
Man kann allerdings selber Abhilfe schaffen, indem man die Innenseite des Kopfbandes nach „Mc Gyver-Manier“ selber polstert und beispielsweise mit Eichhörnchenfell optimiert. Das Eichhörnchen sollte eigentlich als kleiner, übertriebener Auflockerungsscherz dienen, allerdings habe ich wenige Tage nach Abschluss dieses Testberichts einen (zweifellos aus diesem „Komfort-Manko“) mit Lammfell gepolsterten K701 bei Ebay entdeckt – 3,2,1 meins? Einen weiteren Kritikpunkt gibt es noch: In seltenen Fällen kann der relativ lange, steife Mini-XLR Stecker Hemdkragen oder Schulter berühren und unerwünschten Körperschall in der linken Ohrmuschel erzeugen.

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Das echt-lederne Kopfband trägt selbstverständlich auch ein AKG Logo.

Klang

Alle von mir getesteten Kopfhörer wurden an folgenden Kopfhörerausgängen bzw. Verstärkern betrieben:

  • iPad 4
  • M-Audio Fast Track Ultra
  • SPL 2Controll
  • Lake People G93

Neben diversen akustischen Experimenten (Sinus Sweeps, Pink Noise und übliche DAW Tätigkeiten) habe ich den folgenden Mix folgender, stilübergreifender Songs auf allen zu testenden Kopfhörern gehört:

  • Charlie Haden – Cancion a Paola
  • Wolfmother – New Moon Rising
  • Alessandro Safina – Regresa A Mi
  • Johnny Cash – Desperado
  • Skrillex – Bangarang
  • Rihanna – Rude Boy
  • David Guetta – Sexy Bitch
  • Minnie Riperton – Inside My Love
  • Edward Maya – Stereo Love
  • Will.I.Am – Scream & Shout
  • Daft Punk – Loose Yourself To Dance

Frequenzgang

Der AKG K702 ist ein analytischer Kopfhörer mit einem homogenen Frequenzgang. Was bedeutet dieser Satz? Analytisch bedeutet, dass man alle Frequenzen gut getrennt voneinander wahrnimmt. Obwohl manch ein Kollege bemängelt, dass der K702/701 beispielsweise „keinen Bass“ hat, offenbart der analytische AKG Kopfhörer unzureichend getunte Bass Drums (und nicht nur die) des öfteren besser als Abhörwerkzeuge, die mehr „Wumms“ haben!
Wer diesen „Wumms“ im kreativen Entstehungsprozess z.B. Club-orientierter Musik unbedingt benötigt, für den ist der K702 also vielleicht nicht unbedingt die optimale Wahl, sondern eher der nicht unwesentlich teurere Bass-optimierte K712 Pro, der halboffene Beyerdynamic DT-880 Pro oder gar ein noch druckvollerer, geschlossener Kopfhörer, wovon es unserem Testumfeld nicht mangelt. Wer einen kritischen Blick auf einzelne Spuren oder einen kompletten Mix werfen möchte, der wird die Feinzeichnung der Frequenzen über die gesamte Bandbreite zu schätzen wissen. Der K702 setzt die Lupe tendenziell Richtung Höhenband an, wovon auch die Impulsabbildung profitiert. Im direkten Vergleich zu meinem K701 wirkt er eine Nuance frischer in den Höhen, was aber mit hoher Wahrscheinlichkeit auch daran liegt, dass dieser bereits einige Jahre über das „Einfahren“ hinaus ist. Ich denke, dass ich reinen Gewissens sagen kann, dass K701 und K702 exakt identisch klingen, freue mich aber auch auf eventuelle „esoterische“ Kommentare hinsichtlich der eventuellen Bauteil-Variationen bezüglich der Seriennummern und was es sonst noch Schönes gibt.

Impulsverhalten

Den Erkenntnissen aus dem Test des AKG K712 Pro ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Die Varimotion 2-Schicht-Membran sorgt für eine exakte und detailgetreue Wiedergabe von Transienten. Sounds klingen so direkt, wie sie aufgenommen wurden. Insgesamt klingt der K702 Pro auf angenehme Weise direkt und die Instrumente wirken greifbar.

Räumliche Abbildung

Hierbei handelt es sich um die Paradedisziplin offener Kopfhörer. Ich hatte mir 2007 den AKG K701 aufgrund einer kritischen Abhörposition (Studio mit Mischpult in Statistenrolle und DAW-Mischplatz vollkommen außerhalb des Stereo-Dreiecks) zugelegt, um Stützmikros zu verschiedenen Stereo-Mikrofonierungen zu positionieren. Ich bin damals selbst durch einen Testbericht auf den AKG K701 gestoßen und nicht enttäuscht worden. Beim K702 finden wir exakt die gleiche, für einen Kopfhörer ausgesprochen naturgetreue räumliche Abbildung vor. Wie ich bereits im Testbericht des AKG K712 Pro erwähnt habe, ist beim K702 die Stereomitte im direkten Vergleich etwas dezenter, wodurch ein noch räumlicherer Eindruck entsteht. Der K702 gewinnt an einem speziellen Kopfhörerverstärker wie dem Lake People G93 also nochmals eindeutig an Tiefe.

Fazit

Der AKG K702 ist ein professionelles Abhörwerkzeug für Editing, Mix und Mastering. Er ist ein ehrlicher, analytischer Kopfhörer und kein Aphrodisiakum. Der K702 eignet sich vorzüglich, kritische Parameter wie Tuning und Schnitte zu beleuchten sowie kreative und technische Entscheidungen bezüglich Mix und Mastering zu treffen. Vielleicht habe ich das Wort „Analyse“ etwas zu häufig benutzt – es macht auch Spaß, damit Musik zu hören oder vielleicht besser gesagt zu entdecken. Und am Ende ist alles Gewöhnung! Wem es lediglich auf die klanglichen Eigenschaften ankommt, dem kann auch getrost zu dem etwas günstigeren K701 geraten werden. Wer Features wie ein auswechselbares Kabel schätzt und sich vielleicht noch ein optionales Spiralkabel zulegen möchte, der ist sicherlich bereit, für den K702 auch etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Der AKG K702 ist durch seine Wiedergabequalität und seine tolle Verarbeitung auch diesen Preis wert.

Weiterer Kommentar Catharina Boutari:

„Der AKG K702 Pro sitzt angenehm auf den Kopf, drückt aber tendenziell etwas mehr als der K712 zum Beispiel. Der Klang ist ebenfalls wie beim 712 neutral, der K702 betont aber nicht so schön die Bässe. Die Räumlichkeit ist ähnlich und somit auch sehr gut, was zu einem transparenten Gesamteindruck führt. Als Sängerin wäre ich auch mit diesen Kopfhörer sehr zufrieden, selbst wenn er sich auf Grund der offenen Bauweise nicht für professionelle Aufnahmen eignet.“

Weiterer Kommentar Felix Klostermann:

„Der 702er sitzt wie alle AKGs äußerst bequem, „fühlt“ sich allerdings etwas schwerer als der 712er an. Klanglich kann er absolut überzeugen, nur im direkten Vergleich zeigt er sich etwas weniger räumlich, mit engerer Bühne und neigt zur leichten Überbetonung von Stimmen. Der Bass ist hier auch etwas dezenter abgestimmt. Alles in allem klingt er nicht schlechter, nur eben etwas weniger „hyper“. Anders gesprochen: Er befindet sich klanglich zwischen dem musikalischen 712er und dem nüchternen DT-880.“

PRO:
  • sehr gute räumliche Abbildung
  • ausgewogener Frequenzgang
  • hohe Impulstreue
  • top Verarbeitung
  • austauschbares Kabel
CONTRA:
  • etwas unbequemes Kopfband
  • sperrig
AKG_K702Pro_01_Aufmacher
FEATURES:
  • professioneller Referenz-Studio-Kopfhörer
  • offen
  • dynamisch
  • ohrumschließend
  • Kabelführung links, abnehmbar (Mini XLR)
  • glattes 3m Kabel
  • Stereo-Adapter 3,5/6,3mm
  • Gewicht 297g
  • Impedanz 62 Ohm
  • Schalldruck 105dB SPL/V
  • Übertragungsbereich 10 – 39.800 Hz
  • Nennbelastbarkeit 200 mW
Preis:
  • EUR 299,- (UVP)
  • EUR 269,- (Straßenpreis)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • sehr gute räumliche Abbildung
  • ausgewogener Frequenzgang
  • hohe Impulstreue
  • top Verarbeitung
  • austauschbares Kabel
Contra
  • etwas unbequemes Kopfband
  • sperrig
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AKG K-702 Test
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