AKG K-712 Pro Test

Mit dem K712 Pro präsentiert der österreichische Hersteller AKG sein aktuellstes Top Modell unter den dynamischen und offenen Kopfhörern, wenn man den als Sonderedition und preislich deutlich höher angesiedelten K702 65th Anniversary Edition einmal ausklammert. Optisch unübersehbar ist jedenfalls auch die enge Verwandtschaft zu bewährten Ahnen wie K701, K702 und dem Q701 der Quincy Jones Linie. Technisch sind die genannten Modelle in weiten Teilen identisch und werden vom Hersteller nicht selten nach der Faustregel „abnehmbares Kabel = Studio; festes Kabel = Hi-Fi“ diesen Kategorien zugewiesen.

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Allen Modellen gemeinsam ist jedenfalls die Verwendung der patentierten Varimotion-Technologie, die in Mikrofonen und Kopfhörern von AKG zum Einsatz kommt. Durch die unterschiedliche Stärke der Membran von außen nach innen werden Partialschwingungen unterdrückt, wodurch eine hohe Klang- und Impulstreue sowie eine ausgezeichnete räumliche Darstellung erreicht wird. Aus diesem Grund genießen die Vorgängermodelle in weiten Kreisen einen guten Ruf als analytische Kopfhörer. Was rechtfertigt den Aufpreis gegenüber den Familienmitgliedern und wo ordnet sich der AKG K712 Pro im Vergleich zur sonstigen Konkurrenz ein? Das klären wir hier!

Details

Bauweise

Der AKG K712 Pro ist ein offener, dynamischer Kopfhörer mit ohrumschließenden Ohrpolstern. Bei einem Gewicht von 235 Gramm ohne Kabel und 373 Gramm mit Kabel bedient er sich der AKG typischen selbstjustierenden Größeneinstellung des Kopfbandes. Ein Faltmechanismus oder Ähnliches ist nicht vorgesehen.

Verarbeitung

Geschmäcker sind bekanntlich verschieden und ich gebe zu, dass die farbliche Gestaltung auf Produktbildern etwas eigenwillig wirkt, in natura ist der K712 Pro aber extrem sexy! Die Verarbeitung und die Materialanmutung wirken absolut hochwertig und edel. Laut Hersteller wird der K712 Pro in Wien von Hand gefertigt. Ob nun Wien, Innsbruck oder am Nordpol, die Verarbeitung des Testexemplars ist tadellos.

Auf dem Lederband zeigt sich stolz das AKG Logo.
Auf dem Lederband zeigt sich stolz das AKG Logo.
Auffällig ist höchstens die selbstregulierende Kopfband-Einstellung, die einen leicht fragilen Eindruck hinterlässt, doch da ich seit der Markteinführung (ca. 2007) regelmäßig einen AKG K701 mit gleichem Mechanismus verwende, kann ich sicherlich auch dem K712 einen problemlosen und langlebigen Einsatz attestieren. Das Kopfband aus echtem Leder unterstreicht den hochwertigen Gesamteindruck, ist allerdings nicht für Veganer geeignet. Die Ohr-umschließenden, austauschbaren Ohrpolster sind dagegen aus schwarzem Velours gefertigt, was in sechs Jahren bestimmt noch durchaus netter aussieht als meine ehemals hellgrauen Ohrpolster des K701 von 2007. 

Mitgelieferte Kabel und Co. 

Die Kabelführung befindet sich übrigens links; dort kann wahlweise das drei Meter lange, in „Black & Decker“-Orange gehaltene glatte Kabel oder aber das 1,2 m bis 5 m lange Spiralkabel über einen arretierbaren Mini-XLR Stecker angeschlossen werden. Das Kabel endet in einem vergoldeten 3,5mm-Klinkenstecker, der über einen mitgelieferten, passgenauen Schraubadapter selbstverständlich auch auf 6,3mm erweitert werden kann. Des Weiteren befindet sich zu Transport- oder Aufbewahrungszwecken ein „netter“  Plüschbeutel im Lieferumfang.
Fotostrecke: 3 Bilder Im Lieferumfnag enthalten sind ein schwarzes Spiralkabel und ein glattes oranges Anschlusskabel. Inklusive einen Adapter.

Technik und Kennzahlen 

Die technischen Daten des AKG K712 sind weitgehend identisch mit seinen bereits genannten AKG „Geschwistern“. So erscheint der per Datenblatt angegebene Übertragungsbereich von 10 Hz bis 39,8 kHz zum Beispiel großzügig, sagt aber auf Grund der fehlenden Eckfrequenzen (z.B. -3dB)  rein gar nichts über die Linearität des Frequenzgangs aus. In der Praxis unterscheidet sich der Klang des K712 Pro trotz gleichem Übertragungsbereich auch merklich zum K701, doch dazu später mehr.
Die Impedanz ist weiterhin mit 62 Ohm für einen offenen Referenz-Kopfhörer relativ gering, was für eine für meinen Geschmack vollkommen befriedigende Lautstärkenwiedergabe auch an Kopfhörerausgängen mobiler Geräte sorgt. Die Nennbelastbarkeit ist mit praxisgerechten 200mW angegeben. „105dB/V“ Schalldruck sind entsprechend dem Einsatzzweck „offener Kopfhörer“ definitiv mehr als ausreichend, denn hohe Schalldruckpegel sind nur durch sehr laute Umgebungsgeräusche zu rechtfertigen, bei denen wohl kaum jemand einen offenen Kopfhörer tragen würde.

AKG K712 Pro "Made In Austria".
Der AKG K712 Pro im Test: “Ein neuer Stern unter den offenen, professionellen Studio-Kopfhörern?”

Vorbildlich sind die von der AKG Homepage herunter ladbaren Service Manuals, in denen je nach Modell der Aufbau, Pin-Belegungen, Reparaturhinweise und die Bestellnummern der auch einzelnen Ersatzteile aufgeführt werden. Das Service Manual für den AKG K712 Pro findet ihr hier!

Praxis

Verwendungszweck

Als offener Studio-Kopfhörer ist der AKG K712 Pro für die Verwendung am Editier-, Misch- oder Masteringplatz prädestiniert. Aufgrund kaum vorhandener akustischer Isolation in beide Richtungen ist er als Monitor-Kopfhörer zur Aufnahme von Musikern hingegen eher ungeeignet.

Tragekomfort

Auch wegen der geringeren Abschottung zur Außenwelt sind offene Kopfhörer meist angenehmer zu tragen als geschlossene. Der lediglich 235 Gramm schwere K712 Pro macht da keine Ausnahme! Die ohrumschließenden Velours Ohrpolster gewährleisten eine komfortable Luftzirkulation und verhindern bei normalen Temperaturen auch schwitzige Ohren. 
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Auf dem Lederband zeigt sich stolz das AKG Logo.

Als Träger einer „Naturbadekappe“, auch als Glatze bekannt, bin ich äußerst sensibel bezüglich des Kopfbandes. Im Gegensatz zu dem auf trügerische Weise bequem wirkenden Kopfband des AKG K702, das bei längerem Tragen unangenehme Druckstellen hinterlässt, ist das puristische Lederband des K712 Pro auch nach stundenlangem Gebrauch noch angenehm zu tragen. Ein derartiges Kopfband sollten meiner Einschätzung nach eigentlich alle artverwandten AKG Modelle besitzen. Einziger, wirklicher Kritikpunkt: In seltenen Fällen kann der relativ lange, steife Mini-XLR Stecker Hemdkragen oder Schultern berühren und so unerwünschten Körperschall in die Ohrmuschel übertragen.

Klang

Alle von mir getesteten Kopfhörer wurden an folgenden Kopfhörerausgängen bzw. Verstärkern betrieben:

  • iPad 4
  • M-Audio Fast Track Ultra
  • SPL 2Controll
  • Lake People G93

Neben diversen akustischen Experimenten (Sinus Sweeps, Pink Noise und übliche DAW Tätigkeiten) habe ich den folgenden Mix folgender, stilübergreifender Songs auf allen zu testenden Kopfhörern gehört:

  • Charlie Haden – Cancion a Paola
  • Wolfmother – New Moon Rising
  • Alessandro Safina – Regresa A Mi
  • Johnny Cash – Desperado
  • Skrillex – Bangarang
  • Rihanna – Rude Boy
  • David Guetta – Sexy Bitch
  • Minnie Riperton – Inside My Love
  • Edward Maya – Stereo Love
  • Will.I.Am – Scream & Shout
  • Daft Punk – Loose Yourself To Dance

Frequenzgang

Hier muss man nicht lange um den heißen Brei herumreden, der AKG K712 Pro klingt erstklassig! Durch eine 3dB Bassanhebung (genauere Angaben bleibt uns der Hersteller schuldig) klingt er deutlich wärmer und runder als seine kleineren Brüder K701 und K702, ohne dabei schönfärberisch zu werden. Meines Erachtens trifft der K712 Pro bezüglich des Frequenzgangs die goldene Mitte aus analytischem Hören und dem „Fühlen“ der Musik, ähnlich dem Beyerdynamic DT-880 Pro, der ebenfalls Bestandteil dieses Testmarathons ist. 
Die gut abgestimmte Mittenpräsenz (kein Badewannen-Frequenzband, kein „Tröten“) ermöglicht präzise Mix- und Mastering Eingriffe sowie die saubere Beurteilung von Tonalitäten. Mit einem Sinus Sweep von 20Hz bis 20kHz entlarvt sich ein kleiner Einbruch der Wiedergabe zwischen 8 und 9kHz, was prompt zu störenden Zischlauten einer Probemischung geführt hat. Wenn man sich dessen bewusst ist und während Mix/Mastering den üblichen A/B-Vergleich durchführt, sollte dies ein zu vernachlässigendes Problem sein. Ansonsten werden alle Frequenzen inklusive Bassbereich differenziert und detailliert abgebildet.

Impulsverhalten

Auch hier gibt es wenig Diskussionsstoff: Die Varimotion 2-Schicht-Membran sorgt für eine exakte und detailgetreue Wiedergabe der Transienten. Sounds und Instrumente klingen deshalb auch genau so greifbar und direkt, wie sie aufgenommen wurden. Insgesamt klingt der K712 Pro direkt und die Instrumente wirken greifbar.

Räumliche Abbildung

Entsprechende Mischungen honoriert der K712 Pro mit einer vorbildlichen räumlichen Auflösung und Tiefenstaffelung, wobei er aber ein bis zwei Nuancen „kompakter“ wirkt als die etwas analytischeren AKG K701 und K702. Die Stereo-Mitte erscheint mir etwas präsenter als der meines Erachtens relativ vergleichbare, halboffene Beyerdynamic DT-880 Pro. Der AKG macht an sämtlichen Zuspielgeräten eine gute Figur, profitiert aber in Bezug auf die räumliche Abbildung merklich von einem hochwertigen, professionellen Kopfhörerverstärker wie z.B. dem Lake People G93.

Fazit

Der AKG K712 Pro ist ein hochwertig verarbeitetes Profiwerkzeug, das sich aufgrund seiner klanglichen Qualitäten und dem insgesamt sehr ausgewogenen Frequenzgang als Abhöralternative zum Mischen und Mastern wirklich empfiehlt. Für mich ist die tiefere Bassabstimmung gegenüber den bisherigen Referenzmodellen von AKG eine entscheidende Aufwertung. Die Verarbeitung und die Materialanmutung sind perfekt und auch die zusätzlichen Features, wie die zwei austauschbaren Kabel und der Tragebeutel, unterstreichen eine lange Lebensdauer. Schade bleibt eigentlich nur, dass dies alles auch mit einem fast doppelt so hohen Verkaufspreis „honoriert“ wird. Fakt ist aber auch: Das neue AKG Flaggschiff erfüllt die auferlegten und äußerst selbstbewussten Marketing-Aussagen, was keine Selbstverständlichkeit ist! 
Im Rahmen unseres Testmarathons sehe ich die direkte Konkurrenz des K712 Pro bezüglich des Einsatzes in Mix und im Mastering bei diesen beiden Modellen: Dem Beyerdynamic DT-880 Pro und dem Signature Pro von Ultrasone. Interessanterweise ist ersterer etwa halb, letzterer etwa doppelt so teuer. Zusammenfassend kann ich jedem empfehlen, den AKG K712 Pro ggf. im Vergleich zu den hier erwähnten oder anderen ähnlichen Kopfhörern selber zu testen. Ich bin mir aber sicher, dass im K712 Pro viele einen treuen Begleiter für Studiotage und -nächte finden.

Weiterer Kommentar Catharina Boutari:

„Der AKG K712 Pro sitzt sehr angenehm auf den Kopf und drückt nicht auf die Ohren. Der Klang ist äußerst neutral, überbetont also keine Bässe, Mitten oder Höhen. Die Räumlichkeit ist auch sehr gut und führt zu einem transparenten Gesamtbild. Als Sängerin wäre ich mit diesen Kopfhörer sehr zufrieden, auch wenn er sich auf Grund der offenen Bauweise nicht für professionelle Aufnahmen eignet.“ 

Weiterer Kommentar Felix Klostermann:

„Der 712er trägt sich wie alle AKGs äußert komfortabel. Er klingt ehrlich, luftig und dank des leichten Bassboosts ist er auch der AKG, der mir den meisten Spaß beim „professionellen“ Abhören braucht. Er klingt nicht ganz so nüchtern-linear und „langweilig“ wie der DT-880, aber auch nicht ganz so „knackig-schnell“ und „sexy“ wie der Ultrasone Signature Pro. Er nimmt quasi die Mittelstellung zwischen beiden Modellen ein und bildet mit diesen meine persönliche Top 3. Was die Räumlichkeit angeht, ist allerdings meine Referenz.“
PRO:
  • sehr gute räumliche Abbildung
  • ausgewogener Frequenzgang
  • hohe Impulstreue
  • sehr hoher Tragekomfort
  • top Verarbeitung
  • zwei austauschbare Kabel (glattes Kabel, Spiralkabel)
CONTRA:
  • hoher Preis
  • sperrig
Der AKG K712 Pro im Test: "Ein neuer Stern unter den offenen, professionellen Studio-Kopfhörern?"
Der AKG K712 Pro im Test: “Ein neuer Stern unter den offenen, professionellen Studio-Kopfhörern?”
FEATURES
  • professioneller Referenz-Studio-Kopfhörer
  • offen
  • dynamisch
  • ohrumschließend
  • Kabelführung links, abnehmbar (Mini XLR)
  • glattes 3m Kabel
  • Spiralkabel 1,2-5,5m
  • Stereo Adapter 3,5/6,3mm
  • Gewicht 235g (ohne Kabel)
  • Impedanz 62 Ohm
  • Schalldruck 105dB SPL/V
  • Übertragungsbereich 10 – 39800 Hz
  • Nennbelastbarkeit: 200 mW
Preis:
  • EUR 469,- (UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr gute räumliche Abbildung
  • ausgewogener Frequenzgang
  • hohe Impulstreue
  • sehr hoher Tragekomfort
  • top Verarbeitung
  • zwei austauschbare Kabel (glattes Kabel, Spiralkabel)
Contra
  • hoher Preis
  • sperrig
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AKG K-712 Pro Test
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