Emergent Drums 2 generiert unendlich viele neue Drum Samples – mithilfe von KI. Es gehört damit zu den allerersten Software Instrumenten und Drum Machines, bei denen ein Algorithmus neue Sounds produziert. Ist das die Zukunft?
Die KI-Welle rollt und rollt und – rollt. Aus allen Ecken schallen auch in der Musikwelt neuerdings die KI-Grafiken, KI-Sounds, KI-Mixer und KI-Mastering-Services. Heißt das, dass Produzenten nun zu Arrangeur zurückgestuft werden und alles fortan die Maschine macht?
Ganz so weit ist man mit Emergent Drums 2 noch nicht. Trotzdem verspricht das Plugin, mithilfe von KI unendlich viele neue Drum Samples zu erzeugen.
Das Wichtigste in Kürze
- Unendlich viele eigene Drum Samples erzeugen
- Variation existierender Samples
- Sechzehn Pads
- Zwei Engines: Creamy / Crunch
- Onlinezwang für die Sample-Erzeugung
DETAILS & PRAXIS
Emergent Drums 2 erzeugt Drum Sounds aus dem Nichts
Das Wichtigste zuerst: Um in Audialab Emergent Drums 2 neue Drum Samples zu erzeugen, MUSS der Rechner mit dem Internet verbunden sein. Denn das eigentliche Produzieren der Sounds geht auf dem Server des Herstellers vonstatten. Sobald ein Drum Kit aber erst mal erstellt ist, braucht es die Verbindung dann allerdings nicht mehr.
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Die Samples kann man entweder global für alle 16 Pads oder in jedem Pad separat erzeugen. Für jedes Pad hat man die Wahl aus zwei Engines und 11 Soundkategorien. So „weiß“ die Engine, ob sich der Sound zum Beispiel in Richtung Kick, Snare, Hi-Hat, Radom, Glitch oder Noise entwickeln soll.
Die zwei Engines Creamy und Crunchy
Unendlich viele Variationen generiert Emergent Drums 2 von einem Sound, ohne dass weitere Kosten anfallen. Anfang 2022, als Audialab das Plugin noch unter dem Namen „Synapse Drums“ vorstellte, sah das anders aus: Der Hersteller hatte damals den Plan, die Sample-Erzeugung als Abo anzubieten.
Nach einem Aufschrei aus der Community begrub Audialab diese Pläne aber, was den vergleichsweise hohen Preis des VSTs erklärt: Die Sounderzeugung auf Audialabs Server verursacht laufende Kosten, die das Unternehmen natürlich auch mittelfristig decken will.
Mit der kürzlich erschienenen Version 2 stellte man nun eine zweite Sound-Engine namens „Creamy“ vor. Und je nachdem, ob man Creamy oder Crunchy für einen Slot auswählt, entscheidet man sich bei der Sample-Erzeugung auch für die eine andere Richtung. Während Crunchy tendenziell eher wuchtige, fast schon kaputt klingende Sounds vertritt, kreiert Creamy definiertere und klarere Samples – gut für Techno, Rock oder Pop.
Der Workflow von Audialab Emergent Drums 2
Startet man das Plugin, ist bereits in allen sechzehn Pads ein Drum-Sound. Im Pad selbst stellt man Lautstärke, Tonhöhe, Abspielbereich, Fade In, Fade Out und zwei Effekte ein. Das Pad beherbergt einen Clipper, der das Sample vom sanften Limitieren bis hin zum komplett brachialen Clipping lauter macht. Dazu gibt es noch eine Kombination aus Highpass- und Lowpassfilter.
Zum Einstieg empfehlen wir euch, euch für eines der gut 30 mitgelieferten Drumkits aus dem Browser oben rechts zu entscheiden. Darauf aufbauend könnt ihr dann weitere Drum Samples erstellen. Nach der Eingabe von E-Mail-Adresse und Key geht es dann mit einem Klick auf die kreisförmige Generate-Schaltfläche los. Und erst mal passiert… nichts.
Man braucht etwas Geduld, denn der Server braucht gut 25 Sekunde, um die KI alle sechzehn Sounds erschaffen zu lassen. Es hat aber auch sein Gutes: In dieser Zeit kann man weiter am Beat bauen und die vorher geladenen Sounds triggern. Wer dann doch zu ungeduldig ist, sollte auf die Crunchy-Engine umstellen. Denn damit braucht es auf den 16 Pads nur knapp vier Sekunden für neue Sounds.
Unendliches Sounddesign mit KI
Besonders nützlich ist die „Lock drum pad“-Funktion. Seid ihr mit dem Sample eines Pads zufrieden, verriegelt sie es für euch per Rechtsklick. Anschließend ist von Veränderungen ausgeschlossen, sofern man die globale Generate-Funktion nutzt.
Fertige Kits speichert man oben rechts im Browser. Leider ist der noch ausbaufähig, vor allem, wenn man mit vielen unterschiedlichen Drumkits arbeitet. Zum Öffnen eines neuen Drumkits muss man nämlich immer zuerst den Browser aufklappen, dann in den Ordner gehen und schließlich das Kit anwählen. Hier mal schnell über zwei Pfeile in der Titelzeile durch die Presets zu wechseln, wäre tatsächlich erleichternd – vielleicht kommt diese Möglichkeit aber bei einem zukünftigen Update?
Wie funktioniert der Sample Import und Export?
Wer mit dem Gedanken spielt, ein erstes Sample-Paket mal selbst zu erzeugen, wird sich über die Export-Funktionen von Emergent Drums 2 freuen. So kann man per Drag-and-drop entweder jedes Sample einzeln oder gleich alle 16 Pads als WAV-Files in die DAW exportieren.
Neben den erwähnten Soundkategorien wie Kick oder Snare gibt es zur Erzeugung von Sounds via KI auch die Möglichkeit, ein eigenes Sample als Anfangssound zu nutzen. Die neue Deep-Sampling-Technologie erlaubt es euch, ein beliebiges, bis zu zehn Sekunden langes WAV- oder AIFF-File in ein Pad von Emergent Drum 2 zu ziehen und es dann von der KI verändern lassen.
Die Technologie ist besonders praktisch, wenn man beispielsweise einzelne Kick-Samples nutzt und vielleicht vier, fünf kleine Variationen braucht, die den Sound natürlicher klingen lassen. Wer jetzt schon davon träumt, einfach ALLE Samples damit zu verändern, den müssen wir enttäuschen – ganz so einfach ist es nicht. Denn ganz dem Namen nach hat Emergent Drums die KI-Engine natürlich auf Schlagzeugsounds trainiert.
Emergent Drums 2 als klassischer Drum-Sampler
Lässt man die Möglichkeit der unendlichen KI-Soundvariation aus, erscheint das Plugin im Vergleich zu Battery von Native Instruments oder anderen Drum Machine VSTs plötzlich als relativ einfach gestrickter Drum Sampler. Klar gibt es zwar einige Detaileinstellungen wie etwa zu Hüllkurve, Tonhöhe oder den beiden Effekten. Direkt nebeneinander gestellt sind das aber recht wenige Eingriffsmöglichkeiten.
Auch Multi-Output-Routing beherrscht das Plugin. Dabei routet es jedes Pad auf einen eigenen Ausgang, sodass man in der DAW jeden Sound mit anderen Effekten verändern kann. Und zum Pflichtprogramm eines Drum-Plugins gehören natürlich auch Choke Groups.
Vor allem bei Pad-Kombinationen mit offenen und geschlossenen Hi-Hats stoppt Emergent Drums 2 das Sample der ausklingenden offenen Hi-Hat, sobald man die geschlossene spielt. So, wie das eben bei einer akustischen Hi-Hat auch der Fall ist. Emergent Drums enthält acht Choke Groups pro Drumkit.
Wie klingen die Drumkits in Emergent Drums 2?
Die knapp 30 mitgelieferten Drumkits variieren stark in Klangqualität und Einsatzfähigkeit. Die Sounds aus dem Preset-Ordner „ED1“, also der ersten Version von Emergent Drums, klingen häufig eher dünn und leise. Und bei den Highlights aus der zweiten Version „ED2“, allesamt durch die Creamy-Engine erzeugt, sind es nicht nur die Sounds selbst, die um einiges besser und lauter klingen.
Emergent-Drum-Ausgabe Nummer zwei triggert bei einigen Drumkits nämlich zwei, teilweise drei Sounds gleichzeitig – Layering. Hier rächt sich allerdings das doch recht simple Routing im Plugin. Denn drei Kick-Samples gleichzeitig sind LAUT – knackige 7 dB dbFS über 0 übersteuert Emergent Drums 2 beim dreifach-gelayerten Kick-Sound im Drumkit „Dubstep – Andrew Rose – Signature pt. 1“.
1,3,6,7,9,11
Hier bräuchte man definitiv einen internen Bus-Kompressor oder Limiter, in den man die drei Kicks routen könnte. Auch die Möglichkeit, per Multi-Out alle drei Kick-Sounds auf denselben Ausgang zu schicken, wäre fein – aber leider fehlt auch sie.
Eigene Kits erzeugen in Emergent Drums 2
Grundsätzlich klingen die KI-generierten Sounds der Creamy-Engine um einiges besser als die der Crunchy-Eninge – saubere Transienten, unverzerrt und für viele Genres passend. Oder man lädt bis zu sechzehn eigene Drum Samples in Emergent Drums 2 und verändert sie. Dass man zum Anpassen aber nur den „Similar/Random“-Slider hat, macht die Arbeit auf Dauer etwas mühsam.
Am Ende entscheidet dann doch oft noch der Zufall, ob man bei einem guten neuen Sample landet. Hier wären weitere Slider, die den Klangcharakter beschreiben, hilfreich. Also beispielsweise „Dunkel/Hell“, „Akustisch/Elektronisch“ oder eine Auswahl für verschiedene Genres.
Fazit
Audialab Emergent Drums 2 präsentiert sich als eines der ersten Plugins zur Klangerzeugung per KI als erstaunlich gut klingende Drum Sample-Wundertüte – zumindest in Teilen. Alle besorgten Sample-Library-Produzenten können wir aber beruhigen. Hier ist so viel Zufall am Werk, dass euer Job (noch) nicht in Gefahr ist.
In einigen Punkten wirkt das VST noch unfertig. Eine wahrhaftig konkurrenzfähige Drum Machine ist Emergent Drums 2 nicht. Und eine KI-Wunderwaffe mit Wow-Effekt auch nicht – noch nicht.
Features
- FEAURES
- Plugin für Drum Samples
- Samples werden durch KI erzeugt
- 2 Sample-Generatoren: Crunchy und Creamy
- 16 (4×4 Matrix) Sample Slots
- Unendliche Soundvariationen möglich
- Zufällige Erzeugung pro Slot oder global
- Endlose Variationen existierende One-Shot-Samples erzeugen
- Multi-Out-Routing aller Drum Samples für eigene Effekte
- Sample-Export per Drag-and-drop in die DAW
- Systemvoraussetzungen: VST3 und AU, Ab Windows 7 (64bit) und macOS 10.11 (Apple Silicon Native), dauerhafte Internetverbindung für Sample-Erzeugung notwendig
- PREIS: EUR 249,- (Straßenpreis am 15.08.23)
- Erzeugung neuer Drum Samples durch KI
- Unendlich viele neue Drum Sounds erzeugen
- Drum-Sound-Variation durch zwei Engines
- Veränderung eigener Samples
- dauerhafte Internetverbindung für Sample-Erzeugung notwendig
- Einige Features fehlen für eine komplette Drum Machine
- Soundqualität variiert stark