Die Palette der angebotenen Mikrofone auf dem Markt ist mittlerweile schier unendlich groß. Auch wenn jedes Mikro für sich natürlich ganz eigene Klang- und Praxiseigenschaften besitzt, so gibt es doch eine Menge Parameter, durch die sich die verschiedenen Modelle bereits auf den ersten Blick voneinander unterscheiden. Gemeint sind die technischen Daten.
Doch weiß wirklich jeder, wie ein Mikrofon funktioniert und was mit den einzelnen Angaben überhaupt gemeint ist? Um sicher zu stellen, dass ihr nicht schon vorzeitig mit dem Mikrofon-Latein am Ende seid, wollen wir euch in diesem Artikel Licht ans Fahrrad machen und euch mit allen wichtigen Infos rund um das Thema versorgen. Zudem werden wir euch ein paar wertvolle Tipps geben, wie ihr das passende Mikrofon für euch findet.
Wie funktioniert eigentlich ein Mikrofon? Technisch gesehen gehört das Mikrofon zu den Schallwandlern, die mit dem Lautsprecher, dem Tonabnehmer, mit Kopfhörer oder Sensor einige weitere populäre Familienmitglieder vorweisen können. Dabei besteht die Aufgabe eines Mikrofons zuerst einmal darin, Schall aufzunehmen und in ein elektrisches Signal umzuwandeln. Ob es sich dabei um Stimmen, Instrumente, um Vogelgezwitscher oder Meeresrauschen handelt, spielt im Grund keine Rolle: normalerweise ist es eine hauchdünne Membran, deren Schwingungen auf verschiedene Art und Weise dafür sorgen, dass Schallwellen zu elektrischen Wellen werden. Wie das bei den verschiedenen Mikrofontypen genau passiert, davon später mehr. Dieses elektrische Signal kann nun per Kabel oder Funk transportiert, bearbeitet, verstärkt und verändert, und schließlich auch wieder hörbar gemacht werden: das Gegenteil eines Mikrofons ist nämlich der Lautsprecher oder sein Kollege Kopfhörer, die das vom Mikrofon gelieferte elektrische Signal genau auf umgekehrtem Weg wieder in Schall umwandeln.
Hier seht ihr ein Schnittmodell des legendären Neumann U87. Oben im Mikrofon-Korb sitzt die Membran, unten im Body befindet sich die gesamte Elektronik (Mikrofonverstärker, etc.).
Ein Mikrofon wird also dann gebraucht, wenn Schallwellen aufgenommen, verstärkt, oder über eine Beschallungsanlage wiedergegeben werden sollen; Keyboards, Synthesizer und andere elektronische Geräte erzeugen selbst ein elektronisches Signal, das direkt weiterverarbeitet werden kann. Übrigens: Das elektrische Signal, das ein Mikrofon ausgibt, ist relativ schwach und muss deshalb zunächst durch einen Mikrofonvorverstärker. Diese gibt es als externe Geräte, aber sie sind auch Teil des Mikrofonkanals im Mischpult und bringen das schwache Signal auf einen verwertbaren Pegel – ein Mikrofon kann man also nicht direkt an eine Endstufe anschließen.
Die verschiedenen Mikrofontypen
Ob wir es mit einem dynamischen oder einem Kondensator-Mikrofon zu tun haben, hängt vom so genannten “Wandlerprinzip” ab. Das Wandlerprinzip gibt an, auf welche Art und Weise die Membranschwingungen in elektrische Schwingungen umgewandelt werden. Das dynamische Mikrofon
Das dynamische Mikrofon hat seinen Namen von besagtem Wandler, der in ihm für die Umwandlung von akustischen in elektrische Wellen verantwortlich ist. Der so genannte elektrodynamische Wandler nämlich basiert auf dem Prinzip der Induktion, ein vielleicht vom Physikunterricht noch geläufiger Begriff: bewegt sich ein Magnet über einer Spule oder eine Spule über einem Magneten, dann wird Strom erzeugt. Ein Prinzip übrigens, das im täglichen Leben allgegenwärtig ist, sei es als Fahrraddynamo, sei es als Windkraftwerk, oder eben als dynamisches Mikrofon. Die gebräuchlichste Form dieses Mikrofontyps nennt sich “Tauchspulenmikrofon”, auf englisch “Moving Coil Microphone”, das wir uns jetzt näher anschauen werden. Seine relativ exotischen dynamischen Verwandten wie beispielsweise das Bändchen-Mikrofon lassen wir heute außen vor.Beim Tauchspulen-Mikrofon ist die Membran an einer Spule angebracht, die sich in einem Luftspalt zwischen dem Nord- und Südpol eines Magneten befindet. Treffen nun Schallwellen auf die Membran, wird diese bewegt, und mit ihr folglich auch die Spule, wodurch nach dem Prinzip der magnetischen Induktion eine Spannung entsteht, oder besser gesagt “induziert” wird. Unser akustisches Signal wird so also in eine elektrische Spannung gewandelt. Als Material für diesen so genannten Permanentmagneten – ein Stück Metall, das im Gegensatz zum Elektromagneten dauerhaft magnetisch ist – verwendet man vorwiegend Alnico oder Neodymium. Da dieser Magnet kein Elektromagnet ist, braucht man auch keine zusätzliche Energiezufuhr wie zum Beispiel eine Phantomspeisung für diese Art Mikrofon. Allerdings schadet es dem Mikrofon auch nicht, wenn eine Phantomspeisung zugeschaltet ist. Aber Vorsicht: wer ab und zu irgendwo zu tun hat, wo antiquarische Mischpulte oder ähnliches zum Einsatz kommen, der sollte sich vergewissern, dass keine so genannte “Tonaderspeisung” aktiviert ist. Sonst könnte es passieren, dass sich auch das robusteste Mikrofon mit einem letzten Rauchzeichen in die ewigen Jagdgründe zurückzieht.
Hier seht ihr den skizzierten Aufbau eines elektrodynamischen Wandlers (Tauchspulen-Mikrofon). 1 ist die elastisch eingespannte Membran, 2 die Schwingspule, 3 der Permanentmagnet und 4 eine Eisenkonstruktion, die den Magnetfluss leitet. Bewegt sich die Membran nun, entsteht in der Schwingspule eine Spannung u (magnetische Induktion), die nun abgegeriffen werden kann.
Das Kondensator-Mikrofon
Die Wandler in Kondensator-Mikrofonen heißen mit Vornamen “Elektrostatisch”. Bei ihnen besteht die Membran – übrigens nur ein paar tausendstel Millimeter dick – entweder aus Metall oder zumindest aus metallbedampftem Kunststoff, weil sie elektrisch leitfähig sein muss. Der Membran in gewissem Abstand gegenüber befindet sich eine Metallplatte, die so genannte Gegenelektrode. Die beiden zusammen bilden einen Kondensator – auch hier grüßt von ferne wieder der Physikunterricht mit dem guten alten Platten-Kondensator. Abhängig vom Abstand der beiden “Platten”, also der Membran und der Gegenelektrode, kann dieser Kondensator eine bestimmte Ladung aufnehmen, Kapazität genannt. Diese Ladung wird ihm von außen per Gleichstrom zugeführt, er erhält seine “Kapselvorspannung”. Zuständig dafür ist die berühmte Phantomspeisung, die entweder vom Mischpult oder einem anderen externen Gerät wie einem Mikrofon-Vorverstärker kommen kann. Trifft nun Schall auf die Membran, bewegt sie sich und verändert so ständig den Abstand der “Platten” zueinander und damit auch die aufgenommene Ladung. Bei einem Kondensator-Mikrofon ist es also nicht die Induktion, die letztendlich die elektrischen Signale liefert, sondern die Veränderungen der Kondensator-Kapazität.
Hier seht ihr den schematischen Aufbau einer Kondensator-Mikrofonkapsel. 1 ist die hauchdünne Membran, 2 ist die Gegenelektrode und 3 ein Isolator. In der Skizze stellt die Batterie die Gleichspannung dar, mit der die Kapsel aufgeladen wird. Die Membranauslenkung, also die Bewegung der Membran bringt nun eine Spannung (u) mit sich, die über einen Widerstand (RL) zu einem Impedanzwandlerelement geht.
Aber wie kommt die nun zum Mischpult?
Nun, ein kleiner Mikrofonverstärker – nicht zu verwechseln mit dem Mikrofon-Vorverstärker – der sich im Inneren des Mikrofons befindet, bereitet das Signal so auf, dass es zum Bestimmungsort geschickt werden kann. Dieser so genannte Impedanzwandler ist in der Regel auf Transistor- oder Röhrenbasis aufgebaut und wird ebenfalls über die Phantomspeisung mit der benötigten Energie versorgt. Womit auch geklärt ist, was Röhren in manchen Mikrofonen zu suchen haben.
Neben diesen “normalen” Kondensator-Mikrofonen begegnen uns von Zeit zu Zeit auch Elektretkondensator-Mikros. Bei dieser Spezies benötigt der Kondensator keine Phantomspeisung zum Aufladen, da die Spannung konstant vorhanden ist. Verantwortlich dafür ist eine so genannte Elektretfolie, die elektrostatische Ladung sehr gut halten kann. Dabei kann entweder die Membran oder die Gegenelektrode aus diesem Material bestehen. Die Phantomspeisung versorgt beim Elektretkondensator-Mikrofon übrigens nur noch den Mikrofon-Verstärker mit Spannung. Ein ähnliches physikalisches Verhalten wie beim Elektreten gibt es übrigens auch zu beobachten, wenn man sich mit einem Luftballon über den Kopf reibt und die Haare zu Berge stehen, oder man mit den billigen Tretern stundenlang über die PVC Beläge des Einkaufscenters geschlurft ist und dann seiner Traumfrau einen Kuss gibt. Nur dass beim Mikrofon alles geregelt abläuft und keine der beteiligten Komponenten Ohrfeigen verteilt.
Die Besonderheiten beim Kondensator-Mikrofon
Wer des Öfteren durch TV-Sendungen zappt, der hat sie bestimmt schon gesehen: winzige Mikrofone, die an Kragen oder Bluse geklemmt und erst beim näheren Hinschauen als solche zu identifizieren sind. Und wer einmal bei einer Produktion im Tonstudio oder beim Rundfunk dabei war, der kennt auch die unförmigen Geschwister der Winzlinge: Mikrofone in Brikettgröße, hinter denen sich Sänger perfekt verstecken können.Den Unterschied macht die Membran. Mikrofone mit einer Membrangröße von unter einem Zoll (2,54 cm) bezeichnet man als Kleinmembranmikrofone, alles was darüber ist, gehört demnach zu den Großmembranmikrofonen. Wenn man nun davon ausgeht, dass eine Membran genau wie das ganze Mikrofon ein Hindernis für jede Schallwelle darstellt, dann wird klar, dass es eigentlich heißen müsste: je größer, desto ungünstiger. Und tatsächlich kann eine große Membran naturgemäß hohe Frequenzen nicht so verfärbungsfrei übertragen wie eine kleine. Man kann sich also merken, dass hohe Frequenzen umso besser und neutraler übertragen werden, je kleiner die Mikrofonkapsel und damit auch die Membran ist. Ein guter Grund, beispielsweise beim Schlagzeug Overhead oder HiHat mit Kleinmembranmikrofonen abzunehmen. Ein weiterer und je nach Einsatz wichtiger Grund für ihren Einsatz ist die so genannte Rückwärtsdämpfung, also die Abschwächung des von hinten kommenden Signals.
Ein typisches Großmembran-Kondensatormikrofon mit einem Membrandurchmesser von 1 Zoll – hier das Brauner VMX.
Aber wozu werden dann Großmembranmikrofone überhaupt gebraucht?
Einer der Vorteile einer großen Membran ist ihre Empfindlichkeit. Bei gleichem Schalldruck generiert sie mehr elektrische Spannung, und je mehr davon vorhanden ist, desto mehr hebt sich das Signal vom Grundrauschen der nachfolgenden Verstärker ab. So lassen sich mit großen Membranen sehr rauscharme Mikrofone konstruieren.Der vielleicht wichtigste Grund für ein Großmembranmikrofon ist aber seine Charakteristik. Während Mikrofone mit kleiner Membran sehr oft als steril empfunden werden, hat jedes Großmembranmikrofon seinen ganz eigenen Charakter, der durch seine Färbung besonders den Gesang hervorhebt und lebendig und warm wirken lässt.
Pro & Contra Dynamische Mikrofone sind von Natur aus robuster als Kondensator-Mikrofone, wofür alleine die Konstruktion der Mikrofonkapsel verantwortlich ist. Denn beim Kondensator-Mikro arbeiten extrem dünne Membranen, die in einem Rahmen eingespannt sind und frei schwingen können, und das macht sie äußerst empfindlich. Dynamische Mikrofone dagegen verfügen mit der Membran, der Spule und dem Magneten über das wesentliche robustere Kapsel-Gebilde. Außerdem können sie einen höheren Schalldruck verkraften, ohne dass die Kapsel beschädigt wird oder das Signal verzerrt – man kann dynamische Mikrofone also bedenkenlos auch direkt vor die lautesten Schallquellen stellen.
1/3 Das Electro Voice RE-20 ist ein echter Klassiker unter den dynamischen Mikrofonen. Auch wenn man es zwar häufig in Hollywood-Filmen als Mikro für Radio-Moderatoren sieht, so ist dieses Mikrofon sehr vielseitig. Es wird gerne in der Bassdrum, bei Bläsern oder auch vor Amps eingesetzt.
2/3 Das Sennheiser MD-441 ist ein sehr edles dynamisches Mikrofon – von seiner Brillanz her geht es schon ganz klar in Richtung Kondensator-Mic.
3/3 Das erste Großmembran-Kondensatormikrofon mit umschaltbarer Richtcharakteristik: Das Neumann U47.
Ihre robuste Kapselkonstruktion mit Magnet und Spule bringt aber auch einen entscheidenden Nachteil mit sich, nämlich ihr Gewicht. Es vergeht also schon ein wenig Zeit, bis die Membran aus den Puschen kommt – in der Physik spricht man von der “Trägheit der Masse”. Die Folge ist ein schlechteres Impulsverhalten, so dass besonders kurze Signale von leiseren Schallquellen nicht so sauber und direkt abgebildet werden. Dazu zählt beispielsweise das leichte und kurze Zupfen einer Akustikgitarre oder der Ausklang eines Beckens beim Schlagzeug. Die Folge ist ein eher undifferenzierter und matter Klang verglichen mit dem Kondensator-Mikrofon. Bei dem muss keine große Masse in Bewegung versetzt werden, lediglich die hauchdünne Membran soll schwingen. Deshalb ist das Übertragungsverhalten eines Kondensator-Mikrofons sehr sensibel und direkt, was einen viel präziseren Klang zur Folge hat. Und sein Frequenzgang wird wesentlich linearer, so dass es über den gesamten Frequenzbereich, der von den Herstellern meist mit 20Hz bis 20kHz angegeben wird, keine großen Ausreißer gibt. Ein Kondensator-Mikrofon klingt aus diesem Grund auch in den Höhen präsenter als ein dynamisches. Aber keine Bange: Moderne Kondensator-Mikros vertragen auch beachtliche Schalldruckpegel, ohne dass man Angst um sie haben müsste.
Dass bei Live-Konzerten mehr dynamische Mikrofone eingesetzt werden, hat seinen Grund neben der Robustheit auch in der größeren Rückkoppelungsfestigkeit. Bestimmte Signale oder Frequenzen schaukeln sich nicht so schnell zu einem ausgewachsenen Feedback auf, während Kondensator-Mikrofone auch kleinste Signal-Pegel präzise aufnehmen – beim Thema Rückkopplungen unter Umständen ein großes Problem. Zum Glück müssen wir uns im Studio darüber keine größeren Gedanken machen, weil dort in der Regel keine Beschallungsanlagen, sondern Kopfhörer zum Einsatz kommen.Aber bei aller Theorie – es geht grundsätzlich nichts über die Praxis: Probieren geht über Studieren! Vielleicht liefert ja das günstige dynamische Mikrofon vor dem Gitarrenamp doch einen besseren Sound als das sündhaft teuere Kondensator-Schätzchen.
Empfängerprinzip
Nachdem wir uns mit den Grundzügen des Wandlerprinzips vertraut gemacht haben, möchten wir uns jetzt damit beschäftigen, auf welche Art und Weise die Membrankonstruktion Schall empfängt. Der Druckempfänger
Beim Druck-Empfänger ist nur die Vorderseite der Membran dem Schalldruck ausgesetzt, die Kapsel nach hinten aber bis auf eine winzige, kapillargroße Öffnung zum Ausgleich von atmosphärischen Luftdruckschwankungen komplett geschlossen. Der auf die Membran treffende Schall mit seinem wechselnden Luftdruck bewegt diese, ähnlich einem Barometer. Schall von hinten trifft erst nach einem Umweg um die Kapsel herum auf die Membran und verliert dabei einen großen Teil seiner hohen Frequenzen. Ein Grund, warum Druckmikrofone gerade bei tiefen Frequenzen eine sehr gute Figur abgeben. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Richtcharakteristik bei allen Druckempfängern eine Kugel (englisch: omnidirectional) ist – wir kommen später noch grundsätzlich darauf zurück.
Lediglich die Vorderseite der Membran ist beim Druckempfänger dem Schall ausgesetzt, sie reagiert quasi auf Luftdruckänderungen.
Das Druckgradientenmikrofon
Bei dieser Bauweise ist die Kapsel hinter der Membran nicht geschlossen, sondern auch für den Schall von hinten erreichbar. Das heißt, dass die Membran nicht das anzeigt, was der von vorne auf sie treffende Schall bewirkt, sondern den Unterschied im Luftdruck zwischen ihrer Vorder- und Rückseite, den so genannten Druckgradienten. Je nach Ausführung gibt es Druckgradientenmikrofone mit unterschiedlichen Richtcharakteristiken. Mehrere davon in einem einzelnen Mikrofon bietet der Doppelgradientenempfänger, in dem gleich zwei Membranen aktiv sind. Vertreter dieser Mikrofongattung sind übrigens immer Kondensator-Mikros mit großer Membran.
Beim Druckgradienten-Empfänger sind beide Seiten der Membran dem Schall ausgesetzt, entweder komplett (wie der “Acht”) oder mit einem akustischen Laufzeitglied. Es entsteht ein Druckunterschied zwischen der Vorder- und Rückseite der Membran.
Die Richtcharakteristik
Jeder hat sie schon einmal gesehen, die Diagramme, die auf jedem Mikrofon-Beipackzettel zu finden sind. Diese Kreisdiagramme, auch Polardiagramme oder englisch Polar Pattern genannt, zeigen die Richtcharakteristik an, also die Art und Weise, wie das Mikrofon mit dem auftreffenden Schall umgeht. Allerdings muss man sich das Ganze dreidimensional vorstellen – der abgebildete Kreis ist also eine Kugel, und die 0° Markierung üblicherweise die Stelle, an der z.B. in das Mikrofon gesungen wird.
So ein Diagramm macht schnell klar, dass die Richtcharakteristik vor allem bestimmt, aus welcher Richtung Schall unbeeinflusst oder aber mehr oder weniger abgeschwächt aufgenommen wird. Jede Richtcharakteristik, bis auf die der Kugel, hat eine Richtung, aus der eintreffender Schall am stärksten ausgeblendet wird. Schall, der aus dieser Richtung auf das Mikrofon trifft, wird wesentlich leiser übertragen als zum Beispiel der, der frontal von vorne auftrifft. Diese Richtung nennt man “Hauptausblendrichtung” oder englisch “Off-Axis”. Ganz nützlich ist diese Off-Axis zum Beispiel, wenn ein Schlagzeug aufgenommen werden soll. Bei einem Drumset kommen wegen der Vielzahl der Komponenten normalerweise gleich mehrere Mikrofone zum Einsatz. Möchte man vermeiden, dass auf jedem Mikrofon alles ankommt, dreht man das betreffende Mikrofon so, dass die dort nicht erwünschten Instrumente in der Hauptausblendrichtung liegen. Ein Beispiel: Auf dem Mikrofon für die HiHat sollte im Idealfall auch nur die HiHat ankommen. Das kann natürlich nicht funktionieren, weil die anderen Trommeln und Becken sich akustisch nicht in Luft auflösen. Man kann nun aber das HiHat Mikrofon so drehen, dass beispielsweise die TomToms in seiner Hauptausblendrichtung liegen. Sie werden zwar immer noch über das HiHat-Mikrofon zu hören sein, aber wesentlich leiser.
Die gängigsten Richtcharakteristiken sind Niere, Hyperniere, Superniere, Breite Niere, Acht und Kugel. Mikrofone mit Kugelcharakteristik fallen dabei etwas aus dem Rahmen, weil es bei ihnen keine Off-Axis gibt. Der Schall wird also aus jeder Richtung gleich laut oder intensiv aufgenommen, weshalb man bei ihnen auch von ungerichteten Mikrofonen spricht. Dynamische Mikrofone haben immer eine feste Richtcharakteristik, während sie bei manchen Kondensator-Mikrofonen umgeschaltet werden kann, was deren Positionierung wesentlich flexibler macht. Neben dem praktischen Nutzen der verschiedenen Charakteristiken hat aber auch jede ihren eigenen Sound. Nicht selten bringt das Umschalten der Richtcharakteristik das gesuchte Resultat – auch hier heißt es wieder Ausprobieren.
Wie finde ich das richtige Mikrofon?
Nach all dem Grundsätzlichen über die verschiedenen Mikrofontypen ist es einleuchtend, dass sich diese Frage nicht einfach nach Schema F beantworten lässt. Vorweg sollte man sich darüber im Klaren sein, wo das Mikrofon eingesetzt werden oder welche Schallquellen es übertragen soll. Gesang, Akustikgitarre, Posaune, Kontrabass, Gitarrenverstärker, Klavier/Flügel…? Oder soll es ein Allroundmikrofon sein, das fast überall gute Dienste leistet? Gute Allrounder findet man in der Regel unter den Kondensator-Mikrofonen mit umschaltbarer Richtcharakteristik. Soll das Mikrofon für einen speziellen Zweck eingesetzt werden, den Gesang zum Beispiel oder die Akustikgitarre, dann sollte man ins Geschäft gehen und in Ruhe ausprobieren.
Gute Händler bieten euch vernünftige Testmöglichkeiten, zum Teil sogar separate Mikrofon-Testkabinen. Am einfachsten gestaltet sich normalerweise die Suche nach einem Gesangsmikrofon. Einfach im Laden eine Reihe von Mikrofonen testen, indem man über sie singt und so die unterschiedlichen Klangeigenschaften hört. Natürlich sollte man seine Stimme wiedererkennen und sich beim Singen wohlfühlen. Im Idealfall ist es Liebe auf den ersten Ton: Das Mikrofon ist von Anfang an vertraut, es geht eine freundschaftliche Beziehung mit der Stimme ein, und alles funktioniert einfach und mühelos. Vielleicht auch darauf achten, dass sich der Sound nicht gleich extrem verändert, wenn man sich vor dem Mikrofon ein wenig zur Seite bewegt. Nicht wirklich kompliziert ist auch die Suche nach einem Mikrofon für Akustikgitarre, Trompete, Posaune und anderen akustischen Instrumenten, denn Instrumente dieser Größe können relativ leicht mit ins Geschäft genommen werden. Problematischer gestaltet sich das Ganze dann schon eher bei Schlagzeug oder Klavier – ein dreifach Hoch dem Händler, der dir hilft, deinen Flügel in die Mikrofonkabine zu wuchten. In diesem Fall kann man vielleicht auf den Rat von befreundeten Musikern zurückgreifen, die bereits über entsprechende Mikrofone verfügen. Für einen guten Händler sollte die Beratung im Vordergrund stehen und er sollte auch wissen, was er wem und warum verkauft. Es soll auch Läden geben, bei denen man einen Satz Mikrofone durchaus mal übers Wochenende zum Testen mit nach Hause nehmen kann.
1/2 Der “Standard”, wenn es um Live-Gesang geht: das Shure SM58.
2/2 Wenn es um Vocals im Studio geht, sind Großmembran-Kondensatormikrofone die erste Wahl.
Aber ganz egal, für welchen Einsatz ein Mikrofon gedacht ist, es gibt einige grundsätzliche Faktoren, auf die man auf jeden Fall achten sollte. Ganz vorne steht die Verarbeitungsqualität von Mikrofon und Zubehör. Es nützt nichts, wenn das gute Stück beim ersten Gig dauernd aus der lausigen Halterung rutscht und nach dem zweiten Titel schon aussieht, als hätten es Archäologen aus dem Garten von Freddy Mercury ausgegraben. Soll das Mikrofon zum Beispiel vor einer lauten Schallquelle eingesetzt werden, sollte man sich über dessen so genannten “Grenzschalldruckpegel” erkundigen. Vor einem brüllenden Marshall Stack sollte das Mikrofon schon Pegel von mindestens 130dB(SPL) verkraften können. Ist das Mikrofon eher für die leisere Schiene wie Konzertgitarre gedacht, sollte es über ein gutes Rauschverhalten verfügen: Der Ersatzgeräuschpegel sollte hier möglichst 10-15dB(A) nicht überschreiten. Bei absoluter Stille sollte es also möglichst nichts von sich hören lassen, damit die leisen Gitarren-Signale nicht nachher im Rauschen verschwinden. Und natürlich den Faktor Zeit nicht vergessen: Mikrofone kauft man nicht zwischen Mittagessen und Nachtisch, immerhin soll das gute Stück später gerne benutzt werden und für Laune sorgen. Sorgfalt und Zeit beim Ausprobieren erspart erfahrungsgemäß viel Ärger!
Im Zusammenhang mit Mikrofonen ein paar Worte zum Thema “Kabel”, und dazu vorweg die alte Weisheit, dass Kabel nicht gleich Kabel ist! Es gibt Kabel, die mit einem beneidenswerten Gedächtnis ausgestattet sind: sie sehnen sich ihr ganzes Kabel-Leben danach, wieder so schön aufgerollt zu werden, wie sie das damals im Laden waren. Und stur weigern sie sich, einfach mal für einen Abend gerade liegen zu bleiben. Kabel sollten flexibel und gleichzeitig stabil sein, immerhin müssen sie einiges aushalten. Die Stecker sollen einen soliden Eindruck machen und perfekt mit dem Kabel verbunden sein – Stichwort Zugentlastung und Knickschutz. Auf die Verlötung muss hundertprozentig Verlass sein, damit nicht schon nach zwei Wochen im Inneren des Steckers Anarchie herrscht. Auch klingen nicht alle Kabel gleich – auch wenn das jetzt für manchen merkwürdig klingen mag. Häufig ist ein billiges Kabel schuld am schlechten, dumpfen und matschigen Sound, weil es nicht den kompletten Frequenzbereich verfärbungsfrei überträgt. Wichtig ist bei einem Kabel auch die gute Abschirmung, das äußere “Drahtgeflecht” um die Adern also, damit Störgeräusche von außen keine Chance haben. Manche Billig-Kabel neigen auch zum so genannten “Mikrofonie-Effekt”, ein Effekt, der beim Bewegen des Kabels Greifgeräusche und Rascheln überträgt, auch ohne angeschlossenes Mikrofon. Also lieber ein paar Euros mehr ins Kabel investieren, denn hier stehen die bekannten Markennamen auch für Qualität. Was nützt schließlich das tollste Mikrofon, wenn es über ein schlechtes Kabel klingt wie vom Rummel? Fazit
Mikrofone gehören definitiv zu der Art von Equipment, das man vor dem Kauf in Ruhe ausprobieren sollte. Jedes Mikrofon hat seinen eigenen Klangcharakter, und was dem einen gefällt, ist für den anderen vielleicht nicht akzeptabel – Geschmäcker sind bekanntermaßen verschieden. In den letzten Jahren sind auch preiswerte Mikrofone auf den Markt gekommen, die durchaus respektable Leistungen zeigen. Deshalb sollte man ruhig auch günstige Mikrofone mit vielleicht noch unbekannten Markennamen in seine Wahl einbeziehen – Überraschung nicht ausgeschlossen.
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Peter sagt:
#1 - 31.07.2012 um 22:53 Uhr
toller Bericht! ;)
marc sagt:
#2 - 15.07.2013 um 16:07 Uhr
wirklich cool - danke!