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Behringer Proton Test: Semimodularer Analogsynth

Über zwei Jahre hat es gedauert, von der ersten Vorstellung des Behringer Proton bis zum heutigen Test des Analogsynthesizers. Zwischen der Ankündigung und dem Release hat sich auf dem Synthmarkt einiges getan, aber auch am Proton selbst. Der analoge, paraphone Synthesizer mit Eurorack-Patchpunkten wurde noch einmal funktional erweitert und bietet nun zum Kampfpreis ein breites Arsenal an Funktionen. Schauen wir also, welche davon besonders überzeugen, und wo man dem Teil seinen günstigen Preis womöglich anmerkt.

Behringer Proton Test
(Foto: Guido Metzen)

Behringer Proton: Das Wichtigste in Kürze

  • Paraphoner Analogsynthesizer im Desktopformat
  • 2 Oszillatoren, 2 Multimode-Filter, Wavefolder und 2 VCAs
  • 4 Hüllkurven und 2 LFOs für die Modulation
  • Patchbay mit 40 Inputs und 24 Outputs
  • MIDI-Support und mit Eurorack-Synths kompatibel

Details

Behringer Proton: Erster Eindruck

Wer schon einmal einen Behringer Neutron gesehen oder vielleicht sogar besessen hat, der wird mit dem Proton optisch direkt vertraut sein. Zugegeben, das Panel ist blau statt rot eingefärbt und es gibt ein paar mehr Drehregler. Beide Geräte sind aber gleich groß, trotz des niedrigen Preises ähnlich hochwertig gefertigt und können als 80 TE breite Module in Eurorack-Systeme montiert werden. Auch der vorn platzierte MIDI-Anschluss und die hinten angebrachten Anschlüsse bzw. Buttons (Power, USB, MIDI Thru, Phones, 6,3-mm-Input und -Output) sind identisch. Nur zwei Änderungen fallen sofort auf: Die Patchbay verfügt über eine zusätzliche Input-Spalte – und der Proton ist mit 399 Euro nach aktuellem Stand 110 Euro teurer als der Neutron. Woran das wohl liegen mag?

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19.10.2023
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Behringer Proton: VCOs, Filter, Wavefolder
Die Oszillatorsektion des Behringer Proton ähnelt der des Neutron – doch daneben tummeln sich gleich zwei Filter und der neue Wavefolder. (Foto: Guido Metzen)

Mehr Schwingungsformen und mehr Filter

Schauen wir dazu genauer hin, angefangen bei den Oszillatoren. Wie der Neutron verfügt auch der Proton über zwei analoge VCOs mit fünf überblendbaren Wellenformen. Zur weiteren Timbre-Gestaltung bietet der Synth aber neben den altbekannten Sync- und Paraphonie-Optionen auch noch eine neue Wavefolding-Sektion mit Symmetrie und Fold-Intensität. Damit nähert er sich klanglich an Westcoast-Synths im Buchla-Stil an. Die zweite große Besonderheit ist die dahinter geschaltete Filter-Sektion mit zwei unabhängig oder in Kombination einsetzbare Multimode-Filtern. Sie können als Lowpass-, Highpass- oder Bandpass-Filter wirken – und verfügen über eine selbstoszillierende Resonanz. Wem zwei Oszillatoren mit Wavefoldern also nicht genug sind, der bekommt hier noch weitere Klangquellen.

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Der Behringer Proton ist ein Modulationsmonster

Kontrolliert werden die Filter, wie auch der anschließenden Dual-VCA mithilfe von zwei klassischen ADSR-Hüllkurven. Diese sind jedoch nur ein recht kleiner Bestandteil des umfangreichen Modulationsangebots am Behringer Proton. Insgesamt vier Hüllkurven und zwei LFOs erlauben komplexes Sounddesign. Hervorzuheben sind dabei besonders die flexiblen Einstellungsmöglichkeiten der zwei Attack-Sustain-Release-Envelopes, ebenfalls ein Merkmal von Westcoast-orientierten Synthesizern. Sie können als Decay-Impulse, loopende Multiform-LFOs und mehr dienen. Außerdem erfreulich: Mit einem großen Drehregler und mehr Platz um die Buttons als beim Neutron lädt die LFO-Sektion zu deutlich mehr Experimenten ein als bei vielen anderen Synths. Dedizierte Regler für die Modulationstiefe, ein One-Shot-Mode und pro LFO fünf unterschiedliche Wellenformen machen hier den sprichwörtlichen Unterschied.

Behringer Proton: ADSR und LFOs
Der mittlere Bereich des Behringer Proton ist voll mit spannenden Modulationsoptionen

Ein weiteres Highlight des Behringer Proton ist seine Patchbay

Von Haus aus sind die ADSR-Envelopes und die LFOs intern mit der Filtersektion verbunden, weitere Vorverschaltungen der Modulationsquellen gibt es nicht am Behringer Proton. Darin zeigt sich, dass der Synth wirklich modular ist, deutlich modularer als etwa der Neutron. Anders gesagt: Um die ASR-Hüllkurven und die unterschiedlichen LFOs wirklich zu nutzen und alles aus ihnen zu holen, muss gepatcht werden. Entsprechend vielseitig ist die vergrößerte Patchbay aufgebaut: Nicht nur stehen über sie alle Abschnitte der Klangerzeugung separat bereit, sondern zusätzlich alle Modulationsquellen – die LFOs sogar sowohl uni- wie auch bipolar. Komplettiert wird das funktionale Angebot der Patchbay mit einigen Utilities wie einem 1-zu-2-Multiple und einem CV-Mischer zur Kombination von Steuerspannungen. Einen Nachteil gibt es jedoch: Der Behringer Proton verfügt leider über keine Rauschquelle oder eine Sample-and-Hold-Zufallsoption.

Dafür gibt es über die Patchbay so einige mögliche Audiomodulationen: Über die Oszillatormodulation erzeugt das Teil wilde FM-Sounds, zudem können die VCAs als Weg zur Audiomodulation dienen. Die Pulsbreitenmodulation beider Oszillatoren ist ebenso über die Patchbay erreichbar. Hier sollte man unbedingt mal Crossmodulation ausprobieren. Ringmodulation ist allerdings keine möglich – schade, aber durchaus zu verschmerzen. Denn in der Praxis kann der Behringer Proton genug andere Dinge!

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Praxis

So viel zum technischen Überblick, der schon durchaus die 110 Euro Aufpreis im Vergleich zum Neutron rechtfertigt. Klanglich erreicht der Proton ebenso einen Unterschied – und das nicht nur, weil die neuen Wavefolder- und Filter-Sektionen dem Synth einen vergleichsweise eigenen Soundcharakter verleihen. Erstere vermag natürlich nicht mit ausgefeilten Schaltungen wie dem „Timbre“-Circuit des Buchla Music Easel mithalten, ist aber durchaus fein justierbar und kein reines Verzerrungstool. Ein solches hatte der Behringer Neutron übrigens an Bord – hier musste es zugunsten der erweiterten Modulationsoptionen weichen. Eine gute Wahl, wie ich finde – kann man doch auch mit etwas Patching wilden Overdrive oder Feedbackdröhnen erzielen.

Behringer Proton: Patchbay
Patching ist Pflicht am Behringer Proton: Immerhin bietet der Synth nochmal mehr Anschlüsse als der Neutron. (Foto: Guido Metzen)

Patchen ist am Behringer Proton Musikantenpflicht

Um klanglich das meiste aus dem Synth zu holen, muss man sich auch wirklich auf ebendieses Patching einlassen. Dabei erweist es sich schnell als interessant, dass der Proton nicht nur kein Random-Modul integriert hat, sondern auch keinen Arpeggiator oder Sequenzer. Denn was könnte dann noch die ASR-Hüllkurven triggern oder einen One-Shot-LFO auslösen? Wer kein MIDI-Keyboard an den Behringer Proton angeschlossen hat, muss hier kreativ werden. Zum Beispiel kann ein Pulswellen-LFO dazu dienen. Oder auch der Oszillator – im Eurorack ist eben alles möglich. Und wer diese Besonderheit annimmt, bekommt vom Proton viel mehr als nur 0815-Sounds. Er wird besonders gern aggressiv, kann aber im tiefen Frequenzbereich aufgrund seiner 303-artigen Filterresonanz blubbern oder aber auch hell glitzernd klingen.

Behringer Proton: Kein wirklich „spielbarer“ Synth

Zu der dafür nötigen Herangehensweise gehört allerdings auch, dass man sich vor dem Kauf des Behringer Proton gut überlegen muss, wie man ihn nutzen will. Natürlich kann man das Gerät gut und gern mit einem MIDI-Controller oder einem MIDI-Sequenzer in klassischen Studio- und Live-Umgebungen nutzen. Doch eine Integration in ein modulares Setup erscheint in seinem Fall deutlich sinnvoller. Nicht nur können sowohl Filter als auch Wavefolder über die Patchbay leicht für die Verarbeitung externer Signale genutzt werden; in mittelgroßen Systemen sind auch die genannten Utilities wie ein Multiple oder auch die zwei Abschwächer oft nützlicher als man das vielleicht am Anfang denkt – gerade, um zwischen unterschiedlichen Soundtypen zu variieren, von Bass zu Lead zu einem Effekt für externe Klänge.

Behringer Proton: Rückseite
Nicht nur vorn, auch über die Rückseite lassen sich externe Audiosignale in den Proton einschleifen. (Foto: Guido Metzen)

Zu beachten ist allerdings auch die Tatsache, dass der Proton nicht in allen Situationen flexibel „spielbar“ ist. Die Knöpfe sind ein wenig fummelig, die Patchbay wird mitunter schnell eng und unzugänglich – und eingebaute Performance-Optionen gibt es im Prinzip auch keine. Das macht seinen Einsatz in Kombination mit Eurorack-Controllern wie einem Make Noise 0-Coast oder einem flexiblen Eurorack-Sequenzer wiederum besonders interessant. Im Test hat sich seine paraphone Struktur mit zwei parallel ansteuerbaren Oszillatoren als perfekte Grundlage für Techno-Riffs, aber auch melodische, gegeneinander laufende Arpeggios erwiesen. Die modulare Architektur des Behringer Proton dürfte auch mit Modulen wie dem Intellijel Metropolix oder einem Trigger-Sequenzer wie dem Erica Synths Drum Sequencer auf bis dato ungeahnte Weise zum Leben erweckt werden können So viele Möglichkeiten…

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Behringer Proton: Das sind die Alternativen im Eurorack

Aufgrund seiner speziellen und von Behringer gut durchdachten Positionierung am Markt behauptet der Proton einen eigenen Platz zwischen anderen semimodularen Synthesizern. In der Tabelle unten listen wir daher zum Überblick daher die wichtigsten Feature-Unterschiede zu zwei sehr ähnlichen Geräten auf – dem Behringer Neutron und dem Moog Mother-32. Aber auch andere Einsteiger-Synths mit modularen Fähigkeiten wie das Pittsburgh Modular Taiga oder das cre8audio West Pest sollte man sich vor dem Kauf unbedingt zum Vergleich anschauen.

FeaturesBehringer ProtonBehringer NeutronMoog Mother-32
Anzahl VCOs221
Anzahl Filter211
MIDI-AnschlussJaJaJa
WavefolderJaNeinNein
Anzahl Modulationsquellen642
Integrierter SequenzerNeinNeinJa
Preis399 €289 €689 €
Preis/Leistung4/54.5/54/5
Produkt bei Thomann/Test bei bonedo.dehttps://www.thomann.de/de/behringer_proton.htm?offid=1&affid=84https://www.bonedo.de/artikel/behringer-neutron-test/https://www.bonedo.de/artikel/moog-mother-32-test/
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Fazit

Insgesamt hat mich der Behringer Proton ziemlich überzeugt. Für 399 Euro bekommt man einen Synthesizer, der in seiner Preisklasse kaum direkte Konkurrenz hat. Die Vielzahl an Funktionen, die doppelte Ausstattung mit Oszillatoren, Filtern und Hüllkurven sowie die umfassende Patchbay machen ihn zu einem vielseitigen Instrument für Einsteiger, aber auch erfahrene Synthesizer-Kenner. Obwohl das Design durchaus Geschmacksache ist, überwiegen die inneren Werte: Die Patchbay lädt zu Experimenten ein und ermöglicht es, den Klang bis ins kleinste Detail zu formen. Wer bereit ist, sich auf die umfangreichen Modulationswege, auf Audio- wie auch CV-Ebene, einzulassen, wird mit dem Proton eine Menge Spaß haben und unzählige Stunden mit der Klangforschung verbringen können.

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Profilbild von Marco Eierkuchen

Marco Eierkuchen sagt:

#1 - 01.12.2024 um 19:46 Uhr

0

Klangbeispiele sind für mich eine Katastrophe, dieses FX rumgeblubber kann jede Kiste irgendwie, aber Musik kann man damit eben auch leider nicht machen! Für mich sind die brauchbaren Sounds leider auch die Brot und Butter kram. Die kann die neue Kiste von Behringer sicher locker mithalten und noch mehr. Aber mit den Beispielen hats dieses Mal im Testbericht nicht gereicht. Ich selbst besitze inzwischen ein ausgewachsenes Modular System, und deshalb hatte der blaue auch keine Chance mehr mit in den Kreis der Auserwählten zu kommen. Denn eines ist klar, an der Flexibilität eines richtigen Modular Systems kann der Blaue nicht im geringsten ran. Im gewimmel des Steckfeldes sucht man sich zu Tode bis man das richtige Loch gefunden hat, und das kenne ich schon vom Neutron, der hier auch bei mir steht. Als Klangerzeuger ist er natürlich immer willkommen. Aber ein richtiges Modular ist mir zu unpraktisch.

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