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Celemony Melodyne 5 Studio Test

Die Audiobearbeitungssoftware Celemony Melodyne trägt ab jetzt die Versionsnummer 5. Ein so großes Update, dem gleich eine ganz neue Version gebührt, bringt bei Melodyne nach meiner Erfahrung immer etwas tatsächlich Innovatives für die Musikproduktion auf den Rechner. Was Melodyne im Wesentlichen ist, habe ich in meinem letzten Test ausführlich beschrieben – noch mehr könnt ihr darüber auch in unserem umfassenden Melodyne-Workshop nachlesen.  


Bereits bis zum Wechsel auf die Vorgängerversion Nummer 4 hat sich Melodyne funktional kontinuierlich weiterentwickelt. Die grundlegendste Verbesserung im Workflow brachten aber die DAWs, die jetzt ARA (Audio Random Access) unterstützen: Cubase und Logic. ARA steht für die enge Verzahnung eines Plugins (in diesem Fall Melodyne) mit der DAW. Damit entfällt zum Beispiel das zeitraubende „Vorspielen“ des Spurinhalts für Melodyne, Änderungen im Arrangement werden direkt in Melodyne umgesetzt und alle von Melodyne benötigten Files werden automatisch mit der Songdatei gespeichert.


Melodyne ist ein Plugin für alle gängigen Schnittstellen, kann aber auch stand-alone verwendet werden. Neben der hier getesteten Vollversion Melodyne Studio 5 hat Celemony mit Melodyne 5 Editor, Melodyne 5 Assistant und Melodyne 5 Essential aber noch verschiedene abgespeckte Versionen der Software im Angebot. Im Folgenden werde ich kurz auf die Neuerungen von Version 5 eingehen, um sie euch anschließend an je einem Praxisbeispiel zu zeigen.

Details

Melodyne 5: Sibilantenerkennung für den Algorithmus „Melodisch“

Eine erste vielversprechende Neuerung in Version 5 ist der Algorithmus „Melodisch“, der eine automatische Sibilantenerkennung verspricht. Sibilanten sind die geräuschhaften Anteile des Gesangs, wie etwa Zischlaute („S“, „Sch“, „Z“), kurze, stimmlose Laute („K“ oder „T“) und kurze Atemzüge zwischen den Worten. Weil Sibilanten stimmlos sind, können sie nicht zusammen mit den tonalen Anteilen in der Tonhöhe verändert werden. In den Melodyne-Vorgängerversionen mussten sie deshalb immer akribisch abgetrennt werden, um so zu besonders natürlich klingenden Ergebnissen zu kommen – eine wirklich zermürbende Aufgabe. 

Melodyne erkennt Sibilanten selbständig und markiert sie im betreffenden Blob (Melodynes Begriff für eine dargestellte Note) per Schraffur.
Melodyne erkennt Sibilanten selbständig und markiert sie im betreffenden Blob (Melodynes Begriff für eine dargestellte Note) per Schraffur.

Mit Version 5 ist das nun erheblich verbessert: Melodyne erkennt Sibilanten selbständig und markiert sie im betreffenden Blob (Melodynes Begriff für eine dargestellte Note) per Schraffur. 
Beim Transponieren werden diese Sibilanten zwar auch mit verschoben, doch ist das nur der Lesbarkeit geschuldet, damit ein Wort oder eine Silbe weiterhin als Einheit zu erkennen ist. Eine Transposition der Sibilanten erfolgt nicht. Bei Timing-Veränderungen ist es genauso: Wird zum Beispiel das Wort „meet“ verlängert, klingt es anschließend wie „meeeeeeeeeet“ und nicht wie „mmmmeeeetttt“.
Anders verhält es sich bei Blobs, die ausschließlich aus atonalen Anteilen bestehen, wie beispielsweise Atemzüge: Sie werden verkürzt, wenn die umgebenden Noten enger zusammenrücken. Bei meinen Tests reagierte Melodyne immer automatisch richtig und behandelte die Sibilanten korrekt. Von dieser grandiosen Neuerung um den Algorithmus „Melodisch“ profitieren alle Melodyne-Versionen, sogar die kleinste Ausführung Melodyne essential.       

Rückwärtskompatibilität

Die neue überlegene Sibilantenerkennung wirft natürlich die Frage nach der Kompatibilität mit Melodyne 4 auf. Würde der neue Algorithmus nun automatisch angewendet, würde sich ja auch der Klang älterer Projekte verändern, und das wird sicherlich in der Regel eher nicht gewünscht. Hinzu kommt, dass Melodyne 5 den Tonhöhenschwerpunkt etwas anders berechnet als die Vorgängerversionen – aber dazu später mehr.
Um Probleme mit der neuen Erkennung zu vermeiden, haben sich die Software-Entwickler von Celemony einen guten Weg überlegt: Beim Öffnen alter Dokumente sind die beiden neuen Funktionen noch nicht aktiviert. Wer also alte Projekte öffnet, um nur mal den Mix zu verändern, muss in Melodyne nichts unternehmen: Alles klingt wie vorher. 

Merke: Einmal mit Melodyne 5 gesichert, gibt es kein Zurück.
Merke: Einmal mit Melodyne 5 gesichert, gibt es kein Zurück.

Wer mit Projekten, die noch in Arbeit sind, von den Neuheiten profitieren möchte, kann das tun, denn die Sibilantenbehandlung lässt sich in Gesangsspuren separat einschalten. Anschließend kann das Ergebnis zwar anders klingen, in der Regel fällt es aber besser aus als vorher. Doch jetzt kommt das Aber: In der Variante „essential“ gibt es diese Funktion leider nicht. Wer hier die Sibilantenerkennung verwenden möchte, muss die Erkennung neustarten – dadurch gehen alle Bearbeitungen verloren. Auch die Neuberechnung des Tonhöhenschwerpunkts nach der veränderten Logik ist möglich, sodass der musikalische Inhalt besser repräsentiert wird als vorher.

Neu: Tonhöhenkorrektur per Doppelklick und Tonhöhenmakro

Um zu erproben, wie gut die neue Sibilantenerkennung und der veränderte Tonhöhenschwerpunkt in der Praxis funktionieren, habe ich einige alte Sessions aus der Schublade gezogen und die mit Melodyne 4 bearbeiteten Spuren mit der neuen Version verglichen, und das hat tatsächlich sehr gut funktioniert. Das Tonhöhenmakro und ein Doppelklick auf die Notenblobs führen mit wesentlich größerer Wahrscheinlichkeit zu einem sachgerechten Ergebnis als vorher. Und das heißt: Die Bearbeitung einer Gesangsspur wird sich in vielen Fällen drastisch verkürzen!
Während man bislang für unhörbare Korrekturen Note für Note durchgehen musste, kann man jetzt den umgekehrten Weg wählen: Erst mal alles mit dem Pitch-Makro korrigieren und anschließend nur die Blobs wieder zurücksetzen, bei denen die Korrektur zu schlechteren Ergebnissen geführt hat. Welchen Anteil an diesen verbesserten Ergebnissen die Sibilantenerkennung und welchen die Veränderungen beim Tonhöhenschwerpunkt haben, kann ich nicht mit Gewissheit sagen, aber die Kombination führt zu besseren Ergebnissen – und das ist schließlich das Wichtigste.
Zu meckern gibt es aber trotzdem etwas: Oktavfehler bei der Erkennung gibt es leider noch immer.

Der neu gewichtete Tonhöhenschwerpunkt führt zu abweichenden Ergebnissen: Grau Melodyne 4 und Orange Melodyne 5
Der neu gewichtete Tonhöhenschwerpunkt führt zu abweichenden Ergebnissen: Grau Melodyne 4 und Orange Melodyne 5

Der eingebaute Kompressor: das Levelling-Makro

Die Melodyne-Blobs kann man nicht nur in der Tonhöhe und im Timing verändern, sondern auch in der Lautstärke – ein mächtiges Werkzeug, um ungewollte Dynamikunterschiede zu reduzieren. Mit dem neuen Makro zum Leveln gibt es nun in Version 5 die Möglichkeit, alle ausgewählten Blobs wie in einem MIDI-Editor in der Lautstärke einander anzugleichen. Das Feature schließt damit eine „Makrolücke“, denn für die Tonhöhen- und die Timingkorrektur gibt es schon länger Makros – jetzt also auch für Blob-Lautstärke.   

Mit wenigen Mausklicks lässt sich die Dynamik einer Performance einschränken.
Mit wenigen Mausklicks lässt sich die Dynamik einer Performance einschränken.

Akkorderkennung und Akkordspur

Version 5 bringt auch eine Akkorderkennung und eine Akkordspur mit. Diese beiden, auf den ersten Blick unspektakulär anmutenden, Neuerungen sind aus meiner Sicht neben der Sibilantenerkennung das Highlight dieses Versionssprungs. Der Noten-Editor in Melodyne Stand-alone bzw. das Plugin-Fenster zeigt oben nicht mehr nur die Takte, sondern auch die Tonart und die Akkorde an.
Unterhalb der Tonartspur bietet Melodyne 5 nun auch eine Akkordspur.
Unterhalb der Tonartspur bietet Melodyne 5 nun auch eine Akkordspur.

Für die Tonart ist diese Darstellungsweise in einer eigenen Zeile vor allen Dingen dann relevant, wenn die zu bearbeitende Musik einen Tonartwechsel enthält. Die Anzeige der Akkorde ist generell sehr nützlich, weil sie als musikalische Gedächtnisstütze schon beim Korrigieren einzelner Noten hilft. Sobald man sich mit dem Arrangement von Satzgesang, Bläsergruppen oder anderen mehrstimmigen Klangeinheiten beschäftigt, wird der Sinn dieser Anzeige noch viel deutlicher.

Neuer Algorithmus „Perkussiv tonal“

Um perkussive Instrumente mit tonalem Anteil wie eine 808-Kick sachgerecht abbilden zu können, gibt es in Melodyne jetzt den neuen Algorithmus „Perkussiv tonal“. Die erkannten Schläge werden dabei getrennt und zusätzlich auch in der Tonhöhe einsortiert. So lässt sich zum Beispiel auch eine Tabla zum restlichen musikalischen Material stimmen. Ähnlich wie im Algorithmus Melodisch kann Perkussiv tonal auch Sibilanten erkennen.

Suchfunktion für Tastaturbefehle/Templates

Melodyne lässt sich schon seit vielen Jahren über selbst konfigurierbare Tastaturbefehle steuern. Mit der neuen Suchfunktion kann man sich zum Beispiel anzeigen lassen, welche Tastenkürzel es für die Zoom-Funktionen des Programms/Plug-Ins gibt, wenn man den Begriff Zoom in das Suchfeld eingibt. Das erhöht die Übersichtlichkeit und bringt vielleicht sogar zufälligen „Beifang“, wenn man auf der Suche nach einer bestimmten Kürzel-Funktion eine weitere nützliche findet.
Hinzu kommt, dass Celemony DAW-spezifische Tastaturkürzel-Presets anbietet, die sich die Nutzer von der Celemony-Homepage herunterladen können. So passt sich Melodyne jeder Produktionsumgebung an. 

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Praxis

Vorab

Ich verwende Melodyne seit weit mehr als 15 Jahren im Studioalltag und habe auch mit den mir zum Test zur Verfügung stehenden Beta-Versionen von Melodyne Studio 5 keine Probleme bei der Stabilität und Zuverlässigkeit des Programms gehabt. 
Die meiste Zeit verwende ich Melodyne als Plugin in Pro Tools, aber auch die Stand-alone-Version kam während dieses Tests häufiger zum Einsatz. In beiden Applikationen läuft Melodyne seit Jahren störungsfrei und vollkommen zufriedenstellend.

Melodyne in Logic – Probleme bis Logic 10.4.4

Obwohl ich auch Logic Pro X von Apple im Studio verwende, benutze ich Melodyne mit diesem Programm lieber nicht. Im vergangenen Jahr habe ich nämlich unangenehme Bekanntschaft mit der ARA-Implementation in Logic gemacht. Denn offensichtlich hatte Apple zwischen Logic Pro X 10.4 bis zur ersten Version, die mindestens Mac OS 10.13 voraussetzte (Logic Pro X 10.4.5), noch keine konsistent stabile ARA-Implementation.
Wie ich zu dieser Aussage komme? Weil ich einen Bug entdeckt habe, der recht ärgerlich ist, wenn man Logic-Projekte zwischen mehreren Rechnern mit unterschiedlichen Logic-Versionen hin und her wandern lässt: Wird ein Logic-Projekt mit Melodyne-ARA-Spuren von Logic Pro X 10.4.5 oder neuer an einen Rechner übergeben, der noch mit Mac OS 10.12. und einer Logic-Version vor 10.4.5 arbeitet, sind alle Melodyne-Edits weg. Es gibt keine Fehlermeldung oder ähnliches und es sieht so aus, als wäre alles in Ordnung – die mit Melodyne vorgenommenen Optimierungen sind aber weg.
Da dieser Fehler nicht offensichtlich ist, kann man ihn auch leicht übersehen. Er kann sich aber drastisch auswirken: Wer selbst mit Melodyne arbeitet und vielleicht in einem Song nicht nur die Lead Vocals sondern auch umfangreiche Backing Vocals getuned und optimiert hat, wird wissen, wie viele Stunden Arbeit in so einem Projekt stecken können. Verhindern lässt sich der Datenverlust nur, indem man die Melodyne-Instanzen des Projekts vor der Übergabe an das ältere System über „Bounce in Place“ endgültig macht.

Die ersten Versionen der Logic-ARA-Implementation sind nicht mehr mit denen ab Logic Pro X 10.4.5 kompatibel.
Die ersten Versionen der Logic-ARA-Implementation sind nicht mehr mit denen ab Logic Pro X 10.4.5 kompatibel.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass diese Probleme von Melodyne ausgehen. Es wirkt vielmehr so, als hätte Apple an der ARA-Integration noch ein bisschen üben müssen. Mit den Versionen 10.4.5 oder höher treten diese Probleme nicht mehr auf. Zum neuen Logic 10.5 kann ich noch keine Aussage treffen, da diese Software erst wenige Tage vor der Fertigstellung dieses Testberichts ausgeliefert wurde.

Die neuen Funktionen im täglichen Einsatz  

Ich habe während der einmonatigen Testphase mit verschiedenen Beta-Versionen von Melodyne 5 Studio gearbeitet. Fehler oder Fehlfunktionen, die die neu implementierte oder andere Funktionen betreffen, sind mir nicht aufgefallen. Manches hat in der Praxis nur etwas anders reagiert, als ich es mir vorher vorgestellt habe. Zum Beispiel bei der Sibilantenbalance: Wie oben erwähnt sind die Sibilanten in vielen gesprochenen oder gesungenen Worten keine komplett isolierbaren Elemente, sondern mit den Vokalen über eine Art Crossfade sehr eng verbunden. Das setzt der Bearbeitung natürliche Grenzen: So stößt man ähnlich wie bei einem DeEsser ab einer bestimmten Absenkung der S-Laute an die Grenzen des natürlich wirkenden Klangs.
Im folgenden Klangbeispiel gibt es drei kurze Sprachabschnitte mit reduzierten S-Lauten: Zuerst hört ihr jeweils Melodyne 5 mit reduzierten Sibilanten um ca. -30 Prozent, dann den Pro Tools DeEsser optimiert eingestellt und dann Melodyne 5 mit übertriebenen Einstellungen (ca. -75 Prozent Sibilanten):
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S-Laute

Und auch bei anderen Konsonanten ist es nicht immer einfach, natürlich klingende Ergebnisse zu erzielen, wenn man sie gezielt anhebt oder absenkt. Die Möglichkeiten zum Sounddesign mit dem Sibilantenwerkzeug sind eine nette Zugabe, werden bei mir im Alltag aber vermutlich nur eine untergeordnete Rolle spielen. Am stärksten hilft die Sibilanterkennung, um die Natürlichkeit einer Gesangsstimme beim Tuning und Transposing zu erhalten, da die stimmlosen Konsonanten und Atemgeräusche nicht mitgetuned werden. Besonders in Verbindung mit der veränderten, musikalisch gewichteten Berechnung des Tonhöhenschwerpunkts wird das Tuning in Melodyne 5 so erheblich vereinfacht. Egal, ob man die Blobs per Doppelklick oder über das Tonhöhenmakro „mal eben“ schnell korrigiert, die Ergebnisse klingen mit erheblich weniger Aufwand besser als vorher. Dieses Maß an Arbeitserleichterung ist nicht zu unterschätzen. Dazu ein Beispiel: Während ich für das Tuning der Lead Vocals eines dreieinhalb minütigen Popsongs mit Melodyne 4 mehrere Stunden benötigte, reichen jetzt in der Regel 30 Minuten. Die meiste Zeit der 30 Minuten verwende ich jetzt auf kritische Passagen, bei denen ich mir über das richtige Maß an Tuning Gedanken mache.  
Melodyne ist durch die Sibilantenerkennung und den geänderten Tonhöhenschwerpunkt viel einfacher zu bedienen und führt auch bei weniger geübten Anwendern schnell zum richtigen Ergebnis. Das ist für mich wirklich die größte Verbesserung in Melodyne 5!
Ein weiteres Highlight von Melodyne 5 ist die Akkorderkennung mit Akkordspur in Verbindung mit dem Akkordraster. 

Wenn Akkord als Raster ausgewählt ist, sind jeweils nur die Töne weiß markiert, die zum Akkord gehören.
Wenn Akkord als Raster ausgewählt ist, sind jeweils nur die Töne weiß markiert, die zum Akkord gehören.

Dazu wieder ein praktisches Beispiel: Ich habe eine Akkordfolge aufgenommen und Melodyne hat die Akkorde erkannt. Jetzt füge ich meinem Track einen musikalisch eintaktigen Loop eines anderen Instruments hinzu, den ich über die Länge der Akkordfolge wiedergebe. Der Loop passt an manchen Stellen der Akkordfolge, an vielen aber auch nicht. Wenn ich in Melodyne für das Einrasten der Noten das Akkordraster eingestellt habe, rutschen nach einem Doppelklick auf alle Blobs des Loops die Noten auf solche Töne, die zum aktuellen Akkord passen. So passt sich der Loop dem jeweiligen Akkord an und ist seiner Eintönigkeit beraubt. 
Zunächst hören wir das Klangbeispiel mit unbearbeiteten Gitarren- und Bass-Loops, die nur zum Teil zu den Akkorden des E-Pianos passen. Im zweiten Beispiel wurden beide Instrumente nach der oben genannten Methode mit Melodyne 5 bearbeitet. Im dritten Beispiel wurde das Ganze mit ein paar Loops von akustischen Gitarren verziert.
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unbearbeitetes Klangbeispiel bearbeitet Instrumente + Loops

Das Akkordraster kann aber auch beim Arrangieren mehrstimmiger Klänge wie Chöre oder Bläsersätze eine äußerst hilfreiche Orientierung bieten. Mir gefällt besonders, dass Melodyne 5 mich bei allen Fragen unterstützt, die meine musikalische Umgebung betreffen: Was spielen die anderen Spuren? In welcher Tonart spielen wir? Auf welchem Akkord bewegen wir uns gerade? Auf Grundlage dieser, jetzt immer direkt sichtbaren Parameter habe ich einen besseren Überblick und komme somit schneller zu den richtigen Entscheidungen. Und selbstverständlich kann ich mich auch bewusst anders verhalten und einen akkord- oder gar skalenfremden Ton auf einer Spur verwenden. Melodyne macht mir Vorschläge, ich entscheide aber selbst.
 

Im Bild sehe ich die Akkordspur in Orange, den Bass in Grau und das Timing im 16tel-Raster sowie Tonart und Akkorde in den oberen Zeilen
Im Bild sehe ich die Akkordspur in Orange, den Bass in Grau und das Timing im 16tel-Raster sowie Tonart und Akkorde in den oberen Zeilen

Die Akkorderkennung kann man zum Beispiel auch benutzen, um die tonale Struktur eines Songs von anderen Komponisten schnell zu durchdringen. Ein Leadsheet ist dann schnell erstellt. Das deutlich verbesserte Akkord-Handling ist für mich Highlight Nummer zwei von Melodyne 5!
Die weiteren Neuerungen sind hilfreich und praktisch, werden aber in meinem „Melodyne-Alltag“ eher eine geringere Bedeutung haben: Dazu gehört zum Beispiel das Fade-Werkzeug, mit dem sich Blobs ein- oder ausblenden lassen. Da ich in der Praxis ausschließlich mit der Plugin-Version von Melodyne arbeite, mache ich meine Fades in aller Regel mit der DAW. Ich vergleiche das Tool mit dem Laustärkewerkzeug, das ja schon immer in Melodyne zur Verfügung steht: Ich benutze es selten, möchte aber auch nicht darauf verzichten. So ähnlich geht es mir auch mit dem Levelling-Makro, das ähnlich wie das Pitch- und das Timing-Makro eine Möglichkeit bietet, mit wenigen Mausklicks die Dynamik einer Performance zu beeinflussen.

Mit wenigen Mausklicks lassen sich die Dynamik einer Performance optimieren
Mit wenigen Mausklicks lassen sich die Dynamik einer Performance optimieren

Die leisen Noten können lauter und die lauten leiser geregelt werden. In meinem Alltag habe ich dieses Makro bisher nicht vermisst, weil ich nur gelegentlich einzelne Blobs in der Lautstärke verändere. Für eine schnelle Dynamikbearbeitung mehrerer Chorstimmen oder andere Instrumente kann das Makro ganz hilfreich sein, präziser ist man natürlich mit einer manuellen Bearbeitung einzelner Noten. Die Makros sind für den Modus schnell „mal eben“ perfekt. Durch das Levelling-Makro können jetzt alle drei Dimensionen einer Note schnell beeinflusst werden: Tonhöhe, Timing und Lautstärke/Level. 

Auch der neue Algorithmus „perkussiv tonal“ ist sehr praktisch, wenn man mit Percussionklängen arbeitet, die einen tonalen Anteil haben, wie eine 808-Kick oder zur Tonart gestimmte Toms des Drumsets. Man kann die Klänge anders stimmen und sogar die geräuschhaften Anteile (Sibilanten) getrennt bearbeiten, wenn man diese Funktion einschaltet. Ich persönlich habe diesen Algorithmus bisher nicht vermisst, freue mich aber, dass Melodyne noch mehr Material sachgerecht behandeln kann.
Mir fehlt leider immer noch ein spezieller Gitarrenalgorithmus, der polyphon gespielte Strumming-Patterns artefaktfrei behandelt. Denn wenn ich eine Schwäche in Melodyne benennen soll, dann sind es die leicht verschliffenen Attacks bei solchen Gitarrenspuren. In dichten Playbacks fällt das nicht unbedingt auf, aber ich hätte es trotzdem gerne perfekt. Im folgenden Klangbeispiel hört man in den ersten beiden Takten die unbearbeitete Gitarre mit knackigen Attacks, die beiden folgenden Takte sind Mit Melodyne bearbeitet und klingen verschliffen. 

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Vorher/Nachher – Acoustic Guitar
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Fazit

Celemony Melodyne 5 Studio ist nach vier Jahren das nächste Major-Update und steht ganz im Zeichen von Workflow-Verbesserungen: Durch die automatische Sibilantenerkennung bei monophonem, melodischem Material erhöht sich zwar auch die Klangqualität, zumindest dann, wenn man bei den Vorgängerversionen die Sibilanten nicht akribisch von Hand getrennt hat. Aber der Hauptvorteil liegt in der großen Zeitersparnis: Man erreicht mit dem Pitch-Makro und wenigen Mausklicks so gute Ergebnisse, wie sie vorher nur mit detaillierter, zeitraubender Handarbeit möglich waren. Diese Zeitersparnis ist immens.
Aber auch die Akkorderkennung und -behandlung ist vorbildlich. Bei ARA-DAWs wie Studio One kann die Akkordinformation aus der DAW übernommen werden, aber Melodyne erkennt auch selbst die Akkordstruktur einzelner Spuren oder ganzer Songs – top! Die zahlreichen weiteren Detailverbesserungen tragen ebenfalls dazu bei, dass man als Melodyne-User an diesem Update nicht vorbeikommt.
Die moderaten Update-Kosten und für unterschiedliche Bedürfnisse zugeschnittenen Versionen machen es Bestandskunden leicht: 149 Euro zahlen Benutzer der großen Studioversion (3 oder 4) nach vier Jahren mit kostenlosen Updates – das ist fair und sorgt für eine gute Kundenbindung. Wer Melodyne neu kauft, bekommt für 699 Euro die große Studioversion und für 99 Euro die kleinste Variante Essential, die für die Bearbeitung einzelner Vocal-Spuren schon die neueste Technik mit Sibilantenerkennung mitbringt.

Pro

  • Sibilantenerkennung
  • musikalisch gewichteter Tonhöhenschwerpunkt
  • Workflow-Verbesserungen verringern die Bearbeitungsdauer drastisch
  • Akkorderkennung/Akkordspur

Contra

  • Bearbeitungen mancher Gitarren-Files verschlechtern das Attack
Melodyne5_00_Test

Features

  • Tonhöhen-, Timing- und Level-Bearbeitung
  • Algorithmen für monophones, polyphones und rhythmisches Ausgangsmaterial
  • Stand-alone und als Plug-In
  • Sound Editor
  • Akkord-Erkennung, -Anzeige
  • Sound Editor
  • Multitrack-Darstellung zur Orientierung (Studio Version)
  • ARA/ARA2-Integration mit vielen DAWs
  • Plugin-Formate: VST, AU, AAX, RTAS (für Pro Tools 10 und älter)
  • Mac OS X: Intel Dual Core Prozessor (Quad Core oder besser empfohlen), 4 GB RAM (8 GB oder mehr empfohlen), OS X 10.12
  • Windows: Intel oder AMD Dual Core Prozessor (Quad Core oder besser empfohlen), 4 GB RAM (8 GB oder mehr empfohlen), ab Windows 10, ASIO-kompatible Audio Hardware

Preise

  • Melodyne 5 studio 699 Euro
  • Melodyne 5 editor 399 Euro
  • Melodyne 5 assistant 249 Euro
  • Melodyne 5 essential 99 Euro
  • Upgrade/Update-Preise
  • von Melodyne studio 3/4 auf Melodyne Studio 5 149 Euro
  • von Melodyne editor auf Melodyne editor 5 99 Euro
  • von Melodyne assistant auf Melodyne assistant 5 49 Euro
  • von Melodyne essential auf Melodyne essential 5 kostenlos
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Sibilantenerkennung
  • musikalisch gewichteter Tonhöhenschwerpunkt
  • Workflow-Verbesserungen verringern die Bearbeitungsdauer drastisch
  • Akkorderkennung/Akkordspur
Contra
  • Bearbeitungen mancher Gitarren-Files verschlechtern das Attack
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Celemony Melodyne 5 Studio Test
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Profilbild von Dirk Kessler

Dirk Kessler sagt:

#1 - 23.09.2020 um 18:53 Uhr

0

Einen solchen Test zu machen, ohne jeglichen Querverweis bzw. Vergleich von Workflow, Funktionen und die Qualität der Ergebnisse mit anderen Platzhirschen (wie z.B. Revoice), finde ich sehr strange und wird den Lesern, die vor einer Kaufentscheidung stehen, nicht wirklich zusätzlich helfen.
Man fragt sich, aus welchen Gründen so etwas unterbleibt.

    Profilbild von Felix Klostermann

    Felix Klostermann sagt:

    #1.1 - 24.09.2020 um 17:24 Uhr

    0

    Hallo Dirk Kessler, einen kleinen Vergleich findest du hier: https://www.bonedo.de/artik...sowie noch mehr über Melodyne hier:
    https://www.bonedo.de/artik...LG;
    felix

    Antwort auf #1 von Dirk Kessler

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