D.W. Fearn VT-7 Test

D.W. Fearn hat nicht viele Geräte im Portfolio. Aber die, die er hat, sind dafür legendär! Alles begann mit dem Mikrofonvorverstärker VT-1/VT-2: Seine puristische Grundidee von einer Ampstufe fand selbst in Mastering-Kreisen Anklang. Sicherlich fasste er auch deswegen im VT-5 Equalizer Fuß, den wir erst vor kurzem getestet haben. Im begleitenden YouTube-Video zum Test zeichnete sich schnell ab, dass der zugehörige Kompressor nicht fehlen darf. Darf ich vorstellen: der D.W. Fearn VT-7 Vacuum Tube Compressor Amplifier.

D.W. Fearn VT-7 Test

Quick Facts zum D.W. Fearn VT-7

  • zweikanaliger Röhren-Kompressor in 19-Zoll-Bauweise, 3 HE
  • All-Tube Audiopfad, moderne Sidechain-Circuitry
  • Handbuilt “Made in the USA”

The Dougy Family 

Der VT-7 ist ein zweikanaliger Röhren-Kompressor, der in Dual-Mono- oder Stereo betrieben werden kann. Umgeschalten wird in der Mitte, zwischen den beiden dicken VU-Metern, wo man auch eine HPF-Option vorfindet. Diese aktiviert im Link-Mode ein zusätzliches High-Pass-Filter im Sidechain-Pfad, damit der Compressor weniger auf Bass reagiert bzw. “pumpt”.

Compressor Amplifier

Der handverdrahtete Audiopfad des VT-7 basiert auf klassischer Class-A-Röhrentechnik und kommt zum Symmetrieren mit dicken Übertragern im Ein- und Ausgang. Auftragsgewickelt wurden auch diese mal wieder von Jensen. Ringkerntrafo für das Netzteil, 3 HE Höhe und stolze 13 kg schwer, so tritt der rote Kasten “Made in USA” sicherlich nicht auf leisen Füßen.

Detailansicht, link
Wie bei allen DW-Fearn-Geräten merkt man beim ersten Drehen sofort: Das ist kein Massenprodukt, sondern Handwerk, das auf Langlebigkeit ausgelegt ist.

Der VT-7 nutzt eine Kombination aus 6072A- und 6N1P-Röhren – acht Stück an der Zahl, woraus der Gain bis zu +15 dB pro Kanal schöpft. Keine ICs, keine Kompromisse – wieder nur feinste „Vacuum Tubes“ (VT). Und so hat man von der Eingangs- bis zur Ausgangsstufe auch alles frei bzw. fliegend verdrahtet.

“Dead Bug Soldering” wie der Ami so schön sagt, genau wie bei den Preamps VT-1/2 und dem LC-Equalizer VT-5. Alles ganz klassisch, alles sehr hochwertig sowie auch alles richtig schön teuer – aktuell kostet das Ganze jedenfalls 11.239 Euro. 

Ehre, wem Ehre gebührt


Im Detektor-Weg des VT-7 Kompressors, also dem Sidechain, wird wiederum mit allen Elektrotechnik-Tricks der Neuzeit gearbeitet. Hier findet man deshalb auch reichlich SMD-Technik, die mit einer PWM für die dahinterliegende Bias-Steuerung verantwortlich ist. Kein gänzlich neuer Ansatz: Crane Song hat ihn bereits mit dem STC-8 erfolgreich bestritten, Weiss mit dem DS1-MK3. 

Rückseite Fearn
XLR rein und raus, Strom – das war es!

Die Inspiration dazu hat man sicherlich vom deutschen EMT 156 Stereo PDM „Broadcast Compressor/Limiter“ aus den 1960ern eingeholt. Fearn schmiedete laut eigener Aussage übrigens rund zehn Jahre lang am VT-7, muss also mit seinen ersten Versuchen kurz nach Weiss und Crane Song zu Tüfteln begonnen haben. Ab 2005 gab es dann den ersten VT-7 im Laden, jetzt auch vollständig unter der Regie der Hazelrigg Brothers, aber das nur am Rande. In Deutschland wird der VT-7 aktuell jedenfalls von Akzent-Audio vertrieben und sogar auch vermietet.

Duty Cycle

Wann wird ein Amplifier zum Compressor? Letztlich ist vor allem die Steuerspannung für die „zeitliche“ Komponente der Kompression (bzw. ihrer Regulation) zuständig – ob diese am Ende dem Bias einer Röhrenschaltung oder der Basis einer Transistorschaltung zugeführt wird, ist eigentlich fast egal.  

Geöffnetes Gerät
Klare Sache: Das Netzteil befindet sich in der Mitte, der Ringkern-Trafo darunter (nicht sichtbar). Im vorderen Bereich sehen wir links und rechts jeweils die beiden Boards für den Sidechain. Die fliegende Verkabelung außerhalb der roten Boards stellt den eigentlichen Audiopfad da, gut zu erkennen hinten an den XLR-Buchsen.

Je besser man diese Steuerspannung nun mit Parametern wie Attack und Release aus dem Eingangssignal formen bzw. ableiten kann, desto „besser“ ist das eben. Logisch. Unter „besser“ versteht nur eben jeder etwas anderes. Manch einer mag viele und komplexe Parameter, Stellschrauben hier, Stellschrauben da. Man denke da beispielsweise an den SPL IRON als beispielhafte Antithese zum Fearn VT-7. 

It’s in the Fingers

Die Sidechains besonders unauffällig – sprich musikalisch – zu formen, ist indes gar nicht mal so einfach. Anders formuliert: besser wenige Regler, deren Kombination immer gut funktioniert, statt viele mit homöopathischen Nuancen zur Auswahl zu haben. So zumindest das erklärte Ziel von Douglas W. Fearn: die Technik folgt der Musik, und nicht andersherum.

Dwtail Elektronik
An die “Füße” der Röhren sind Widerstände zur Kalibrierung verlötet.

Konkret nutzt der VT-7 dazu eine Pulsweiten-Modulation, um einen Shunt außerhalb des All-Tube-Audiopfades zu triggern. Bei Dave Hill bzw. Crane Song war es im Titan später sogar ein „besonders flinker“ DSP – mit etwas zu vielen Optionen für meinen Geschmack allerdings. Wie dem auch sei; der unbestreitbare Vorteil dieser Technik: eine extrem schnelle und vor allem unauffällige Regelung. Wie das klingt, klären wir in der Praxis.

Praxis – Bedienung des Fearn VT-7

Ein Gerät wie der VT-7 verzichtet bewusst auf moderne Spielereien. Attack, Release, Threshold und Output-Gain – mehr braucht es nicht; ja, nicht einmal Ratio: härter rein bedeutet zwangsläufig einfach mehr Compression. Genau in dieser Einfachheit liegt aber auch die Stärke.

Die Regler greifen allesamt präzise und die analogen VU-Meter geben über Gain Reduction und Signalpegel ein direktes visuelles Feedback.

Fearn VT-7 im Rack
Optisch macht der Kompressor klar, was Sache ist: rotes Frontpanel, große Potis und die ikonischen, analogen VU-Meter – ein echtes Statement im Rack – oder eben leihweise oben darauf.

Interessant ist, dass der VT-7 auch ohne aktive Gain Reduction eine klangliche Verbesserung bewirken kann – und zwar allein durch die Röhrenstufen und Übertrager. Das macht ihn auch als „Sweetener“ für Mixe oder Einzelspuren interessant. Wir entsinnen uns: die Erfolgsgeschichte begann mit den VT-1 Preamp, der hier in seiner Essence genauso existiert.

Allesamt sind die Regler hier als Poti und großer, sanft drehender Kappe angelegt. Drehschalter wie beim VT-5 gibt es hier keine – vom Separate/Link/HPF-Schalter in der Mitte einmal abgesehen.

So hat man jedenfalls feinste Einstellmöglichkeiten, zumal man im Link-Mode ohnehin nur am linken Kanal herumdreht – mit Ausnahme der Gains, versteht sich. Unerklärlicherweise gibt es den Side-Chain-Low-Cut allerdings nur im Link-Mode. Genauso unerklärlich: Es gibt hier gar keinen Bypass sowie leider auch keinen frontseitigen Stromschalter, nur den einen an der Rückseite. Dougy, was war da los?

Überschaubare Parameter


Die Parameter sind also überschaubar: Zum einen wäre da der THRESHOLD, der die Intensität der Kompression regelt und den man für den Bypass wohl oder übel auf null drehen muss. Tatsächlich war das im Alltag aber kein Problem. Hinzu kommen die Zeitparameter ATTACK und RELEASE sowie die Möglichkeit, den GAIN aufzuholen. Wir entsinnen uns: bis zu 15 dB sind möglich! 

Ferner könnt ihr die Knie-Charakteristik von HARD zu SOFT variieren – wobei hart auch hier relativ ist. Im Gegenteil: das Soft-Knee bringt sogar mehr Charakter. Der VT-7 selbst bleibt in den Extremen eben immer „lieb“ und edel. Und deshalb sollten wir uns spätestens jetzt einmal mit einem Drum-Loop herantasten. In den letzten Beispielen bin ich bereits in die Maximaleinstellungen gegangen, um meine These zu stützen: Hässlich und kaputt, dass kann der VT-7 gar nicht.  

Audio Samples
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Nature Drums – DRY Nature Drums – gentle – HPF = OFF Nature Drums – gentle – HPF = ON slow attack, fast release, 2-3 db GR Reduction – Character SOFT slow attack, fast release,2-3 db GR Reduction – Character HARD fast attack, slow release, soft character – LESS THD fast attack, slow release, soft character – LOW THD max THD, fast/fast – SOFT max THD, fast/fast – HARD

Grundsätzlich bleibt der Audiopfad, wie sich das für hochwertige Tube-Schaltungen gehört, damit äußerst clean. Eine Färbung ist das jetzt nicht direkt, aber dafür umweht alle Audios gleichzeitig Feinheit und Perligkeit, es ist ein Genuss! Um Wandler, Kabel sowie Infrastruktur als Einflussfaktor bei den Audiobeispielen zu entfernen, habe ich auch die Dry-Files entsprechend “aufgenommen”. So großzügige Abweichungen wie bei beispielsweise Manley, wird man zwischen L/R hier sicherlich nicht finden.

Audio Samples
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Bass – DRY Bass – Smooth, NO HPF E-Drums – DRY E-Drums – Gentle, Linked, HPF ON Techno – DRY Techno – PUMP, Linked, NO HPF Techno – PUNCH, Linked, HPF ON

Gerade kantiges, digitales Material erhält hier dennoch noch eine wohltuende, zusätzliche Feinzeichnung. Die Kompression als solche kann man ebenfalls immer genau dosieren und vor allem zeitlich exakt platzieren. Auch die Möglichkeit zur präzisen Knee-Steuerung zeigt sich sehr gefällig und mit vielen Sweetspots. So schafft man Klarheit durch Rhythmik, betont Knack durch langen Attack sowie erzeugt Durchsetzungs mit Soft-Knee. Die Ergebnisse sind elegant, aber auch nicht allzu weitreichend. 

Bässe und Kicks färben an den Übertragern etwas mehr ab und fallen so runder und fetter. Trotzdem bleiben sie saftig und wirken nicht abgelutscht. Insbesondere bei Vocals tut der VT-7 genau das, was ein guter Kompressor tun sollte – flinke Level-Kontrolle, ohne Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Der VT-7 macht das Alles so unauffällig, dass man fast vergisst, dass er überhaupt arbeitet. Die Regelung ist also absolut geschmeidig, niemals aggressiv, und dennoch greift der Kompressor immer genau da ein, wo es nötig ist.

Audio Samples
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Julia – DRY Julia – VT-7 (COMP) Julia – VT-5 (EQ) + VT-7 (COMP) Pastika – DRY Pastika – VT-7 + VT-5

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Mehr Informationen

Das sind die Alternativen

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Test des D.W. Fearn VT-7: Fazit

Der D.W. Fearn VT-7 ist ein absolut hochwertiger Röhrenkompressor, der sich in der High-End-Welt zu Recht etabliert hat. Der VT-7 formt Dynamik flink, ohne dabei Details zu verschlucken oder gar den Mix zu erdrücken. Der Fokus liegt klar auf dezenten musikalischen Regelungen. Seine Fähigkeit, feinste Röhrenwärme mit Transparenz zu verbinden, verleihen ihm dabei einen natürlichen sowie zeitgleich edlen, unaufdringlichen Klang. Signale bekommen so subtilen, feinen Charakter – ohne auch nur jemals den natürlichen Ursprung zu verlieren. Ob im Mixbus, auf Einzelspuren oder beim Mastering: Dieser Kompressor behält die Kontrolle und überzeugt mir einer Klangqualität auf allerhöchstem Niveau. Der Bass bleibt immer satt, die Mitten durchsetzungsfähig und die Höhen, sie glitzern einfach. Kein Wunder, dass man in vielen edlen Racks mittlerweile oft rot sieht. Dass es keinen Bypass gibt – geschenkt. Der fehlende Hauptschalter an der Front nervt indes. 4,5 Sterne.

Features

  • Stereo-Equalizer: Class-A Triodenschaltungen für Eingangs- und Ausgangsverstärkung
  • vom D.W.Fearn VT-1/VT-2 Mikrofonvorverstärkern ausgehend
  • ein- und ausgangsseitig mit Jensen Übertragern symmetriert
  • Low Cut bei 30, 40, 100 und 400 Hz, 0 bis -18 dB shelving in 2 dB Schritten
  • Low Boost bei 20, 40, 80 und 140 Hz, 0 bis 12 dB shelving in 2 dB Schritten
  • Mid Cut bei 200, 300, 400, 500, 600 und 700 Hz, 0 bis -30 dB in 3 dB Schritten
  • High Boost bei 2, 3, 4, 5, 8, 10, 12 und 16 kHz, 0 bis 12 dB in 2 dB Schritten
  • High Bandwidth Q-Faktor mit 0,6/ 0,8/ 1,0/ 1,4 und 1,7
  • High Frequency Cut bei 1,5/ 3,5/ 8 und 20 kHz, 0 bis -14 dB shelving in 2 dB Schritten
  • Gain regelbar von -9 bis +9 dB in 3 dB Schritten
  • Frequenzgang: +/- 0,2 dB 20 Hz bis 20 kHz
  • THD: kleiner 0,2%
  • Noise: kleiner -90 dB
  • Gewicht: 9 kg
  • Maße: 3 HE, 35 cm Tief
  • hergestellt in: USA
  • Webseite: dwfearn.com
  • Preis: € 13637,– (Straßenpreis am 30.10.2024)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • kompromisslose Bauweise
  • hochmoderne PWM-Steuerung im Sidechain
  • 8x Tubes, 6072A/6N1P in Class-A, Jensen Übertrager im I/O
Contra
  • hoher Preis
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D.W. Fearn VT-7 Test
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