D16 Group Phoscyon und Nithonat Test

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Details

Kompatibilität und Verfügbarkeit

Phoscyon gibt es für Windows ab Version 7 als VST-Plug-in und für macOS 10.7 oder neuer im VST- und AU-Format, jeweils in 32 und 64 Bit. Auf der D16 Group Website gibt es eine Demoversion, mit der ihr Drumazon in vollem Umfang ausprobieren könnt.

Allgemeines

Die originale Roland TB-303 wurde 1982 ursprünglich als Begleitinstrument für Musiker auf den Markt gebracht. Für diesen Verwendungszweck ist sie jedoch nicht sonderlich geeignet. Zum einen simuliert ihr Sound eine Bassgitarre nicht wirklich authentisch, zum anderen ist ihre Programmierung weniger musikalisch als umständlich ausgelegt. Ihre Produktion wurde zwei Jahre später wegen niedriger Verkaufszahlen wieder eingestellt und ihr Marktwert fiel drastisch ab. 1985 schnappten sich Producer aus Chicago die silberne Kiste und kombinierten ihre zirpend-blubbernden Bass-Lines mit den synthetischen Drumsounds der Roland TR-606, TR-808 und TR-909: Der Grundstein des Acid House war geboren.

Phoscyon – Mehr Acid!

Optisch ist die Bedienfläche nicht ganz so überschaubar wie die des Originals. Das liegt daran, dass Phoscyon die 303 nicht nur nachbildet, sondern um viele Features erweitert, die in puncto Klang und Groove weitaus umfangreichere Eingriffsmöglichkeiten ins Klanggeschehen zulassen. Bei den Parametern hat man die Acid-Box um einen Slide-Time-Regler erweitert, dessen Funktion einem typischen Glide-Parameter gleichkommt. So lässt sich von 1-1200 Millisekunden sehr präzise definieren, wie lange der Klang benötigt, um von einer Note zur nächsten zu sliden. Ein zusätzlicher Sweep-Time-Regler dient zur Justierung der Einschwingphase der Resonanz. Mittels Link-Button lässt sich die Sweep-Time mit dem Resonanz-Parameter verbinden. 

Phoscyon erlaubt mehr Klanggestaltung als das Original und verfügt über einen umfangreichen Arpeggiator.
Phoscyon erlaubt mehr Klanggestaltung als das Original und verfügt über einen umfangreichen Arpeggiator.

Distortion und EQ an Bord

Was wäre der Acid-Sound ohne Distortion? Erst in gesättigter oder verzerrter Form erhalten die blubbernden Bässe ihre nötige Portion Dreck und die zirpenden Höhen ihren kreischenden Klang. Arbeitet man an der Hardware, setzt man für gewöhnlich Distortion-Effekt-Pedale ein. D16 hat Phoscyon mit einem Distortion-Modul inklusive EQ ausgerüstet. Bei Letzterem handelt es sich jedoch um keinen gewöhnlichen EQ, sondern vielmehr um ein „frequenzbearbeitendes Modul“, dessen Parameter speziell zur Klangbearbeitung der Distortion-Einheit gedacht ist. Näheres dazu im Praxisteil.

Arpeggiator

Im Vergleich zur echten TB-303 wurde Phoscyon mit einem Arpeggiator ausgestattet. Wer glaubt, dass dieser nur über gewöhnliche Up- und Down-Muster verfügt, wird eines Besseren belehrt. Ähnlich wie der „Mode-Select-Regler“ des Originals kann man an der Emulation die gespielten Noten des Arpeggiators auswählen, darunter Cust, Major, Minor, 7th und weitere. Hinzu kommen Oktavenumfang, Geschwindigkeit und Shuffle.

Nithonat – Mehr als nur Volume!

Das Bedienfeld der echten TR-606 lässt leider keine Klanggestaltung zu, sondern nur die Lautstärkeregelung der Instrumente. Bei Nithonat sieht das schon ganz anders aus: Ähnlich der 808 und 909 kommen je nach Instrument Tune, Tone, Decay und Attack-Parameter hinzu. Zudem lässt sich jedes Instrument stumm und solo schalten. Die Drumatix war im Vergleich zu ihren Geschwistern auch nicht sonderlich Connection-freundlich und musste daher mit einem Stereo-Out auskommen. In der Emulation erhält jedes Instrument bei Bedarf seinen eigenen Output, um in der DAW flexibler abmischen zu können.

Anders als die TR-606 hält Nithonat Parameter zur Klangregelung bereit.
Anders als die TR-606 hält Nithonat Parameter zur Klangregelung bereit.

Erweiterte Sequencer 

Alle D16-Emulationen der Roland-Boxen verfügen über erweiterte 16-Step-Sequenzer, was auch bei Nithonat und Phoscyon der Fall ist. Die 606-Emulation bietet statt Group 1 und 2 gleich acht Bänke, in denen sich jeweils zwölf Patterns speichern lassen. Das 303-Remake hält 3x 8 Patterns bereit. So lassen sich bei Bedarf auch ohne den DAW-Sequenzer umfangreiche Arrangements bauen. Beide Emulationen halten überdies eine Random-Funktion bereit, die Zufalls-Patterns in den gewünschten Track einfügt. Ein Shuffle-Parameter bringt globalen Swing in die Patterns. Die Programmierungen müssen allerdings über ein XML-File exportiert und in die DAW eingefügt werden. Auf eine praktische Drag-and-Drop-Funktion muss man bei beiden verzichten.

Praxis

Vertrautes Bedienkonzept

Alte Hasen werden sich trotz der veränderten Bedienoberfläche mit beiden Emulationen sofort zurechtfinden, die Bedienoberfläche weicht nicht sonderlich stark von den analogen Vorbildern ab. Zwar wirken die Interfaces durch die zusätzlichen Parameter auf den ersten Blick etwas unübersichtlicher, dennoch befinden sich die altbekannten Bedienelemente in etwa an den gewohnten Stellen. Die grundsätzlichen Bedienkonzepte wurden also weitestgehend übernommen. Selbst die Sequenzer werden so programmiert, wie man es von der Hardware kennt. Der ergänzende Arpeggiator generiert mittels „Arpeggio-Chords“ aus einer einzelnen Note ganze Akkorde und gibt sie als Arpeggio-Muster wieder, genial! Auch die Noten aus dem Step-Sequenzer können zum Triggern des Arpeggiators genutzt werden. Die zusätzlichen Parameter sind eine Bereicherung der beiden Synths und bieten mehr Spielraum und Ausdrucksmöglichkeit bei der Bedienung. Im folgenden Video erhaltet ihr einen Überblick über die beiden Emulationen.

Mehr Parameter, mehr Klangvariation! 

Wirklich praktisch sind die Tune-Parameter, mit denen sich in Nithonat die Drums passend zum Grundton eines Songs stimmen lassen. Der zusätzliche „Attack“ der Bassdrum und „Snappy“ bei der Snare erlauben es, den Drums mehr Punch zu verleihen. 

Audio Samples
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Kick-Snare Kick-Snare Punch

In Nithonat erlauben die neuen Parameter zudem mehr Ausdruck und Dramaturgie. Im Folgenden hört ihr einen Loop aus dem internen Sequenzer. Zunächst sind alle Parameter auf Ausgangsposition, die in etwa den Klang der 606-Hardware nachempfindet. In den weiteren Klangbeispielen werden Decay und Tune der Toms automatisiert, was dem Loop Dynamik verleiht und ihn interessanter gestaltet. Durch eine Automation weiterer Decay-Parameter entsteht der Eindruck, dass beispielsweise die Hi-Hats offener gespielt werden und die Snare fester angeschlagen wird.

Audio Samples
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03. Drums (Tom Fills) 04. Drums (Toms Fills + Tune-Automation) 05. Drumloop 06. Drumloop (Decay-Automation)

Saubere Distortion

Das Distortion-Modul liefert einen satten Sound, der sich vor Effekt-Pedalen namhafter Hersteller nicht zu verstecken braucht. Ausgestattet mit Preamp und Clip wird die eigentliche Verzerrung justiert, was leichte Sättigung bis totale Verzerrung erlaubt. Die Klangfarbe des Effekts wird mit dem Equalizer geregelt. Gewöhnliche Parameter besitzt dieser allerdings nicht. Vielmehr arbeitet hier unter der Haube ein 3-Band-EQ (LP, HP, BP), der mit Size, Wetness, Brightness und Density justiert wird und sich wahlweise pre oder post Diode-Clipper schalten lässt. Das ermöglicht viel Klanggestaltung, die immer wieder mit neuen Sweetspots überrascht!

Audio Samples
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07. Saw-Wave (ohne Distortion) 08. Pulse-Wave (ohne Distortion) 09. Saw-Wave (Preamp 50% + Clip 50%) 10. Saw-Wave (Preamp 75% + Clip 50%) 11. Pulse-Wave (Preamp 50% + Clip 50%) 12. Pulse-Wave (Preamp 75% + Clip 50%)

Interne Variationen 

Nachgebildet wurden auch die Schwankungen, also minimale Variationen der Klangerzeugung, was man deutlich sehen und auch hören kann. So werden selbst bei Noten gleicher Anschlagsstärke nie exakt gleiche Klänge ausgegeben, was das Innenleben der Hardware nachempfindet.

Fotostrecke: 2 Bilder Variationen im Sound gleicher Noten

Fazit

D16 Groups Emulationen Nithonat und Phoscyon bilden die Hardware realistisch nach und erweitern sie mit nützlichen Features. Das Handling wirkt durch die fotorealistischen Bedienoberflächen von Beginn an vertraut und auch die zusätzlichen Parameter sind intuitiv untergebracht. Beide Roland-Remakes ermöglichen mehr Klanggestaltung, ohne dabei zu stark vom originalen Sound abzuweichen. Der Arpeggiator in der 303-Emulation ist ebenso flexibel wie das Multi-Output-Routing des virtuellen 606-Klons. Natürlich kann die Software in puncto Haptik keine Hardware ersetzen, doch wer wenig bis gar nicht live performen, sondern rein in Studioproduktionen damit fahren möchte, erhält authentische Emulationen mit sinnvollen Extras zu einem fairen Preis. 

Pro
  • vertraute Bedienkonzepte
  • nützliche Erweiterungen
  • Multi-Output bei Nithonat
  • Arpeggiator bei Phoscyon
Contra
  • Step-Sequenzer ohne Drag and Drop
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Features
  • Phoscyon
  • erweiterte Emulation der Roland TB-303
  • Sägezahn- und Rechteck-Wellenform
  • Lowpass-Filter mit 18 dB/Okt.
  • erweiterte Parameter: Slide Time, Sweep Time, Env. Attack, Env. Accent, Step Length
  • Distortion-Modul mit 3-Band-EQ
  • Step-Sequenzer mit Lauflichtprogrammierung und Accent
  • 24 Patterns
  • umfangreicher Arpeggiator mit Mode- und Chord-Funktion
  • Nithonat
  • erweiterte Emulation der Roland TR-606
  • Original-Instrumente inklusive Level
  • erweiterte Parameter je nach Instrument: Tune, Attack, Decay, Tone, Snappy
  • Multi-Output-Routing
  • Step-Sequenzer mit Lauflichtprogrammierung und Accent
  • 96 Patterns
  • Systemvoraussetzungen: Windows 7 oder neuer, macOS 10.7 oder neuer, VST2/AU/AAXnative-fähige DAW, 2,8 GHz CPU, 4 GB RAM, Internetverbindung
Preis
  • Phoscyon: 59 Euro
  • Nithonat: 99 Euro
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • vertraute Bedienkonzepte
  • nützliche Erweiterungen
  • Multi-Output bei Nithonat
  • Arpeggiator bei Phoscyon
Contra
  • Step-Sequenzer ohne Drag and Drop
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D16 Group Phoscyon und Nithonat Test
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