Welches Equipment benötige ich, um meinen Bass am Computer im Homerecording aufzunehmen? Die gute Nachricht: In den eigenen vier Wänden seinen E-Bass in guter Qualität aufzunehmen, war vor 20 bis 25 Jahren noch nahezu undenkbar bzw. unbezahlbar. Heute dagegen kann man mit geringem Budget schon erstaunliche Ergebnisse erreichen ‑ so ändern sich die Zeiten! In diesem Artikel wollen wir klären, welches Equipment man für das eigene Homerecording-Studio benötigt – aber auch, welche grundsätzlichen Wege des Homerecordings für Bassisten es überhaupt gibt.
- Das Audiointerface: Schnittstelle zwischen E-Bass und Computer
- Bass-Homerecording – Software/DAW
- Bass-Homerecording – Latenz
- Bass-Homerecording – Basssound “Inside” oder “Outside the Box”
- Bass-Homerecording – Den Bass direkt ins Audiointerface stöpseln
- Homerecording: Bass-Aufnahmen mit Amp/Preamp
- Homerecording: Bass-Aufnahmen mit D.I.-Box und Mikro
- Spezialfälle: Reamping und Amp Modelling
Das Audiointerface: Schnittstelle zwischen E-Bass und Computer
Das erste, was wir benötigen, ist ein sogenanntes Audiointerface, welches per USB oder Thunderbolt mit dem Rechner verbunden wird. Ist man der in der Regel selbsterklärenden Installationsroutine gefolgt, übernimmt dieser kleine Kasten alles, was mit ein- und ausgehenden Sounds zu tun hat. Man muss also auch seinen Kopfhörer und seine Boxen daran anschließen, sonst hört man nichts.
Das Audiointerface wird auf diese Weise quasi zur Schnittstelle zwischen Computer und den Instrumenten, denn es bietet Eingänge und Vorverstärker für Mikrofone und einen Bass. Dieser wird meist mit “Instrument” oder “HI-Z” bezeichnet und besitzt die richtige Impedanz, um das eingespeiste Signal des E-Basses vernünftig zu verarbeiten.
Ich würde für den Anfang zu einem Interface mit zwei Kanälen raten. Zwar benötigt man für den E-Bass eigentlich nur einen Kanal, aber die Option eines zweiten Signals (Mikro, Musikerkollege etc.) schadet sicherlich nicht. Hier sind ein paar preiswerte Kandidaten, die bereits alles bieten, was man zum Arbeiten benötigt:
- Focusrite Scarlett 2i2 3rd Gen – (Produktseite auf thomann.de)
- Presonus AudioBox iTwo – (Produktseite auf thomann.de)
- Mackie Onyx Artist 1.2 – (Produktseite auf thomann.de)
- M-Audio M-Track Solo – (Produktseite auf thomann.de)
Bass-Homerecording – Software/DAW
Die gute Nachricht: Jedem Audiointerface liegt eine sogenannte DAW (Digital Audio Workstation), also eine Recording-Software, bei. Zumeist handelt es sich um abgespeckte Versionen der großen Namen, wie Pro Tools, Cubase, Studio One, etc. Die Funktionsvielfalt dieser Light-Versionen ist zwar etwas eingeschränkt, reicht aber in der Regel locker aus, um die ersten Gehversuche zu unternehmen.
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In der Software integriert ist in der Regel ein Paket an virtuellen Instrumenten (Drums, Keyboards …) und Effekten, das sollte ebenfalls für den Anfang genügen. Instrumente und Effekte für die Software gibt es darüber hinaus von anderen Anbietern zuhauf am Markt. Diese nennt man “Plugins”, denn sie lassen sich in die DAW einbinden, welche dann als sogenannter “Host” (Wirt) fungiert. Diesen Schritt kann man später aber immer noch gehen!
In der Regel erkennt die DAW das Audiointerface sofort und man muss noch nicht einmal per Hand die Ein- und Ausgänge zuweisen. Leider kann ich aufgrund der Vielzahl der Anbieter keinen Crashkurs zu diesem Thema geben, da dies den Umfang dieses Artikels sprengen würde. Daher gibt es hier nur ein paar grundlegende Fotos zu den wichtigsten Punkten:
Bass-Homerecording – Latenz
Ein sehr wichtiger Faktor ist das Thema Latenz. Damit ist die zeitliche Verzögerung gemeint, die entsteht, wenn das Signal seine “Rundfahrt” vom Eingang durch die Software inklusive Plugins und wieder zurück zum Ausgang (Kopfhörer oder Monitore) macht. Ab einem gewissen Punkt ist diese Verzögerung so groß, dass man unmöglich “in time” zur Musik spielen kann.
Aus diesem Grund laufen die meisten Audiointerfaces von vornherein im “Direct Monitoring”, d.h. das Signal wird zusätzlich direkt an den Ausgang geroutet. Dadurch muss man sich zwar nicht mehr mit Latenz herumschlagen, hört aber leider lediglich das trockene Basssignal und ist auch nicht in der Lage, interne Plugins (Effekte, Amp Simulation, etc.) gleich während des Aufnehme-Vorgangs zu benutzen.
Möchte man dies tun, muss man die sogenannte “Buffer Size” in den Einstellungen des Audiointerface reduzieren. Das verringert die Latenz, verlangt aber auch mehr Rechenleistung vom Computer – das Ergebnis ist also auch von dessen Kapazitäten abhängig!
Bass-Homerecording – Basssound “Inside” oder “Outside the Box”
Eine grundlegende Entscheidung, die man bestenfalls vor der Aufnahme machen sollte, ist, ob man ein möglichst neutrales Signal haben möchte, dass man später im Computer bearbeitet (“In the Box”), oder ob man seinen Sound vorher einstellt bzw. und dann exakt diesen aufnimmt (“Outside the Box”). Natürlich kann man auch diesen noch digital bearbeiten, aber entfernen kann man nichts mehr (Effekte etc.).
Diese Entscheidung hängt natürlich auch von der Qualität des bereits vorhandenen Equipments ab oder beeinflusst die Frage, ob und welches Equipment bzw. welche Software man sich zukünftig noch anschaffen möchte.
Bass-Homerecording – Den Bass direkt ins Audiointerface stöpseln
Das Paradebeispiel für eine Aufnahme “In the Box” ist folgendes: Einfach das Kabel in den dafür vorhergesehenen Eingang stecken (“Instrument” oder “HI-Z”), auf “Aufnahme” klicken, spielen – fertig! Und so hört sich dieses Signal an:
Keine Frage, damit kann man schon durchaus arbeiten und somit wäre das Audiointerface in diesem Fall das einzige benötigte Equipment, welches wir uns anschaffen müssten. Aber gerade passive Bässe, welche man direkt ins Interface stöpselt, können mitunter etwas nüchtern und leblos klingen.
Der Grund: Die Eingänge sind natürlich sehr “allgemein” ausgelegt und können nicht jedes Basssignal gleich optimal verarbeiten. Natürlich lässt sich jetzt dies mit Effekten bearbeiten, aber je besser die Quelle ist, desto besser wird das Ergebnis sein.
Das nächste Tool zur Aufwertung (vor allem für passive Bässe!) kann eine D.I.-Box sein, die man im Idealfall für Live-Gigs bereits in seinem Arsenal hat. Was in D.I. Boxen technisch passiert, lassen wir an dieser Stelle links liegen, denn diese Infos findet ihr in diesem Artikel: Testmarathon DI-Boxen für Bass. Uns interessiert viel mehr, was es für unseren Sound bedeutet!
Zwei Dinge sind dabei besonders wichtig: Unser unsymmetrisches Signal wird in ein symmetrisches gewandelt (eliminiert Einstreuungen) und es findet eine Impedanzwandlung statt, denn das hochohmige Signal unserer Tonabnehmer (das eigentlich für einen Verstärker ausgelegt ist) wird in ein niederohmiges gewandelt. Dieses ist viel besser für den Mikrofoneingang eines Mischpults oder eben eines Audiointerfaces geeignet.
Aus diesem Grund gehen wir auch mit einem Klinkenkabel in die D.I.-Box hinein und mit einem Mikrokabel (XLR-Stecker) wieder heraus. Zudem färbt eine D.I.-Box den Sound kaum, und wir möchten ihn für unsere Zwecke ja auch möglichst clean haben.
Es gibt passive und aktive D.I.-Boxen. Erstere benötigt keinen Strom, die zweitere braucht entweder eine Batterie oder wird per Phantomspeisung (48-Volt-Taste am Audiointerface) vom Mikrofoneingang mit Strom versorgt – ein weiteres Netzteil ist also nicht nötig.
Man kann ganz verallgemeinert die Behauptung aufstellen, dass passive D.I.-Boxen für aktive Bässe ausreichen und passive Bässe eher eine aktive D.I. benötigen. Das hängt aber wiederum auch von der individuellen Bauweise und technischen Werten ab. Mit der aktiven Variante ist man auf jeden Fall auf der sicheren Seite. Und so klingt unser passiver Bass durch eine aktive D.I.-Box:
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- Palmer PAN 02 – (Produktseite auf thomann.de)
- BSS AR-133 Aktive DI-Box – (Produktseite auf thomann.de)
- Radial Engineering Pro 48 – (Produktseite auf thomann.de)
Und hier findet ihr ein paar edlere Kandidaten:
- Telefunken TDA-1 – (Produktseite auf thomann.de)
- Rupert Neve Designs RNDI-S – (Produktseite auf thomann.de)
- Radial Engineering J 48 Stereo – (Produktseite auf thomann.de)
Homerecording: Bass-Aufnahmen mit Amp/Preamp
Hat man keine D.I.-Box zur Hand oder möchte man das Signal nicht ganz so clean haben, kann man zu einem Preamp (Vorverstärker) greifen, der dem Signal bereits ein bisschen Farbe bzw. Charakter verleiht oder vielleicht sogar eine Klangregelung bietet. Die einfachste Variante ist natürlich der eigene Bassamp und dessen D.I.-Ausgang.
Das funktioniert definitiv und wird ein besseres Resultat als die direkte Variante liefern, aber in der Regel wird beim Design von Bassamps kein allzu großer Wert auf den D.I.-Ausgang gelegt. Diesen ähnlich hochwertig zu gestalten wie bei einer dezidierten D.I.-Box würde sich nämlich unweigerlich deutlich im Verkaufspreis niederschlagen – die wenigen am Markt erhältlichen Ausnahmen schlagen denn auch einen entsprechenden Krater ins Bankkonto! Daher: Einfach mal den eigenen Amp ausprobieren, und wenn man mit dem Ergebnis bereits zufrieden ist, muss man sich gar nicht zwangsläufig weiter umschauen!
Die nächste Wahl sind Bass-Preamps, die auch in Hinblick auf Aufnahmen entwickelt wurden. In Studios werden auch sehr häufig Mikrofon-Preamps zum Recorden von Bässen verwendet, diese bieten meistens zusätzlich einen Eingang für Instrumente.
Der Vorteil beider Lösungen ist ein hochwertiges Signal, da diese Geräte hauptsächlich für diesen einen Zweck gebaut wurden! Der Nachteil ist, dass man doch etwas mehr Geld auf den Tisch legen muss als für eine D.I.-Box. Hier seht ihr einen Bass-Preamp und einen Mikrofon-Preamp mit Instrumenteneingang:
So klingt der Bass-Preamp, bei dem ich das Signal bereits etwas mit dem Bassregler angedickt habe:
Hier sind ein paar noch relativ preiswerte Preamps, welche speziell in Hinblick auf Recording designt wurden:
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- Ampeg SCR DI – (Produktseite auf thomann.de)
- Darkglass Alpha Omega Ultra V2 – (Produktseite auf thomann.de)
- Tech 21 Bass Driver DI V2 – (Produktseite auf thomann.de)
- Tech 21 SansAmp RBI – (Produktseite auf thomann.de)
- DSM & Humboldt Simplifier Bass Amp/Cab Sim – (Produktseite auf thomann.de)
- Marleaux Tonwerk Bass Preamp – (Produktseite auf thomann.de)
- Aguilar Tone Hammer – (Produktseite auf thomann.de)
Homerecording: Bass-Aufnahmen mit D.I.-Box und Mikro
Eine D.I.-Box hat noch einen weiteren Vorteil: der sogenannte “Thru”- oder “Link”-Ausgang (siehe obige Fotos). Mit ihm wird das unbearbeitete Signal einfach durchgereicht und man kann es an seinen Amp schicken. Die ermöglicht es mir zum einen, mich während des Recordens nicht nur über Kopfhörer, sondern auch über meinen Amp zu hören, und zum anderen kann ich diesen jetzt noch zusätzlich mit einem Mikrofon abnehmen.
Ich habe dann also zwei Signale, ein cleanes D.I.- und ein maximal gefärbtes Mikrofonsignal (inkl. Equalizereinstellungen des Amps, Effekte, Lautsprecher und Raumanteil). Die beiden kann ich dann ganz nach Geschmack mischen oder einzeln verwenden.
Das Gleiche funktioniert auch mit dem D.I.-Out des Amps und einem Mikrofon. Der Vorteil dabei ist, dass ich den tatsächlichen Sound meines Amps aufnehme, der tatsächlich bewegte Luft und somit Live-Feeling bietet. Der Nachteil ist jedoch, dass dies natürlich aufwendiger und mit mehr Materialeinsatz verbunden ist.
Der Mikrofon-Preamp des Audiointerfaces reicht zwar dazu vollkommen aus, aber ein Mikrofon braucht man natürlich. Ich würde für die heimischen vier Wände zu einem sogenannten dynamischen Mikro raten, denn diese sind aus mehreren Gründen deutlich unempfindlicher für Umgebungsgeräusche. Vermutlich wird niemand einen akustisch optimierten Raum in den eigenen vier Wänden oder der Mietwohnung sein Eigen nennen.
Hier hört ihr die beiden Sounds einzeln und zusammen gemischt:
Hier ist eine kleine Auswahl an preiswerten Mikrofonen, welche sich gut für die Abnahme von Basssignalen eignen:
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- AKG D 112 MKII – (Produktseite auf thomann.de)
- Shure SM57 LC Mikrofon – (Produktseite auf thomann.de)
- Shure Beta 52A Dynamisches Mikrofon – (Produktseite auf thomann.de)
- Audix D6 Spezialmikro für Bass Drum – (Produktseite auf thomann.de)
- SE Electronics V Kick – (Produktseite auf thomann.de)
Spezialfälle: Reamping und Amp Modelling
Zwei Fälle möchte ich der Vollständigkeit halber erwähnen: Manche D.I.-Boxen bieten die Möglichkeit des sogenannten Reampings. Dabei wird eine bereits aufgenommenes Signal wieder über das Audiointerface in die D.I.-Box und von dort zum Verstärker geschickt, um diesen mit einem Mikrofon abzunehmen. Das macht Sinn, wenn man einen sehr charakterstarken Amp (z.B. ein Vollröhrentopteil etc.) möchte, führt aber für den Hausgebrauch doch etwas weit und ist ein eigenes Thema.
Der zweite Fall ist das sogenannte “Amp Modelling”, welches viele Multieffekte oder Preamppedale bieten. Hier wird das klangliche Verhalten eines bestimmten Bassverstärkers und einer Bassbox inklusive Mikrofon nachgebildet, man kann sich also die aufwendige Prozedur des Mikrofonierens sparen.
Ich persönlich sehe aber den Vorteil hier eher im Livebetrieb mit In-Ear-Monitoring. Falls man Amp Modelling verwenden möchte, würde ich für Recording-Zwecke auf entsprechende Software zurückgreifen und dies “In the Box” erledigen. Hier gibt es etliche Anbieter, die diverse bekannte Amps auf Softwarebasis anbieten.
Der Vorteil ist, dass hier die Rechenkapazität des Computers genutzt werden kann, was die Klangqualität gegenüber den meisten Pedalen (zumindest im Moment noch!) deutlich steigert. Aber auch das ist ein Thema für sich und dazu wird es demnächst einen eigenen Workshop geben, bei dem wir verschiedene Soft- und Hardware-Kandidaten unter die Lupe nehmen.
Ich wünsche euch viel Erfolg bei euren Bass-Recordings – bis zum nächsten Mal!
Thomas Meinlschmidt