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Dave Smith Instruments Prophet 12 Module Test

Mit dem Prophet 12 Module bringen Dave Smith Instruments eine Desktop-Version ihres grandiosen digital-analogen Übersynthesizers heraus, die den identischen Sound liefern, aber Geldbörse und Studioplatz schonen soll. Wir fragen uns: Hat der kleine Prophet zu viele Federn gelassen, oder ist er eine gute Wahl für alle, die schon genügend Tastaturen im Studio oder auf der Bühne haben?

Der Dave Smith Instruments Prophet 12 ist jetzt auch ohne Tastatur zu haben
Wie die Tastaturversion absolut empfehlenswert: Dave Smith Instruments Prophet 12 Module


Vor einigen Monaten haben wir das neue Flaggschiff von DSI testen können, den Prophet 12. Seine komplexe, teils digitale, teils analoge Architektur, seine unglaubliche Soundqualität und auch sein edles Gewand machen ihn zu einem ganz Großen unter den aktuellen Synths. Da die Modulvariante des P12 bezüglich der Klangerzeugung mit seinem Tastenbruder identisch ist, solltet Ihr unbedingt auch einen Blick in unseren ersten Test zum Prophet 12 hier auf bonedo.de werfen.

Details

Es ist eine interessante Erfahrung, nach einigen Wochen zum Prophet 12 zurückzukehren in der festen Überzeugung, dass man auf dasselbe Gegenüber trifft, das lediglich seine Tasten und einige Bedienelemente eingebüßt hat. Man vergisst, dass bei heutigen Synths auch die Software eine entscheidende Rolle spielt und dass sich somit auch – bei engagierten Herstellern jedenfalls – die Geräte innerhalb kurzer Zeit ändern und erweitern können. So bekomme ich den Prophet 12 Module mit dem neuesten OS und darf gleich eine höchst erfreuliche Feststellung machen: Vielleicht hat man in San Francisco mitgelesen, denn der einzige Negativpunkt unseres Tests zum Prophet 12 wurde unverzüglich behoben. Die Delays verfügen nun über einen Panregler und wahlweise über ein Lowpass- oder Highpassfilter. Wow! Genau so wünscht man sich das.
Interessiert man sich grundsätzlich für den Prophet 12, stellt sich nun also die Frage, ob für das eigene Setup eher das ausgewachsene Modell mit Tastatur geeignet ist oder das knapp 700 Euro günstigere Modul. Deshalb wollen wir uns in diesem Test darauf fokussieren, welche Unterschiede zwischen den beiden Varianten bestehen und wie sich das Handling des Prophet 12 Module gestaltet.

Fotostrecke: 5 Bilder Der Prophet 12 Module bietet die gleiche Klangerzeugung wie die Keyboardversion

Aufbau

Die gute Nachrichtet lautet: Der Prophet 12 Module liefert exakt denselben Sound wie sein großer Bruder. Freundlicherweise haben DSI hier kein einziges Feature gestrichen, so dass das Modul ebenfalls auf der mächtigen digital-analogen Klangarchitektur basiert, ebenso komplexe Modulationsmöglichkeiten bietet und mit der „Character“-Sektion, dem Distortion, dem Feedback-Effekt und den vier Delay-Lines gleichermaßen viele Effekte zur Verfügung stellt.
Der etwas ungewöhnliche Aufbau der Prophet 12 Klangerzeugung ist den Panels beider Versionen abzulesen, auf dem Modul sogar in einer Art Flussdiagramm. Der Soundstrom beginnt in einer opulenten Sektion mit vier digitalen Oszillatoren und einem Suboszillator, der eine Sinusschwingung eine Oktave unterhalb von Oszillator 1 generiert. Natürlich bieten die Oszillatoren alle klassischen Schwingungsformen. Ein besonderes Feature sind die Wavetables, die – wie von Klassikern der Synthesizergeschichte bekannt – bereits komplexere Klänge erzeugen, die auch, wie im Orgel-Soundbeispiel zu hören, an Soundvorbilder erinnern können. Natürlich hat das Oszillator-Gespann AM und FM und sogar Wave-Reset im Angebot. Als wäre das nicht genug, lassen sich pro Oszillatorslot jeweils zwei Wavetables zusätzlich auswählen, so dass man zwischen der eigentlichen Schwingungsform und diesen per Modulation und statisch morphen kann.
In der folgenden „Character“-Abteilung soll dem Signal der Oszillatoren dann etwas – nun ja – Charakter gegeben werden. Fünf Parameter stehen dafür zur Verfügung: „Girth“ (mehr Bässe und Soundvolumen), „Air“ (mehr Höhen), „Decimate“ (Sample-Rate-Reduktion), „Drive“ (Verzerrung) und „Hack“ (Bittiefen-Reduktion). Mit diesen digitalen Helferlein lässt sich der Sound also von sanft bis brutal verbiegen, bevor er die D/A-Wandler durchläuft und bei den Filtern ankommt.
Zwei analoge Filter stehen sodann bereit. Zum einen ein zwischen 12dB/Okt. und 24dB/Okt. Flankensteilheit umschaltbares, selbstschwingendes Lowpass-Filter mit eigener Envelope und ein 12dB-Highpassfilter, das keine eigene Hüllkurve besitzt. Weiter geht es zum VCA, dem natürlich wieder ein eigener Hüllkurvengenerator zu Diensten ist und der über den Parameter „Pan Spread“ die jeweiligen Stimmen des Sounds im Stereobild verteilen kann. Apropos Stimmen: Seinem Namen gemäß verfügt der Prophet 12 über 12 Stimmen. Ein Display mit 12 LEDs zeigt an, welche der Stimmen getriggert bzw. genutzt werden – kein sonderlich informatives, aber ein optisch schickes Feature.
Nach dem Verstärker geht es in die zuerst mal mysteriös anmutende Feedback-Sektion. Diese verfügt über zwei Parameter, nämlich „Amount“ und „Tuning“. Was passiert hier? Das aus dem VCA kommende Signal wird durch ein zwischen C0 und C4 durchstimmbares Delay geschickt und am Anfang der Kette dem Signal der Oszillatoren beigemischt. Dies kann, je nach Sound, zu größerer Lebendigkeit führen, am Ende der Fahnenstange aber auch in einem unspielbaren Klang enden, der lediglich den Ton des durch „Tuning“ gewählten Feedbacks hervorbringt. So oder so eine geniale Idee.

Fotostrecke: 2 Bilder Nettes Detail: 12 LEDs zeigen die Verwendung der 12 Stimmen an

Anschlüsse

Anschlussmäßig ist der Prophet 12 Module ebenfalls exakt so bestückt wie die Keyboardversion und zwar mit einem Kopfhörerausgang, zwei Stereoausgängen, MIDI In/Out/Thru, zwei Anschlüssen für Pedale, einem Sustainpedal-Eingang sowie einem USB-Anschluss. Es fehlt uns schmerzlich – wie auch beim großen Prophet 12 – der Audioeingang, der die herrlichen Filter, Delays etc. demokratisch auch für externe Signale geöffnet hätte. Schade.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Anschlüsse an der Rückseite entsprechen jenen der Keyboardversion

Bedienfeld

Es lässt sich leicht erahnen, welche umfangreichen Möglichkeiten der Prophet 12 bietet, und auch, dass es gar nicht so leicht ist, dieser Optionen bedientechnisch Herr zu werden. Umso interessanter ist die Frage, welche Kürzungen die Herstellung des kleinen Prophet 12 Module im Vergleich zur Tastaturvariante erfordert hat und was diese für das Handling bedeuten. Wie schon gesagt ist das Modul klanglich absolut identisch. Das heißt: Es fehlen seinem Innenleben keinerlei Features gegenüber dem Großen. Was ihm aber fehlt, außer eben der Tastatur und mithin den Spielhilfen wie Modulationsrad, Slider etc., sind Bedienelemente – und das massiv. Beim „normalen“ Prophet 12 zähle ich 58 Potis, bei der Modulversion bleiben noch ganze 12. Auch ein numerisches Tastenfeld zur Anwahl der Programme, Bank-Select-Taster, Up- und Down-Taster für Werte oder die Transpose-Taster sucht man vergeblich. Damit konzentriert sich ein Großteil der Arbeit auf das – allerdings hervorragende – Display mit seinen vier Wahlschaltern und Potis. Hier müssen die allermeisten Werte eingestellt werden, nachdem man über einen Schalter die gewünschte Sektion aktiviert hat. Lediglich den Filtern wurden je zwei Potis für Frequenz und Resonanz gegönnt, und Distortion und Gesamtlautstärke dürfen auch „erdreht“ werden. Dies stellt an die Bedienbarkeit eines so kleinen Desktopgerätes hohe Anforderungen.
Eine willkommene Hilfe ist hier der Software-Editor des Drittanbieters Soundtower (www.soundtower.com), den wir uns später noch genauer ansehen werden. Zwar muss man dafür 50 Dollar auf den Tisch legen, aber dieser Betrag ist für eine durchdachte Software sicher angemessen, und bei einem so komplexen Gerät wie dem Prophet 12 lohnt sich die Anschaffung sowohl für die Tasten- als auch die Modulversion. Beim Modul kompensiert die Software zudem ein wenig das Fehlen der Bedienelemente, so dass sich der Editor hier doppelt bezahlt macht.

Fotostrecke: 5 Bilder Gegenüber der Tastaturvariante wirkt das Bedienfeld geradezu kümmerlich

Neue Funktionen

Zum Abschluss der Feature-Übersicht noch ein Wort zum Thema Updates. DSI haben mit der OS-Version 1.1 nicht nur dem Delay wichtige neue Features beigebracht, auch die anderen Verbesserungen können sich sehen lassen. So verfügt der Arpeggiator nun über „Lock Notes“. Hierbei lassen sich wie bei einem Step-Sequencer Arpeggios aus bis zu 32 Noten (oder Pausen) bauen, sogar mit unterschiedlichen Velocity-Werten. Sobald man dies getan hat, kann das Arpeggio über einfaches Drücken eines anderen Grundtons transponiert werden. Dies wertet den Arpeggiator nach meinem Dafürhalten noch mal extrem auf. Weiterhin lässt sich der P12 nun im Multimode betreiben, so dass Layer A und B auf unterschiedlichen MIDI-Kanälen multitimbral gespielt werden können. Zudem lässt sich ab sofort auch der „Slop“-Parameter modulieren, der die Stimmstabilität der Oszillatoren von ultrapräzise bis, naja, sloppy einstellt. Zuletzt – abgefahren – kann das Audiosignal eines Sounds nun auch als Modulationsquelle verwendet werden, was wiederum ein Arsenal an Möglichkeiten eröffnet.
Ich denke, diese Form der Produkt- und somit Kundenpflege sollte man DSI sehr hoch anrechnen. Denn das recht zeitnahe OS-Update belässt es nicht bei kleinen kosmetischen Korrekturen, sondern bietet spannende neue Features und reagiert ganz offenbar konstruktiv auf Kritik. Vorbildlich!

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Praxis

Sound

Für den Sound des Prophet 12 Module gilt prinzipiell dasselbe wie für die Tastaturvariante: Er ist wirklich hervorragend. Nicht nur erzeugt diese Architektur mit dem besten beider Welten einen druckvollen, frischen Sound mit jeder Menge Analogfeeling. Auch ist die schiere Flexibilität des Instruments überwältigend. Der P12 lotet seine Ecke des Soundkosmos’ vom schlichten Sinus-Lead bis in die ersten, zarten Gefilde „realer“ Sounds sehr umfassend aus. Man kann es auch so sagen: Es gibt eben Synths, die machen irgendwie alles richtig und doch lassen sie das Herz nicht höher schlagen. Der Prophet 12 aber ist jederzeit extrem inspirierend, man skipt sich von Sound zu Sound und hat an fast allem seine helle Freude.
Allerdings trat bei den beiden von uns getesteten Exemplaren ein Defekt auf, der für ein deutlich wahrnehmbares Störgeräusch bei ca. 11kHz sorgte, wie auch in den Audiobeispielen zu hören ist. Bei dumpferen Sounds mit geschlossenem Filter ist es stärker zu hören als bei hellen Klängen, wo das Störgeräusch vom eigentlichen Sound verdeckt wird. Dass wir diesen Fehler bei zwei Geräten feststellen mussten, lässt natürlich befürchten, dass noch mehr Exemplare davon betroffen sind. Auf Nachfrage versicherte uns Dave Smith Instruments, dass es sich um einen durch einen Austausch des Boards leicht zu behebenden Defekt handele und nicht etwa um einen Design-Fehler. Trotzdem ist das natürlich nicht schön, insbesondere bei einem Instrument vom Kaliber eines Prophet 12.

Audio Samples
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Complex Bass Cutoff Ride Damped Delays Growing Spread Osc Arp Fun Church

Bedienung

Bei der Bedienung der Tastenversion habe ich mich seinerzeit erst etwas zurechtfinden müssen – was bei einem so vielseitigen Instrument vielleicht unvermeidlich ist. Der Prophet 12 Module ist in dieser Hinsicht naturgemäß keine Verbesserung. Offen gestanden hatte ich mich nach den ersten 30 Minuten mit ihm schon auf den Begriff „Presetplayer“ mit mir selber geeinigt. Aber einige weitere Stunden haben gezeigt, dass diese Einschätzung etwas unfair wäre. Gut, für Menschen, die den direkten Zugriff auf alle wichtigen Parameter lieben und brauchen, ist dieser Synth vermutlich nicht geeignet. Dazu sind ihm einfach zu viele Drehregler abhanden gekommen und man muss deutlich zu viel am Display arbeiten. Auf der anderen Seite muss man aber sagen, dass DSI wohl das Maximum an Handhabbarkeit aus dieser kleinen Oberfläche herausgeholt haben und dass das Geschraube nach einiger Einarbeitungszeit durchaus gut von der Hand geht. Dazu trägt sicherlich das sehr brauchbare Display bei. Aber auch die Tatsache, dass man hier und da zu sehr cleveren Lösungen gekommen ist. So war mir beispielsweise beim Test der Tastenversion gar nicht so bewusst, dass man an mehreren Stellen Elemente gleichzeitig bearbeiten kann, wenn man einen der Buttons etwas länger gedrückt hält. Tut man dies beispielsweise bei den Oszillatoren, so erscheinen im Display nicht mehr diverse Parameter eines Oszillators, sondern jeweils ein Parameter für alle vier Oszillatoren nebeneinander. Gleiches gilt für die LFOs und die Delay-Lines. Dies hilft nicht nur dabei, sich schnell einen Überblick zu verschaffen – um beispielsweise zu sehen, welche Oszillatoren oder Delays überhaupt aktiv sind –, sondern schafft eine sehr handliche und dem Programmierprozess gemäße Möglichkeit der Bearbeitung.
Somit ist das Handling des Prophet 12 Module weitgehend als sehr gelungen zu bezeichnen. Nur an wenigen Stellen sind die Damen und Herren aus San Francisco mehr bei den technischen Vorgaben als bei der musikalischen Logik. Dies gilt für die einigermaßen unsinnige „Playlists“-Funktion und auch für das kleine Detail der Pan-Einstellung bei den Delays, die eben nicht über eine Mittelstellung mit Wert 0 nach links in die negativen und nach rechts in die positiven Werte geht (wie man es von virtuellen Mischern kennt), sondern stumpf von 0 bis 127, wobei 0 auch noch auf sechs Uhr beheimatet ist und 127 auf 5:30 Uhr. Eine unschöne, unsymmetrische, unplausible Umsetzung also, aber natürlich nur ein kleiner Schönheitsfehler.

Die Bedienung läuft größtenteils über das Display
Die Bedienung läuft größtenteils über das Display

Soundtower Editor

Beim Thema Handling wollen wir auch den bereits erwähnten Editor nicht vergessen. Er bietet die Möglichkeit, den Prophet 12 vom Rechner aus zu steuern. Lässt man ihn einfach neben der DAW laufen, so fühlt sich das fast wie ein Plug-in an. Diese Option wird Analogenthusiasten der Hands-On-Fraktion wohl nicht trösten, dürfte aber für alle Leute spannend sein, die ansonsten eher mit virtuellen Synths arbeiten. So bekommen sie, verknappt gesagt, das Handling eines Plug-ins mit dem Sound eines echten (teil-)analogen Synths!
Die Software hat ganz offenbar den Anspruch, ein Komplettpaket zu liefern, denn mit ihr lassen sich nicht nur Sounds in Echtzeit verändern. Sie fungiert auch als Bibliothekar, mit dem sich Soundbänke auf dem Gerät speichern und von ihm herunterladen, organisieren und archivieren lassen. Damit nicht genug, versteht sich der Editor ebenfalls als Kreativwerkzeug, das diverse Möglichkeiten bietet, automatisiert neue Sounds zu schaffen.
Die Installation des Editors verläuft ohne Probleme, und sobald die MIDI-Einstellungen vorgenommen und zwei MIDI-Strippen gezogen sind, verbindet sich das Programm umgehend mit dem Prophet, so dass alle Parameter angezeigt und in Echtzeit manipuliert werden können. Die Oberfläche ist der des Gerätes nachempfunden und sieht weitgehend sehr ansprechend aus. Lediglich bei Masken, wo es um Programmlisten und Lade- bzw. Speichervorgänge geht – wie beim „Librarian“ –, fühlt man sich in der Mac-Version optisch an die Zeit erinnert, als OS X das Laufen lernte. Dennoch muss man zugeben, dass dieser Editor im Vergleich seiner Zunft bei weitem nicht im schlechtesten Gewande daherkommt.

Fotostrecke: 4 Bilder Der Soundtower-Editor erleichtert die Programmierung

Ein riesiger Vorteil der Software gegenüber den Geräten selbst (in Bezug auf das Modul noch mehr als bei der Tastenversion) ist naturgemäß die Übersichtlichkeit. Man hat stets alle verwandten Elemente gleichzeitig im Blick, z. B. alle vier Oszillatoren mit ihren Parametern plus Suboszillator, und dies auch immer simultan für Layer A und B. Gerade Letzteres macht es möglich, einen Sound schnell zu überblicken, was bei keiner Hardwarevariante des P12 wirklich überzeugend gelingt. Allein dieses Feature sollte einem ernsthaften Soundtüftler den Preis des Editors wert sein.
Im Detail haben sich die Macher Mühe gegeben, allen möglichen Editierkomfort umzusetzen. So lässt sich beispielsweise das Verhalten der allgegenwärtigen Drehregler ganz nach eigenem Belieben einstellen (ob zirkular, linear, mit Mousewheel hoch oder runter), und sogar ein virtuelles Keyboard zum Anspielen der Sounds ist an Bord. Ärgerlich ist indes das Fehlen einer Bedienungsanleitung. Der freundliche und schnelle Support verweist hier auf die des artverwandten Editors für den Prophet 08, was nur zum Teil tröstet. Wahrscheinlich ist die Bedienungsanleitung ein Opfer einer kurzen Entwicklungszeit, der man vermutlich auch einen größeren Bug anlasten muss: Alle Envelopes sind hübscherweise auch grafisch dargestellt und lassen sich an Haltepunkten mit der Maus bearbeiten. Allerdings wirken sich diese Veränderungen in der aktuellen Version nicht auf den Sound aus. Hierzu muss man zu den Drehreglern greifen.
Die Features des Editors, soweit sie sich mir ohne Bedienungsanleitung erschlossen haben, befassen sich im Groben mit den Bereichen Soundmanagement und Soundmanipulation. Alle gespeicherten Sounds lassen sich in Listen anzeigen und auswählen. Klickt man ein Programm an, lässt es sich sofort spielen und bearbeiten. Ein mittlerweile allgegenwärtiges Feature (zumindest bei Software) sind Soundkategorien. Auch im Prophet 12 Editor lassen sich Sounds mit Hilfe von Einordnungen wie „Strings“ oder „Sequence“ anwählen, was bei der Fülle der Speicherplätze sehr hilfreich ist. Oder, muss man sagen, sein könnte, denn leider hat DSI hier geschlampt und geschätzten 80% der Sounds keine Kategorien zugewiesen. So läuft dieses schöne Feature leider bisher ins Leere. Natürlich lassen sich auch die – ja dummerweise wenig zweckdienlichen – Playlists bearbeiten, und der „Librarian“ bietet die üblichen Möglichkeiten, Sounds zu kopieren und auf andere Programmplätze zu schreiben, ganze Bänke zu laden, auf den P12 zu schreiben oder sie zu archivieren etc. Ein einfaches Verschieben der Sounds innerhalb der Bank durch Drag’n’Drop ist mir allerdings nicht gelungen – ein Ergebnis, das jedoch zu der etwas altertümlich anmutenden Maske passt.

Fotostrecke: 3 Bilder Leider sind nur wenige der Werkspresets mit Kategorien versehen

Im Bereich der Soundmanipulation gibt es zunächst wenig Überraschungen. Es lassen sich alle Parameter des Sounds einstellen, wobei diese sinnvoll auf Reitern wie „Oscillators“ oder „Feedback/Delay“ zusammengefasst sind. Schön: Diese Reiter lassen sich – für die Zackigen unter uns – auch per Keyboardshortcut ansteuern. Nicht so schön: Die tollen neuen Features bei den Delays – Pan und Filter – sind im Software-Editor noch nicht implementiert. Hier muss in der nächsten Version schnell nachgebessert werden. Wiederum hübsch: Beim Arpeggiator gibt es die Möglichkeit, ein Pattern mit 32 Schritten per Maus einzuzeichnen. Leider wird die Verarbeitung dieser Daten vom aktuellen OS des Prophet nicht unterstützt. Da müssen wir auf ein Update hoffen.
Sehr gefallen hat mir, dass der Editor sich nicht nur mit der Verwaltung des Bestehenden begnügt, sondern auch einige Features anbietet, die beim Soundediting einen echten Mehrwert schaffen. Diese verbergen sich im Menü „Sound Generators“. Dabei handelt es sich zum einen um den „Morpher“, der prozentual skalierbar zwischen zwei wählbaren Sounds morpht. Er liefert audiomäßig spannende, meist brauchbare Ergebnisse und beglückt uns zudem mit einer visuellen Darstellung dieser Ergebnisse, deren Informationsgehalt sich allerdings nur Vulkaniern erschließen dürfte. Der zweite der Generatoren wurde humorvoll „Program Genetics“ betitelt. Dabei wählt man wiederum zwei Sounds aus, die aber hier als „Mommy“ und „Daddy“ fungieren. Beide lassen sich nun mixen, es lässt sich (komischerweise erneut) zwischen ihnen morphen, sie dürfen mutieren oder es lassen sich (auf Basis ihrer Gene) Zufallsprodukte erzeugen. Hierbei kann man beliebig viele Parameter von der Vermählung ausschließen, so dass man sehr gezielt nur Teilaspekte des Sounds beeinflusst. Was jeweils der genaue Unterschied zwischen den vier Prozessen sein soll, lässt sich schwer sagen. Jedenfalls entsteht stets eine Liste von 91 „Kindern“ (interessante Zahl), durch die man sich dann klicken kann. Die Programmierer hatten hierbei die fragwürdige Idee, zur Namensgebung der Kinder eine entsprechend verrührte Buchstabensuppe der elterlichen Namen zu generieren, was den unwohligen Eindruck hinterlässt, etwas sei ganz grandios schief gegangen bei der Kreuzung. Der Nachwuchs reicht, wie zu erwarten, von der kleinen Prinzessin bis zum boxenfressenden Mutanten. Dennoch: Die „Sound Generators“ sind eine extrem willkommene Hilfe!

Audio Samples
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Morph Sound 1 / Sound 2 Some Children

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Editor zwar noch nicht ganz ausgereift ist, alles in allem aber einen guten Job macht, sich gut bedienen lässt und damit zu einer wertvollen Ergänzung des Prophet 12 wird, ganz besonders für die an Bedienelementen deutlich ärmere Modul-Version.

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Fazit

Der Dave Smith Instruments Prophet 12 Module hat mich überzeugt. Er verfügt über den tollen Sound der Tastenversion, der mit großer Vielschichtigkeit und analoger Durchsetzungskraft begeistert. Dabei hinterlässt das Modul gegenüber dem Großen einen deutlich schlankeren Fußabdruck, sowohl platz- als auch geldmäßig, und bietet sich für Projektstudios oder Live-Keyboarder mit ausreichend Tastaturen als echte Alternative an. Über das edle Erscheinungsbild, die hervorragende Fertigungsqualität und das durchdachte Handling lässt sich, so meine ich, nicht streiten. Sicherlich, für Schrauber, denen der direkte Zugriff über echte Regler extrem wichtig ist, dürfte das Modul mit seinen doch sehr reduzierten Bedienelementen nichts sein. Aber alle anderen werden es schätzen, einen solchen Sound in einem so schnittigen Gehäuse bekommen zu können. Eine kleine Träne muss man über das Fehlen eines Audioeingangs vergießen. Auch der Defekt, der bei zwei Testgeräten zu einem Störgeräusch führte, trübt etwas den Gesamteindruck, auch wenn er laut Hersteller problemlos zu beheben sein soll. Tröstlich ist dafür, dass DSI offenbar sehr bemüht sind, beide Prophet 12 Varianten über die Software weiter zu verbessern. Empfehlenswert!

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • guter Sound
  • große Soundflexibiltät mit vielen Modulationsmöglichkeiten
  • schönes Design, hochwertige Fertigung
  • günstiger Preis im Vergleich zur Tastenvariante
  • gemessen an reduzierter Oberfläche sehr gutes Handling
  • substantielle Verbesserungen durch OS-Updates
Contra
  • kein Audioeingang
  • deutlich weniger Bedienelemente als Tastaturversion
  • bei zwei Testgeräten verursachte ein Defekt ein Störgeräusch
Artikelbild
Dave Smith Instruments Prophet 12 Module Test
Für 1.849,00€ bei
Wie die Tastaturversion absolut empfehlenswert: Dave Smith Instruments Prophet 12 Module
Wie die Tastaturversion absolut empfehlenswert: Dave Smith Instruments Prophet 12 Module
Kommentieren
Profilbild von Bert

Bert sagt:

#1 - 26.03.2015 um 22:18 Uhr

0

Wer einmal einen Soundtower Editor empfielt, dem glaubt man nie wieder

    Profilbild von Christian Roethlisberger

    Christian Roethlisberger sagt:

    #1.1 - 21.10.2015 um 12:34 Uhr

    0

    Wieso? Was ist denn so schlecht an den Editoren? Ich kenne keinen, die sehen aber ganz passabel aus.

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