dbx 286S Test

dbx_286S_Test_13

Der dbx 286S Mic-Pre und -Processor ist ein Channelstrip mit vielversprechenden Eingriffsmöglichkeiten in der Signalbearbeitung. Anders als bei “herkömmlichen” Channelstrips verfügt der dbx 286S neben Mikrofonvorverstärker und einem Kompressor auch über einen De-Esser, einen Enhancer und ein Noise Gate.
dbx, 1971 in Utah gegründet, ist bei weitem kein Underdog in der Pro Audio Welt. Vor allem der in den späten 70ern erschienene dbx 160 VCA-Kompressor ist bis heute ein Studioklassiker. Gründer David Blackmer gilt als Pioneer des Voltage Controlled Amplifier. Ein VCA ist ein elektronischer Verstärker, der seinen Verstärkungsfaktor durch eine Spannung steuert. VCA-Kompressoren sind heute gängig in jedem professionellen Studio und mit der Zeit haben viele namenhafte Hersteller diese Technologie in ihr Repertoire aufgenommen (z.B. SSL oder API).

Details

Der dbx 286S bietet Inputs für Mikrofone und Line-Signale

Der Signalpfad des dbx 286S beginnt mit einem Eingangsmodul, bei welchem man zwischen Mic- und Line-Eingang unterscheiden kann. Für eine Mikrofonanwendung gibt es einen XLR-Eingang und für Line-Signale gibt es einen Klinkeneingang. Der Mikrofonvorverstärker kann das Signal um bis zu 60 dB verstärken und selbstverständlich sowohl dynamische als auch Kondensatormikrofone mit benötigter 48V Phantomspannung verarbeiten. Bei einem Linesignal wird aus dem Gain-Regler ein Trim-Regler, welcher das Line-Signal bis zu 15 dB absenken und bis 45 dB anheben kann. Einen Instrumenteneingang („D.I.“) gibt es nicht.

Die Eingangssektion ist gut ausgestattet, doch eine Sache gibt es nicht: einen DI-Input.
Die Eingangssektion ist gut ausgestattet, doch eine Sache gibt es nicht: einen DI-Input.

Audio-Kompressor mit zwei Reglern und fester Ratio

Als nächstes folgt in der Kette der Kompressor. Der Kompressor hat nur zwei Einstellmöglichkeiten, “Drive” und “Density”. Die relevanten Kompressor-Parameter sind voreingestellt, verändern sich aber je nach Pegel bzw. Drive des zu bearbeitenden Signal. Die Ratio ist immer 4:1. Die Einschwingzeit, also Attack variiert von 10 ms bis zu 1 s. 

Dynamiksektion des dbx 286S
Dynamiksektion des dbx 286S

De-Esser mit an Bord des Channelstrips

Beim De-Esser handelt es sich um einen Breitband-De-Esser. Mit dem Frequency-Regler stellt man den High-Pass des De-Essers ein. Dieser reicht von 800 Hz bis zu 10 kHz. Der De-Esser arbeitet mit 1 ms/dB und die Menge an De-Essing kann bei Threshold-Regler beeinflusst werden. 

Fotostrecke: 2 Bilder Zum Kompressor gesellen sich noch De-Esser, Enhancer und ein Gate!

Enhancer ist nicht einfach ein EQ

Der „Enhancer“ dbx 286S kann die tiefen und hohen Frequenzen unabhängig voneinander bearbeiten. Der LF-Enhancer arbeitet mit einem Bell-EQ mit einer Anhebung bei 80 Hz und einer gleichzeitigen Absenkung bei 250 Hz. Dadurch kann das Signal im Bass angehoben werden, ohne zu verschwimmen oder dröhnig zu werden. Beim HF-Enhancer handelt es sich um eine komplexe Regelung: Hier wird ein bearbeitetes Signal abhänig vom Eingangssignal zugeführt. Das Grundsystem nennt man „Dynamic EQ“, es ist üblicherweise sehr exquisiten Geräten vorbehalten. Im dbx 286S wird nicht nur die Amplitude geregelt, sondern auch die Einsatzfrequenz. Komplexe Dinge unter der Haube, aber nur ein Regler.

Weitere Dynamikbearbeitung des dbx 286S

Der Expander und das Gate haben einen Threshold von “OFF” bis 15dBu und eine Ratio von “Min”=1,5:1 und 10:1. Attack-Time sind hier voreingestellte 2ms und Release-Time 10ms. 

Insert und Bypass

Zusätzlich hat der dbx 286S einen Insert-Anschluss, welcher in der Signalkette zwischen Mic-Preamp und Kompressor sitzt. Die komplette Processing-Sektion lässt sich bei Bypass “ausklinken”. Wenn man einzelne Bearbeitungsschritte auslassen möchte, muss man sich behelfen, indem man die Regler so stellt, dass die gewünschten Prozessoren nicht arbeiten. Am Ende der Signalkette gibt es einen Output Regler, welcher bis zu 30 dB absenken und 10 dB anheben kann. 

Fotostrecke: 6 Bilder Rückseite des Channel-Strips

Praxis

Verarbeitung ist gut

Der dbx 286S ist, wie von dbx zu erwarten war, gut verarbeitet. Die Haptik der Potis und Tasten gibt einem ebenfalls ein gutes Gefühl. Das Innere des Gerätes ist sauber verarbeitet und offenbart keine Mängel.

dbx_286S_Frontplatte_Kanalzug

Stimme zum Testen des Channelstrips

Zu Beginn eines jeden Tests schicke ich Pink Noise durch das Gerät und kann so nachempfinden, ob die angegebenen Werte wie z.B. High-Pass-Filter akkurat sind. Im Fall des dbx 286S kann man den Herstellerwerten mit ruhigem Gewissen vertrauen. Das High-Pass-Filter des Preamps schneidet wie versprochen bei 80 Hz ab. Auch die EQ-Angaben beim Low- und High-Enhancer stimmen.

Da das menschliche Gehör die Stimme am besten kennt, ist das auch ein Signal, bei, dem man sehr gut Anomalien feststellen kann. Deshalb führe ich Gerätetests gern mit Hilfe von Stimmenaufnahmen durch. Der Test geht der Reihenfolge der Signalkette des Gerätes nach und beginnt mit dem Preamp.

Der Preamp des 286S ist sauber und neutral, wenngleich auch unspektakulär. Das High-Pass-Filter funktioniert auch in einer prakitscheren Anwendung, als Pink Noise einwandfrei und das reine Aufnahmesignal ist zufriedenstellend. 

Audio Samples
0:00
Sprache

Die Dynamikbearbeitung ist eindrucksvoll

Der Kompressor war für mich das erwartungsvollste Modul, da dbx bereits mit dem dbx 160A ein eindrucksvolles Gerät in diesem Segment hergestellt hat. Das Kompressor-Modul des 286S ist definitiv vom großen Bruder inspririert und man kann den klassischen dbx-Sound mit Hilfe des Drive-Reglers beim 286S durchaus nachempfinden. Ein wirklicher Ersatz ist es jedoch nicht. Bei einem zweiten Test mit einer Drumspur bekommt man das Signal sehr schön kompakt und griffig. Auch der Kompressor ist nach dem Mikrofonvorverstärker also ein nützliches und brauchbares Tool.
Beim De-Esser und auch beim Enhancer/Gate gibt es in der Tat nichts zu beanstanden. Wie auch schon der Kompressor funktionieren die nächsten beiden Geräte in der Kette anstandslos und machen ihre Arbeit, wie es der Hersteller vorgibt.

Audio Samples
0:00
De-Esser: 5 kHz, Threshold 5 Kompressor: Drive 2, Density 3 Enhancer: LF 5 Gate: Ratio 2:1, Threshold -40

Das Noise Gate möchte ich jedoch noch einmal hervorheben. Es ist in meinen Augen die Überraschung und der Gewinner in diesem Test. Hier gehe ich soweit zu sagen, dass es sich hier nicht nur “für dieses Geld” um einen sehr gutes Noise Gate handelt, sondern auch grundsätzlich. Vor allem bei Drums kann man mit dem Noise Gate ein exzellentes Ergebnis erzielen und sich z.B. das Sustain der Toms nach Belieben zurecht schneidern. Hier muss sich der 286S auch vor großen Namen wie dem Drawmer Noise Gate nicht verstecken.

dbx_286S_Test_12

Wird der dbx 286S seinem Preis gerecht?

Nein! Warum? Nun, dbx verkauft hier ein solides Gerät mit einen Highlight wie dem Noise Gate klar unter Wert. Für die Einsteigernutzer ist dieser Channel mit Sicherheit eine Empfehlung. Der ein- oder andere professionelle Endverbraucher wird hier sicherlich skeptisch der Qualität des Gerätes gegenüberstehen und sich fragen, was man für diesen Preis denn schon bekommen soll. Mit der Preispolitik wird dbx ihrem Gerät nicht gerecht, wenn gleich es natürlich erfreulich ist, dass gute analoge Technologie auch erschwinglich sein kann. 

Fazit

Der dbx 286S Mic-Preamp und Processor bietet viele Eingriffsmöglichkeiten zu einem unschlagbaren Preis. Die verstellbaren Parameter sind vor allem im Kompressormodul nicht umfassend, aber die Presets von dbx zeigen, wieso einige Produkte des US-Herstellers zum Standard im Pro-Audio-Alltag gehören. Der 286S ist vor allem vorteilhaft, wenn es schnell gehen muss und man mit wenigen Handgriffen ein “sendefähiges” Signal erzeugen möchte. Der dbx 286S ist eine Allzweckwaffe, welche vor allem auf dem Homestudio-Markt seinen Anklang findet. Das Noise Gate kann sich auch im professionellen Bereich sehen lassen. Wenn man die Leistung berücksichtigt, die man zum Preis des 286S bekommt, wäre es auch gerechtfertigt, ein paar hundert Euro mehr auszugeben. Für mich ist der dbx 286S ein absoluter “Low-Budget”-Geheimtipp.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • beinhaltet Preamp, Kompressor, De-Esser, Enhancer und Gate
  • nahezu unschlagbares Preis-Leistungsverhältnis
Contra
  • wenig Einstellmöglichkeiten beim Processing
Artikelbild
dbx 286S Test
Für 179,00€ bei
dbx_286S_Test_14
Features und Spezifikationen
  • Mikrofonvorverstärker und Singalbearbeitung
  • Kompressor, De-Esser, Enhancer, Noise Gate
  • Preis: € 155,– (Straßenpreis am 15.10.2018)
Hot or Not
?
dbx_286S_Frontplatte_Kanalzug Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • iZotope Ozone 12 Bass Control Demo (no talking)
  • LD Systems ICOA Pro Series - All you need to know!
  • Watch THIS if you use analog gear! Everything you need to know about the Freqport FreqInOut FO1