Harley Benton HBZ-2004 Test

Der Harley Benton HBZ-2004 im bonedo-Test  –   Wer einen günstigen Fender-Clone als Einstiegs- oder Zweitbass sucht, wird in der Regel schnell fündig. Zahlreiche Hersteller haben Kopien der altbewährten Dauerbrenner im Angebot und Fender selbst bedient mit seinem Budget-Label Squier das untere Preissegment mit Variationen seiner erfolgreichen Modellpalette. Fällt die Wahl allerdings auf einen etwas aufwändiger konstruierten Bass mit moderner Hardware und Edelbass-Optik, dann wird die Luft im Budget-Sektor schnell dünn.

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Europas größtes Musikhaus Thomann hat sich dieses Problems angenommen und bietet mit dem Harley Benton HBZ-2004 einen modernen „Einsteiger-Edelbass“ mit durchgehendem Hals und aktiver Elektronik, und das für sagenhafte 198 Euro! Was hinter der schicken Tapete des supergünstigen Tieftöners steckt, soll dieser bonedo-Test ans Licht befördern.

Details

Das Herzstück des HBZ-2004 ist der durchgehende Hals aus drei Streifen Nato und vier Streifen Ahorn. Letzteres ist das klassische Holz für Hälse und findet sich bei Bässen in sämtlichen Preiskategorien, Nato hingegen wird nur bei günstigen Instrumenten verbaut und ähnelt sowohl optisch als auch klanglich dem klassischen Tonholz Mahagoni. Die Kopfplatte des HBZ-2004 ist leicht abgewinkelt, damit die Schwingungen durch den erhöhten Saitendruck am Sattel besser in den Hals übertragen werden. Absolut klassisch für ein Allround-Instrument ist das Griffbrett aus Palisander, bestückt mit 24 Bünden im Jumbo-Format und schicken ovalen Inlays für die Lagenorientierung. Die Halskonstruktion fällt also wirklich Boutique-Bass-mäßig aus, für ein Instrument in dieser Preisklasse wirklich erstaunlich aufwändig.

Fotostrecke: 5 Bilder Einsteiger-Edelbass

Weiter geht’s mit den angeleimten Korpusflügeln, für die Harley Benton ebenfalls ein Klangholz mit Allround-Klangeigenschaften ausgewählt hat: Mahagoni ist ein sehr ausgewogenes Tonholz mit runden, warmen Bässen und milden Höhen, beste Zutat also für ein vielseitiges Instrument mit moderner Ausrichtung. Korpus und Hals des HBZ-2004 sind mit einer dünnen Ölversiegelung behandelt, die einerseits für eine natürliche und organische Haptik der Holzkonstruktion sorgt, anderseits aber besonders am Korpus auch einige raue Stellen offenbart. Insgesamt ist der Budget-Edelbass von Thomann aber ordentlich verarbeitet, mit einigen leichten Unregelmäßigkeiten, die aber keinen Einfluss auf den Klang haben sollten und mit denen man bei einem derartig günstigen Instrument durchaus leben kann.

Fotostrecke: 5 Bilder Die vier Mono Rail Stege lassen sich komfortabel justieren

Auch in Sachen Hardware versucht Harley Benton dem hart kalkulierten HBZ-2004 möglichst viel mit auf den Weg zu geben. Die Saiten werden am Korpusende in vier einzelne Mono-Rail Stege gehängt, die sich komfortabel für eine perfekte Intonation und Saitenlage justieren lassen, und auf der Kopfplatte sitzen geschlossenen Mechaniken im Gotoh-Stil. Zur Klangübertragung kommen zwei Singlecoil-Tonabnehmer mit Keramikmagneten zum Einsatz, die allerdings nicht rechtwinklig zum Saitenverlauf, sondern leicht schräg montiert sind. Durch die „Schräglage“ wird jede Saite an einem anderem Punkt abgenommen, was im besten Fall für ein konsistenteres Klangbild von Saite zu Saite sorgt. Die weitere Soundverarbeitung übernimmt eine aktive Elektronik mit Bass und Höhenregler, die beiden anderen Potis im Cockpit kümmern sich um die Lautstärke und das Mischungsverhältnis der Pickups. Für die benötigte Energie sorgt eine handelsübliche 9-Volt-Batterie, die sich lobenswerterweise in einem gesonderten Klappfach auf der Rückseite befindet. Wenn ein Batteriewechsel ansteht, muss also nicht mühsam der Deckel für das Elektronikfach abgeschraubt werden.

Fotostrecke: 5 Bilder Hier mündet der siebenteilige Hals in den Korpus
Fotostrecke: 5 Bilder Die Rückansicht

Praxis

Der HBZ-2004 wiegt runde 4,3 Kilo und liegt damit für einen Viersaiter noch im Rahmen. Viel wichtiger als das reine Gewicht ist aber die Gesamtergonomie. Und hier kann unser Kandidat ohne Einschränkung punkten, denn er hängt ausgesprochen balanciert und stabil am Körper, keine Spur von Kopflastigkeit oder sonstigen Unannehmlichkeiten. Auch mit dem Hals dürften die meisten Basser auf Anhieb klarkommen. Harley Benton hat mit dem Profil ein gutes Mittelmaß zwischen einem schlanken Jazzbass- und einem fleischigen Precisionhals gefunden, es liegt gut in der Hand und ist komfortabel zu spielen. Unser Kandidat kommt gut eingestellt aus dem Karton und auch die Bundierung ist recht ordentliche ausgeführt, allerdings mit einer kleinen Unregelmäßigkeit, die dazu führt, dass die E-Saite ab dem achten Bund zum Scheppern neigt. Aber damit kann man leben, in der Budgetklasse gibt es eben keine Weltklassebundierung. Gleiches gilt für die Stimmmechaniken an der Kopfplatte, sie verrichten ihren Dienst zuverlässig, laufen aber etwas hakelig und schwer.
Doch kommen wir zum wichtigsten Thema im Praxistest, dem Sound des in China gefertigten Basses. Unter seinen Tonabnehmerkappen sitzen zwar Singlecoils, der Bass klingt aber schon in neutraler Einstellung sehr fett und breit, was eher an den Sound von Humbuckern erinnert. Das Fundament ist wirklich satt und stabil, die Höhen sind transparent, aber nicht harsch, alles in allem also ein ausgewogener, moderner Sound, der sich für viele Musikrichtungen eignet. Allerdings würde ich mir für manche Sounds etwas mehr Durchsetzungskraft in Form von Hochmitten wünschen, denn hier gibt sich der HBZ-2004 etwas zurückhaltend. Ein Grund, er für Rockbassisten, die sich gegen kräftige Gitarren durchsetzen müssen, vielleicht nicht die beste Wahl ist. Davon abgesehen bietet der der Einstiegs-Edelbass aber jede Menge praxistauglicher Sounds, was nicht zuletzt am beherzt zupackenden Zweiband-EQ liegt. Mit dem Bassregler lässt sich der Klang sehr schön anfetten, ohne ins Dröhn-Nirvana abzudriften. Das funktioniert gerade in Verbindung mit dem etwas knochiger klingenden Bridge-Pickup sehr gut und zaubert warme, erdige Fingerstyle-Sounds aus dem Mahagoni-Bass. Auch der Höhenregler verfehlt seine Wirkung nicht, das Klangbild wird präsenter und transparenter und eignet sich hervorragend für Slap- oder Plektrumklänge.

Hals/Korpus-Übergang
Hals/Korpus-Übergang

Insgesamt macht der Preamp des HBZ-2004 einen guten Eindruck auf mich, zudem rauscht er kaum, selbst mit voll aufgedrehten Reglern sind keine nennenswerten Nebengeräusche zu vernehmen. Eine in dieser Preisklasse durchaus bemerkenswerte Eigenschaft.
Gegen Ende meiner Testfahrt mit dem Budget Harley machte sich dann allerdings der Panoramaregler selbstständig. Besonders tragisch war das nicht, denn wer einigermaßen mit einem Schraubenschlüssel umgehen hat das Poti im Handumdrehen wieder festgeschraubt. Dennoch ist das eine Erfahrung, auf die man auch bei einem supergünstigen Instrument wie dem HBZ-2004 nach so kurzer Benutzung gerne verzichten würde.

Audio Samples
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Beide PUs Neck PU Bridge PU Bass-Boost
Der HBZ-2004 muss sich keineswegs verstecken
Der HBZ-2004 muss sich keineswegs verstecken

Fazit

Der Harley Benton HBZ-2004 sieht aus wie ein wesentlich kostspieligerer Bass, er lässt sich sehr angenehm spielen und hat einige wirklich gute Sounds auf Lager. Doch wo viel Licht ist, ist meist auch Schatten. Im Falle des HBZ-2004 sind dies einige Unzulänglichkeiten in der Verarbeitung, über die der geneigte Basser aber angesichts des Preises gerne hinwegsehen wird oder die er eventuell sogar selber nachbessert. Wer dazu bereit ist, bekommt dann allerdings einen überdurchschnittlich gut ausgestatteten Bass mit gesunden Klangeigenschaften und einer attraktiven Edelbassoptik zum absoluten Schnäppchenpreis von nicht einmal 200 Euro.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • guter Grundsound
  • komfortable Bespielbarkeit
  • ordentlicher Preamp
  • Preis/Leistung
Contra
  • Schwächen in der Bundierung
  • Poti lose
  • teilweise raue Oberfläche
Artikelbild
Harley Benton HBZ-2004 Test
Für 299,00€ bei
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Facts
  • Hersteller: Harley Benton
  • Model: HBZ-2004, viersaitiger E-Bass
  • Land: China
  • Mensur: 34 Zoll Long-Scale
  • Hals: durchgehend, 7 Teile, Nato/Ahorn, Palisandergriffbrett, 24 Jumbo-Bünde, Öl-Finish
  • Korpus: Mahagoni, Öl-Finish
  • Tonabnehmer: 2 x Keramik Bar Single Coils
  • Hardware: Mono Rail Brücke, geschlossene Mechaniken, normale Gurt-Pins
  • Elektronik: aktiv, 2-Band-EQ, Stromversorgung durch 9-Volt-Batterie
  • Regler: Volume, Panorama, Bass, Höhen
  • Zubehör: Kabel, Werkzeug
  • Gewicht: 4,3 kg
  • Preis: 198,00 Euro
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Profilbild von Chris

Chris sagt:

#1 - 25.10.2013 um 11:50 Uhr

1

Hm, interessanter Test. Was allerdings bei solchen Schnäppchen im Musikbereich immmer fehlt, sind Fragen, die man sich bei anderen Produkten wie Smartphones oder Jeanshosen schon lange stellt: Kann man solche Preise wirklich machen, ohne dass entweder die Umwelt oder die Menschen, die das bauen, in irgendeiner Form dabei zu kurz kommen? Wer weiß ...

Profilbild von Matze

Matze sagt:

#2 - 28.10.2013 um 20:06 Uhr

0

Hallo Chris, Deine Frage finde ich wichtig! Nur ist die Antwort nicht gerade leicht: Viele Einsteiger-Instrumente werden in Asien gebaut, die Arbeitsbedingungen dort sind nicht mit Mitteleuropa vergleichbar! Aber es ist ja nicht unbekannt, dass z.B. auch die Arbeiter und Angestellten bei Warwick "zu kurz kommen" (um Deine Formulierung zu zitieren).

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