Horch FM2J Test

Der Name Horch ist nun wirklich bezeichnend für einen Hersteller von Mikrofonen! Es handelt sich dabei um ein kleines, aber durchaus erfolgreiches deutsches Unternehmen, das seinen Schwerpunkt auf Röhrentechnik in der Tradition der 50er und 60er Jahre legt.

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Das Angebot der 1997 gegründeten Firma ist sehr überschaubar, und das hier getestete Horch FM2J ist bislang der einzige Schallwandler, der eben nicht mit einer Röhre ausgestattet ist, sondern auf Transistortechnik basiert.
Genau genommen handelt es sich beim Horch FM2J um die Transistorvariante des röhrenbefeuerten RM2J, und dies macht sich natürlich auch beim Preis bemerkbar. Einen Betrag von knapp 1800 Euro muss man berappen, um das FET-Mikrofon sein Eigen nennen zu dürfen. Der große Röhrenbruder ist dagegen noch um einen guten Tausender teurer. Im Review folgen wir der Aufforderung des Firmennamens und horchen ganz genau hin.

Details

Optik: Parallelen zu Neumann

In Hinblick auf das Erscheinungsbild zeigt Horch beim FM2J eine gewisse Konsequenz. Wenn die Röhrenvariante eines Mikrofons klar an das geschichtsträchtige Neumann U 47 angelehnt ist (siehe RM2J), dann macht es durchaus Sinn, dass sich die Transistorvariante am entsprechenden Gegenstück orientiert. Das besagte Gegenstück heißt in diesem Fall Neumann U 47 FET, wurde Anfang der 1970er Jahre auf den Markt gebracht und ist heute in einer unveränderten Neuauflage erhältlich – und das FM2J sieht ihm in der Tat sehr ähnlich.

Fotostrecke: 2 Bilder Mit seinem Design erinnert das Horch FM2J an einen alten Bekannten.

Neben der etwas gedrungenen Form des Bodys mit dem verhältnismäßig großen Mikrofonkorb wirkt auch der Haltebügel typisch für das Vorbild aus Berlin – auch wenn dieser beim FM2J nicht auf der rechten, sondern auf der linken Seite angebracht ist. Es wäre eine interessante Frage, ob man sich bei Horch wohl absichtlich für das spiegelverkehrte Layout entschieden hat. Eine Stellschraube mit der man dafür sorgen kann, dass das Mikrofon seine Ausrichtung im Haltebügel sicher hält, wäre allerdings sehr schön gewesen, denn das entsprechende Gewinde wirkt etwas leichtgängig. Auch wenn grundsätzlicher Halt natürlich gegeben ist, kann es durchaus vorkommen, dass man durch versehentlichen Kontakt mit dem Mikro die Position leicht verändert.

Fotostrecke: 2 Bilder Der seitliche Haltebügel ist typisch für das Vorbild von Neumann. Im Falle des Horch FM2J gibt es allerdings keine Stellschraube, um das etwas leichtgängig geratene Gewinde festzuziehen.

Alles andere als ein Klon

Auch wenn die optischen Parallelen auf den ersten Blick recht eindeutig sind, versucht das Horch FM2J offenbar keine Reproduktion des U47 FET zu sein. Eine wesentliche Besonderheit des Mikrofons ist der Soundwahlschalter, der mittig unter dem Korb sitzt und dazu dient, zwischen zwei sehr bezeichnend benannten Betriebsarten des Mikrofons zu wechseln: dem Linear-Mode und dem Vocal-Mode. Dass der Schalter dabei je nach Betriebsart blau (Linear-Mode) oder rot (Vocal-Mode) leuchtet, wirkt etwas gewagt, ist aber Geschmacksfrage. Zumindest kann man sagen, dass sich die Beleuchtung dezent im Rahmen hält. Das Horch RM3 präsentiert sich in dieser Hinsicht weit schriller und kommt mit einem von innen leuchtenden Mikrofonkorb.

Fotostrecke: 3 Bilder Direkt unter dem Mikrofonkorb sitzt der Soundwahlschalter.

Ein Lowcut-Filter oder ein Pad wurden nicht integriert, im Gegenzug gibt es neben der XLR-Buchse auf der Unterseite des Mikrofons aber ein kleines Rädchen zum stufenlosen Anpassen der Richtcharakteristik zwischen Kugel, Niere und Acht. Das macht den Schallwandler natürlich flexibel. In Bezug auf die allgemeinen technischen Daten hält sich der Hersteller weitgehend bedeckt, was ich persönlich aber als nicht weiter tragisch empfinde. Die begehrtesten und somit auch teuersten Mikrofone dieser Welt würden gemessen an den reinen Werten gegen ein hochwertiges Einsteigermikrofon oft recht alt aussehen und überzeugen trotzdem. Wie es beim Horch FM2J darum bestellt ist, steht auf der nächsten Seite.

Fotostrecke: 2 Bilder Das Horch FM2J von unten.

Praxis

Vocals: warm und organisch

Die äußerliche Betrachtung hat es bereits nahegelegt, der Klang bestätigt es: Das Horch FM2J hat mit dem Neumann U47 FET nicht viel mehr als die Bauform des Gehäuses und technische Eigenschaften gemein. Das bedeutet allerdings nicht, dass es nicht gut klingen würde. Im Gegenteil! Bei der Aufnahme von Gesang liefert das Mikrofon einen ausgesprochen hochwertigen und edlen Sound, der eindeutig an das Klangideal der Vintage-Ära angelehnt ist. 

Das Horch FM2J im Aufnahmeraum.
Das Horch FM2J im Aufnahmeraum.

Der Grundtonbereich beeindruckt mit einem ausgeprägten und wohlig warmen Fundament, das auch beim Besprechen aus größerer Entfernung erhalten bleibt. Der gesamte Bereich der Mitten wirkt wunderbar sauber und ausgewogen, während sich die Höhen in vornehmer Zurückhaltung üben. Ein Mikrofon, das in irgendeiner Form aufdringlich wirken würde, ist das FM2J damit ganz sicher nicht. Wird der Vocal-Mode aktiviert, dann erhöht sich die ohnehin schon recht hohe Empfindlichkeit des Schallwandlers noch einmal deutlich, was sich beim direkten Vergleich vor allem durch einen erhöhten Output bemerkbar macht. Wenn man dies am Gain des Preamps kompensiert, bleibt eine sanfte Betonung der Höhen übrig. Das Signal wird dabei mit etwas Luft angereichert, die hohen Mitten bleiben dabei jedoch weitgehend unangetastet. Bei der Aufnahme von Vocals kann dies keinesfalls schaden, und auch in vielen anderen Fällen wird die leichte Öffnung nach oben Wirkung zeigen. Die Richtcharakteristik liegt im Vocal-Mode fest bei Niere und wird von der Einstellung am entsprechenden Rädchen nicht weiter beeinflusst.

Audio Samples
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Vielseitig einsetzbar

Ob eine Auswahl an mehreren fixen Richtcharakteristiken nicht ausgereicht hätte, ist eine Frage, die man sich bei Mikrofonen mit stufenlosem Konzept immer stellen kann. Der Reproduzierbarkeit würde dies sicher zu Gute kommen, andererseits ginge es auf Kosten der Flexibilität. Dass das Horch FM2J ganz abgesehen davon ein in der Tat flexibles Mikrofon ist, zeigt sich beim Test als Shoulder-Mic an den Drums. Das Mikrofon reagiert durchaus schnell und bildet die Transienten sehr natürlich ab, wobei sich der klangliche Einfluss der unterschiedlichen Patterns auf den Gesamtklang in etwa so verhält, wie man es in der Regel erwarten würde. 

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Während die Niere für die linearsten Ergebnisse sorgt, fängt die Acht einen schwächeren Tiefbass, kräftigere Tiefmitten und mehr Präsenz ein. Bei der Kugel findet man dagegen einen ausgesprochen kräftigen Tiefbass, der mit einem Boost in den Höhen einhergeht – und natürlich transportiert sich hier auch weit mehr Raumklang als bei den anderen Charakteristiken.

Audio Samples
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Ein Königreich für ein Pad!

Dass das Horch FM2J in Bezug auf den Klang nahezu keine Gemeinsamkeiten mit dem Neumann U47 FET hat, zeigt sich bei der Nahabnahme einer Bassdrum. Es handelt sich hier um eine der Situationen, in denen sich das geschichtsträchtige Mikrofon aus Berlin besonders wohlfühlt, und das hängt unter anderem mit seiner hohen Schalldruckverträglichkeit zusammen. Während das FM2J aus einiger Entfernung noch entspannt mit der Schallkraft eines Drumsets umgehen kann, zeigt es sich für das Close-Miking allerdings als zu empfindlich. Bereits im Linear-Mode treten bei der Positionierung direkt vor dem Resonanzfell leichte Verzerrungen auf, die im Vocal-Mode noch weit deutlicher zu Tage treten. Eine Vordämpfung hätte das Mikrofon noch flexibler gemacht.

Audio Samples
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Fazit

Gerade weil es dem Signal keinen all zu tiefen Stempel aufdrückt und grundsätzlich äußerst hochwertige und musikalisch wirkende Ergebnisse mit einem edlen Vintage-Charakter liefert, wird das Horch FM2J in vielen Situationen brillieren können. Man sollte jedoch in seine Überlegungen miteinbeziehen, dass es sich hier um einen Schallwandler von der tendenziell empfindlicheren Sorte handelt, und dass es bei sehr lauten Schallquellen durchaus zu Übersteuerungen kommen kann. Dies ist eine Eigenschaft, die gerade wegen der optischen Anlehnung an das weit weniger empfindliche Neumann U47 FET durchaus überrascht. Eine Pad-Schaltung hätte das Mikrofon, das mit seiner stufenlosen Richtcharakteristik und den beiden Betriebsmodi grundsätzlich schon sehr flexibel wirkt, also noch flexibler gemacht. Das Gewinde am Haltebügel könnte zudem etwas weniger leichtgängig sein oder eine entsprechende Stellschraube bieten. Ob man sich von solchen Eigenheiten vom Kauf abhalten lassen sollte, muss jeder für sich selbst beantworten. Der Klang des Horch FM2J steht meiner Meinung nach jedenfalls jenseits jeder Kritik.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Klangeigenschaften
  • Soundwahlschalter (Linear- und Vocal-Mode)
  • stufenlose Richtcharakteristik
Contra
  • Pad wäre hilfreich
  • Gewinde am Haltebügel etwas leichtgängig
Artikelbild
Horch FM2J Test
Horch_FM2J_12Ende
FEATURES UND SPEZIFIKATIONEN
  • Großmembran-Kondensatormikrofon
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • stufenlose Richtcharakteristik zwischen Acht, Niere und Kugel
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48 V Phantomspeisung
  • Frequenzgang, Übertragungsfaktor, THD+N: k.A. seitens des Herstellers
  • Preis: € 1799,– (Straßenpreis am 11.11.2017)
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