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Kawai K4 Vintage Synth

Der Kawai K4 ist ein weithin unterschätzter Sample-ROM-Synthesizer der späten 80er Jahre. Er kam 1989 auf den Markt und wurde lange nicht so gefeiert wie andere erfolgreiche digitale Synthesizer der 80er Jahre. Im Gegensatz zum Yamaha DX7, Korg M1 oder Roland D-50 kennt man heute kaum ein Factory Preset dieses Synthesizers. Vielmehr ist Kawai mittlerweile als Hersteller von Digitalpianos bekannt. Ältere Leser oder Vintage-Fans werden sich jedoch noch an die Synthesizer des japanischen Herstellers aus Hamamatsu erinnern.

Kawai K4 Vintage Synth
Kawai K4 Vintage Synth. (Quelle: Bonedo)

Der volldigitale Kawai K4 gehört zu den erschwinglichen Vintage-Synthesizern, die so manchen Sound mit eigenem Charakter hervorbrachten. Damals kostete er rund 1.500 DM und somit deutlich weniger als ein Korg M1 oder Roland D-50. In Kleinanzeigen taucht der Kawai K4 heute immer wieder in technisch wie optisch gutem Zustand auf. Ob sich ein Kauf lohnt? Die Antwort liefert dieses Feature.

Details

Kawai K4 im Überblick

Der Kawai K4 ist ein 61-Tasten-Synthesizer mit einer Klangerzeugung namens „DMS“ (Digital Multi Spectrum). Er bietet zahlreiche interne PCM-Wellenformen, die sowohl gefiltert als auch ringmoduliert werden können. Das nächste Feature heißt „Multi Play“: Bis zu acht einzelne Programme kann man damit im Multimode dynamisch übereinanderlegen, über die Tastatur verteilen und auf verschiedenen MIDI-Kanälen ansprechen. Außerdem gibt es eine Drum-Sektion. Insgesamt bietet der Kawai K4 also neun Multimode-Parts. Damit qualifizierte er sich  als flexible Klangquelle für die Produktion mit einem damals üblichen MIDI-Sequenzer.

Kawai K4: MIDI-Setup
Seinerzeit empfahl sich der Kawai K4 als flexible Soundquelle im MIDI-Verbund mit einem Sequencer oder Drumcomputer. (Quelle: Kawai Bedienungsanleitung).

Zusammen mit der 16-fach polyphonen Klangerzeugung bringt der Kawai auch eine interne Effektsektion mit. Diese besteht aus 16 verschiedenen Effekttypen wie Reverb, Delay oder Overdrive. Man muss mit dem Kawai K4 aber keine Songs produzieren. Er ist auch ein solides Live-Keyboard. Per Link-Funktion lassen sich acht Soundprogramme als Favoriten abspeichern und in einer bestimmten Reihenfolge abrufen. Falls der interne Speicher nicht ausreicht: Auf einer Karte kann man insgesamt 64 Einzelprogramme, 64 Multiprogramme und 61 Drum-Programme speichern.

Kawai K4: Layer und Splits
Der Kawai K4 erlaubt mit seinem neunfachen Multimode dynamisch spielbare Layer- und Split-Kreationen.(Quelle: Kawai Bedienungsanleitung).

Kawai K4 Hardware

Der Kawai K4 Synthesizer besticht nicht durch seine Optik. Er wirkt eher sachlich und ist mit über acht Kilogramm kein Fliegengewicht mehr. Das Bedienpanel ist eher flach gehalten und bietet zwei größere Schieberegler für Volume und Value. Ansonsten finden sich Tasten zur Auswahl von Modes und Funktionen sowie zur Soundprogrammierung. Man blickt dabei auf ein hintergrundbeleuchtetes LC-Display mit zwei Zeilen à 16 Zeichen.

Kawai K4: Panel
Fotostrecke: 3 Bilder Auf der linken Seite des Panels des Kawai K4 sind ein Volume- und Value-Regler zur Hand.

Eine schöne und positive Überraschung ist die angenehm spielbare Tastatur: Die 61 Tasten reagieren nicht nur auf Attack und Release Velocity, sondern auch auf Aftertouch. Das ist heutzutage bei günstigen Synthesizern kaum noch zu finden. Natürlich verfügt der Kawai K4 auch über die beiden Handräder für Pitchbending und Modulation.

Kawai K4: Keyboard
Fotostrecke: 2 Bilder Der Kawai K4 gefällt mit seiner druckdynamisch spielbaren Tastatur.

Auf der Rückseite befinden sich Stereo- und Kopfhörerausgang, das klassische MIDI-Trio und der Slot für die Speicherkarte. Ein Sustain-Pedal kann hier ebenfalls angeschlossen werden. Schließlich gibt es noch einen Anschluss für das externe Netzteil.

Kawai K4: Audio-Anschlüsse
Fotostrecke: 2 Bilder Der Kawai K4 bietet eine Stereo-Summe plus Kopfhörer-Ausgang. Seine Stromversorgung erfolgt extern.

Dir Oszillatoren des K4

Die beiden Oszillatoren des Kawai K4 verwenden 256 interne Wellenformen mit einer Auflösung von 16 Bit. Darunter befinden sich 96 Digital Cyclic Wellenformen mit bis zu 128 Obertönen und 160 konventionelle PCM-Wellenformen. Zu diesen PCM-Samples gehören Drums&Percussion (Nr. 97 – 139), Multisamples wie Bass, Piano oder Streicher (Nr. 140 – 192), Blocks (Nr. 193 – 233) sowie Reverse&Loop (Nr. 234 – 256).

Ein Klangprogramm des Kawai K4 basiert in der Regel auf zwei Oszillatoren. Im Twin- oder Double-Modus können vier Klangquellen (Sources) gleichzeitig verwendet und mit dem Filter verbunden werden. In diesem Fall halbiert sich die Polyphonie des K4 allerdings auf acht anstatt 16 Stimmen. Disharmonische Klangspektren bzw. metallische Klänge entstehen beim Kawai K4 durch Ringmodulation (AM), Oszillator 1 dient dann zur Verzerrung des zweiten Oszillators. Vorhanden sind auch je zwei Poly/Solo-Modes sowie eine Autobend-Funktion für Gleiteffekte.

Waveforms
Als Sample-ROM-Synthesizer basiert der Kawai K4 auf einer Vielzahl an unterschiedlichen PCM-Wellenformen. (Quelle: Kawai Bedienungsanleitung).

Kawai K4 Filter, Hüllkurven und mehr

Wie bereits erwähnt, verfügt der Kawai K4 über ein resonanzfähiges Tiefpassfilter. Klanglich ist es eines der schönsten Exemplare unter den digitalen Synthesizern der späten 80er Jahre. Was das konkret bedeutet, zeigen vier Audio-Demos, die auf dem Factory Preset „A11 OdessSolo“ basieren. Unter den Parametern sind auch die Velocity und die Aftertouch-Intensität verfügbar. Dadurch wird das Filter musikalisch zugänglich. Ein Manko sind allerdings „knackende“ Hüllkurven bei perkussiven Klängen, wie sie im vierten Beispiel sehr deutlich zu hören sind. Kawai hat das Filterverhalten immer wieder verändert: Mit OS 1.3 klingt es rauer als mit OS 1.4. Hier entscheidet der persönliche Geschmack. Auf jeden Fall hat der Kawai K4 gegenüber dem Korg M1 beim Filter die Nase vorn.

Für die DCF- und DCA-Sektion steht jeweils eine Hüllkurve nach dem ADSR-Modell zur Verfügung. Die Attack- und Release-Zeiten sind jeweils per Velocity regelbar. Zusätzlich kann jeweils ein LFO auf Filter und Lautstärke einwirken.

Audiobeispiele Kawai K4

Audio Samples
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Kawai K4: Filter per Aftertouch Kawai K4: Filter per Velocity Kawai K4: Cutoff und Resonance per Stereoping Controller Kawai K4 Filter-Hüllkurve

Die Effekte des K4

Eine kleine Bereicherung des Kawai K4 ist seine Effektsektion. Hier lassen sich 32 Effektprogramme sowohl intern als auch extern auf einer Karte speichern. Jedes Programm enthält dann einen von 16 Effekttypen sowie Routing-Einstellungen inklusive Panorama und FX-Intensität. Die Effekte bilden also eine Einheit für sich und sind nicht direkt mit einem Sound verknüpft – in der Praxis eher umständlich.

Das Angebot an Effekttypen umfasst dabei Reverb, Gate Reverb, Chorus, Delay sowie einige Kombinationen von Overdrive und Delay, Overdrive und Flanger oder Chorus und Delay. Jedes Effektprogramm bietet zudem eine minimale Parametrisierung.

Die meisten Effekte in digitalen Synthesizern der 80er Jahre sind keine Offenbarung. Dass man also mit dem Kawai K4 keine Luftsprünge in seidige Hallwolken machen kann, ist auch klar.

Effekte des K4
Der Kawai K4 verfügt über zwei FX-Blöcke, die sich mit 16 Effekt-Programmen unterschiedlich verwenden lassen. (Quelle: Kawai Bedienungsanleitung).

Praxis

Der Kawai K4 in der Handhabung

Der Kawai K4 ist komplett über das Bedienfeld vollständig programmierbar. Das funktioniert allerdings nicht besonders flüssig, ist aber für einen Digital-Synthesizer dieser Generation ganz ordentlich. Wer die Sounds des Kawai K4 intensiver bearbeiten möchte, greift ohnehin zu einem Software-Editor. Dabei kann man zwischen dem professionellen Editor Midi Quest, dem Open Source Editor Edisyn oder anderen Softwarelösungen wählen.

Midi Quest editor
Für die intensive Sound-Programmierung des Kawai K4 empfiehlt sich ein Programm wie der Midi Quest Editor. (Quelle: Matthias Sauer)

Spontaneität kommt wiederum mit einer zusätzlichen Hardware-Box ins Spiel: Mit dem Synth Controller von Stereoping kann man haptisch angenehm an eigenen Sounds schrauben. Allerdings wird die Klangprogrammierung des K4 mit dem Synth Controller aufgrund der vielen Wellenformen und der Struktur der Oszillatoren schnell unübersichtlich. Mehr dazu im Feature „Vintage Synth Programming leicht gemacht“.

Stereoping Synth Controller
Der beliebte Stereoping Synth Controller kommt auch in einer Edition für den Kawai K4. (Quelle: Matthias Sauer)

Wie klingt der Kawai K4?

Ein großes Lob geht zunächst an das Kawai-Team, das auf der Support-Seite noch heute die originalen Werks-Sounds des Kawai K4 zum Download anbietet. Genau diese Single- und Multi-Sounds haben wir für die Audio-Demos live auf dem Keyboard des K4 angespielt.

Zwar sind Imitate akustischer Instrumente vorhanden, diese bieten aber wenig Authentizität. Insgesamt überzeugt die Mischung aus analogen und digitalen Synthesizer-Sounds. Ein Kawai K4 klingt warm, crisp und leicht röchelnd. Die Programmierer der Factory Sounds haben sehr akribisch die Presets des Roland D-50 studiert und sich inspirieren lassen.

Für extrem tighte perkussive Sequenzer-Passagen ist der Kawai K4 allerdings weniger brauchbar, was am eher mäßigen MIDI-Timing des K4 und an der Filter-Hüllkurve liegt. Daher fokussieren wir auch nicht weiter die Drum-Sektion des Synthesizers. Übrigens findet man im Netz so einige kommerzielle und auch kostenfreie Presets für den K4. Betont werden gern die „analogen“ Qualitäten. Wenn es um warme, breite Klänge geht, ist aber etwa der hybride Vintage-Synth Korg DW-8000 die bessere Wahl.

Audio Samples
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Kawai K4: Preset (Single) Digalog 1 Kawai K4: Preset (Single) Partial Eclipse Kawai K4: Preset (Single) Moon Child Kawai K4: Preset (Single) Salute To LA Kawai K4: Preset (Single) Up To Heaven Kawai K4: Preset (Single) Pathetics Kawai K4: Preset (Single) Voices Kawai K4: Preset (Single) Marimba Kawai K4: Preset (Single) Harmonic Guitar Kawai K4: Preset (Single) Ocean Brass Kawai K4: Preset (Single) Acoustic Kawai K4: Preset (Single) Companion Kawai K4: Preset (Single) Junk Kawai K4: Preset (Single) Hip Chip Kawai K4: Preset (Multi) Pegasus Kawai K4: Preset (Multi) Is It Love Kawai K4: Preset (Multi) Pick Rhodes Kawai K4: Preset (Multi) Vel Classic

Varianten des Kawai K4

Als Alternative zur K4-Tastaturversion gibt es den Expander Kawai K4r, der zudem in ein 19“-Rack eingebaut werden kann. Dieser verfügt zusätzlich über eine weitere Stereosumme und sechs Einzelausgänge. So kann man mehrere Sounds einzeln am Mischpult abgreifen und bearbeiten. Da der K4r auf eine interne Effektsektion verzichtet, ist dies auch sinnvoll.

Eine speziellere Variante des K4 ist der Kawai X5D, der auf Drums und Percussion spezialisiert ist. Der 1993 erschienene Nachfolger Kawai K11 und seine Expanderversion GMega bieten zwar doppelte Polyfonie und GM-Kompatibilität, reizen aber beim Sounddesign nicht unbedingt mehr.

Die übrigen Synthesizer von Kawai sind keine Alternativen. Beim Vorgänger Kawai K1 muss man auf eine Filtersektion verzichten. Der Kawai K3 von 1986 ist ähnlich wie der Korg DW-8000 ein Hybrid-Synthesizer und alle K5000-Modelle folgen der additiven Synthese, während die Kawai SX210/240 analoge Synthesizer sind.

Wenn es unbedingt ein Plugin sein soll: UVI Kawai Vintage Legacy wäre eine empfehlenswerte Paket-Lösung.

UVI Vintage Legacy
Kawai Vintage Legacy ist eine Software-Alternative zum K4 und anderen Kawai-Synthesizern. (Quelle: Matthias Sauer)

Kawai K4 gebraucht kaufen

Beim Gebrauchtkauf sollte man den Verkäufer nach dem installierten Betriebssystem fragen. Das erfährt man, wenn man beim Einschalten die Systemtaste gedrückt hält. Wer mehr von seinem Kawai K4 haben möchte, sollte nicht bei der Version 1.0 stehen bleiben. Sie führt zu gelegentlichen Abstürzen und der K4 verhält sich ansonsten hakelig. Am besten installiert man die letzte offizielle Firmware Version 1.4 für den K4. Ein entsprechendes EPROM kann man für etwa zehn Euro im Internet kaufen und selbst einbauen.

Wer den K4 vor Ort spielt, probiert bitte einmal, wie mechanisch gut der Aftertouch noch funktioniert. Auch Youtube-Videos lohnen sich, denn sie offenbaren einige technische Schwächen des Kawai K4, die eventuell auftreten können. Insgesamt ist ein K4 aber eine technisch sichere Anschaffung unter den Vintage-Synthesizern.

YouTube-Video: Kawai K4 Reparatur

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Mehr Informationen

Fazit

Vier gewinnt: Der Kawai K4 und seine Rack-Version bieten „wenig verbrauchte“ Sounds mit Vintage-Charme, die es nicht zu 100 Prozent emuliert als VST zu kaufen gibt. Genau das unterscheidet die beiden Underdogs von damaligen Bestsellern und Konkurrenten wie dem Korg M1 oder dem Roland D-50. Ohnehin hat der K4 seine treuen Fans, die ihn schon seit 1989 kennen oder haben.

Die beiden Kawai-Modelle K4 und K4r sind relativ preiswert. Man findet sie für etwa 250 bis 400 Euro auf dem Kleinanzeigenmarkt. Aufgrund seiner druckdynamischen Tastatur ist der K4 als Keyboardmodell eine gute Wahl. In Verbindung mit dem Synth Controller von Stereoping kann es richtig Spaß machen, neue Sounds mit ihm zu entdecken. Besonders hervorzuheben ist dabei die klangliche Individualität des resonanzfähigen Tiefpassfilters.

Alles in allem ist der Kawai K4 zwar kein schönes Sammlerstück, aber ein solider Klangerzeuger mit Potenzial. Vor allem für LoFi- und Retro-Projekte ist er unterm Strich ein guter Tipp.

Kawai K4: digitaler Synthesizer aus 1989. (Quelle: Archiv)

Pro

  • Individueller Sound
  • Gutes Digitalfilter
  • Tastatur mit Aftertouch
  • Rackversion mit vielen Einzelausgängen
  • Neun Multimode-Parts
  • Gebrauchte Exemplare preiswert

Contra

  • Kein Contra

Die originale Kawai K4 Bedienungsanleitung in deutscher Sprache kann man hier einsehen.

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