Egal, ob nun Sample-basiert oder unter Zuhilfenahme von Physical Modeling und egal, ob aus dem Rechner oder aus einem externen Expander – erst mit einer realistisch und feinfühlig bedienbaren Tastatur gewinnt die Simulation elektronisch erzeugter Klavierklänge die nötige haptische Kontrollierbarkeit, die es braucht, um ausdrucksvolle Klavierparts einzuspielen. Hier ist der Einsatz eines USB/MIDI-Keyboard Controllers, sprich Masterkeyboard gefragt, das idealerweise die volle Reichweite von 88 schwarzen und weißen Tasten bietet und zudem noch das bewährte mechanische Anschlagsverhalten einer realen Klaviermechanik bestmöglich nachempfindet.
Details
Hier kommt das KM88 von Kurzweil ins Spiel, das mit seiner voll gewichteten 88-Tasten Real Piano Hammer-Action Tastatur, kurz RPHA, genau diese Realitätsnähe zu liefern verspricht. Und noch ein bisschen mehr, denn es beherbergt in Verbindung mit der zugehörigen Editor-Software auch verschiedene Controller-Funktionen. Darunter vier definierbare Keyboard-Split-Zonen, sieben wählbare Velocity-Maps und programmierbare Akkord-Trigger, die sich in insgesamt 120 Presets abspeichern lassen. Die vom Futurologen Raymon (Ray) Kurzweil – seines Zeichens heute Leiter der technischen Entwicklung bei Google – gegründete Firma hat bereits eine wechselvolle Geschichte voller Übernahmeschlachten hinter sich, sodass wir es beim KM88 heute im Grunde mit einer Klaviatur aus der Fertigung von „Young Chang“ zu tun haben (die wiederum Teil der HDC-Gruppe sind, was für „Hyundai Development Company“ steht). So viel zum globalen Wirtschaftskontext – wenden wir uns nun dem Controller selbst zu.
Auspacken
In einem Standard-Industriekarton, gesichert durch drei große Styropor-Formteile, sollte das KM88 trotz seiner beachtlichen 17,5 Kilo Lebendgewicht den Transport aus der chinesischen Fertigung unbeschadet überstehen. Aus der Verpackung befördere ich dann: Den Controller selbst, ein USB-Kabel, sowie einen Notenhalter, der an der Oberseite des Keyboards eingesteckt werden kann. Daneben noch eine englische Kurzanleitung, sowie eine Lizenz-Karte für Cubase LE. Vergeblich suche ich in der Verpackung ein Sustainpedal, wie es dem Kurzweil PC4 beiliegt, den ich unlängst testen konnte. Warum man sich bei Kurzweil dazu entschlossen hat, dem Performance-Keyboard ein Sustainpedal bei zu legen, dem Masterkeyboard – das diese Spielhilfe mindestens ebenso, wenn nicht gar noch mehr braucht – aber nicht, ist mir schleierhaft.
Erster Eindruck
Das Herauswuchten aus der Verpackung wird einem dadurch erleichtert, dass die Designabteilung dem KM88 an den Seiten einen Rand spendiert haben – sehr gut, denn der Controller ist mit 138,5 Zentimetern in der Breite, 31,7 cm in der Tiefe und 12,4 cm Höhe, ein ziemlich wuchtiger Apparat. Hat er auf dem Studiotisch oder einem ausreichend soliden Keyboardständer Platz genommen, präsentiert er sich optisch ebenso sachlich wie minimalistisch und steht damit in guter Kurzweil-Design-Tradition, die sich immer relativ schnörkellos und nüchtern gibt. Mit seinen wenigen Bedienelementen, der sparsamen Beschriftung und der soliden Rückwandplatte aus Metall, die sich sanft bis zur Stirnseite hin wölbt, hat das Masterkeyboard eine ziemlich elegante und seriöse Anmutung.
Das gilt im Übrigen auch für die Handvoll Bedienelemente, die sich allesamt auf der linken Seite gruppieren. Dort finden sich ein Volume-Controller, vier Funktions- (P1 – P4) und zwei Transpositions-Taster (+/-), sowie ein ziemlich schicker XY-Joystick, in dessen Spitze ein dezenter weißer Ring leuchtet.
Edel ist auch der haptische Eindruck, den der Erstkontakt der Finger mit der Klaviatur am besten beschreibt, denn die Tasten wirken absolut hochwertig und massiv. Gleiches gilt auch für das Anschlagverhalten: Die Tasten sinken hier mit einem wunderbar gleichmäßig austarierten Widerstand ins Tastenbett, wobei man durchgängig ein sicheres Feedback der physischen Masse der Tasten unter den Fingern hat – erstklassig. Tatsächlich erwischte ich mich beim Gefühl, dass schon das „trockene“ (ohne Sound) Bedienen der Klaviatur Vorfreude auf das Spielen mit hochwertigen Klangerzeugern auslöst.
Anschlüsse
Der Blick auf die Rückseite zeigt drei Klinkenbuchsen die zum Anschluss von Expression-, Switch- und Sustainpedalen dienen. Daneben ein einsamer DIN-MIDI-Out, eine USB-Buchse über die auch die Stromversorgung erfolgen kann, sowie eine Netzteil-Buchse und ein Power-Wippschalter. Praktischerweise reicht bereits die Bus-Spannung eines iPad aus, um das KM88 zu betreiben.
Olaf Kliemt sagt:
#1 - 09.09.2021 um 10:51 Uhr
hmmm, da gefaellt mir das StudioLogic SL88 Studio aber besser.