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Native Instruments Maschine Studio Test

Dank ihres perfektionierten Marketings gelingt es Native Instruments regelmäßig, pünktlich zur Veröffentlichung eines neuen Produkts, die Blogs dieses Planeten mit Videos und die Foren mit wilden Diskussionen zu fluten. Erstaunlich ruhig dagegen verlief der aktuelle Launch der neuen Maschine-Hardware, die auf den eingängigen Namen „Maschine Studio“ getauft wurde. Das mag daran liegen, dass es sich hierbei weniger um eine revolutionäre Neuerfindung, sondern eher um eine evolutionäre Weiterentwicklung handelt und das eigentliche Tuning ‚unter der Haube‘ stattgefunden hat – oder genauer gesagt im Rechner.

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Native Instruments Maschine Studio


Denn dort verrichtet ab sofort, wenn man sich zum Kauf von Maschine Studio zum Preis von 999 Euro UVP oder zum Software-Update für 99 Euro entschließt, die komplett neu programmierte Version 2.0 ihren Dienst. Und die hat es in sich, wie wir noch sehen werden. Aber man muss eben auch in Bewegung bleiben, um sich gegen die potenten Konkurrenten wie etwa Akai (MPC), Arturia (Spark) oder auch Ableton Live (Push) behaupten zu können.

Details

Maschine war und ist auch in der Studio-Variante ein zweigeteiltes Verbundsystem. Hardwareseitig umfasst es einen USB-Controller der mit 16 anschlagsdynamischen, farbig beleuchteten Drum Pads, 62 Klick-Buttons, neun Endlos-Encodern, einem Push-Jogwheel und zwei Displays (480 x 272 Pixel) ausgestattet ist. Den rechnerseitigen Counterpart bildet die Maschine-Software, die das logische Gerüst zur Erstellung von Pattern/Song-orientierten Stücken bereithält. Die Software kann wahlweise im Standalone-Modus oder als Plugin innerhalb einer DAW betrieben werden (VST, AAX). Kern des Maschine-Konzepts ist die extrem enge Verzahnung des Controllers mit der Software, denn fast alle Bedienvorgänge lassen sich gleichberechtigt am Rechner, wie auch an der Hardware vornehmen. Mehr noch: Besonders dank der Visualisierung in den beiden Displays und dem neu hinzugekommenen Jogwheel sind auch komplexe Aktionen, wie etwas das Slicen und Trimmen von Samples direkt am Gerät, problemlos machbar. Praktisch kann man den Rechner irgendwo in einer hässlichen Ecke des Studios verstecken und nur mit dem via USB angebundenen Maschine-Controller hantieren, was im Ergebnis dem Arbeiten mit „echter“ Hardware nicht nur sehr nah kommt, sondern faktisch so ist. Denn um mal der inflationären Mythenbildung ein bisschen entgegenzuwirken: Auch die Drum Computer früherer Tage (Stichwort: MPC) waren im Kern nichts anderes als der Verbund einer CPU/Software-Ebene mit einer optimierten Eingabehardware. Worin sich Maschine von einer Standalone-Sampling-Workstation unterscheidet, zeigt sich beim Blick auf die Rückseite. Neben der besagten USB-Buchse, einer Kensington-Lock-Aussparung sowie drei MIDI-Outs und einem MIDI-In-Port, fehlt hier jede Art von Audiokonnektivität. Auch Maschine Studio besitzt nämlich keine eigene Wandlersektion und ist daher auf die am Rechner zur Verfügung stehenden Audioschnittstellen angewiesen. Die Software zeigt sich hier nicht wählerisch und akzeptiert jede korrekt in das System eingebundene Soundkarte als Aus- und Eingangsgerät. Im DAW-Verbund dürfen die maximal sechzehn virtuellen Ausgänge via Rewire an die gastgebende Audio-Applikation weitergereicht werden.
Wie ich in meinem Preview schon berichtet habe, besteht für Beat-Frickler, die gerade erst eine Maschine MK2 erworben haben, kein Grund, protestierend zum Firmensitz von NI zu wandern, um dort potenziellem Unmut Luft zu verschaffen, denn Maschine Studio versteht sich nicht als Ersatz der MK2, sondern eher als eine Art Spezialisierung. Wie es der Name schon impliziert, will Maschine Studio nämlich bevorzugt an dem Ort eingesetzt werden, wo die Musik entsteht: im Studio und nicht unbedingt auf die Bühnen dieser Welt. Das erschließt sich allein schon aus dem Gewicht und Formfaktor, der ungefähr ein Drittel größer ist als die MK2. Farbige Moddings sind obendrein nicht geplant, sie wird es nur in der seriösen nachtschwarzen und einer balearisch weißen Variante geben.

Fotostrecke: 2 Bilder Maschine Studio in der seriösen schwarzen Version.

Auspacken

In bester Native-Instruments-Tradition reist auch Maschine Studio in einer Henkelkiste, von der ein nicht unerheblicher „Nimm-mich-mit-Effekt“ ausgeht. Eingekuschelt in die Styroporformteile befindet sich darin die Maschine-Hardware selbst, ein Netzteil, eine Karte samt Content-DVD und Seriennummern sowie ein Netzteil mit einer Vielzahl internationaler Stecker, die einfach eingeclippt werden – sehr gut. Natürlich auch mit dabei ist der obligatorische Bogen mit Stickern, die dem Besitzer dazu dienen, seine Umgebung davon in Kenntnis zu setzen, dass er sich eine Neuanschaffung gegönnt hat. Ein gedrucktes Handbuch sucht man vergeblich. Wer sich in die Materie einlesen möchte, muss zum PDF-Dokument greifen. Das wird in einer vorbildlichen Sprachvielfalt mitgeliefert und die deutsche Version umfasst sensationelle 737 Seiten. Manche Romane von T.C. Boyle kommen mit weniger aus.

Fotostrecke: 3 Bilder Maschine Studio in der Verpackung mit Griff.

Maschine Hardware

Offensichtlichste Neuerung bei der Hardware: Wo in der MK2 noch zwei monochrome LCDs ihren Dienst verrichten, strahlen dem Benutzer nun zwei vollfarbige TFTs mit je 480 mal 272 Pixeln entgegen. Die erweisen sich besonders bei der neuen Mixer- und Song-Ansicht als sehr aussagekräftige Hilfsmittel, um das Geschehen in der Software zu verfolgen.

Fotostrecke: 3 Bilder In real noch knackiger in der Darstellung: Die Displays von Maschine Studio.

Insgesamt ist die Konsole um ungefähr ein Drittel gegenüber der MK2 gewachsen, wobei die Ausdehnung vornehmlich nach rechts und in die Höhe erfolgt ist. Das untere linke Areal ist also nahezu identisch mit dem Vorgänger. Das betrifft übrigens auch die Haptik und Größe der Drum Pads. Der Platzbedarf nach oben ist zum einen durch die Displays, zum anderen durch eine sechzehnsegmentige Aussteuerungsanzeige erforderlich geworden, die auf acht Quellen hören kann (In 1-4, Master, Group, Sound, Cue). Leider wurde ihr keine Skalierung, sondern lediglich ein rotes Peak-Segment spendiert. Unterhalb und damit sehr logisch angeordnet hat nun das Master-Volume-Poti seinen Platz gefunden. Darunter und entscheidend für die Neu-Dimensionierung in der Breite: Eine mit „Edit“ beschriftete Abteilung, die acht Taster beherbergt, welche nun dezidiert vormals nur über Shift zu erreichende Funktionen zur Verfügung stellen (Copy, Paste, Note, Nudge, Undo, Redo, Quantize und Clear). Es folgt ein von einem weißen Leuchtring umschlossener Rotary-Push-Encoder, der kontextsensitiv verschiedene Navigations-, Einstell- und Browsing-Aufgaben übernehmen kann. Weiter südlich schmiegen sich noch ein Back-, zwei Funktions- und ein Eingabetaster an. Maschine Studio wurden zwei praktische integrierte Standfüße spendiert, die im aufgeklappten Zustand den Controller genau im selben Winkel aufrichten, wie der als Zubehör erhältliche Maschine-Stand der MK2. Der Blick auf die Rückseite offenbart, dass man sich bei NI (leider) nicht dazu entschließen konnte, der Maschine Studio ein Audiointerface zu spendieren, worüber die insgesamt drei MIDI-Outs und zwei Footswitch-Buchsen der neuen Version nur wenig hinwegtrösten können.

Fotostrecke: 4 Bilder Ein ordentlicher Brocken Hardware: Maschine Studio in der Draufsicht.

Installation

Das Installationsprozedere ist bekanntlich bei fast allen NI-Produktion weitgehend ähnlich: Software vom Datenträger auf den Rechner verfrachten, Seriennummer im Control Center eingeben, on- oder offline (via Challenge/Response-Verfahren) die Registrierung vornehmen, fertig. Maschine 2.0 macht hier allerdings eine Ausnahme, die ich nicht unerwähnt lassen will. Die besteht nämlich darin, dass die beiliegende DVD lediglich den Zusatz-Content enthält und ich mir die Maschine Software via Download von der NI-Homepage auf den Rechner holen muss. Hierzu bemühe ich den speziellen NI-Download-Clienten, der den weiteren Dateitransfer selbstständig erledigt. Satte 868 Megabyte finden so ihren Weg auf die Festplatte. Ferner gilt es noch zu entscheiden, ob die Installation direkt ausgeführt werden soll oder ob ich das Archiv in Form eines ISO-Archivs brennen oder verschieben möchte. Im Anschluss bietet sich die Installation der Werksbibliothek nebst Zusatzcontent von der DVD an. Dieser schlägt mit satten acht Gigabyte zu Buche. Neben dem gesammelten Schlagwerke aller bisherigen Maschine-Versionen sind nämlich noch vier Komponenten der Komplete-Ausstattung mit ins Sortiment gewandert. Dies sind der schon mit der 1.8er gebündelte Übersynth „Massive“, der Reaktor-Synth „Prism“, das Sample E-Piano „Scarbee Mark I“ und der Kompressor „Solid Bus Comp“. 

Fotostrecke: 10 Bilder Zunächst gilt es, die Software Maschine 2.0 herunterzuladen.

Schlussendlich gilt es natürlich noch, die neu hinzugekommene Software via Service-Center zu registrieren. Die Hardware sollte daraufhin eigentlich problemlos erkannt werden. Auf unserem Testsystem gab sich Maschine Studio allerdings alle Mühe, das Gegenteil zu tun. Das erste Einstöpseln, welches zugegebenermaßen aus Versehen mit einem dazwischen geschalteten USB-Hub erfolgte, endete mit einer völlig fehlerhaften Installation. Im Anschluss installierte ich die Hardware-Treiber erneut und wies Maschine Studio eine USB-Buchse direkt auf dem Motherboard zu. Das quittierte Windows 7 zwar mit einer augenscheinlich korrekten Hardware-Installation, doch sobald ich die Software gestartet hatte, verfiel der Controller in regungslose Meditation und blinkte dabei alle fünf Sekunden lustlos vor sich hin. In einem letzten Aufbäumen gegen den Widerstand der Maschine wechselte ich das lange USB-Kabel (5 Meter), welchem das Leitungskontakt-Messgerät eine tadellose Verbindungsqualität attestierte und das problemlos mit der MK2 der Maschine Hardware funktionierte, gegen ein 1,5 Meter kurzes Modell. Und siehe da, die Sache lief. Eine Auskunft zu diesem seltsamen Verhalten war vom für gewöhnlich recht hilfsbereiten NI-Support bis zum Redaktionsschluss leider nicht zu bekommen – ich hoffe aber, es handelt sich hierbei um einen Einzelfall.

Fotostrecke: 2 Bilder So soll’s nicht laufen: Installation mit zwischengeschaltetem USB-Hub.

Maschine Software

Die gute Nachricht zuerst: Maschine-User der ersten Stunde dürfen ihre bereits angeeignete Bedienkompetenz behalten, denn das Grundkonzept wurde im Kern in fast allen Bereichen beibehalten. Die Schlechte: Auf den ersten Blick keine.
Tatsächlich befindet sich Maschine 2.0 schon seit zwei Jahren in der Entwicklung. Die gesamte Software wurde komplett neu programmiert, weil sich viele der Neuerungen im bestehenden Programm-Framework nicht oder nur sehr umständlich hätten integrieren lassen. Dazu zählen insbesondere der neue Mixer, über den nun ein übersichtliches Routing von Aux-Kanälen möglich ist, aber auch eine interne 32-Bit-Summierung und umfassende Multiprozessor-Unterstützung. Augenfälligste Neuerung der Nachfolgeversion ist zunächst einmal die Optik, die nun wesentlich aufgeräumter und weitaus zweidimensionaler ist, als bisher. Ich möchte fast zum Sprachkonstrukt „traktorischer“ greifen. An Fotorealismus gewonnen haben dagegen die Effekte, die nun in Form virtueller Geräte vom Bildschirm strahlen.

Fotostrecke: 3 Bilder Alles noch ein bisschen aufgeräumter: Maschine 2.0.

Die Highlights: Bemerkenswert ist zunächst einmal, dass nun „Takte und Zeit“ die oberste Hierarchieebene bilden und sich die Szenen-Clips brav darunter einordnen lassen. Überhaupt merkt man, dass die Hersteller ihre Maschine offenbar mehr und mehr in Richtung vollwertiger DAW treten wollen, denn im Grid-Editor haben jetzt die Werkzeuge Pinsel und Radiergummi Einzug gehalten und dank der Auto-Follow-Funktion schnurren Arrangements und Szenen jetzt brav unter dem Abspielcursor entlang – fast wie in einer Workstation. Das nun unendlich Gruppen und Effekt-Slots zur Verfügung stehen oder Makros auf so gut wie alles wirken können, nehmen wir wohlwollend zur Kenntnis. Richtig klasse ist auch die neue Vorhörfunktion (Cueing), die direkt aus dem Mixer heraus zur Anwendung gebracht werden kann. Eine mächtige Waffe im Live-Geschäft.
Eine „Herzensangelegenheit“ sei es laut Florian Grote von NI gewesen, „Maschine endlich einen eigenen Sound zu geben“ und genau dem tragen die fünf Drum Synthesizer (Kick, Snare, HiHat, Tom und Percussion) der neuen Version Rechnung. Die insgesamt 21 Modelle bieten dabei je nach Modul eine gute Auswahl an klangrelevanten und modulierbaren Parametern wie Stimmung, Ausklingzeit, Färbung oder Fellspannung. Allen Modellen gemein ist, dass man bei NI nicht das Klangmodell, sondern das klangliche Ergebnis vor Augen hatte. In unzähligen Hörsessions wurden also stilbildende, durchsetzungsstarke Drum Sounds analysiert und davon ausgehend nach Synthesemodellen gesucht, um diese Klänge zu generieren. Und nicht der umgekehrte Weg, dass man nämlich ein Synthesemodell erschafft und dann versucht, damit schlagkräftiges Schlagwerk zu erzeugen. Der Hörtest bestätigt den Erfolg der Mission, denn die Sounds können klanglich durchaus gegen ausproduzierte Samples bestehen.

Nicht nur optisch machen die neuen Drum Synthesizer einen guten Eindruck.
Nicht nur optisch machen die neuen Drum Synthesizer einen guten Eindruck.
Audio Samples
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Drum Synthesizer Maple Chrome Drum Synthesizer Rasper Vintage Drum Synthesizer Sub Volt Drum Synthesizer Groove 1 Drum Synthesizer Groove 2
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Praxis

Nach erfolgreicher Installation vergleiche ich zunächst einmal das GUI der alten Version 1.8 mit der neuen Fassung und stelle fest, dass sich die Software in der Large-Ansicht gut zehn Prozent mehr Pixel unter den Nagel reißt. Direkt danach möchte ich in einem kleinen Performance-Vergleich herausfinden, ob sich der neue Code in Bezug auf die Prozessorauslastung bemerkbar macht. Dabei stelle ich fest, dass Maschine im Fall von fehlenden Samples, den ursprünglichen Pfad zum Speicherort netterweise preisgibt. So ist offenbar ein Herr R. Linke der Schöpfer des Demo-Tracks “Overpower” aus der 1.8-er Version. Und er besitzt eine Festplatte mit dem Namen “BIGONE”. Erfreulich ist es zu sehen, dass die Projektdateien der 2.0 (Dateiendung „mxprj“) nun mit ungefähr einem Drittel der Dateigröße der früheren „Mprj-Dateien“ auskommen. Nicht ganz so positiv ist der Umstand zu werten, dass die Version „Zweipunktnull“ den CPUs offenbar mehr Leistungshunger entgegenbringt als der Vorgänger. Eine Stichprobe (dasselbe Projekt einmal in Maschine 2 und 1.8) ergab eine um fünf Prozent gesteigerte initiale Systemauslastung. Wohlgemerkt absolut und nicht proportional. Startet man nämlich ein aufwändiges Projekt, macht sich die optimierte Multicore-Unterstützung bemerkbar und der Rechenhunger kehrt sich um, sodass die neue Version ressourcenschonender dasteht.

Fotostrecke: 4 Bilder Interessant: Der Dateipfad des Demo-Track-Urhebers.

Einer der ersten Mauswege führt mich direkt auf den Mixer-Button, woraufhin die Song-Ansicht verschwindet und an derselben Stelle der neue Mixer erscheint. Auch die Pattern-Ansicht verdünnisiert sich in dieser Betriebsart zugunsten des neuen Channel Strips, in dem die Klangerzeuger und -verbieger in horizontaler Abfolge angeordnet sind. Besonders der Kompressor profitiert vom neuen GUI, denn er hat nun endlich eine visuelle Anzeige der Gain-Reduction spendiert bekommen. Zusätzlich wurde ihm eine Sidechain-Schaltung zur Seite gestellt, deren Eingang auf sämtliche internen Signalpfade hören kann. Als etwas unlogisch empfinde ich allerdings den Umstand, dass die Sidechain-Option nur in der klassischen Ansicht sichtbar ist. Dass dem Maus-Scrollrad nicht die Funktionalität zugewiesen wurde, in der Geräteansicht vertikal zu scrollen, empfand ich ebenfalls als etwas unpraktisch. Denn jedes Mal mit dem Mauszeiger runter bis zum Scroll-Balken zu navigieren, ist auf die Dauer etwas ermüdend. Bitte in einem Update nachreichen. Bis dahin kann man sich allerdings mit den darüber liegenden Geräte-Tabs recht gut behelfen, mit denen sich direkt zum ausgewählten Device springen lässt. 

Fotostrecke: 2 Bilder Nur in der klassischen Ansicht lässt sich (bislang) der Sidechain-Eingang konfigurieren.

Sehr gut dagegen gefallen mir die beiden neuen, dezidierten MIDI-Note- und Audio-Export-Taster, die an der rechten Ecke der Pattern-Ansicht ihren festen Platz gefunden haben. Hiermit lässt sich der aktuelle Pattern-Inhalt via Drag’n’Drop direkt in die gastgebende DAW verfrachten. Das ist ideal für Producer, die zwar gerne in Maschine ihre Beats basteln, jedoch das eigentliche Arrangement bevorzugt in der linearen Timeline-Ansicht ihres Audiosequenzers erstellen. Womit wir auch schon bei der neuen Timeline von Maschine 2.0 wären. Die oberste Zeile wird zwar immer noch von der Szene als mächtigstem aller Götter beherrscht. Direkt darunter hat nun aber auch eine Takt-Zeitleiste ihren Platz gefunden. Gerade in Verbindung mit der nun viel schneller und einfacher erreichbaren Pattern-Länge eröffnet dies die Möglichkeit, deutlich dynamischer und freier zu Arrangieren, als zuvor. Damit einhergehend sind auch Tabs für die Pattern-Länge verschwunden und haben den Weg freigemacht für eine freie Längenzeitleiste. Zudem werden kürzere Abschnitte nun gewissermaßen als „Ghost-Copy“ automatisch bis zum Ende der Szene ergänzt.
Wer jedoch mit munterem Eifer in die Arrangement-Ansicht klickt und hofft, er könne nun Szenen beliebig strecken und kürzen, Parts nach Herzenslust verschieben, kopieren oder mir Rechtsklick auswählen, wird enttäuscht. Denn auch Maschine 2.0 führt das rigide Diktat von „Patternlänge bestimmt Szenenlänge“ und „nur ein Pattern pro Szene“ weiter fort. Möchte man also beispielsweise im vierten Takt die „Gruppe B1“ den „Break A“ spielen lassen, bedarf es weiterhin einer zusätzlichen “Break A Szene”. Es ist also nicht möglich, den Break in den letzten Takt eines insgesamt viertaktigen Abschnitts zu packen. Für mich persönlich ist das nach wie vor eine kognitive Hürde, die ich über all meine Maschine-Jahre nicht zu überspringen vermochte. Ich verstehe es zwar, kann so allerdings nur mühsam arbeiten. Da aber ganz Busladungen von Producern im nahen und entfernten Freundeskreis ebenso wie Menschen, die ich gar nicht kenne, damit offenbar gut zu Recht kommen und hochkomplexe Tracks abliefern, kann ich an dieser Stelle kein negatives Urteil sprechen. Es ist eben das Pattern/Song-Prinzip und das liebt oder hasst man.
Und wo wir schon in der Pattern-Ansicht sind: Hier wurde die Auswahl der Automationsparameter noch einmal mächtig erweitert und vereinfacht. Für nicht so gut gelungen halte ich allerdings die Einschränkung, dass Automationskurven nicht frei als lineare Kurven mit Anfassern eingezeichnet werden können, sondern wahlweise stufig (entsprechend der Quantisierung) oder unquantisiert. Wer die Software als Gast einer DAW betreibt, der dürfte sich über die neue, vereinfachte Controller-Zuweisung freuen. Dazu klappt man einfach die Automationsleiste unterhalb der Parameterzeile auf und wählt dort (direkt unter dem zu steuernden Wert) wahlweise „Auto“ oder „Learn“. Bei „Auto“ heißt es, einfach eine freie CC-Nummer zu wählen und sie dem zu steuernden Parameter zuzuweisen, während im Lernmodus diese Zuweisung ganz automatisch beim Eintreffen eines MIDI-CC-Events erfolgt.

Fotostrecke: 2 Bilder Die gestufte Controller-Kurve.

Ebenfalls mit erweiterten Befugnissen ausgestattet wurden die Macro-Regler, die nun sowohl auf Sound-, Group- und Master-Ebene zum Einsatz gebracht werden können und in der entsprechenden Editor-Ansicht über Auswahllisten zuweisbar sind. An der Singularität dieser Regler, die somit im Widerspruch zum eigentlich Gedanken des Makros stehen (also der Erledigung mehrerer Bedienvorgänge mit einem), hat sich indes immer noch nichts geändert. Ohne Einschränkung positiv wirkt auf mich das aufgefrischte Screendesign des Sample-Editors, bei dem die vormals hinter einem kleinen aufklappbaren Pfeil versteckten Bearbeitungswerkzeuge nun in den direkten Zugriff am unteren Bildschirmrand gewandert sind. Dahin hat es nun auch die Sample-Trim-Parameter verschlagen, die zuvor über der Wellenformdarstellung angeordnet waren.
Positiv fällt zudem eine der Kernqualitäten von Maschine ins Gewicht, nämlich dass jede Form der Klangerzeugung (Sample, Plugin, Drum Synthesizer) innerhalb einer Gruppe friedlich koexistiert. Folglich ist es am Ende, sprich beim Spielen auf den Spitzenklasse-Pads, egal, was dort den Klang erzeugt und welche Effektverkettung noch dahinter kommt. Gerade diese freie Konzeption in Verbindung mit der Tatsache, dass das Drum Grid gleichberechtigt und nur einen Mausklick entfernt von der tonalen Pianoroll-Ansicht existiert, macht Maschine so mächtig, wenn es darum geht, zeitgemäß verfrickelte Rhythmuskreationen abzuliefern. Die einzige DAW, die diesem Konzept meines Wissens nach ernsthaft etwas entgegenhalten kann, ist derzeit Ableton Live. Dort allerdings ist die Gefahr ungleich höher, in den nirvanisch verschalteten Plugin-Ketten die Übersicht zu verlieren, als in Maschine 2.0. Der potenzielle Orientierungsverlust ist allerdings auch hier gewachsen, denn die nunmehr unbeschränkte Anzahl von Szenen, Gruppen und Sounds befördert natürlich das parasitäre Wachstum von Projekten.

Fotostrecke: 2 Bilder Wesentlich aufgeräumter als beim Vorgänger präsentiert sich:
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Fazit

Die neue Maschine-Hardware ist fraglos eine weitere gelungene Verfeinerung eines ohnehin schon guten und schlüssigen Bedienkonzeptes. Die Informationsdichte und visuelle Aufbereitung durch die neuen Displays, das komfortable Platzangebot mit erweiterten Funktionstasten und Push-Jogwheel und die Meteringsektion samt Quellenumschalter nebst dezidiertem Lautstärke-Regler machen die tägliche Arbeit mit dem Produktionswerkzeug einfacher und komfortabler. Ein integriertes Audiointerface hätte meiner Meinung nach der Schlüssigkeit des Gesamtkonzeptes zusätzlichen Vorschub geleistet. Aber vielleicht will man auch einfach Platz in der Pipeline für eine Maschine Studio I/O oder Plus lassen, aber das ist natürlich reine Spekulation. Fakt ist dagegen, dass die runderneuerte Softwareversion aus einem ohnehin schon mächtigen Werkzeug ein noch besseres macht. Heraus stechen hier die neuen virtuellen Drum Synthesizer. Sie alleine genügen mit ihrer einfachen Bedienung bei gleichzeitig potentem Sound als Update-Argument für Bestandskunden. Nicht zu vergessen die neu hinzugekommene Mixer-Ansicht, aus der heraus sich Routing-Aufgaben, das Beschicken von Aux-Wegen und das Aufrufen von internen und externen Plugins nun entschieden schneller und übersichtlicher erledigen lassen. Im Detail wünsche ich mir allerdings noch eine engere Verzahnung der neuen mit den alten Features. Dass man beispielsweise zum Aktivieren der Sidechain-Schaltung vom schicken Channel-View in die klassische Ansicht wechseln muss, wirkt noch etwas ungeschliffen. Auch das tag-basierte Browsing ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Und wenn dann noch eines fernen Tages endlich die rigide Szenen-Diktatur endet und freie Patterns sich frei auf der Zeitachse bewegen dürfen, mache ich auch noch den letzten Stern voll. Da die vorliegende 2.0 nach der Neuprogrammierung des gesamten Codes gewissermaßen wie eine 1.0 zu behandeln ist, dürfte hier in naher Zukunft sicherlich noch manches Feature optimiert und das eine oder andere Pixel umgestellt werden. In der Summe ist Maschine mehr denn je eines der ausgereiftesten Werkzeuge unserer Zeit zum Erschaffen pattern-orientierter Musik und Maschine Studio ein luxuriöser Controller um die Software haptisch zu befehligen. Dafür zahlt man dann allerdings auch eine durchaus stattliche Summe von 999 Euro UVP. Für „Stamm-Maschinisten“ ist das Update auf die 2.0-Software dagegen preislich mehr als angemessen und uneingeschränkt zu empfehlen.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Hochintegriertes Konzept
  • Durchdachter Workflow
  • Koexistenz aller Soundquellen (Sample, Plugin, Drumsynth) innerhalb einer Gruppe
  • Aussagekräftige integrierte Displays
  • Klanglich und funktional hochwertige Werks-Plugins
  • Klangliches Potenzial der neuen Drum Synthesizer
  • Überragende Drum Library
Contra
  • Striktes Pattern/Song-Prinzip
  • Kein integriertes Audiointerface
  • Makros wirken nur auf einen Parameter
  • Nur Offline-Timestretching
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Native Instruments Maschine Studio Test
Für 714,00€ bei
Native Instruments Maschine Studio
Native Instruments Maschine Studio
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Profilbild von feltas

feltas sagt:

#1 - 19.03.2014 um 22:01 Uhr

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HalloIst es möglich, die einzelnen Songs zu verbinden (innerhalb der Maschine ohne DAW)?

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