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Nord Electro 5D 61 Test

Mit dem Nord Electro 5 haben Clavia / Nord Keyboards die fünfte Generation des beliebten Vintage-Stagepianos präsentiert. Wie der Vorgänger Nord Electro 4D / 4 HP ist der Nord Electro 5 in drei Varianten erhältlich: Die Versionen Nord Electro 5D 61 und 73 wenden sich mit Zugriegeln und Waterfall-Tastaturen an die Organisten-Fraktion (diesmal ist auch die 73er-Version mit Zugriegeln ausgestattet), während der Nord Electro 5 HP mit einer Hammermechanik-Tastatur den Schwerpunkt auf Klavier und E-Piano legt. Alle drei Versionen sind mit vielen neuen Funktionen ausgestattet. Wir haben den Nord Electro 5D 61 im Test.

Der Nord Electro 5 (hier der 5D 61) bietet u.a. erstmals eine Split-/Layer-Funktion


Allem voran ist mit dem Nord Electro 5 nun endlich das Layern bzw. Splitten der Tastatur möglich, was bei Nord bislang Benutzern des Nord Stage vorbehalten war. Darüber hinaus wurde der Speicherplatz für die Piano- und Sample-Sektionen stark vergrößert, sodass nun mehrere Piano-Sounds in XL-Größe und zahlreiche Synth-Sounds in den Speicher passen. Viele weitere Neuheiten verstecken sich im Detail – so gibt es nun ein OLED-Display, auf dem wesentlich mehr Informationen angezeigt werden, und einen Setlisten-Modus zum schnellen Abrufen von Presets. 

Details

Konzept

Bislang gab es im Hause Clavia bzw. Nord Keyboards eine strikte Trennung zwischen den Produktreihen Stage und Electro. Wer keine Features vermissen wollte und die Synth-Sektion benötigte, war mit dem Nord Stage gut beraten. Dagegen war der Nord Electro bislang eher puristisch konzipiert: Er war monotimbral, hatte einen recht kleinen Speicher für Pianos und die Sounds der Nord Sample Library und verzichtete auf die Synthesizer-Abteilung. In puncto Bedienung hatte dieses Konzept durchaus seine Vorzüge, denn für das Spielen auf dem Nord Electro brauchte man praktisch keine Bedienungsanleitung.
Beim Nord Electro 5 wurde dieses Konzept nun etwas erweitert: Der Klang steht weiterhin an höchster Stelle, jedoch hat man sich dafür entschieden, die Monotimbralität aufzuheben. Ein kleiner Schritt in Richtung Nord Stage also, den sicherlich nicht nur ich sehr begrüße. Gerade im Live-Betrieb ist es ein großer Zugewinn, mehr als einen Sound zur Zeit spielen zu können. Was der Electro 5 sonst noch kann und welche neuen Features sich unter seiner roten Haube verstecken, wollen wir nun herausfinden.

Fotostrecke: 5 Bilder Im gewohnten Rot: der Nord Electro 5D 61

Gehäuse

Relativ klein und kompakt kommt der kleine Rote daher und ich bin erstaunt, dass der Nord Electro 5D 61 selbst mit Lieferkarton noch klein wirkt. Im direkten Vergleich zum 4D ist der 5D sogar 3 mm flacher und 4 mm weniger tief. Die Breite von 90 cm ist gleich geblieben. Das Gewicht hingegen hat etwas zugenommen: Wog der 4D noch 7,65 kg, so bringt der 5D nun 8,1 kg auf die Waage. Trotzdem bleibt der Nord Electro ein wahres Leichtgewicht!

Anschlüsse

Nur unwesentlich hat sich die Rückseite des Nord Electro 5D verändert. So findet man hier weiterhin zwei Klinkenausgänge, einen Kopfhörerausgang (6,3 mm) und einen Audioeingang im Miniklinkenformat. Etwas weiter mittig befinden sich MIDI-In/Out sowie eine USB-Buchse und daneben die Anschlüsse für Control- und Rotor-Pedal. Einzig der Sustain-Pedal-Anschluss wurde auf die andere Seite der MIDI-Buchsen verlegt, was ganz einfach verhindert, dass man das Sustain-Pedal versehentlich in die Control- oder Rotor-Buchse steckt. Auch wenn man es kaum glaubt, das ist mir beim Nord 4D tatsächlich häufiger passiert. Beim Auftritt gab es dann so manches Mal eine kleine Schrecksekunde …

Fotostrecke: 4 Bilder Die Ru00fcckseite hat sich nur geringfu00fcgig veru00e4ndert.

Bedienoberfläche

Rein optisch gesehen ist Nord dem Design des Vorgängermodells treu geblieben. Einem ungeschulten Auge würde der Unterschied zwischen dem Nord Electro 4D und 5D vermutlich kaum auffallen. Tatsächlich ist beim neuen Modell aber – bedingt durch den Split- bzw. Layer-Modus – ein leichter Zuwachs an Knöpfen und Drehreglern zu verzeichnen und das Bedienfeld ist linkslastiger als beim Vorgänger. Optisch stört das nicht, aber links vom Bedienfeld ist nun nicht mehr so viel Platz wie beim Electro 4D, der auf beiden Seiten des Panels Möglichkeiten zum Ablegen bot.

Display

Ein wirkliches Highlight des Electro 5D ist das neue OLED-Display mit einer Auflösung von 128 x 64 Zeichen, auf dem nun viele Informationen angezeigt werden können – wesentlich mehr als auf der bis dato verbauten und oft kritisierten dreistelligen 7-Segment-LED-Anzeige. Alle Sounds können nun per Display mit einem Namen versehen werden, zur Auswahl der Buchstaben dienen Dreh-Encoder und Shift-Knopf. Typischerweise werden auf dem Display auch die im Preset abgespeicherte Position der Drawbars sowie die Namen der verwendeten Piano- oder Synthesizer-Samples angezeigt, so wie letztere namentlich auch in der Editor-Software „Nord Sample Manager“ auf dem Rechner auftauchen.
Schön ist auch der „List View“-Taster, der eine Liste der gespeicherten Presets aufruft. Das erleichtert die Suche nach einem bestimmten Programm erheblich. Insgesamt bringt das neue Display sprichwörtlich Licht ins Dunkel, da beim Nord Electro 5D nun erstmals konkrete Informationen zu allen Reglern und Tastern im Display angezeigt werden. Mir persönlich gefällt die Möglichkeit, Einstellungen im Display kontrollieren zu können – beim Vorgängermodell hatte man nur die Möglichkeit, sich auf sein Ohr zu verlassen. Besonders bei den Drawbar-Settings profitiert man vom Display, genau das fehlte beim Vorgängermodell. Mit dem Display kann man nun endlich auch die physischen Zugriegel in die Position des jeweils aktuellen Presets bringen. Das „Recall“-Problem ist somit zumindest annähernd gelöst.
Natürlich werden auch zahlreiche Effekt-Einstellungen im Display angezeigt, so z.B. die Effect-Rate (in Hz) oder eine BPM-Angabe zur aktuell getappten Delay-Zeit. Äußerlich gibt deswegen auch noch eine erfreuliche Nachricht: Die Untermenü-Funktionen (System, MIDI, Sound) sind nicht mehr auf der Oberseite des Gehäuses aufgedruckt, was wegen des größeren Displays nicht mehr vonnöten ist. Der Electro 5D erstrahlt also noch etwas konsequenter in seiner roten Farbe.

Drehregler

Wie schon erwähnt befindet sich neben dem Display ein gerasterter Endlos-Dreh-Encoder, der die früher verbauten Value-Taster ersetzt und ein schnelles und komfortables „Durchscrollen“ durch Presets ermöglicht. Wer allerdings das einfache Weiterschalten mit den Tastern der Vorgängermodelle schätzte, wird sich diesbezüglich etwas umgewöhnen müssen. Ich persönlich würde hier deutlich für beide Möglichkeiten plädieren.

Fotostrecke: 4 Bilder Das Bedienfeld ist linkslastiger geworden.

Speicherplatz

Der neue Nord Electro hat 1 GB Speicherplatz für die Pianos und 256 MB für die Sample-Abteilung spendiert bekommen. Ehrlich gesagt wurde es ja auch Zeit, denn die kleine Speichergröße gab beim Nord Electro immer wieder Anlass zur Kritik. Immerhin bieten die Nord Sample Librarys eine enorme Vielfalt an Piano- und Synthesizer-Sounds – das lästige Sound-Tetris-Spiel in den Nord Electros hat also nun (vorerst) ein Ende.

Split- und Layerfunktion

Aufgrund der Split- und Layerfunktion hat sich die Architektur und damit auch das Bedienfeld etwas verändert. Zur Anwahl der Sounds gibt es mittig unter dem Display die beiden Bedieneinheiten „Part Lower“ und „Part Upper“. Beide Parts verfügen über jeweils drei Taster mit Doppelfunktion, wobei letztere immer mit der Shift-Taste aktiviert werden. Bei einfachem Betätigen des On/Off-Tasters wird ein Part aktiviert bzw. deaktiviert. Drückt man ihn zweimal schnell hintereinander, so wechselt man zwischen den Kategorien Orgel/Piano/Sample, was per LED über dem Schalter angezeigt wird. Das mag zunächst etwas verwirrend klingen, jedoch bekommt man den Dreh zur Anwahl einer Kategorie schnell raus: Zum Einschalten des Parts 1x drücken, dann die gewünschte Sektion auswählen mit schnellem Doppel-Drücken.
Mit den beiden darunterliegenden Tastern bestimmt man die Oktavlage des Parts oder aber jeweils zusammen mit der Shift-Taste, ob der Part auf das Sustain- und/oder Controller-Pedal reagiert. Das ist gar nicht mal schlecht gelöst: Bei einem Layer-Sound, bestehend aus Piano und Synthesizer Pad, kann man so beispielsweise das Control-Pedal für das Pad reservieren und den Synthesizer-Anteil mit dem Pedal hinzufahren, während das Piano unverändert in der Lautstärke bleibt. Zur grundsätzlichen Balance-Einstellung der beiden Parts dient das „Part Mix“-Poti – in Mittelstellung erklingen beide Parts gleich laut.
Mit den beiden Parts können übrigens immer nur Sounds aus verschiedenen Kategorien angewählt werden. Es ist also nicht möglich, zwei Piano-Sounds oder zwei Sample-Sounds zu überlagern oder zu splitten – diese Möglichkeit wurde dem Nord Stage vorbehalten.
Apropos Splitmodus: Diesen aktiviert man ganz simpel mittels „KB Split“-Taster. Die Tastatur kann dann an einem von sechs festen Splitpunkten in zwei Bereiche aufgeteilt werden. Die Auswahl der Splitpunkte, die oberhalb der Tastatur mit grünen LEDs gekennzeichnet sind, werden mittels gedrückter Shift-Taste und Drehen des Encoders neben dem Display angewählt. Wie beim Nord Stage lässt sich der Splitpunkt also nicht völlig frei wählen, was nicht jedem gefallen wird. Ich persönlich habe beim Ausprobieren aber festgestellt, dass die sechs Punkte für meine Zwecke in der Praxis vollkommen ausreichen.

Orgel

In der Orgel-Sektion gibt es ein paar kleine Updates, denn nun ist auch das Leslie aus der Nord C2D im Nord Electro 5D zu finden. Das Leslie kann in der Normal- und Close-Variante gewählt werden und verfügt über einen noch realistischeren Klang. Auch die Verzerrung wurde überarbeitet.
Im sogenannten B3+Bass-Modus, direkt neben dem regulären B3-Modus, kann mit der linken Hand das Fußbass-Register (bestehend aus 16- und 8-Fuß Zugriegeln) aktiviert werden. Wem das noch nicht reicht, der kann den optional erhältlichen Nord Halfmoon Switch an den Nord Electro montieren, zwei Löcher zur Befestigung sind auf der Unterseite des Instruments vorbereitet.
Weiterhin enthält die Orgelsektion auch eine neue Pfeifenorgel-Simulation, die genau wie die B3 mit den neun Zugriegeln gespielt werden kann. 

Die Orgelsektion des Nord Electro 5 bietet u.a. die Leslie-Simulation aus der C2D

Piano

In der Piano-Abteilung gibt es außer dem größeren Speicher keine bahnbrechenden Neuheiten zu vermelden, aber auch hier versteckt sich ein kleines Detail. Mit dem „KBD Touch“-Taster lassen sich drei Velocity-Kurven auswählen, um die Anschlagdynamik an die persönlichen Vorlieben anzupassen.

Sample Synth

Beim Nord Electro 5 wurden die Bereiche Piano und Sample Synth voneinander getrennt und in zwei Sektionen unterteilt. Bedenkt man, dass der Nord Electro 5 nun 256 MB Speicherplatz für die Sounds der Nord Sample Library besitzt (beim Electro 4 waren es nur 68 MB), dann ergibt diese Entwicklung natürlich Sinn – je mehr Samples hinein passen, desto leichter sollte dann auch die Auswahl vonstatten gehen. Auch hier wurde ein Dreh-Encoder zum schnelleren Anwählen eingebaut.
Für die Einstellung der Hüllkurve hat Nord dem Electro 5 zwei schlichte, aber intuitive Regler spendiert. Der obere Regler verleiht den Samples Attack-Zeiten von 0,5 ms bis 45 Sekunden. Der untere Regler hat eine Doppelfunktion: Dreht man ihn nach rechts, so verleiht er dem Sample eine Release-Zeit zwischen 0 und 45 Sekunden, während er in der anderen Richtung auf das Decay des Samples wirkt (3 ms – 43 Sek). In der Mittelposition ist er unwirksam. Die beiden Regler sind also eine Art ADSR-Hüllkurve in Miniform. Über diesen beiden Reglern befindet sich der „Dynamic“-Taster, der ebenfalls eine Doppelfunktion erfüllt. Einerseits lässt sich hier die Anschlagsempfindlichkeit für die Lautstärke in drei Stufen einstellen. Zusätzlich kann mit der Shift-Taste ein Lowpass-Filter aktiviert werden, das den Samples bei leichtem Anschlag einen dumpferen Sound verleiht. Insgesamt gefällt mir diese Abteilung sehr gut, weil sie kompakt und sehr intuitiv zu bedienen ist.

Effekte

Neu im Nord Electro 5D ist die Tatsache, dass alle Effekte nun in Stereo-Ausführung vorliegen. Delay und Reverb wurden voneinander getrennt und als zwei separate Effekte ausgeführt, wobei das Reverb sozusagen als „abschließende Instanz“ in schwarzer Farbe hinterlegt ist. Schaut man näher hin, so entdeckt man auch zwei neue Effekte: Hinter dem „Vibe“-Effekt versteckt sich eine Vintage-Pitch-Modulation und im Effektblock 3 kann nun ein Tube-Distortion-Effekt aktiviert werden. Der Block 2 bietet einen neuen „Deep“-Taster, mit der die Intensität des angewählten Modulationseffekts noch angehoben werden kann. Mit Ausnahme des Reverbs können alle Effekte jetzt auch wahlweise den einzelnen Parts zugeordnet werden, was sich mit Hilfe des Shift-Tasters und dem On/Off-Schalter sehr leicht realisieren lässt.

Setlist Mode

Um den Nord Electro 5 in puncto Live-Tauglichkeit zu verbessern, wurde er mit dem sogenannte Setlist Mode ausgestattet. Im Setlist Mode können jeweils vier Sounds zu einem „Song“ zusammengefasst werden und in einer virtuellen Setliste auf 200 Speicherplätzen abgespeichert werden. Das Erstellen dieser Setliste ist ohne Software ganz einfach über das Gerät möglich. Dank des neuen Displays hat man im Setlist Mode zwei Ansichten zur Verfügung: In der Song-Ansicht wird das aktuelle Song-Preset inklusive der darin gespeicherten Sounds angezeigt und in der Listen-Ansicht die Reihenfolge der Songs in der virtuellen Setliste.

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