Reason Studios Reason 12 Test

Die Ankündigung von Reason 12 hatte in der Fangemeinde bereits im Vorfeld für Furore gesorgt: „Abo-Modell!“, „Wieder nicht das Feature XY!“ Das Update zur Vorgängerversion Reason 11 war mit dem Reason-Rack, neuen Effekten und Instrumenten sowie einer Vielzahl an Workflow-Verbesserungen hingegen eines, das die Erwartungshaltung hochgeschraubt hatte. Reason 12 bringt nun hochauflösende Grafiken, einen neuen Sampler, eine schnellere Suche und einen überarbeiteten Combinator. Aber reicht das?

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Die Empörung war groß, als Reason Studios Anfang des Jahres die Einführung von „Reason+“ ankündigten. Reason im Abo? 19,99 Euro im Monat für immer? Zur Beruhigung aller Abo-Gegner können wir gleich vorwegnehmen: Reason gibt es nach wie vor auch zu kaufen. Was es dabei im Vergleich zum Abo lediglich nicht gibt: wöchentliche Soundpacks und sofort die neuesten Features und Updates. Auf diese müssen Besitzer der Kaufversion zukünftig etwas warten, ähnlich wie bei iZotopes neuem Abo-Modell. Letztendlich hat bei Reason Studios nun auch einfach die Einsicht Einzug erhalten, die sich zunehmend in der Musiksoftwarebranche breit macht: Abos lohnen sich. 

Details

Reason 12 in 4k – gestochen scharf Kabel ziehen

Reasons Benutzeroberfläche inklusive aller Instrumenten und Effekte ist nun hochauflösend. Wer einen 4k-fähigen Bildschirm sein Eigen nennt oder mit einem Retina-Bildschirm eines Apple-Rechners arbeitet und schon einmal mit zusammengekniffenen Augen vor den Plugins oder DAWs anderer Hersteller saß, wird Freudensprünge machen: endlich alles scharf, endlich skalierbar! 

Fotostrecke: 2 Bilder Kabel in High Defintion.

Was in Programmen anderer Bereiche wie etwa in der Bildbearbeitung, bei Office-Lösungen oder im Game-Design längst angekommen ist, hat bei vielen DAWs und Plugins bisher noch keinen Einzug erhalten. Hier sind die Technik und die verfügbare Bildschirmauflösung der Software einen gewaltigen Schritt voraus – umso besser, dass Reason nun komplett auf hochauflösend umsattelt. Selbst Urgesteine wie NNX-T oder Dr. Octo sehen in ihrer Neunziger-Optik gestochen scharf aus. 
Stichwort Oberfläche: An der Suchfunktion im Browser von Reason 12 wurde auch sichtbar gearbeitet. Bisher war das Suchen nach Instrumenten, Effekten und Presets dort teilweise eine echte Geduldsprobe. Nun kommt man blitzschnell zum gesuchten Device. 

Neuer Sampler in Reason 12 – Mimic 

Zweite große Neuheit: Mimic. Ein Sampling-Instrument, das in die Richtung des neuen Samplers in Logic Pro oder von Simpler in Ableton Live geht. Die Messlatte für neue Sampler ist also hoch. Das Time-Stretching zum Beispiel, also das Halten der Abspielgeschwindigkeit eines Samples bei veränderter Tonhöhe, ist in den meisten heutigen Software-Samplern vorhanden und deshalb auch Teil von Mimic.

Audio Samples
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05. Piano Sample 06. Piano Sample in Mimic mit Advanced Algorithmus 07. Piano Loop 08. Piano Loop in Mimic auf 50% Speed mit Advanced Algorithmus 09. Piano Loop in Mimic auf 50% Speed mit Melody Algorithmus

Fünf verschiedene Time-Stretching-Modi gibt es in Mimic. Die Standardeinstellung ist immer Tape. Bei diesem Modus wird gar kein Time-Stretching angewendet, denn der Sampler verhält sich wie eine alte Bandmaschine. Je höher die abgespielte Note, desto schneller wird das Sample abgespielt. „Advanced” ist besonders für polyphones Audiomaterial, also zum Beispiel für ganze Songschnipsel oder Orchester-Loops geeignet. 

Bei Stretch wechselt man zwischen den Timestretching-Modi.
Bei Stretch wechselt man zwischen den Timestretching-Modi.

Der „Melody“-Modus passt am ehesten zu monophonem Material, also zu Bass-Linien oder einzelnen Blasinstrumenten. „Vocal“ ist, wie der Name schon sagt, besonders gut beim Verarbeiten von Vocal-Samples- und „Granular“ arbeitet klassisch mit Granular-Synthese. Das Sample wird hier in kleine „Grains“ gesplittet und diese dann vervielfacht, um die bei langsamerem Abspielen entstehenden Lücken zu füllen. So funktionieren auch die Algorithmen aller DAWs wie Warp in Ableton Live oder Vari Audio in Cubase.
Wie es sich für einen Sampler gehört, gibt es mehrere Sample-Modi. Bei „Pitch“ wird aus einem Sample ein ganzes Instrument, das auf allen Tasten per Time-Strechting spielbar ist. „Slice“ zerschneidet ein längeres Sample automatisch und legt die Slices auf einzelne MIDI-Noten. „Multi-Slot“ verteilt mehrere Samples aus insgesamt acht Slots automatisch auf einzelne Tasten, so wird aus Mimic ein spielbares Drumkit. „Multi-Pitch“ wiederum macht Sample-Layering möglich. Hier können Samples aus den acht Slots gleichzeitig abgespielt oder auf Bereiche der MIDI-Tastatur verteilt werden.

Fotostrecke: 2 Bilder Auf dem kleinen Keyboard unter der Sample-Ansicht ist die Tastenbelegung zu sehen.

Dazu gibt es ein Filter mit acht Filtertypen, zwei Hüllkurven, einen Lo-Fi-Multi-Effekt mit verschiedenen Bitcrusher- und Distortioneffekten, einen LFO und einen High-Pass- und Low-Pass-EQ am Ausgang. Außerdem hat Mimic auf der Rückseite vier CV-Eingänge. An diese können Hilfsgeräte wie der Pulsar-Dual-LFO oder der Matrix-Pattern-Sequencer im Rack angeschlossen werden. Auf der Vorderseite gibt es dann Modulationsziele wie „Pitch“, „Speed“ oder „Cutoff“, die über diese vier CV-Signale moduliert werden können – ein echtes Sounddesign-Paradies.

Konkurrenz zu The Grid? – Combinator 2.0

Der Combinator, bisher nur einfaches „Gehäuse“ für die Verkettung mehrerer Instrumente und Effekte, ist zum regelrechten Baukasten aufgebohrt worden. Bisher konnte man Instrumente und Effekte aus Reason in einem Combinator, Überraschung: kombinieren. Konkret bedeutet dies, dass sich die Instrumente weniger über Regler fernsteuern ließen und als Gesamt-Preset gespeichert werden konnten. Der neue Combinator bringt nun 32 Regler und Knöpfe mit. Das lädt dazu ein, richtige Multi-Instrumente zu bauen.

Fotostrecke: 2 Bilder Der alte Combinator.

Im Entferntesten ist das vergleichbar mit The Grid in Bitwig. Dort kann man aus einzelnen Modulen Instrumente und Effekte bauen. Und diese mit der Community zu teilen. Einhundert neue Combinator-Presets sind dabei, um das Ganze auszuprobieren. Dazu sind laut Reason Studios gut eintausend alte Combinator-Patches auf das neue Format angepasst worden – mehr dazu im Praxisteil.

Companion-App und Soundpacks

Wer sich für das Abo-Modell Reason+ entscheidet, wird schnell Bekanntschaft mit der sogenannten „Companion“-App machen. Diese startet automatisch mit Reason (das kann in den Einstellungen von Reason aber auch deaktiviert werden) und zeigt neben verfügbaren Rack Extensions und Instrumenten die wöchentlich erscheinenden Soundpacks.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Packs sind sofort ohne Neustart in Reason verfügbar.

Groß sind diese nicht, meist sind es zehn bis fünfzehn Sounds (Loops und Presets für Reason-Devices). Aber ihre Vielfalt geht weit über den Einheitsbrei hinaus. Lädt man ein Paket mit Loops und Presets, können diese sofort in Reason 12 oder im Reason Rack Plugin genutzt werden. 

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