Der Neve MBT ist da! Rupert Neve Designs präsentiert einen neuen, mächtig dicken Stereo-Channelstrip. Der sieht dem SSL Fusion gar nicht mal so unähnlich und enttarnt sich damit als Multi-Effekt-Prozessor für Stereo-Bus und Master. Der Neve „Master Bus Transformer“, so die eigentliche Bezeichnung, reiht sich als Akronym perfekt zwischen Master Bus Processor und Master Bus Converter ein. Kurz heißt das Trio dann: MBP, MBT und MBC – von RND.
Das bedeutungsschwangere Wörtchen Master soll uns allerdings gar nicht weiter verunsichern, denn hinter dem MBT verbirgt sich schlicht eine pfiffige Color-Box für sämtliche Stereosignale.
Dröseln wir das Konzept im Test also einmal auf – Erläuterungen darüber, wie wichtig Rupert Neve für die Musikgeschichte war und ist, erspare ich mir.
Quick Facts zum Rupert Neve Designs Master Bus Transformer
- analoger Stereo “Master-Color” Prozessor
- “Super Silk” mit eigenen Interstage-Übertragern zur Sättigung
- 2-Band-Shelf-EQ mit +/- 9 dB Gain, Hochpassfilter 15 – 100 Hz
- “Colour Comp” Opto-Kompressor und “Width” für Stereobasisverbreiterung
DETAILS
(Purple) Color Box Deluxe
Der RND MBT ist ein amerikanischer 19-Zoll-„Mastering“-Prozessor mit sechs Bearbeitungsstufen für Stereosignale in Class-A Transistortechnik. Matt-schwarz mit eloxierten Poti-Kappen.
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Das Repertoire umfasst eine Eingangsstufe mit Low-Cut, einen 2-Band Shelf-EQ, einen Opto-Compressor sowie die Stereobreitenvergrößerung aka „Width“. Das „Super Silk“ genanntes Harmonics-Processing mit Zener-Clip gibt es als Finale.
Alles inklusive reichlich “Custom-Made” Rupert Neve Übertragern. XLR rein, raus – fertig.
Alternative zum SSL Fusion?
Nicht ganz der typische Kanalzug, aber auch kein neues Konzept: Der britische SSL Fusion beginnt mit Input und Low-Cut ähnlich, zieht allerdings Vintage-Drive vor und bringt erst dann den Smiley-EQ und seinen HF-Compressor ins Spiel.
Width agiert in beiden Fällen recht ähnlich und ist mit EQ und Weite einfach gehalten und damit nicht so komplex wie bei dem Neve MBP oder gar SPL Big. Der Fusion präsentiert sich außerdem flexibler, verfügt sogar über einen Insert plus M/S-Matrix sowie Pre-EQ-Option.
Der Neve hält davon gar nix und ist doppelt so teuer – stolz!
Neve MBT – Sexy Haptik
Verarbeitung und Haptik fallen allerdings hervorragend aus! Rupert Neve Designs ist geil, keine Frage. Die Haptik ist anmutig, die Frontplatte dick und der Kasten satte 7 kg schwer.
Abstand zwischen den Reglern gibt es endlich auch genug, alles erstreckt sich übersichtlich auf 2 HE, schön gruppiert und nicht so gequetscht wie bei dem Shelford-Channel. Größere Poti-Kappen gibt es außerdem, hochauflösende LED-Ketten für den Output von 0 bis 24 dBu sowieso – Herz, was willst du mehr?!
Vollendet veredeltes Spitzengerät
Besonders fein getrimmt zeigt sich die Front mit 17 Potis, die alle jeweils 31 Positionen kennen und subtil „einrasten“. Es handelt sich aber nicht um echte Drehschalter. Die Ranges der Parameter hat man für den feinfühligeren “Master”-Einsatz ebenfalls angepasst.
Schauen wir uns die einzelnen Stufen einmal genauer an – allerdings nicht ohne einen genaueren Blick auf das folgende Blockschaltbild geworfen zu haben.
Kräftiger Input ohne Trafo
Im Eingang gibt es keine Übertrager, los geht es schlicht mit INPUT TRIM. Dieser reguliert zwischen +/- 12 dB und hebt das Signal auf knackiges Arbeitsniveau – und zwar durchgängig in Class-A Technik.
Die beiseite gestellte Pegel-LED blinzelt ab -20 dBu grün und leuchtet warnend rot, sobald die +23 dBu überschritten werden. Danach clipped es augenblicklich und das recht unschön – gelbes LED-Licht davor wäre angebracht gewesen.
Low-Cut plus Shelf-EQ
Es folgt der High-Pass-Filter, HPF. Mit 6 dB/Oct beschneidet dieser sanft und bemerkenswert transparent. Der Einsatz beginnt bei 15 Hz und endet bei 100 Hz; regelbar mit einem Poti sowie einzeln aktivierbar mit dem HPF IN.
Wie alle IN-Taster quittiert er mit grüner Beleuchtung – einzelne Bearbeitungsschritte im Verlauf des Processing zu isolieren wird somit ein Leichtes.
Es folgt der einfache 2-Band EQUALIZER, der einen LF Shelf und einem HF Shelf mit jeweils +/- 9 dB Hub anbietet. Der Bass arbeitet zwischen 30 Hz und 240 Hz, der Treble ab 3 kHz bis 24 kHz. Persönlich hätte ich ein Peak/Notch-Filter für die Mitten noch gutgeheißen. Aber nun gut, so bleibt es simpler.
Opto–Color-Comp mit SC-Filter
Kommen wir zum Hauptgang, bei dem es sich, überraschenderweise, nicht um ein 33609 oder 2254/5254-Derivat, sondern um einen waschechten Opto-Kompressor mit flexiblem Sidechain-Filter handelt.
Das Highpass-Filter des Sidechains aka S/C HPF schließt Informationen zwischen 20 Hz und 350 Hz vom Detektor-Signal aus. Die Attack ist fix bei 20 ms, die Release kann zwischen 100 bis 1500 ms geregelt werden.
Der Threshold löst von 0 bis +24 dBu auf, die Ratio wiederum kennt zwei Verhältnisse, 2:1 oder 5:1. Diese werden per HI/LO RATIO-Taster definiert. Die GAIN REDUCTION wird nur mit einer grünen LED realisiert.
Ein Make-up mit bis zu 20 dB Gain steht ebenfalls zur Seite, das auch dabei hilft, die folgenden Interstage-Trafos zu pushen. Und der BLEND Regler ermöglicht parallele Applikationen.
Kompliziertes Wort: Width
Bevor es aus dem Compressor in den Super Silk geht, werden die Seiten verarztet: Das geschieht mit WIDTH, der ab einer gewissen Frequenz, das Seitensignal – und damit die Rauminformationen – verstärkt und somit “verbreitert”.
Die Eckfrequenz seines Filters reicht von 50 Hz bis 800 Hz, der Width selbst kennt die Beschriftung “min. bis max.” Ein schöner Effekt, hier besonders ausgefeilt ist und stets stabile Mitten erhält.
Übertrager-Sättigung mit “Purple Super Silk”
Es folgt das Finale, der SUPER “Purple” SILK. Dabei handelt es sich um eine Sättigungsstufe mit Trafos, die mit dem bekannten RED- und BLUE-Silk-Anteil nun gleichzeitig beschickt werden kann, um markante Kern-Sättigung zu erzeugen.
Erstmals kann man beide Anteile gemeinsam verwenden. Bei anderen Rupert Neves musste man sich immer zwischen „Red oder Blue“ entscheiden – hier geht nun auch “All Buttons In” äh “Purple”. Etwas nervig-hell das Lämpchen dazu, aber nun gut.
Die Verzerrungsanteile sind getrennt regelbar, sowie über den HARMONICS global steuerbar. Nur bei neueren Neve-Geräten konnte man überhaupt die Intensität von Red/Blue regeln. Ein erheblicher, wenn auch nicht ganz offensichtlicher Unterschied – zumal hier nach dem so heiß gefahrenen “Interstage”-Übertrager ein weiterer, dedizierten Ausgangs-Übertrager folgt.
Interstage mit Zener Clip
Der “echte” Ausgangs-Übertrager ist dann so konzipiert, dass er selbst keinen Overload erzeugt. Er färbt dennoch minimal selbst. Der OUTPUT-TRIM Regler befindet sich damit zwischen den Interstage-Trafos des Silk und den tatsächlichen Ausgangsübertragern.
Ferner hat Neve eine Soft-Clip-Funktion in den Interstage integriert, welcher mit einer Zener-Diode arbeitet und mit ZENER-DRIVE aktiviert wird. Anschließend folgen genannter Output-Regler, globale Bypass und die Pegelanzeige für den Ausgang. Damit wäre der Überblick beendet – wir sehen uns in der Praxis mit Audio wieder!