Sennheiser MKE 400 mkII Test

Mit dem MKE 400 mkII bringt Sennheiser ein kleines Richtrohrmikrofon auf den Markt, dessen Vorgänger unter gleicher Bezeichnung bereits 2008 vorgestellt wurde.

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Mit der immer weiter steigenden Zahl von Videos im Netz – alleine auf Youtube werden jede Minute circa 400 Stunden Material hochgeladen – steigt auch der Bedarf, diese Videos mit besserem Ton auszustatten. Insbesondere „on location“ können die Mikrofone von Kameras und Smartphones oft nicht überzeugen.
Über die Firma Sennheiser muss man wohl nicht viele Worte verlieren. Seit 1947 werden in Wedemark Mikrofone entwickelt, von denen einige heute als Klassiker auf Bühnen und in Studios gelten, wie zum Beispiel das MD 421, das MD 441 oder das MD 21, welches bis in die 1970er Jahre sehr oft als Reportagemikrofon eingesetzt wurde. Heute ist Sennheiser einer der weltweit bekanntesten Hersteller von Mikrofonen und seit den 1960er Jahren auch von Kopfhörern.

Details

Äußerlichkeiten

Wie der Vorgänger ist auch das neue MKE 400 ein sehr kompakt gebautes Richtrohr-Mikrofon. Zur Montage auf dem Blitzschuh spiegelloser Kameras, DSLRs oder Videokameras ist das Sennheiser mit einem verschraubbaren Adapter ausgestattet, in dem zusätzlich auch ein Gewinde zur Montage auf Kamerastativen integriert wurde. Das ist inzwischen keine Besonderheit mehr. Dies aber nach wie vor eine wirklich praktische Lösung. Das eigentliche Richtrohr steckt nun in einem schicken, runden Korb und ist dort schwingungsgedämpft aufgehängt.Geblieben sind die dreistufige Anpassung des Ausgangspegels und das Low-Cut-Filter des Vorgängers. Abgesehen vom Gehäusedesign sind der Korb und der regelbare Kopfhörerausgang wohl die auffälligsten Unterschiede. Der verschraubbare Mikrofonausgang sitzt auf der Stirnseite, unter dem Mikrofonkorb.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Interferenzröhre des MKE 400 steckt in einem schicken Korb.

Insgesamt macht das Sennheiser MKE 400 einen stabilen und wertigen Eindruck. Dabei bleibt es mit gerade mal 94 Gramm relativ leicht und findet dank seiner handlichen Abmessungen fast immer ein Plätzchen, um mitgenommen zu werden.Betrieben wird das neue MKE 400 mit zwei AAA-Standard-Batterien, gegenüber einer AAA-Batterie im Vorgänger. Damit verdoppelt sich auch die mögliche Betriebszeit auf üppige 100 Stunden. Standardformate ziehe ich exotischen Akkus tatsächlich vor, denn zwei AAA-Batterien bekommt man zur Not überall. Und wer nicht so viel Müll produzieren möchte, kann Akkus im entsprechenden Standardformat verwenden.

Lieferumfang

Begleitet wird das kleine Sennheiser-Richtrohr bei der Auslieferung von einer Transporttasche, einer Kurzanleitung, einem Fell-Windschutz, zwei AAA-Batterien sowie je einem verschraubbaren Kabel zur Verbindung mit Kameras und Smartphones oder Tablets. Das MKE 400 kann also ohne Kauf von teurem Zubehör an so ziemlich allem betrieben werden, was eine 3,5mm-Klinke als Mikrofoneingang besitzt.

Fotostrecke: 3 Bilder Das Sennheiser MKE 400 ist kompatibel mit Smartphones und Tablets.

Praxis

Bedienung

Die Bedienung des neuen Sennheiser MKE 400 mkII ist selbsterklärend und birgt keinerlei Überraschungen. Jede Funktion ist genau einem Bedienelement zugeordnet. Es gibt keine Zweitfunktionen und keine Menüs. So hat man alle Parameter während der Aufnahme im direkten Zugriff und muss nicht erst suchen – ich mag das. Der Ein-/Ausschalter ist ein Drucktaster, der mit grünem und rotem Leuchten über den Status des MKE 400 informiert. Grün bedeutet, dass das Mikrofon eingeschaltet ist und man sich noch keine Sorgen um die verwendeten Batterien machen muss. Der Drucktaster beginnt rot zu leuchten, wenn die Batteriespannung noch für ungefähr drei Stunden ausreicht. Die Akkus müssen also nicht sofort getauscht werden, aber vielleicht vor dem nächsten langen Take. Der Ein-/Ausschalter wird allerdings gar nicht jedes mal benötigt. Das Sennheiser KME 400 schaltet sich mit „Auto On/Off“ ein, sobald eine verbundene Kamera eingeschaltet oder ein verbundenes Smartphone aufgeweckt wird. Die verwendeten Schiebeschaltern für die dreistufige Anpassung des Ausgangspegels und das Low-Cut-Filter sind zwar nicht besonders fancy, sorgen aber für Klarheit und gute Übersicht.

Die Bedienelemente auf der linken Seite: Ausgangspegel, Low Cut und Ein-/Ausschalter
Die Bedienelemente auf der linken Seite: Ausgangspegel, Low Cut und Ein-/Ausschalter

Für die Einstellung der Lautstärke des Kopfhörerausgangs wurde eine Schalterwippe gewählt, welche ebenfalls keine Rätsel aufgibt.

Leider wird das Kopfhörersignal eines angeschlossenen Smartphones oder Tablets nicht durchgeschleift. Dies ist vielleicht für reine Location-Aufnahmen nicht unbedingt notwendig und in Verbindung mit Kameras meistens gar nicht möglich, würde aber die Einsatzmöglichkeiten des MKE 400 sehr erweitern. Dafür müsste aber die Hardware des kleinen Sennheiser Richtrohrs geändert werden. Vielleicht kommt dieses Feature ja dann in der nächsten Version. Wird das MKE 400 auf einer Kamera oder einem Stativ montiert, sitzt es dort sicher und stabil. Auch der Windschutz lässt sich einfach überziehen und funktioniert zuverlässig.

Das Sennheiser MKE 400 mkII im Einsatz auf einer DSLR
Das Sennheiser MKE 400 mkII im Einsatz auf einer DSLR

Richtwirkung

Obwohl das Sennheiser MKE 400 ein Videomikrofon zur Montage auf Kameras ist und deshalb sehr kompakt gebaut wurde, ist es doch ein typisches Richtrohr mit einer ordentlichen Dämpfung seitlich einfallenden Schalls. Diese Dämpfung würde noch deutlicher ausfallen, wäre das Interferenzrohr länger, was aber auf Kosten der Kompaktheit gehen würde. Da die Interferenzröhre des kleinen Sennheisers in einem Korb versteckt ist kann ich nur schätzen wie lang sie tatsächlich ist. Ich gehe davon aus, dass die Kapsel ungefähr 10cm von der vorderen Kante der Röhre entfernt ist. Daraus ergibt sich, dass der Interferenzeffekt beim MKE 400 bei circa 3400Hz einsetzt, was in etwa zum Polarpattern in der Kurzanleitung passt. In der Praxis ist die Dämpfung seitlich einfallenden Schalls deutlich und effektiv.Für alle, die mehr über Funktionsweise und Einsatz von Richtrohren wissen wollen, gibt es ein Feature über Richtrohrmikrofone.

Klang

Schaut man sich die grafische Darstellung des Frequenzgangs an, fällt beim aktuellen Modell eine deutliche Senke zwischen 200 Hz und 1200 Hz auf. Die Höhen oberhalb von 2000 Hz klettern um 5 dB auf ihren Höchstwert, der bei ungefähr 10 kHz liegt. Im Bereich um 120 Hz erhebt sich der Frequenzgang noch einmal um ein paar dB, bevor er innerhalb einer Oktave nach unten, um mehr als 35 dB absinkt. Der Frequenzgang des Vorgängers zeigte sich da sehr viel linearer, bis auf eine Anhebung von circa 2 dB bei 8500 Hz.
Der Klang des Sennheiser Richtrohrs ist detailliert und ausgewogen, mit einer Tendenz Richtung Wärme. Hohe Frequenzen werden deutlich, aber nicht harsch oder beißend abgebildet. Transienten werden auch bei schnellen, perkussiven Signalen sauber und präzise dargestellt.
Ein typischer Effekt bei Richtrohren ist der ausgeprägte Nahbesprechungseffekt, welcher auch beim neuen MKE 400 auftritt. Gerade bei tiefen Stimmen ist die Anhebung des unteren Frequenzbereichs etwas zuviel des Guten und sollte mit einem Low-Cut abgeschwächt werden. Ich empfehle, dies in der Postproduction zu bearbeiten, da das Low-Cut des Sennheiser MKE 400 mkII für meinen Geschmack zu hoch und zu stark eingreift und damit tiefen Stimmen das Fundament nimmt.
Störgeräusche, welche beim Bedienen einer Kamera entstehen, werden dank der internen Dämpfung nur schwach in die Kapsel übertragen. Sie werden in den meisten Fällen wahrscheinlich vom Nutzsignal verdeckt. Der mitgelieferte Windschutz ist, wenn montiert, bei Sprachaufnahmen minimal in den Höhen ab etwa 8000 Hz hörbar. Das ist zu verschmerzen.

Audio Samples
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Sprachaufnahme mit 15 cm Abstand Sprachaufnahme mit hohem Ausgangspegel Sprachaufnahme mit reduziertem Ausgangspegel Sprachaufnahme mit Low Cut Filter Sprachaufnahme mit Windschutz Sprachaufnahme mit 80 cm Abstand On Axis Sprachaufnahme mit 80 cm Abstand frontal Störgeräusche durch Bedienung der montierten DSLR

Fazit

Das Sennheiser MKE 400 mkII ist ein solides, zuverlässiges, gut klingendes, kompaktes und damit transportfreundliches Richtmikrofon. Der Frequenzgang ist zwar nicht gerade sehr linear, aber das Ergebnis klingt sehr angenehm. Dank des mitgelieferten Zubehörs ist das MKE 400 sofort an allen Kameras, Smartphones und sonstigen Aufnahmegeräten mit 3,5 mm Klinken Mikrofoneingang einsetzbar. Was will man mehr?
Naja, zwei Punkte hätte ich da schon noch, wobei der zweite hier nicht zu einer Abwertung führt. Zum einen könnte Sennheiser das Low-Cut-Filter etwas tiefer und weniger drastisch ansetzen und zum anderen würde ich mir für die Zukunft wünschen, dass am Kopfhörerausgang das Signal eines angeschlossenen iPhones oder Android Smartphones abgehört werden kann.
Bleiben eigentlich nur zwei Fragen:
Für welchen Anwendungen ist das kleine Sennheiser Richtrohr geeignet?
Für wen ist das neue Sennheiser MKE 400 geeignet?
Das neue Sennheiser MKE400 ist natürlich hauptsächlich darauf ausgerichtet, on location auf einer Kamera montiert zu werden und Aufnahmen aus der Perspektive der Kamera zu machen. Darüber hinaus kann ich mir aber auch vorstellen, es mit entsprechender Bearbeitung für Voice-Overs und sogar für Konzertvideos einzusetzen. Dabei sollte man aber nicht die Charakteristik des Richtrohres vergessen. Denn die Superniere wird die weiter außen stehenden Instrumente nicht in gleichem Maße einfangen können, wie die Instrumente, welche in gerader Linie vor dem Mikrophon stehen. Mit einem längeren Kabel könnte man das MKE 400 auch an einer Tonangel verwenden. Damit kann das kleine Sennheiser Richtrohr gut von allen eingesetzt werden, die Videos produzieren. Seien es nun Reportagen, Videoprojekte, YouTube Videos oder auch Vlogs.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • guter Klang
  • gute Richtwirkung
  • geringe Grösse
  • geringes Gewicht
  • Auto-On/Off
  • verwendet Standard-Batterieformat
  • mitgeliefertes Zubehör
  • gute Verarbeitung
Contra
  • Low-Cut-Filter setzt zu hoch ein
Artikelbild
Sennheiser MKE 400 mkII Test
Für 179,00€ bei
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Features & Spezifikationen
  • Wandlerprinzip: Kondensator (vorpolarisiert)
  • Richtcharakteristik: Superniere
  • Frequenzgang: 50 Hz – 20 kHz
  • Schalldruckpegel max.: 132 dB SPL @ 1kHz
  • Stromversorgung: 2x AAA Batterien
  • Batterielaufzeit: 100 Stunden
  • Ausgang Mikrofon: 3,5 mm Klinke (verschraubbar)
  • Ausgang Kopfhörer: 3,5 mm Klinke (min. Impedanz 16 Ω)
  • Abmessungen: 12 6mm x 67 mm x 37 mm
  • Gewicht: 94 g
  • mitgeliefertes Zubehör: Kabel mit zwei 3,5mm-TRS-Klinken zum Anschluss an Kameras, Kabel mit 3,5mm-TRS-Klinke und 3,5mm-TRRS-Klinke zum Anschluss an Smartphones und Tablets, Fell-Windschutz, Transporttasche, zwei AAA-Batterien
  • Preis: € 198,– (Straßenpreis am 1.7.2021)
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