SSL 500 B-Series Dynamic Module Test

SSL erweitert seinen API-500er Fuhrpark und präsentiert das „SSL 500 B-Series Dynamic Module“, den E-DYN und die „Vintage-Variante“ des bekannten „SSL 500-Series 611 DYN“, den E-DYN, was viele bereits von zahlreichen Plugin-Emulationen her kennen. Die 500er-Hardware haben wir vor über zehn Jahren schon einmal getestet, zwischenzeitlich gab es allerdings ein Facelift mit Detailverbesserungen: Man verpasste den ehemals schwarzen Modulen dann den Alu-Look , der beim SSL Fusion debütierte.

SSL 500 B-Series Dynamic Module Test

Es ging also nicht nur um optische, sondern vor allem um technische Veränderungen – so war es damals und so ist es heute. Die „neuen“ SSL-Geräte werden heute außerdem in China gefertigt. Sie setzen verstärkt auf SMD-Technik und reagieren mit der Produktpflege auch auf lästige EU-Regularien, die den ein oder anderen Produkt-Lebenszyklus unnötig früh beenden. Schauen wir, was der neue alte 611B so kann!

Checkliste zum Kauf von SSL 500 B-Series Dynamic Module aka “B-DYN”

  • Pragmatisch Dynamics Mono-Prozessor für API-500 Format
  • Compressor/Limiter- und Gate/Expander
  • Ratio, Comp-Release und Gate-Release stepped, Stereo-Link
  • DS-Modes, Auto-Release, S/C-Low-Cut
  • Remake der SSL 611B Dynamics von 1976 aus der SSL SL4000 Revision B Console

DETAILS

Long story almost short

Der neue SSL „B-DYN“ ist der Vorfahre vom „E-DYN“, auch 611B bzw. 611(E) genannt, was SSL unten klein auch auf die Module aufgedruckt hat. Mit jeweils ähnlichen Parametern bieten E-DYN und B-DYN alles, was man für flinke Compressor/Limiter- und Gate/Expander-Einsätze so braucht. Das Gate der beiden Ausgaben ist nahezu identisch, der Compressor-Teil indes unterschiedlich.

SSL 500 B-Series Dynamic Module Test
Das SSL 500 B-Series Dynamic Module, zweimal rechts, und der SSL 500-Series 611 DYN, zweimal links.

Beide Dynamikeinheiten fanden, wie der SSL Bus Compressor auch, einst in der SSL SL4000 Konsole Heimat. Nun gibt es sie entweder als API-500er Module oder als Software für das SSL UF-1 Controller-Konzept. Der Hersteller rezitiert damit verschiedene Entwicklungsstufen der SSL Dynamics. Vergleichbares kennt man ja schon von den EQs, die man anhand ihrer Poti-Kappen-Farbe in Brown, Orange, Black und Violet unterschieden hat. 

Der E-DYN ist flexibler gestaltet, regelt aufgelöster und wird „sauberer“ beschrieben. Der B-DYN hingegen funktioniert mehr wie ein Bus Compressor und zeigt sich schon auch etwas feingeistiger. Pragmatisch sind beide, flink und punchy sowieso. Der B-DYN ist vergleichsweise offener im Sound und auch softer im Knee. Die Hüllkurve grooved lässiger, wie ich finde. Welten liegen allerdings auch keine dazwischen.

Rare Dynamics

Die Vorlage des „SSL 500er B-Series Dynamic Module“, kurz B-DYN, stammt aus dem Jahr ’76, Revision B der SL4000 also – ein Arbeitstier mit VCA-Feedback-Design. Man kann das eindrucksvoll auf einer Vielzahl von erfolgreichen Platten hören, obwohl es tatsächlich nur sechs Stück von den 4000er B gab. Der Nutzerkreis war damit elitär, u.a. zu finden im The Stone Room im Virgin’s Townhouse Studio (London), Le Studio (Montreal) und Record Plant (LA).  

Click for Recall

Die Hälfte der Drehregler beim B-DYN sind Schalter mit jeweils fünf bis sechs diskreten Positionen. Die restlichen Regler sind frei drehbare Potentiometer. Der Recall läuft mit Schaltern schneller und auch präziser. Den Threshold hat man ebenfalls an 500er-Verhältnisse angepasst und er reicht nun von +10 dB bis -20 dB, während der nominale Pegel 500er-typische +4 dBu beträgt.

Zielstrebiges Konzept

Als RATIO bietet der B-DYN 2:1, 4:1 und 10:1 sowie eine OUT- und eine DS-Stellungen an. Out versetzt den Compressor-Abschnitt dabei in Bypass, DS wiederum belebt den ersten Teil der De-Essing-Schaltung. Die DS-Ratio beträgt 10:1 und aktiviert ein Bandpass ab 7 kHz im Sidechain. Apropos Sidechain-Filter: Ein weiterer Taster isoliert ab 185 Hz, um Basspumpen zu vermeiden. Gab es beim Original so nicht.

SSL 500 B-Series Dynamic Module und 500-Series 611 DYN
Das E-DYN und B-DYN verwandt sind, steht außer Frage!

Die RELEASE des SSL B-DYN bietet fixe Zeiten von 0.2, 0.4, 0.6, 0.8 und 1.6 Sekunden und erlaubt außerdem Teil II des DS-Mode. Alles wird dann noch zackiger, die Release landet bei 20 bis 50 Millisekunden und die Attack bei knackigen 2 Millisekunden. In Kombination regelt das „ scharfe Höhen“ optimal – während man es in Nicht-Kombination wunderbar zweckentfremden kann.

Den AUTO-Mode mit der „program-related“ Release-Zeit gibt es als Schmankerl obendrauf. Das sieht dem SSL-Bus-Compressor ähnlich, der E-DYN kennt das gar nicht. Es entscheidet dann vor allem die Dauer der Peak-Überschreitung, welche Release tatsächlich gefragt ist. Die Regelung ist also von der Art des Signals abhängig und zeigt sich dabei oft sehr „musikalisch“.

Weiterer Vergleich mit SSL E-Dynamics

B-DYN und E-DYN sehen sich ähnlich, auch wenn sie anders aufgeteilt sind. Ein wichtiger Unterschied zugunsten des E-DYN sind zweifelsohne die stufenlos regelbare Ratio und Release sowie die Linear-Release – und die Hard-Knee-Optionen. Auf Einzelsignalen wie Drums kommt das besonders gut, weshalb auch so viele gern mit den E-DYNamics gearbeitet haben.

Der Compressor und De-Esser des SSL 500 B-Series Dynamic Module
Gesteppte Ratio und Release beim E-DYN; frei einstellbar beim E-DYN.

Der B-DYN hingegen kennt nur „Overeasy“, also eine Soft-Knee-Kennlinie des Thresholds. Der B-DYN funktioniert weiterhin mit Stereo besser, weil er gerastert ist und Sidechain-Link in petto hat. Außerdem verfügt allein der B-DYN über die Sidechain-Filter für Bass sowie über das De-Essing und den Auto-Mode. Das sind starke Extras auf seiner Habenseite.

Der Threshold ist hier ebenfalls anders dimensioniert: +10 bis -20 dB sind es beim B-DYN, +4 bis -26 dB beim E-DYN. Den 2 Millisekunden schnellen „Fast-Att“ gibt es beim B-DYN auch, allerdings aktiviert man ihn hier mit „DS-Release“und erhält zwangsläufig auch schnelle Release. Ansonsten ähneln sich die Attack-Zeiten: Mit rund 30 Millisekunden fallen sie außerdem punchy aus.

Öffnet die Tore, schließt sie funky

Das Gate unterscheidet sich zwischen 611 E-DYN und B-DYN kaum. Beide Gates sind maximal bis 20:1 nutzbar, der Expander bis 2:1. Umgeschalten wird mit dem EXP-Taster. Threshold und Release sind bei E-DYN und B-DYN identisch.

Das Gate des SSL 500 B-Series Dynamic Module
Die Gates sind zackig und klingen hervorragend!

Nur die Range wird minimal anders aufgelöst. Beim B-DYN bedient man die Release außerdem wieder mit einem Drehschalter: 0.1, 0.2, 0.4, 0.8 und 1.6 Sekunden stehen zur Auswahl. Die Position des IN bzw. Bypass-Schalters macht am unteren Ender der Kassette, wie beim B-DYN, ebenfalls deutlich mehr Sinn.

Theorie und Praxis

Die Feature-Unterschiede zwischen E-DYN- und B-DYN-Kompressoren haben wir nun im Detail erörtert. Unser Fazit: Beide Kandidaten können jeweils Dinge, die der andere nicht so gut kann. Die Auflösungen der Regler sind anders, das Angleichen per Auge nicht zielführend. Ach, und die Pottikappen sind beim B-Dyn etwas größer.

Schon sexy, so ein kleiner Würfel vierfach Kompression!

Trotzdem kommen jeweils sehr ähnliche Sounds dabei rum, die sich mehr gleichen, als dass sie sich unterscheiden. Der Flavour spielt sich damit in nerdigen Nuancen ab. Aber dafür sind wir ja hier, starten wir mit den Drums!

Die Ratio wandert für einen ersten Test auf Max., den Threshold stellen wir ungefähr bei -10 dB ein, sodass die LEDs bei beiden, einigermaßen identisch, zwischen 3 dB und 6 dB flackern. Die Release wähle ich so kurz es eben geht, was beim E-DYN konkret 0.1 bedeutet (BSP#1) und beim B-DYN 0.2 (BSP#2).

Audio Samples
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#0 DRUMS – DRY #1 E-DYN – Fast Release 0,1 s #2 B-DYN – Fast Release 0,2 s #3 E-DYN – Fast Release 0.1 und Hard Knee #4 B-DYN – Auto-Release #5 E-DYN – Fast Release 0.1 und Fast Attack #6 B-DYN – Fast Release 0.2 plus SC-Lowcut-Filter #7 E-DYN – Fast Release 0.1 Fast Attack plus Hard Knee #8 B-DYN – DS-Release

In Verbindung mit der härteren Ratio arbeitet der E-DYN also im Zweifelsfall viel kontrollierter und tighter – und klingt vergleichsweise auch etwas „langweiliger“, siehe Audio #1. Der B-DYN (#2) wiederum wird schon auch ein bisschen dünn, bounced aber geiler und macht die Mitten weit auf. 

Gleiches Ergebnis beim nachfolgenden Beispiel-Paar, #3 und #4: Beim E-DYN schalte ich Hard-Knee ein, bei B-DYN das Auto-Relase hinzu. Der E-DYN kann dabei offensichtlich mehr spucken, was parallel extra gut kommen würde – andererseits kommt die Snare beim B-DYN instant geiler. 

Beim dritten Paar Audios (#5/#6) macht dann auch der E-DYN auf wuchtig, einfach weil ich sein einzigartiges Fast Attack aktiviere. Beim B-DYN wiederum hab ich den Lowcut im Sidechain hinzugefügt, auch geil und eine gute Grundlage für noch mehr Tweaking. Doch darum soll es erst mal nicht gehen, deshalb: noch ein Beispiel mit Fast Attack und Hard Knee beim E-DYN (#7)– und schnellem DS-Release-Setting beim B-DYN (#8), das schnelles Attack und Release zaubert. 

Was soll uns das alles sagen?

Ganz einfach: Man kann alle so anpassen, dass sie trotz anderer Settings ähnliche Sounds erzeugen. Man kann aber auch schon ein bisschen verallgemeinern: Mit seinen effektiveren Eingriffsmöglichkeiten ist der E-DYN zweifelsohne das stärkere Werkzeug, und damit fürs Tracking absolut ideal und bass-stärker. Der B-DYN hingegen bringt mehr Vibe, peaked deutlich niedriger und macht angenehm lauter. Perfekt für Mix, Gruppe oder Summe. Und das SSL Gate klingt ebenfalls fantastisch und macht jede Menge kreativen Spass!

Audio Samples
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Gated Fun

Ich persönlich favorisiere den B-DYN, da er mit den gesteppten Reglern weniger Auswahl lässt und man schneller zum Punkt kommt. DS und Low-Cut sind ebenfalls nice, aber es ist jetzt auch nicht so, als würde man sie beim E-DYN vermissen.

Für den Master ist der Bus-Comp nach wie vor besser, hat deutlich detailliertere Sidechain-Filter und ist, weil Stereo, günstiger pro Kanal zu haben. Der SSL Bus+ ist hinsichtlich Preis/Leistung ebenfalls nicht zu toppen, hat dennoch nicht ganz das feine Mojo und auch kein Gate. Wer die Wahl hat, hat die Qual …

Und deswegen gleich noch ein paar extremere DnB-Sachen hinterher, sogar im Vergleich mit dem Bus+. Die Files habe stilecht einen Limiter drauf – und wie man hören kann, bleibt der einzigartige Sound des B-Dyn auch hier eindeutig und klingt einfach etwas besser – er peaked sogar 1,25dB weniger!

Audio Samples
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DNB – B-DYN DNB – E-DYN DNB – Bus+

E-Dyn und Bus+ klingen hier vergleichsweise eingeengt und trotztem offener– der B-Dyn hingegen smacked mehr. Der Loop klingt so mehr “The Prodigy” mäßig, wenn ihr versteht …

Wannebe my make-up

Threshold und Ratio sorgen im Zusammenspiel – sowohl beim B-DYN als auch beim E-DYN –  „automatisch“ für Make-up-Gain. Das ist allerdings nicht ganz präzise und verhält sich tatsächlich bei beiden anders. 

Manuelles Make-up gibt es an keinem der Geräte – was nicht nur beim Gain-Matching stört, sondern beim direkten Weg auf die Wandler auch zum Problem werden könnte. Mein Kollege Hannes Bieger hat das zum E-DYN bereits folgerichtig angemerkt – und das ist auch hier nicht besser, nur anders „schräg“ sozusagen. So fällt auch der Level Drop von Ration 10:1 und DS sehr deutlich aus, obwohl ja nur ein Filter in den Sidechain kommt. 

Lay me out

Das Spacing zwischen beiden ist für 500er Verhältnisse übrigens okay, doch könnte man mehr Platz zwischen den Regler gut gebrauchen. Die LEDs sind beim B-DYN besser zu lesen, weil man sie während der Bedienung nicht mit der Hand verdeckt. Es gibt übrigens grüne Lämpchen für Gate/Expander, außerdem gelbe und rote für Compressor/Limiter.

Was sind die Alternativen zum SSL 500 B-Series Dynamic Module?

Die klare Alternative zum B-Dyn heißt E-Dyn oder auch Bus-Comp. Alle drei sind unter 1000 Euro pro Kanal angesiedelt – für rund 2000 Euro bekommt man aber auch schon den dicken Bus+, der kein 500er-Rack braucht und alle Drei locker – abgesehen vom Gate – locker in die Tasche steckt.

Für das Tracking ist der Bus+ allerdings Overkill und wenn man sie nicht verzetteln will, ist der B-DYN sicherlich die bessere Wahl, zumal man bei mehreren Kanälen diese – nebeneinander anstatt übereinander – visuell besser überblicken kann.

SSLB-DYNamicsE-DYNamicsBus CompBus+
CompressorRatio & Release
gerastert, 5/6 Pos.
Ratio & Release
fein aufgelöst
Attack, Release,
Ratio & SC-Filter
gerastert, 5/6 Pos
Alles fein gerastert
Sidechain-Filter185 und 7 kHzkein Filter0,30,60,105,
125,185 Hz
0-300 Hz frei
GateJaJaNeinNein
Make-Upnein bzw.
“automatisch”
nein bzw.
“automatisch”
einstellbareinstellbar
ExtrasDS und Auto-ModeFast Attack,
Hard Knee,
Linear Release
Attack einstellbar,
Stereo

Attack einstellbar,
Stereo, S/C Stereo, Dual
Mono, Mid-Side,

Dynamic-EQ,
G-Style LF Curve,
4k Saturation,
Transient Expander
Format:API 500, 1xAPI 500, 1xAPI 500, 2x19-Zoll, 2HE
Preis pro Monokanal€ 749,-€ 749,-€ 549,50€ 1072,50
Aktueller Straßenpreis€ 749,-€ 749,-€ 1099,-€ 2145,-
Thomann- AffiliateSSL 500 B-Series
Dynamic Module
SSL 500-Series
611 DYN
SSL 500-Series Bus Compressor MkIISSL BUS+

FAZIT – SSL 500 B-Series Dynamic Module Test

Mit dem SSL 500 B-Series Dynamic Module Test haben wir bewiesen, dass dieser Kompressor ein tolles Arbeitstier ist, das sich auch im Jahre 2023 nicht verstecken muss. Im Gegenteil, er ist feingeistiger als sein Nachfolger und trotz der „Einschränkungen“ auf seine Art versatiler. Großartige Farbunterschiede gibt es hier nicht, man kann mit beiden identisch gut arbeiten. Wer sich diese Vielfalt im Klangkasten zu leisten vermag, wird auf alle Fälle Freude haben. SSL zeigt hiermit wieder seine Stärke und viel mehr noch, wie wichtig Workflow und Schnelligkeit im Gegensatz zu Esoterik und Hokuspokus für erfolgreiche Arbeitsgerät sind. Ein paar mehr Sidechain-Filter und ein eigener Gain hätten dem knackigen B-DYN dennoch gut gestanden – oder gar der Preis vom UltraViolett-EQ. 4 Sterne.

Features

  • 1-Kanal API 500 Modul nach SSL 4000B Dynamics Vorbild 611B – “B-DYN”
  • Kompressor-, Limiter-, De-Esser-, Expander- und Gate-Funktionen
  • Regler für Ratio, Threshold und Release
  • Threshold regelbar -20 dB bis +10 dB
  • Side Chain HPF Filter, Stereo Link Modus
  • Bypass-Schalter, LED-Meter
  • benötigt einen 500er Steckplatz
  • PREIS: € 749 Straßenpreis am 4.Oktober 2023
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • tolle Alternative zum E-Dyn
  • Stereo-Vibe mit 2 Stück
  • SC-Filter/De-Essing
  • einfacher Recall
Contra
  • Preis
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SSL 500 B-Series Dynamic Module Test
Für 649,00€ bei
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SSL B Dyn 500Series 01 Front Bild

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