SSL Revival 4000 Test – Best of a Legend

Wenn der Name Programm ist: Mit SSL Revival 4000 schrumpft ein kompletter SSL Channel-Strip der legendären SL 4000 Console in appetitliche 19-Zoll-Breite. Ein Mono-Kanalzug, der wichtigste Zutaten der B- und E-Series vereint: Jensen-Übertrager im Preamp, B-Style De-Esser, mächtige E-Dynamics sowie der EQ mit umschaltbarer Brown/Black-Charakteristik. Dazu kommen SSL-typische Workflow-Extras – fertig ist das „Best of 4000“ im 1-HE-Format.

Test Revival 4000 SSL
SSL 4000 Revival – das Beste aus SL-4000-B und E in einem Channelstrip

Highlights SSL Revival 4000

  • SSL “Best Of SL-4000 E/B Console Series” Channel-Strip
  • Jensen-Übertrager im Preamp, max. 90dB Gain
  • E-Dynamics mit Compressor/Gate/Expander
  • SSL E-Series Equalizer “Brown & Black Knob”
  • schaltbarer Insert, vielfältige Routing-Optionen

This is Revival

Mit dem Revival 4000 setzt sich SSL selbst ein Denkmal, zumal die Briten lange keinen vergleichbaren Channelstrip im Portfolio hatten.

“Assembled in China” versammelt der 3,8 kg schwere 1-HE Bolide 22 bunte Potis und 25 Taster mit LEDs üppigst auf moderner, dunkler Front. Straßenpreis: 2000 Euro.

Preamp Input detail
Volle Kanone: Ein kräftiger Preamp als Grundlage, gefolgt von De-Esser, Compressor, Gate, variablen Filtern und dem klassischen SSL-EQ

Kein Schnapper aber deutlich günstiger als der XLogic E-Channel, welcher 2007 für rund 5000 britische Pfund die Insel verließ.

Der neue Revival Channel ist dabei ähnlich reichhaltig ausgestattet, bleibt aber komfortabeler zu bedienen – selbst wenn es fummelig wirkt: am EQ hat man den meisten Platz – gut so.

Der Name allein („4000 Revival“) verrät nur wenig, da die echte 4000er-Konsolen zwischen 1976 und 2002 im Kern und im Äußeren sehr ähnlich gebaut wurde. Die entscheidenden Evolutionsstufen wurden durch Buchstaben markiert: B, E und G+ gelten bis heute als die prägendsten Varianten.

Routing-Optionen
Die Routing-Optionen sind umfangreich, das LED-Meter ist umschaltbar für Ein- und Ausgang.

Jensen – zurück zu den Wurzeln

Ein wichtiger Wendepunkt der 4000er-Historie war der Abschied vom Übertrager-Design: ab 1980 setzte SSL auf trafolose, sprich DC-gekoppelte Eingänge, was mehr Headroom und geringere Verzerrungen versprach – und sich ab sofort für modernen, schnellen SSL-Sound verantwortlich zeigte.

Später wurde es “noch sauberer”, was dann unter dem SuperAnalogue-Label mit der 9000er Serie began. Aber das nur am Rande.

Da es sich hier ganz offensichtlich um ein herrlich traditionelles Revival handelt, sitzt dem Preamp erneut ein Trafo namens Jensen JT-115K-EPC vor. Genau, wie in den B- und frühen E-Series von 1976 bis 1979. Vor allem das verleiht dem Signal den gesättigteren, manche würden auch sagen, heißen Old-School SSL-Crunch.

Dennoch gilt Jensen bereits seit den 70ern als einer der besten Übertrager-Hersteller weltweit, sodass die Übertrager-Stufe trotz Vintage-Anmutung bereits ausgesprochen clean und präzise arbeitet.

Härter angefahren entwickelt sich aber zweifelsohne eine angenehm-prickelnde Lebendigkeit, es wird saftig und man komprimiert auch bereits deutlich.

Preamp mit allen Schikanen

Der Mic-Pre bietet jedenfalls kräftige 70 dB Gain sowie 20 dB zusätzlichen “Clean-Gain” über den nachgeschalteten Trim, der alternativ auch die Line-Level-Betreuung übernimmt.

Hinzukommen Standard-Features: +48 V, Phasenumkehr und Pad. Zugang gibt es auf der Rückseite via XLR. Einen DI-Eingang oder gar einen Kopfhörer-Ausgang gibt es indes nicht. Schade eigentlich.

Preamp Input
Die 1 HE-Front ist dicht bestückt

Alle Taster am Gerät rasten aber satt ein und werden allesamt von bunten LEDs eindeutig quittiert. Ein separater Line-Eingang steht rückseitig bereit und wird über den Line-Taster aktiv – allerdings ohne den Übertrager im Signalweg.

B-De-Esser – kompakt gelöst

Die frühe SL4000-B-Serie brachte einen Compressor mit, der auch als De-Esser nutzbar war – Vorläufer des später legendären SSL Bus-Compressors.

Das Konzept hat SSL im 500er-Format als B-Dynamics kürzlich wiederbelebt. Weitere Details zu den Unterschieden zwischen Bus-Comp, B- und E-Comps findet ihr im Test.

Im Revival 4000 steckt jedenfalls B-Dyn-DNA: Ein One-Knob-De-Esser, festgelegt auf 7 kHz mit einer Ratio von 10:1.

Steuerbar ist der De-Esser aber lediglich über die Intensität (Threshold) mit einem Poti. Das erinnert im Ansatz an Six und Big Six, wobei sich an dieser Stelle ein einfacher “Over-Easy”-Comp fand.

Für Vocals bringt die Lösung sicherlich Mehrwert – für Drums fehlt die wählbare Einsatzfrequenz. Es bleibt ohnehin die Frage: Wäre ein VHD/Fusion Drive an der Stelle nicht das spannendere Geschenk gewesen?

E-Dynamics – Workhorse pur

Der funktionale Kern des Channel-Strips sind zweifelsohne die E-Series Dynamics, mit Compressor sowie dem mächtigen Gate/Expander. Beide kommen in originaler Besetzung, sprich diskreter VCA-Bauweise in Class-A Technik.

Dynamics Detail
Die oberen fünf LEDs zeigen die Gain-Reduction des Compressors, die grünen LEDs darunter die Aktivität des Gate/Expanders

Der Compressor wird über Threshold und Ratio geregelt. Die Release ist stufenlos, der Attack schaltbar: 30 ms normal oder 3 ms im Fast-Attack-Modus – letzteres wirkt wie ein Limiter. Ferner lässt sich das Release-Verhalten zwischen Linear/Exponentiell sowie das Knee zwischen Hard/Soft umschalten.

Der dahinter liegende VCA arbeitet mit einer RMS im Sidechain und kann das Filter oder den EQ bei Bedarf zusätzlich verwenden, beispielsweise um nerviges Bass-Pumpen zu entfernen. Ferner kann der Sidechain für Stereo gelinked sowie mit externen Key gefüttert werden.

Flexibles Gate/Expander

Mit der Range steuert man hier die Spreizung des Gate/Expander-Eingriffs. Mit dem Threshold wird indes der Arbeitspunkt inklusive dynamischer Hysteresis gewählt, welche das Abschalten übernimmt. Von subtiler, teils kreativ-rhythmischer Pegelsenkung bis zum harten Zumachen ist alles möglich!

Eingestellt wird das Schließ-Verhalten über EXP, was die Ratio von 10:1 (Gate) zu 2:1 (Expander) verändert. In Verbindung mit der Release gut anpassbar, lassen sich so auch Atem- oder Nebengeräusche kontrollieren oder Drums eben punktiert freistellen. Ich mag den Expander-Effekt besonders auf Percussion-Gruppen, hier gibt er freshen Shuffle.

Inputs and Outputs
Die reichlich vorhandenen Anschlüsse zeugen ebenfalls von der Vielfalt des Channelstrips.

Der vorgelagerte De-Esser als Einzelnes sowie die Dynamics als Ganzes lassen sich auch POST-EQ schalten, hinzukommt ein Insert, der nach dem Eingang oder kurz vor dem Ausgang wirken kann. Flexibel zeigt sich außerdem die umfangreiche Pegel-Ampel aus fünf LEDS, die sowohl Input als auch Output visualisieren kann.

Der Insert-I/O wurde auf TRS ausgeführt, der Mic Ein- und Ausgang auf XLR. Der S/C-Link setzt indes auf T(R)S, der externe Sidechain-Input wiederum auf Combo, wie der Line-in. Warum nur zur Hölle so viele unterschiedliche Formate, SSL? Der Strom wiederum kommt ganz normal und IEC-mäßig weltweit.

Classic EQ – Brown & Black

Last but not least: der Equalizer. Ein vollwertiger 4-Band-EQ mit zwei vollparametrischen Mittenbändern und Außenbändern, die sich als Shelf oder Glocke nutzen lassen. Ein absoluter Klassiker – und ohne Zweifel das klangliche Highlight dieses Channelstrips.

Besonders luxuriös und nicht in der API-500-Serie zu finden: die mächtigen Low- und High-Cut-Filter, welche variabel von 20 Hz bis 500 Hz bzw. von 3 kHz bis 13 kHz inklusive Bypass nutzbar sind.

Equalizer SSL
Warum HipHop-Dudes die schwarzen Knöpfe und die Metaller die Braunen Kappen bevorzugen, dürfte nun klarer sein.

Hinzu kommt ein Black-Knob-Mode (BLK), der EQ und Filter etwas bissiger macht: Der Gütefaktor der Bänder steigt so in den Extremen merklich, die Filter werden also steiler sowie der mögliche Eingriff kräftiger.

Im Black-Mode sind beispielsweise bis zu 18 dB Bass-Boost möglich – der normale Shelf hingegen liefert „nur“ 13 dB. Auch deswegen finden sich keine expliziten Beschriftungen an den Gain-Potis.

Praxis: Routing & Extras des SSL Revival 4000

Der Revival 4000 vereint alle modernen SSL-Tools in einem kompakten Channel-Strip und garniert die mit hochwertigen Übertrager-Sound. Neben dem praktischen Insert für weiteres Gear gibt es als Extra außerdem externen Sidechain sowie die wirklich flexibel konfigurierbare Prozessreihenfolge – ein absolut starkes Alleinstellungsmerkmal.

SSL Revival 4000 open
Nicht nur Terrance und Phillip, auch Jensen kommt aus Canada!

Gerade auf Drums spielt der Mono-Channel deshalb seine Stärken absolut souverän aus: Filter in den Sidechain, EQ vor dem Compressor oder andere Routing-Tricks lassen sich kreativ am Gerät umsetzen, ohne einen Stepptanz an der Patchbay zu vollführen. Ohnehin sind E-Dynamics sind wie geschaffen für die üppige (Einzel-)Komprimierung von akustischen Rock-Drums!

Günstig ist das auf den Kanal bezogen allerdings nicht, so fährt man mit Quad oder SSL Octa plus Comps und EQs im 500er Format eventuell sogar billiger. Den echten Jensen-Übertrager und weniger “VHD-Advanced” gibt es aber aktuell nur hier. Und den Sound der Spule, ich mag ihn schon jetzt sehr!

Übertrager-Sound Deluxe

Achtet im folgenden Beispiel – ohne aktivierten Compressor – wie allein die Wahl des Inputs für den Sound sorgt, im Falle des Mic-Preamps also für eine deutliche Übertrager-Compression, welche das Signal bereits deutlich lauter macht. Auch der Bass wird durch den Übertrager aufgenommen nochmal fresher! Jensen, me like!

Audio Samples
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DRY (incl. Cable & Converter) EQ / Line-In EQ / Hot Mic-In, normalized -3dB EQ / Hot Mic-In, same peak as line = way louder
Audio Samples
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Bass: Line In Bass: Mic In

Für Vocals – insbesondere bei Artists ohne Engineer – kann die Vielzahl an Optionen wiederum komplex werden. Im PA- und Live-Rack avanciert der Channel wiederum zum “Universal-Soldier, Solid-State”, keine Frage!

Der festgelegte De-Esser ergänzt außerdem den Vocal-Einsatz, bietet ansonsten aber eher wenig künstlerische Freiheit.

Features wie ein Kopfhörer-Ausgang oder ein integriertes USB-Interface – wie bei anderen aktuellen SSL-Geräten – wären eventuell praxisnäher gewesen. Auch ein Fusion-Drive oder gar VHD hätten mir an dieser Stelle mehr Charakter gebracht.

Für das Studio wäre auch ein Summier-Bus wie beim Harrison Channel spannend gewesen. Der Sound des SSL EQ ist indes vergleichsweise bissiger als beim Harrison 32Classic MS – und flexibler sowieso!

Die Stereo-Link-Option fällt mir allerdings zu simpel aus: nur das stärkere Sidechain-Signal wird übernommen, nicht aber alle Regler oder gar LED-Werte. Bisschen mehr Stereo-Liebe bitte, SSL!

Für komplexe Summensignale bevorzuge ich ohnehin andere Konzepte, gern mit variabler Attack-Zeit. Der SSL-E-Comp zeigt seine Stärken m.E. eher auf vielen Einzelspuren, wo er flink und „idiotensicher“ parallel arbeitet.

Besonders Gate/Expander sind zackig und knackig, da findet sich nur schwer Software-Ersatz für. Auf Summen nutze ich den klassischen SSL Bus-Compressor bzw. Bus Plus oder auch die B-Dynamics indes lieber. Es sind Nuancen, aber sie sind eben spürbar.

SSL in the mix

Für diesen kleinen Drum-Mix habe ich nur den Revival und das gleich sechs Mal im Einsatz gehabt: eingestellt, aufgenommen und direkt auf die nächste Spur “geprinted”. Das ging erstaunlich flott. Besonders das Gate räumt das Signal effektiv auf und sorgt für Klarheit.

Der EQ kam nur dezent zum Einsatz, während der Compressor gezielt auf einzelnen Spuren – etwa auf der „Wurst“, Kick und Snare – kräftiger zupackte. Den Mic-In hab ich fast überall verwendet und ordentlich angefahren. Der Raumanteil blieb abgesehen von einen kleinen High-Shelf-Opener komplett unbearbeitet, die Overheads habe ich dagegen nur “expandert”, eher als kreativen Effekt. In einem vollen Arrangement würden die entstehenden Lücken vermutlich vollständig verschwinden.

Wichtig: Es gibt hier keinerlei Automationen oder Edits – jedes Track-Setting läuft von Anfang bis Ende identisch. Gerade dadurch zeigt sich, wie souverän die SSL-Dynamics das Material im Griff haben.

Audio Samples
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Multi-Track – DRY Multi-Track: 6x REVIVAL 4000 Kick – DRY Kick – MIC-IN-CRUNCH / No Expander / EQ Kick – MIC-IN-CRUNCH / with Dynamics & EQ Snare – DRY Snare – Crunch Snare – Crunch, EQ/DYN

Was könnte besser?

Zwei kleine Schwachpunkte bleiben: Der Übertrager ist nicht in den Line-Weg schaltbar – DAW/Line-Signale müssen also für den “Extra-Flavour” über den Mic-Eingang mit aktivierten Pad angefahren werden, was beim Gain-Matching zumindest etwas fummelig wird.

Der fehlende DI-Eingang ist angesichts des sonst doch so üppigen Feature-Sets irgendwie auch ein echter Wermutstropfen – gerade für Gitarristen mit 4000E-Fetisch. Und ja ich weiß, das ist eine Kopie des Channels und auch der hatte keinen Kopfhörer, USB, usw. Wisst ihr was der aber auch nicht hatte? Einen Black-Knob …

Insofern könnte man 2025 überlegen, ob die kryptische Black/Brown-Knob-Dialektik überhaupt noch so Sinn mach. Oder ob gar unabhängige Slope-Switches, beispielsweise getrennt für Low-Cut und EQ, nicht eventuell besser wären. So wüsste man auf Anhieb was man da tut. Außerdem verleitet die Begrifflichkeit zu Erwartungen “tonaler Änderung”, was aber kaum der Fall ist.

SSL Revival 4000 Test: Fazit

Der SSL Revival 4000 ist weit mehr als ein simples Remake – er ist ein sorgfältig kuratierter Best-Of-Channelstrip, der klassische SSL-DNA mit modernen Features verbindet. Schon der Jensen-Preamplifier rechtfertigt den Blick auf das Gerät, ergänzt durch den durchaus praxisnahen De-Esser, die allseits umfangreichen E-Dynamics sowie den ikonischen SSL-EQ mit Brown-/Black-Knob-Umschaltung.

Dank flexibler Routing-Optionen lassen sich die Module in nahezu jeder Reihenfolge kombinieren – ganz im SSL-Stil. Das Ergebnis ist ein Channelstrip, der in seiner Summe noch mächtiger wirkt als die einzelnen Werkzeuge für sich genommen. Eine gelungene Mischung aus Historie und Moderne, kompakt verpackt und kompromisslos SSL.

Kritik ist hier höchstens Geschmacksache auf allerhöchstem Niveau. Unterm Strich bleibt der SSL Revival 4000 eine absolute Waffe – genau wie vor rund 50 Jahren. Eine beeindruckende Leistung, die 4,5 Sterne verdient.

SSL Revival 4000
SSL 4000 Revival – das Beste aus SL-4000-B und E in einem Channelstrip

Features

  • SSL Channelstrip mit SL4000 E/B Console Elementen
  • E-Dynamics und E-Series EQ mit “Black-242″/”Brown-02” Option
  • One-Knob De-Esser, schaltbarer Insert, reichlich Routing-Optionen
  • hergestellt in: China
  • Webseite: solidstatelogic.com
  • Preis: € 1999,– (Straßenpreis am 28.8.2025)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • appetitlicher Jensen-Übertrager-Sound
  • umfangreicher "Best of SSL SL4000 E/B" Channelstrip
  • 4-Band EQ mit 2 Filtern sowie E-Dynamics mit Comp/Gate/Expander
Contra
  • keine Übertrager-Option für den Line-In
Artikelbild
SSL Revival 4000 Test – Best of a Legend
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