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Synthesizer und Sounddesign #3 – Hüllkurven

In der dritten Folge des Workshops Synthesizer und Sounddesign dreht sich alles um das Thema Hüllkurven. Ein geflügeltes Wort bei Synthesizern, das durch Begriffe wie Envelope, EG oder ADSR auf dem Bedienfeld eines Synthesizers noch in Szene gesetzt wird. Doch was sind Hüllkurven überhaupt?

Crashkurs Synthesizer und Sounddesign #3 - Hüllkurven
Crashkurs Synthesizer und Sounddesign #3 – Hüllkurven (Quelle: Shutterstock/Von Divisual Jo)

Um zu verstehen, wofür ein Synthesizer Hüllkurven braucht, muss man sich zunächst überlegen, welche Elemente eigentlich den Charakter eines Klanges ausmachen. Grundsätzlich kann doch jedes Klangereignis – und damit auch jeder Synthesizer-Sound – im Wesentlichen durch drei Parameter beschrieben werden: Lautstärke, Tonhöhe und Klangfarbe. Die Lautstärke ist selbsterklärend. Mit der Tonhöhe haben wir uns in Folge 1 ausführlich beschäftigt; sie wird bei einem Synthesizer durch die Frequenz der Oszillatoren bestimmt. Und in Folge 2 ging es um die Klangfarbe, die bei einem subtraktiven Synthesizer durch das Filter geformt wird.

Hüllkurven bringen statische Synthesizer-Sounds zum Leben

Denkt man an natürliche Instrumente und deren Klang, wie beispielsweise ein Klavier, eine Trompete oder eine Violine, so stellt man fest, dass die Parameter Lautstärke, Tonhöhe und Klangfarbe selten völlig konstant sind. Bei einem Klavier klingt beispielsweise der Ton nach dem Anschlagen der Taste langsam aus. Ein Cellist kann stufenlos von einem Ton zum nächsten “gleiten”, und ein Trompeter kann durch den Anblasdruck den Klang seines Instruments radikal verändern, selbst wenn er einen Ton hält. Damit ein Synthesizer-Sound nicht statisch wirkt, ist es also sehr wichtig, diese Dinge im zeitlichen Verlauf steuern zu können. Hier kommen die Hüllkurven ins Spiel. Was Hüllkurven sind und wie man sie gezielt einsetzt, erklären wir detailliert in diesem Workshop.

Inhalte
  1. Was macht eine Hüllkurve bei einem Synthesizer?
  2. Wie aktiviert man Hüllkurven?
  3. Wie werden Hüllkurven beim Synthesizer bezeichnet?
  4. Welche Hüllkurven-Konfigurationen gibt es bei Synthesizern?
  5. Was bedeutet ADSR bei Synthesizer-Hüllkurven?
  6. Welche anderen Formen von Hüllkurven gibt es bei Synthesizern?
  7. Hüllkurven bei Synthesizern mit Loop-/Cycle-Funktion
  8. Beispielsound programmieren: Sweep Pad
  9. Zum Schluss
  10. Download zum Hüllkurven-Workshop

Was macht eine Hüllkurve bei einem Synthesizer?

Eine Hüllkurve (engl. Envelope) ermöglicht die automatische Steuerung von Parametern im zeitlichen Verlauf. In einem Synthesizer werden Hüllkurven am häufigsten zur Steuerung der drei Hauptparameter Lautstärke (Amp), Klangfarbe (Filter-Cutoff) und Tonhöhe (Pitch, Oszillatorfrequenz) verwendet. Mit Hüllkurven kann man beispielsweise langsam anschwellende oder ausklingende Klänge erzeugen oder Klänge, die mit einer hellen Klangfarbe beginnen und dann dunkler werden. Je nach Ausstattung des Synthesizers können auch andere oder sogar beliebige Parameter mithilfe von Hüllkurven gesteuert werden.

Wie aktiviert man Hüllkurven?

In den meisten Fällen werden die Hüllkurven eines Synthesizers getriggert, wenn eine Taste angeschlagen wird oder wenn ein MIDI-Notenbefehl oder ein Gate-Signal eintrifft. Komplex ausgestattete Synthesizer und Modularsysteme können auch andere Triggermethoden verwenden, aber in diesem Workshop werden wir uns auf diese Standardsituation beschränken. Nach dem Triggern durchläuft die Hüllkurve dann automatisch eine zuvor mit den zugehörigen Reglern eingestellte Kurve, die als Modulationssignal auf die zugewiesenen Parameter wie Lautstärke oder Filter-Cutoff wirkt. Damit gehört die Hüllkurve zu den sogenannten Modulationsquellen eines Synthesizers.

Wie werden Hüllkurven beim Synthesizer bezeichnet?

Die Hüllkurven eines Synthesizers haben je nach Hersteller mitunter unterschiedliche Bezeichnungen auf dem Bedienfeld. Üblich sind beispielsweise Envelope, ENV und EG (für Envelope Generator). Manche Hersteller bezeichnen die Hüllkurven auch nur mit ADSR1, ADSR2 und so weiter. Bei älteren Moog-Synthesizern wie dem Minimoog und davon abgeleiteten Synthesizern wie dem Behringer Model D heißen die Hüllkurven auch Contour.

Synthesizer & Hüllkurvem: Hüllkurven eines Sequential Prophet-6: zwei ADSR Envelopes für Filter und Amp
Hüllkurven eines Sequential Prophet-6: zwei ADSR Envelopes für Filter und Amp. Quelle: Bonedo

Welche Hüllkurven-Konfigurationen gibt es bei Synthesizern?

Die Ausstattung der verschiedenen Synthesizer mit Hüllkurven variiert ebenso wie deren Ausführung und Zuordnung zu den verschiedenen steuerbaren Parametern. Einige besonders einfach aufgebaute Synthesizer (z.B. der berühmte Roland TB-303) verfügen nur über eine einzige Hüllkurve mit wenigen Regelmöglichkeiten. Auch viele bekannte Vintage-Analog-Synthesizer wie die Roland Juno-Serie und der Korg Polysix haben nur eine Hüllkurve. In diesen Fällen ist die Hüllkurve meist fest dem Filter zugeordnet und man kann mit einem Schalter wählen, ob sie auch die Lautstärke beeinflussen soll.

Besser ausgestattete Synthesizer haben zwei, drei oder mehr Hüllkurven und flexiblere Zuordnungsmöglichkeiten. Die folgenden Konfigurationen sind häufig anzutreffen:

  • Zwei Hüllkurven (a): Eine ist der Lautstärke fest zugeordnet, die andere dem Filter. Andere Dinge können nicht über die Hüllkurve gesteuert werden. Diese Konfiguration ist heute selten geworden.
  • Zwei Hüllkurven (b): Eine ist fest der Lautstärke zugeordnet, die zweite ist für das Filter zuständig und kann zusätzlich oder alternativ flexible Modulationsaufgaben übernehmen. Diese Konfiguration findet man beispielsweise bei der Novation Bass Station II und beim Sequential Prophet-6 / OB-6.
  • Drei Hüllkurven: Lautstärke (Amp) und Filter haben jeweils eine fest zugeordnete Hüllkurve. Eine dritte kann frei zugeordnet werden und beispielsweise die Tonhöhe oder die Pulsweite steuern. Diese Konstellation findet sich unter anderem beim Sequential Prophet REV2.

Bei gut ausgestatteten Synthesizern (vor allem bei digitalen Synthesizern und Software-Synthesizern) findet man gelegentlich auch eine vierte oder sogar fünfte Hüllkurve, die dann über eine sogenannte Modulationsmatrix flexibel beliebigen Parametern zugeordnet werden kann.

Synthesizer & Hüllkurven: ADSR ist das mit Abstand häufigste Hüllkurven-Schema bei Synthesizern.
ADSR ist das mit Abstand häufigste Hüllkurven-Schema bei Synthesizern. (Quelle: Bonedo)

Was bedeutet ADSR bei Synthesizer-Hüllkurven?

Der bei weitem häufigste Hüllkurven-Typ bei Synthesizern arbeitet nach dem sogenannten ADSR-Schema. Dies steht für Attack-Decay-Sustain-Release. Eine ADSR-Hüllkurve hat also vier Phasen, die jeweils mit einem eigenen Regler eingestellt werden können. Die ADSR-Hüllkurve wurde bereits in der Anfangszeit der Synthesizer entwickelt und hat sich bis heute bewährt, da sie einen guten Kompromiss darstellt. Einerseits lassen sich mit ihr die meisten Klangverläufe, die auch bei natürlichen Instrumenten vorkommen und als musikalisch empfunden werden, hinreichend genau nachbilden. Langsam anschwellende oder abklingende Töne und prägnante Einschwingphasen, die in ein statisches Halten des Tones münden, sind mit einer ADSR-Hüllkurve problemlos realisierbar. Andererseits ist sie relativ einfach aufgebaut, mit überschaubarem technischen Aufwand realisierbar und sehr einfach zu bedienen. Natürlich kann eine ADSR-Hüllkurve nicht alle komplexen Verläufe abbilden, aber sie stellt einen praktikablen Mittelweg zwischen klanglichen Möglichkeiten und technischem Aufwand dar. Betrachten wir die vier Phasen einer ADSR-Hüllkurve einmal der Reihe nach:

  • Attack: Mit dem Tastendruck (‘Key on’) wird die Hüllkurve getriggert und durchläuft ihre Attack-Phase, deren Länge mit dem Attack-Regler eingestellt werden kann. Während der Attack-Phase steigt das von der Hüllkurve ausgesendete Modulationssignal von ‘Null’ bis zum Maximum an.
  • Decay: Nach Durchlaufen der Attack-Phase und Erreichen des Maximums fällt das Modulationssignal innerhalb der mit dem Decay-Regler einstellbaren Zeit auf den mit dem Sustain-Regler eingestellten Pegel ab.
  • Sustain: Der Sustainpegel wird nun solange gehalten, wie die Taste gedrückt gehalten wird. Während dieser Zeit bleibt das Modulationssignal der Hüllkurve statisch auf dem mit dem Sustain-Regler eingestellten Wert.
  • Release: Die Sustain-Phase endet in dem Moment, in dem die Taste losgelassen wird (‘Key off’). Nun beginnt die Release-Phase, deren Länge mit dem Release-Regler eingestellt wird. In dieser Zeit fällt das ausgesendete Modulationssignal vom Sustain-Level auf ‘Null’ ab.

Wichtiger Hinweis: Betrachtet man das folgende Schema genauer, so stellt man fest, dass Attack, Decay und Release Zeiten angeben, während Sustain für einen bestimmten Pegel, also einen Wert des durch die Hüllkurve erzeugten Modulationssignals steht. Sustain ist tatsächlich keine Zeit, sondern – je nachdem, was mit der Hüllkurve gesteuert wird – ein bestimmter Lautstärkepegel, ein Filter-Cutoff-Wert oder ähnliches. Diese Unterscheidung ist sehr wichtig, um eine ADSR-Hüllkurve richtig einzustellen.

Schema der ADSR-Hüllkurve. Attack, Decay und Release sind Zeiten, während Sustain ein Level ist.
Schema der ADSR-Hüllkurve. Attack, Decay und Release sind Zeiten, während Sustain ein Level ist.

Welche anderen Formen von Hüllkurven gibt es bei Synthesizern?

Neben dem ADSR-Schema gibt es in Synthesizern noch andere Arten von Hüllkurven. Sowohl einfachere als auch komplexere. Gerade bei gut ausgestatteten, modernen digitalen Synthesizern bieten die Hüllkurven oft noch einige Parameter oder Phasen mehr. Die folgenden Schemata sind neben ADSR relativ weit verbreitet:

AD-Hüllkurve: Attack-Decay

Die AD-Hüllkurve verfügt nur über einstellbare Attack- und Decay-Zeiten. Es gibt kein Sustain-Level. Das bedeutet, dass die Hüllkurve nach dem Tastenanschlag die Attack- und Decay-Phasen durchläuft und dann zum Ausgangspunkt (‘Null’) zurückkehrt. AD-Hüllkurven findet man bei Synthesizern, wie dem MFB Dominion 1 (hier als dritte Hüllkurve neben zwei ADSRs) und dem Arturia Minibrute 2 (neben einem ADSR).

AR-Hüllkurve: Attack-Release

Diese Hüllkurve bietet nur einstellbare Attack- und Release-Zeiten. Nach dem ‘Key on’ steigt das Modulationssignal auf das Maximum an (Attack) und verbleibt dort, solange die Taste gehalten wird. Beim ‘Key off’ beginnt dann die einstellbare Release-Phase. Der ARP Odyssey (und Behringer Odyssey) ist beispielsweise ein bekannter Synthesizer mit einer AR-Hüllkurve, auch die Amp-Hüllkurve des Dreadbox Erebus arbeitet so. Gelegentlich gibt es auch AD-Hüllkurven, die mit einem Schalter zum AR umfunktioniert werden können. Dies findet man z. B.  beim Dreadbox Nyx.

ASR-Hüllkurve: Attack-Sustain-Release

Die ASR-Hüllkurve ist verwandt mit der mit der AR-Hüllkurve, hat aber zusätzlich eine Einstellung für das Sustain-Level.

A-D/R-S oder ADSD-Hüllkurve

Der Moog Minimoog, seine Verwandten wie der Behringer Model D und einige andere Synthesizer von Moog wie der Minitaur verwenden dieses Hüllkurven-Schema. Dabei verfügt die Hüllkurve über alle vier Phasen einer ADSR-Hüllkurve, allerdings teilen sich Decay und Release einen gemeinsamen Regler und sind somit immer gleich lang. Auch die Hüllkurve des Dreadbox Hades arbeitet nach diesem Schema.

AHDSR-Hüllkurve

Die AHDSR-Hüllkurve verfügt zwischen den Attack- und Release-Phasen über eine zusätzliche, einstellbare Hold-Phase. Damit lässt sich der maximale Pegel des Modulationssignals für eine einstellbare Zeit halten, bevor die Decay-Phase beginnt. Anzutreffen ist dieser Hüllkurventyp beispielsweise beim M-Audio Venom Synthesizer.

Vor allem bei digitalen Synthesizern und komplexen Softwaresynths wie dem Massive X von Native Instruments sind die Hüllkurven oft deutlich komplexer. Das geht bis hin zu Hüllkurvenverläufen, die frei mit der Maus gezeichnet werden können. Der Alesis Andromeda A6 beispielsweise verfügt über ADDSRR-Hüllkurven mit je zwei Decay- und Release-Phasen, wodurch die entsprechenden Verläufe flexibler gestaltet werden können. Außerdem bieten einige Synthesizer eine zusätzliche Delay-Phase, mit der eine Verzögerung eingestellt werden kann, bevor die Hüllkurve ihren Durchlauf beginnt. Für diesen Workshop werden wir uns jedoch auf den Typ beschränken, der immer noch am weitesten verbreitet ist: ADSR.

Die AR- und ADSR-Hüllkurven des ARP Odyssey (ganz rechts) lassen sich auf "Auto Repeat" stellen
Die AR- und ADSR-Hüllkurven des ARP Odyssey (ganz rechts) lassen sich auf “Auto Repeat” stellen

Hüllkurven bei Synthesizern mit Loop-/Cycle-Funktion

Die Hüllkurven einiger Synthesizer bieten eine sogenannte Loop- bzw. Cycle-Funktion. Dabei durchläuft die Hüllkurve ihren Verlauf nicht nur einmal, sondern beginnt, wenn sie am Ende angekommen ist, wieder von vorne. Der am häufigsten mit einer Loop-Funktion kombinierte Hüllkurventyp ist die AD-Hüllkurve (Attack-Decay), wie sie z.B. im ARP Odyssey zu finden ist. Weitere Beispiele für Synthesizer mit loopbaren Hüllkurven sind der Moog Sub 37 / Subsequent 37, Dreadbox/Polyend Medusa, Dreadbox Erebus V3, Sequential Prophet REV2 sowie zahllose Eurorack-Hüllkurvenmodule. Eine geloopte Hüllkurve erzeugt ein zyklisches Modulationssignal und verhält sich damit ähnlich wie ein LFO, dessen Modulationskurve flexibel eingestellt werden kann. Mehr zu LFOs und wie sie arbeiten erfährt man in der nächsten Folge dieses Workshops.

Beispielsound programmieren: Sweep Pad

Als ersten Beispielsound in diesem Workshop programmieren wir ein Sweep Pad, einen Flächensound mit Hüllkurvenmodulation des Filters. Dabei kommen alle Elemente der ersten drei Workshop-Folgen zum Einsatz: Oszillatoren, Filter und Hüllkurven. Für diesen Beispielsound verwenden wir den Freeware-Synthesizer Helm von Matt Tytel, den man hier herunterladen kann. Dieser läuft unter macOS, Windows und Linux. Ausgangspunkt ist dabei das Preset Helm Init, das man im Download-Bereich am Ende dieses Artikels findet. Es besteht aus einer einfachen Sägezahnschwingung eines einzelnen Oszillators und klingt wie folgt:

Audio Samples
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Ausgangspunkt: Helm Init
Das Default-Preset Helm Init
Das Default-Preset Helm Init

Bewegung in den Synthesizer-Sound bringen

Dieser statische Sound ist viel zu langweilig und es ist sofort klar, dass Bewegung hinein muss. Bevor wir uns jedoch den Hüllkurven zuwenden, fügen wir einen zweiten Oszillator hinzu, den wir leicht gegen den ersten verstimmen, was dem Sound interessante Schwebungen verleiht. Im Preset Helm Init ist der zweite Oszillator ebenfalls auf eine Sägezahnschwingung eingestellt. Um ihn zu hören, drehen wir OSC2 im Mixer auf die gleiche Lautstärke wie OSC1. Dann drehen wir den Tune-Regler von OSC1 um etwa 5 Cent nach unten und den Tune-Regler von OSC2 um 5 Cent nach oben (siehe Bild). Jetzt klingt es so:

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OSC2 kommt hinzu
Ein zweiter Oszillator kommt hinzu
Ein zweiter Oszillator kommt hinzu

Hüllkurve für dem Lautstärkeverlauf verwenden

Der Klang hat durch die beiden leicht gegeneinander verstimmten Oszillatoren einen volleren Charakter bekommen, ist aber immer noch sehr statisch. Um das zu ändern, kümmern wir uns zunächst um die Lautstärkehüllkurve. Der Klang soll beim Anschlagen der Taste einen kurzen Moment brauchen, um seine maximale Lautstärke zu erreichen. Ebenso soll der Ton beim Loslassen der Taste nicht sofort verstummen, sondern einen kurzen Moment ausklingen.

Die Lautstärkehüllkurve ist mit Amplitude Envelope beschriftet und hat vier Schieberegler für Attack, Decay, Sustain und Release. Im Preset Helm Init sind die Werte ‘Null’ für Attack, Decay und Release und der Wert ‘1’ (100 %) für Sustain voreingestellt. Das bedeutet, dass der Ton, wie bei einer Orgel, beim Drücken der Taste sofort da ist und beim Loslassen sofort wieder verschwindet. Um ein langsames An- und Abklingen des Tons zu erreichen, schieben wir die Regler für Attack und Release etwas nach oben. Im folgenden Beispiel ist Attack auf ca. 0,3 Sekunden und Release auf ca. 0,7 Sekunden eingestellt.

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Lautstärkenhüllkurve: Attack und Release
Lautstärkehüllkurve: Attack und Release einstellen
Lautstärkehüllkurve: Attack und Release einstellen

Noch interessanter wird der Verlauf, wenn wir zusätzlich die Decay-Zeit etwas aufdrehen und das Sustain-Level leicht zurücknehmen. Dadurch erhalten die Synthesizer-Töne jeweils am Anfang einen leichten Lautstärke-“Buckel”, bis die Lautstärke während der Sustain-Phase dann konstant bleibt. Im nächsten Beispiel steht Decay auf ca. 1 Sekunde, Sustain beträgt etwa 0,8.

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Lautstärkenhüllkurve: Decay und Sustain
Lautstärkehüllkurve: Decay und Sustain einstellen
Lautstärkehüllkurve: Decay und Sustain einstellen

Einsatz des Filters

Kommen wir nun zum Filter. Bisher war der Klang durch die obertonreichen, ungefilterten Sägezahnschwingungen sehr hell und im wahrsten Sinne des Wortes “sägend”. Das Filter befindet sich in der Mitte der Bedienoberfläche des Helm Synthesizers. In unserem Init-Preset ist es als Tiefpassfilter mit einer Flankensteilheit von 24 dB/Oktave voreingestellt. Das Filter muss man zunächst durch einen Klick auf den entsprechenden “On”-Button aktivieren. Anschließend stellen wir den Filter-Cutoff ein, indem wir den horizontalen Schieberegler unterhalb der Filtergrafik (sozusagen auf der X-Achse) nach links verschieben. Die Cutoff-Frequenz sinkt und das Filter lässt weniger Obertöne durch – der Klang wird dadurch dunkler. Im folgenden Beispiel ist die Filter-Cutoff, die in Halbtonschritten angegeben ist, auf ca. 70 Halbtöne eingestellt.

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Filter
Filter-Cutoff einstellen
Filter-Cutoff einstellen

Sweep-Effekt mithilfe der Filter-Hüllkurve erzeugen

Um den Sweep-Effekt zu erzeugen, muss man nun auch das Filter mit einer Hüllkurve steuern. Dazu verwenden wir die Filter-Hüllkurve, die sich direkt unter dem Filter befindet und mit Filter Envelope beschriftet ist. Jetzt drehen wir zunächst den Regler Env Depth des Filters auf etwa 65 Halbtöne auf. Damit bestimmen wir, wie stark sich die Filterhüllkurve auf die Cutoff-Frequenz des Filters auswirkt. Das Filter öffnet sich jetzt wieder ein wenig. Das liegt daran, dass die Filterhüllkurve auf den maximalen Sustain-Wert von 1 voreingestellt ist. Dieser wird nun mit der unter Env Depth eingestellten Stärke zum eingestellten Cutoff-Wert addiert, wodurch dieser natürlich wieder ansteigt. Jetzt ziehen wir die Slider Attack und Decay der Filterhüllkurve nach oben und stellen Sustain auf Null.

Filter-Hüllkurve bringt Bewegung in den Synthesizer-Sound

Nun kommt Bewegung in die Cutoff-Frequenz: Sie steigt in der mit Attack eingestellten Zeit auf den Maximalwert und fällt dann während der Decay-Phase wieder ab. Im folgenden Beispiel ist Attack auf ca. 1,3 Sekunden und Decay auf ca. 3,3 Sekunden eingestellt. Damit der Sound beim Loslassen der Taste nicht merkwürdig klingt und der Cutoff-Wert nicht sprunghaft abfällt, sollte man auch die Release-Zeit etwas erhöhen, beispielsweise auf den Wert, der auch in der Lautstärkehüllkurve eingestellt ist.

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Filterhüllkurve
Filterhüllkurve einstellen
Filterhüllkurve einstellen

Mit den Werten für Env Depth, Attack und Decay kann man hier experimentieren. Was gut klingt, hängt auch davon ab, was und wie schnell man spielt, ganz besonders bei solch einem Flächensound. Wenn wir die Filterresonanz noch etwas aufdrehen, können wir den Sweep-Effekt noch verstärken. Zur Erinnerung: In Folge 2 haben wir gesehen, wie die Resonanz die Cutoff-Frequenz betont. Die Resonanz befindet sich auf dem kleinen vertikalen Schieberegler rechts neben der Filtergrafik. Im nächsten Beispiel ist die Resonanz auf etwa 40 % eingestellt, wodurch der Sweep stärker betont wird.

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Resonanz
Resonanz einstellen
Resonanz einstellen

Der Sound ist jetzt sehr prägnant – in der Praxis würde man einen solchen Flächensound wahrscheinlich etwas dezenter gestalten. Deshalb drehen wir den Env Depth-Regler wieder etwas zurück, auf etwa 40 Halbtöne. Dadurch ergibt sich ein dezentes, einfaches Sweep Pad mit einer Filterbewegung, die man mit den Reglern Attack und Decay der Filterhüllkurve an den Track anpassen kann. Natürlich kann man auch mit Cutoff und Resonance experimentieren, bis der Sound den eigenen Vorstellungen entspricht.

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Sweep Pad: der fertige Sound

Mit etwas Chorus-Effekt aus einem anderen Plug-In (TAL CHORUS-LX) klingt das Ganze jetzt so:

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Sweep Pad mit Chorus
Sweep Pad: der fertige Sound
Sweep Pad: der fertige Sound

Zum Schluss

Mit Hüllkurven kann man Klängen Leben einhauchen. Sie ermöglichen es, Lautstärke, Filter und je nach Synthesizer viele andere Parameter im zeitlichen Verlauf zu steuern. Dadurch werden Klänge interessanter und weniger statisch. In der nächsten Folge dieses Workshops beschäftigen wir uns mit einer weiteren interessanten Modulationsquelle, dem LFO.

Download zum Hüllkurven-Workshop

Hier bieten wir den Beispielsound für den Freeware-Synth Helm von Matt Tytel zum Download. Das Download-Paket enthält auch das Preset Helm Init als neutralen Ausgangspunkt für den Aufbau des Sounds. Wo die Presets abgelegt werden müssen, damit sie vom Plug-In gefunden werden, steht in der Readme-Datei, die dem Download ebenfalls beiliegt.

Weitere Folgen dieser Serie:
Crashkurs Synthesizer und Sounddesign Artikelbild
Crashkurs Synthesizer und Sounddesign

In dieser Workshop-Reihe erklären wir Schritt für Schritt die einzelnen Komponenten eines Synthesizers und zeigen, wie man typische Sounds programmiert.

10.07.2021
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Profilbild von Werner Zimmermann

Werner Zimmermann sagt:

#1 - 20.06.2019 um 01:27 Uhr

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Danke für den ausführlichen Artikel! Super mit den Beispielen

Profilbild von Patrick de Ville

Patrick de Ville sagt:

#2 - 18.10.2019 um 08:20 Uhr

0

Super Artikel, toller Crash Kurs!

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