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AKG D112 MKII Test

 „Nenne das bekannteste Bassdrum-Mikrofon!“ –„ AKG D112.“ – „Richtig!“ In diesem Testbericht überprüfen wir, ob man demnächst Abzüge in der B-Note bekommt, weil die korrekte Antwort nach dem live wie im Studio verbreitetsten Mikro für die Kick eigentlich „AKG D112 MKII“ lauten müsste.

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Das auch als „Osterei“ gehätschelte oder als „Futurama-Raumschiff“ verunglimpfte D112, bei uns im Test der Tauschspulen-Klassiker gewesen, hat auch in der neuen Auflage nichts von seiner optischen Prägnanz eingebüßt.
Es stellt sich natürlich die Frage, ob AKG eine befürchtete Verschlimmbesserung durchgeführt und an falschen Stellen gespart hat, nur unerhebliche Details verändert wurden, wie bei der „Modellpflege“ eines Autoherstellers, oder ob vielleicht wie bei D12 und C12 die heutigen (VR-)Versionen zwar gute Mikrofone sind, aber technisch wie klanglich nicht mehr allzu viel mit ihren eigenen leuchtenden Vorbildern zu tun haben. Ganz offen: Ich bin bislang nur verhalten begeistert von manchen Entwicklungen bei AKG gewesen. So verehre ich das C414 EB abgöttisch, liebe TL-II und B-ULS und mag die heutigen C414 XLS und XL-II. Das ist zwar eine Entwicklung, die absolut im positiven Bereich stattfindet, dennoch eine negative. 

Details

„Minor Changes“

Es grinst wie immer, das AKG D112, auch in der Version zwei. Und damit wären wir auch schon beim Hauptthema, dem Gehäuse. Denn von einer Neukonstruktion kann nicht die Rede sein. Der Korb mit der Plastiklippe, die dicken rückseitigen Rippen, alles ist so, wie man es kennt. Sogar die umlaufende Leiste, die Vorder- und Rückseite miteinander verbindet, ist so, wie man es von einem D112 gewohnt ist. Der Fuß hingegen ist umgestaltet worden: Statt des Rohres, welches die XLR-Buchse beinhaltet und außen von der mitgelieferten Mikrofonklemme umarmt wurde, ist nun eine Schwenkkonstruktion verbaut. Diese erlaubt es, den großen Mikrofonkorb vor- und zurückzudrehen. Fixiert wird das Bassdrum-Mikro nunmehr nicht per Klemme, sondern mit einem integrierten Stativanschluss, der direkt neben der XLR-Buchse liegt. Das Reduziergewinde lässt sich übrigens herausdrehen, sodass man bei Vorhandensein auch „amerikanische“ Stative benutzen kann. 

Fotostrecke: 3 Bilder Das AKG D112 MKII hält seine Neuigkeit direkt in die Linse – den überarbeiteten Fuß

Großmembran und Humbucker

An der Nierenkapsel, verantwortlich für die Soundeigenschaften des 112, wurde nichts merklich verändert. So kommt weiterhin eine großflächige Membran zum Einsatz, auf deren Unterseite eine Spule aufgeklebt ist, die in einen Topfmagneten eintaucht – das klassische dynamische Prinzip eben. Eine zusätzliche Brummkompensationsspule, so das sperrige deutsche Wort für den „Humbucker“, sorgt dafür, dass auch bei geringen Pegeln und hoher Verstärkung das Mikrofon störgeräuscharm operieren kann.

160 dB(SPL)? Kein Problem.

Einer der großen Vorteile des D112 ist auch beim MKII nicht verschwunden, nämlich die enorme Pegelfestigkeit. Erst bei etwa 160 dB(SPL) wird ein Anteil von Verzerrungsprodukten am Gesamtsignal von 0,5% erreicht. Das sind Werte, die mit herkömmlichen Schlaginstrumenten auch im Nahbereich höchstens erreicht werden, wenn man es wirklich, wirklich darauf anlegt. Dies ist auch der Grund dafür, dass man die 160 dB als „calculated“ angibt und nicht als Messwerte: Diese Schalldrücke konstant zu erzeugen und verlässlich zu messen, ist gar nicht so einfach. Die 210 Ohm Impedanz liegen noch im typischen Bereich für dynamische Mikrofone, bei der angegebenen Pegelfestigkeit ist es weder verwunderlich noch auf irgendeine Weise problematisch, dass der Übertragungsfaktor trotz großer Membran und dadurch stärkerer möglicher Induktion bei nur 1,8 mV/Pa liegt.

Bass-Boost im Nahbereich noch höher

Der Frequenzgang der recht breiten Niere zeigt sich über das Richtdiagramm recht konstant. Das Diagramm des frontal einfallenden Schalls lässt erkennen, dass es keine signifikanten Klangänderungen im Vergleich zum D112-Ursprungsmodell geben wird: Zwischen 2 und 5 kHz findet man den leichten Buckel, der dafür sorgt, dass sich eine Bassdrum mit etwas erhöhtem Kickanteil im Mix gut durchsetzen kann. Vor allem bewusste Resonanzvolumina im D112 sorgen für einen maximal 3 dB starken Pegelanstieg im Bass (um 100 Hz), der allerdings aufgrund des Nahbesprechungseffekts in einem Abstand von 10 cm zur Schallquelle, also üblichem Besprechungsabstand bei der Bassdrum-Abnahme, noch einmal um ganze 10 dB erhöht wird. 

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Praxis

Kleine Änderung – großer Gewinn

Ich hätte nie gedacht, mich bei einem Mikrofontest vor allem mit einem Gelenk und einem Stativanschluss zu beschäftigen. Nun, beim AKG D112 MKII macht genau dies aber Sinn, denn klanglich ist es, so viel kann ich zusammenfassend vorwegnehmen, mit dem originalen D112 als identisch zu bezeichnen. Zum neuen Anschluss: Er ist deutlich praktischer als die alte Lösung, denn das 112 mit der Klammer und seiner Kopflastigkeit hat bisweilen schon ordentlich nerven können! Gibt es ein Youtube-Video, das in schnellen Schnitten die D112s dieser Welt dabei zeigt, wie sie bei Recordings und auf Gigs eine 180-Grad-Drehung hinlegen oder aus der Klammer rutschen? Nein? Falls doch – es wäre wahrscheinlich sehr lang. Ich möchte schon wissen, wie viele Golden-Takes eines Drummers im Papierkorb landen oder aufwändig restauriert werden mussten, weil sich das 112er von seinem angedachten Ort wegbewegt hat und wie oft Livetechniker deswegen fluchend Richtung Bühne gerannt sind. Das ist vorbei, früher war nämlich bestimmt nicht alles besser! Wie schon bei Shures Unidyne-Mikros oder dem SM7B kommt jetzt ein wie ich finde zuverlässigeres System zum Einsatz. Vor allem kann man keine Mikrofonklammern „verlegen“ (oder, wie mir es mal passiert ist, aus der Hand ins schwarze Nichts zwischen Bühnenelement und Wand fallen lassen…). Allerdings ist man ein bisschen weniger flexibel, denn mit einem gesteckten Mikrofonkabel ist es durch den dicken Stecker nicht mehr so einfach möglich, das Mikrofon in jede Richtung zu verdrehen und benötigt einen Mikrofonständer, der das leistet.

Endlich: Das D112 hat es nun einfacher, an dieser Position zu bleiben.
Endlich: Das D112 hat es nun einfacher, an dieser Position zu bleiben.

Ein D112 ist ein D112 ist ein D112

Ich habe selbst kein D112, kenne es aber zur Genüge. Ok, kein Geheimnis: Ich gehöre nicht zu denen, die es anbeten und schraube lieber ein wenig mehr am EQ, aber seine Qualitäten sind bekannt, gehört es doch zu den wenigen Mikrofonen, die es schaffen, einen ordentlichen, direkt nutzbaren Sound zu liefern, mit dem jeder eigentlich zufrieden sein kann. Ich persönlich bin kein Fan des D112-Soundstempels, aber verglichen mit manchen jüngeren Bassdrum-Mikros, hält sich das Vorformen des Klangs noch in tolerierbaren Grenzen. Es gilt also immer noch, dass man mit einem AKG D112 sehr gut beraten ist, vor allem, wenn man begrenzte Ressourcen (Zeit beim Soundcheck, zusätzlicher Techniker auf der Bühne / im Aufnahmeraum, mehrbandiger, hochwertiger EQ am Pult) besitzt. Es bleibt: Ein D112 in die Bassdrum – und man hat ein ordentliches Signal, das im Zweifel unbearbeitet auf die PA kann, oft selbst dann, wenn der Trommler kein optimal gestimmtes Instrument anbieten kann. 

Audio Samples
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AKG D112 MKII im Kit AKG D112 MKII solo Beyerdynamic M 88 Electro-Voice RE20 Shure SM7B

(Drummer: Drums-Redakteur Chris Behm)

Mehr als Bassdrum!

Es auf die Abnahme der Bassdrum zu reduzieren, tut dem Osterei-Mikrofon absolut Unrecht. Das Mikrofon ist an Bass-Cabinets oftmals eine hervorragende Alternative zu kleinmembranigeren dynamischen Mikrofonen, da es dem Signal zu mehr Durchsetzungskraft verhelfen kann. Auch statt MD 421 mit dem etwas höheren Resonanzbereich bietet es sich an, sei es bei Floor-Toms oder Blechblasinstrumenten – dort vor allem aufgrund des grandiosen Low-Ends. Tuba, Posaune? Klasse! Einen aufwändigen Vergleich des „alten“ D112 mit anderen Klassiker-Mikrofonen findet ihr übrigens hier.

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Fazit

Das AKG D112 MKII ist klanglich wie der Vorgänger D112 eine Bank. Es liefert quasi „out of the box“ einen vernünftigen und absolut fehlerfreien Bassdrum-Sound. Doch auch darüber hinaus kann das D112 MKII hervorragende Dienste leisten. Die einzige wesentliche Änderung betrifft die Mikrofonhalterung. Hier muss konstatiert werden: Das ist ein echter Gewinn für jeden Praxiseinsatz des AKGs. Wer den D112-Sound mag: Kaufen!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • „Set it and forget it“-Sound
  • pegelfest
  • gutes Preis/Leistungsverhältnis
  • nicht nur für Bassdrum geeignet
  • Verbesserung der Halterung
Contra
  • Pre-EQ Geschmackssache
Artikelbild
AKG D112 MKII Test
Für 175,00€ bei
AKG_D112_MKII_6
Features und Spezifikationen
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger (mit Laufzeitglied)
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: dynamisch (Tauchspule)
  • Frequenzgang: 20 Hz (ca. -10 dB) – 17 kHz (ca. -8 dB)
  • Übertragungsfaktor: 1,8 mV/Pa
  • Ausgang: XLR male
  • Preis: Euro 259,- (UVP)
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PAPaul sagt:

#1 - 04.09.2015 um 11:08 Uhr

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Nachwievor DAS Kick Mike!

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