Auch für das Eurorack gibt es bekanntlich Delay- und Reverb-Effekte von vielen verschiedenen Herstellern. Dabei versucht jeder, sich mit neuen Produkten von der Masse abzuheben und spezielle Features für einen einzigartigen Sound einzubauen. Dennoch gibt es einige grundsätzliche Fragen, die man sich im Umgang mit Delay- und Reverb-Modulen für modulare Synthesizer stellen kann. Diese werden wir in diesem Workshop behandeln.
Gleichzeitig geben wir auch ein paar wertvolle Tipps für die nächste Anschaffung von Effektmodulen. Die vorgestellten Module ergänzen dabei unseren umfangreichen Testmarathon zu Eurorack-Effekten, den sich Interessierte ebenfalls nicht entgehen lassen sollten. Neben Delays und Reverbs finden sich dort auch einige Multieffekte, die beide Effekttypen bieten. Und weitere Module, die so ziemlich jeden Patch aufpeppen können.
Delay- und Reverb-Effekte im Eurorack – man nutzt sie, um:
- dem Klang mehr Tiefe und Räumlichkeit zu verleihen
- Atmosphären und Spannungsbögen zu erzeugen
- rhythmische Muster zu gestalten
- den Sound zu verfremden
- den Bereich des Sounddesigns zu erweitern
Delay und Reverb im Eurorack: Analog oder digital?
Beginnen wir den Workshop zum effektiven Einsatz von Delay- und Reverb-Effekten im Eurorack mit einer wichtigen Entscheidung: Sowohl für Delays als auch für Reverbs sind analoge und digitale Optionen erhältlich. Welche eignet sich nun besser? Das ist natürlich Geschmackssache – man sollte aber ein paar Dinge vor dem Kauf wissen. Die analogen Varianten der Delays sind in der Regel Bucket-Brigade-Delays (BBD), bei denen analoge Buffer das Audiosignal halten und verzögert wiedergeben. Die Wiederholraten sind nicht allzu hoch und bei längeren Delays hört man analoge Verzerrungen. Aber das ist Teil ihres speziellen klanglichen Charmes. Das unserer Meinung nach beste BBD für das Eurorack ist das Xaoc Sarajewo – das gleichzeitig auch eines der teuersten Delays für modulare Synthesizer ist. Digitale Delays wie beispielsweise das Black Stereo Delay von Erica Synths oder das Bastl Instruments Basil sind günstiger und liefern eine bessere Soundqualität bei höheren Wiederholraten. Sie eignen sich auch gut für den Einstieg.
Federhall: Authentisch von Doepfer
Ähnlich verhält es sich bei Reverb-Effekten, deren analoge Eurorack-Variante sogenannte Spring Reverbs (Federhall) sind. Bei ihnen wird das Originalsignal durch eine echte Feder geleitet, die vibriert und dadurch einen Halleffekt erzeugt. Ein solches Gerät gibt es seit Jahren von Doepfer in Form des Federhall-Moduls A-199. Will man es einsetzen, braucht man nur ein wenig Tiefe im Rack, da der Tank mit der Feder auf der Rückseite montiert werden muss. Einfacher ist es allerdings mit digitalen Hallmodulen wie dem Strymon Starlab, die oft verschiedene Sounds bzw. Modi bieten, manchmal auch einen Federhall als digitale Emulation. Gleiches gilt übrigens auch für digitale Delays, die mitunter auch BBD-Delay Emulationen beinhalten können.
Patchtipps für Delay- und Reverb-Effekte im Eurorack
Delay und Reverb in Kombination mit Mixern
Mit diesem Grundwissen geht es nun in die Praxis. Dabei wollen wir uns zunächst mit der Frage beschäftigen, an welcher Stelle eines Patches die Effektmodule Reverb und Delay im Eurorack integriert werden können. Im Prinzip ist das überall möglich, aber in der Regel sollten Delays und Reverbs eher am Ende der Signalkette stehen, also hinter VCAs und Filtern. Dort nehmen sie den gesamten Sound der vorhergehenden Module auf und geben ihm eine zusätzliche Note. Es ist aber auch möglich, sie als Send-Effekte von größeren Mixermodulen wie dem Cosmix Pro von Cosmotronic oder dem Frap Tools CGM Mixer System einzusetzen.
Für dich ausgesucht
Für den nächsten zweiten Patch-Tipp drehen wir den Spieß aber einmal um. Denn es kann auch spannend sein, Sounds aus Delays und Reverbs kommende Sounds mit anderen Modulen des Euroracks weiter zu bearbeiten, anstatt sie nur als Send-Effekte zu verwenden. Wenn man beispielsweise ein Hallsignal durch ein Tiefpassfilter schickt, wirkt der entstehende Raumeffekt dunkler und düsterer. Die Resonanz eines aggressiveren Filters kann dabei auch verrückte Raumeffekte erzeugen. Modulationseffekte wie zum Beispiel ein Phaser oder ein Flanger eignen sich hingegen gut für Delays. So schicken wir den Sound unseres Sarajewo-Delays auch gerne mal durch den Photo Phaser von Doepfer – für einen schönen Vintage-Effekt.
Karplus-Strong: Wenn das Delay zur Synth-Stimme wird
Das Make Noise Sarajewo-Modul hat noch eine weitere Besonderheit, die es mit einigen anderen Delay-Effekten teilt: Seine Wiederholungen können Rückkopplungen erzeugen. Ein solches Delay-Feedback kann mitunter eine spannende eigene Klangquelle sein. Wenn es sehr schnell ist und sich nicht so stark überschlägt, dass es immer lauter wird, kann es sogar zur gezielten Klangerzeugung eingesetzt werden. „Karplus Strong Synthesis“ nennt man das, wenn sehr schnelle Delays ihre eigenen Frequenzen erzeugen. Die Ergebnisse klingen oft wie Saiteninstrumente. Das Make Noise Mimeophon kann das besonders gut. Alternativ zur Karplus-Strong-Synthese kann man auch einen Mixer vor das Delay schalten, um externe Signale mit dem Feedback zu kombinieren. Patcht man beispielsweise von einem Delay in ein Filtermodul, von dort einmal in den Ausgang und dann zusätzlich in den Mixer vor dem Delay, kann man das gefilterte Signal vorsichtig wieder in den Eingang des Delays schicken und den Sound noch komplexer gestalten.
Auch Reverb-Module haben meist eine Einstellung, bei der ihr Effekt permanent zu hören ist. Entweder durch einen „Freeze-Button“, der das Hallsignal ewig einfriert, oder man stellt den „Decay“-Parameter sehr hoch ein, um lange Hallfahnen zu erhalten. Diese dienen gerne als spannende, atmosphärische Texturen. Natürlich kann man sie im Nachhinein auch noch weiterbearbeiten. Eine Filterbank ist zum Beispiel ein denkbares Tool, um diese Drones in Bewegung zu bringen und auch über längere Zeit interessant zu halten.
Delay- und Reverb-Effekte im Eurorack: Rhythmus und Clocks
Delay-Sync und Gated Reverb
Nach diesen ersten Patch-Tipps geht es jetzt darum, wie man Delay- und Reverb-Effekte mit dem Rest des Euroracks in Einklang bringt. Denn da beide Effekte auf der Wiederholung von Sounds basieren – und der Hall diese stark verwischt – ist es sinnvoll, sie rhythmisch zu denken und zu patchen. Bei den meisten Delays funktioniert das auch recht einfach und fix: Sie haben einen „Clock“- oder „Sync“-Eingang, in den man eine Clock schicken kann. Ist diese stabil und steuert parallel zum Beispiel noch einen Eurorack-Sequenzer, wird das Delay rhythmisch zur Melodie synchronisiert. So einfach, so nützlich. Man sollte es aber unbedingt auch einmal mit arhythmischen Clocks oder euklidischen Pattern probieren! Je nach Delay ergeben sich dann Wiederholungsverzögerungen oder Pitch-Shifting-Effekte.
Delay und Reverb im Eurorack können viel mithilfe von Modulation
Bei analogen Delay-, aber auch bei allen Arten von Reverb-Effekten im Eurorack, macht es außerdem viel Spaß, die Echo-Wiederholzeit oder die Größe des Halls zu modulieren. Auch diese Parameter sorgen für kurzfristige Tonhöhenveränderungen. Dies kann man beispielsweise mit Sample & Hold Zufallssignalen oder anderen generativen Sequenzen ausprobieren, wenn man Modulationssignale für diese Parameter sucht. Am besten ist es natürlich, wenn sie gleichzeitig auch andere Klangelemente wie Filter-Cutoffs oder Oszillator-Wellenformen modulieren. So entstehen in wenigen Schritten Sounds mit einzigartigen Effekten.
Gated Reverb: Automatisch oder doch von Hand?
Schließlich gibt es noch eine weitere rhythmische Patching-Technik: Gates aus Sequenzern in einen VCA schicken, durch den ein Reverb läuft. So entsteht der vor allem aus der Musik der 90er Jahre bekannte „Gated Reverb“. Immer dann, wenn ein Gate offen ist, hört man den Hall, ansonsten nicht. Das lässt sich sowohl mit Gates aus Sequenzern als auch mit Hands-on-Controllern wie dem Make Noise Pressure Points auf Druckbefehl steuern. In beiden Fällen gibt es definitiv genug Raum zum Experimentieren.
Zum Schluss
Delay und Reverb sind mehr als nur Effekte im Eurorack. Sie sind wichtige Bestandteile des Sounddesigns, da sie detailliert eingestellt und über CV und Gates moduliert, synchronisiert und/oder aktiviert werden können. So sorgen sie nicht nur für Räumlichkeit oder komplexere zeitliche Bewegungen, sondern auch für Kontraste. Und – im Falle der analogen Versionen – für einen gewissen (rauschigen Vintage-)Charakter. Diese Flexibilität in der Auswahl und Patch-Integration macht sie vor allem auf lange Sicht spannend. Und das wiederum macht das Eurorack insgesamt zu einem Instrument, an dem man lange Freude haben kann.