Fender Classic Player Rascal Bass OC Test

Der ungewöhnliche Rascal Bass wurde ursprünglich vom Fender Master Builder Jason Smith als Einzelstück für die NAMM Show angefertigt. Inspiriert von den alten Kay- und Danelectro-Bässen aus seiner Jugendzeit wollte Smith einen Shortscale-Bass mit den typischen 50er-Jahre “Art déco”-Design-Elementen seiner Lieblings Vintage-Schätzchen konstruieren. Eine einfache, moderne Handhabung und die eindeutige Erkennbarkeit als Instrument aus dem Fender-Stall waren dem Sohn des legendären Fender-Entwicklers Dan Smith bei der Planung allerdings ebenso wichtig.

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Das Resultat, der schicke Rascal Bass, fand auf der NAMM Show auf Anhieb großen Zuspruch bei den Tieftönern, weshalb Fender bald darauf beschloss, den Exoten als Teil ihrer erschwinglichen Classic Player-Serie in die Serienproduktion aufzunehmen.

Details

Der Rascal wirkt auf den ersten Blick vielleicht wie eine wilde Promenadenmischung mit einer abenteuerlichen Mixtur von Komponenten, tatsächlich hat Master Builder Jason Smith aber alle Teile mit Bedacht gewählt, um seine Vision von einem 50’s Style-Bass mit kurzer Mensur umzusetzen. Der Erlekorpus des Rascal ist unverkennbar von einem anderen “Shorty” aus dem Hause Fender inspiriert und erinnert an den Fender Bass VI, der bereits seit 1961 einen Platz im Programm der Traditionscompany hat. Im Gegensatz zum Fender Bass VI, der als Bariton-Gitarre konzipiert wurde und neben einigen anderen Elementen auch die Kopfplatte mit kleinen Mechaniken von der Gitarre geerbt hat, kommt der Rascal allerdings mit einem ausgewachsenen Fender Bass-Headstock daher, der zudem in der sehr eleganten Korpusfarbe “Ocean Turquoise” lackiert wurde.

Fotostrecke: 5 Bilder Der Rascal wird in einem eigenen Gigbag ausgeliefert.

Der kurze Hals des 30″ Shortscale-Basses besteht aus einem Streifen Ahorn. Darauf wurde ein Griffbrett aus Palisander geleimt, welches wiederum mit 21 Bünden bestückt ist. Hier folgt man also bewährten Vorgaben – außergewöhnlich sind höchstens die weißen Lagenmarkierungen: die ersten vier liegen nämlich auf der Bassseite zwischen der E- und der A-Saite, und nach dem 12. Bund wird die Spur gewechselt, sodass die letzten vier Punkte zwischen der D- und G-Saite sitzen. Dieses Design-Gimmick steht dem bemerkenswerten Rascal sehr gut, wie ich finde.

Fotostrecke: 6 Bilder Den Hals ziert ein Griffbrett aus wunderbar rötlich schimmerndem Palisander.

Einen noch wesentlicheren Anteil am attraktiven Retro-Look des Fender-Neuzugangs haben allerdings die Hardware-Komponenten inne; zunächst natürlich die markante Brücke, die Fender vom Guild Starfire Bass entliehen hat. Die Konstruktion wurde für den Rascal Bass allerdings modernisiert und mit verstellbaren Saitenreitern aus Stahl ausgestattet, damit jede Saite komfortabel in der Höhe justiert werden kann. Derart massive Saitenreiter sorgen in der Regel auch für einen ebenmäßigeren und obertonreicheren Klang und könnten deshalb auch einen Teil zur etwas moderneren Ausrichtung des Rascal beitragen.

Fotostrecke: 5 Bilder Ebenfalls sehr auffällig am Fender Rascal Bass…

Viel entscheidender für den Sound sind aber sicherlich die Tonabnehmer eines Instrumentes: Jason Smith hat seinem stylischen Bass drei Lipstick Stratocaster-Tonabnehmer von Seymour Duncan spendiert, die dem Rascal eine Vielzahl von Sounds bescheren sollte. Mit einem Stratocaster-mäßigen Wahlschalter können ganze fünf verschiedene Tonabnehmerkombinationen durchgeschaltet werden, und mit einem Zug am Lautstärkeregler kommt man darüber hinaus in den Genuss von zwei weiteren Sounds (beziehungsweise Tonabnehmerkombinationen), die das Klangspektrum des Rascal abermals erweitern. Zum Feintrimmen des Sounds hält das Cockpit obendrein ein passive Tonblende bereit, mit der die Höhen bei Bedarf abgesenkt werden können. Das ist ja allerhand: hinter der Retro-Tapete des Rascal könnte also wirklich ein ungeheuer flexibler Bass stecken! Ich bin wirklich gespannt, wie sich die türkis-blaue Promenadenmischung in der Praxis schlägt…

Fotostrecke: 6 Bilder Die Lipstick-Pickups des Tonabnehmer-Herstellers Seymour Duncan…

Vorher aber noch ein Wort zur Verarbeitungsqualität: Gerade das mexikanische Werk liefert in den letzten Jahren wirklich permanent gut verarbeitete Instrumente, und mein heutiger mexikanischer Testbass bestätigt diesen Eindruck einmal mehr. Angefangen bei den Holzarbeiten, über die Lackierung bis zur Bundierung gibt es rein gar nichts zu beanstanden. Zudem war der Bass ab Werk nahezu optimal eingestellt!

Praxis

Wer glaubt, dass der Rascal ein besonders kompaktes und handliches Instrument ist, weil es zur Gattung der Shortscale-Bässe gehört, liegt mit seiner Vermutung nicht ganz richtig. Sein Korpus ist etwas größer und ist im Vergleich zum Standard Jazz Bass-Korpus leicht gestreckt, damit der kurze Hals weiter links am Korpus ansetzt. Durch diesen Trick ist der Rascal insgesamt etwa so lang wie ein Standard Jazz oder Precision Bass und fühlt sich deshalb beim ersten Kontakt auch eher wie ein normaler Longscale-Bass an. Nach den ersten Tönen wird allerdings schnell klar, dass der Rascal ein spezielles Tierchen ist – klar, aufgrund der kurzen Mensur liegen die Bünde deutlich enger zusammen und die Saitenspannung ist spürbar geringer als bei einem Longscale. Außerdem rückt der Bereich, an welchem man normalerweise die Saiten mit der rechten Hand anschlägt, ein gutes Stück weiter nach links, weil die Brücke eben sehr weit vorne sitzt. Das alles erfordert natürlich ein gewisses Maß an Umgewöhnung, und einige Spieltechniken sind auf dem Rascal nur sehr umständlich umzusetzen. So funktioniert Slapping zum Beispiel kaum, weil der knappe Platz zwischen Halstonabnehmer und Griffbrettende zum Anreißen der Saite nicht ausreicht. Das ist allerdings auch nicht weiter schlimm, denn vermutlich gehört ein drahtiger Slap-Sound ohnehin nicht zu den Paradedisziplinen des schicken Retro-Basses. Aber wo liegen denn dann seine Stärken?
Um das heraus zu finden, stecke ich den Rascal in mein Test-Rig mit einem 500 Watt starken Solid-State Amp und vier 12″-Lautsprechern und schalte mich durch die verschiedenen Tonabnehmerkombinationen. Mit dem Halstonabnehmer im Solo-Modus oder im Zusammenspiel mit dem mittleren Tonabnehmer liefert mein Testkandidat sonore Sounds mit gedeckten Höhen und einem etwas hohlen Mittenbereich, der charakteristisch für Bässe mit Lipstick-Tonabnehmern ist. Der fette und fleischige Sound eignet sich hervorragend für Soul-Grooves à la James Jamerson und mit stark abgesenkten Höhen ist man verführt, dem Bass Upright-mäßige Sounds zu entlocken.

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Hals-Tonabnehmer Hals- und mittlerer Tonabnehmer
Der Rascal Bass beitzt einen stylischen Retro-Look, obwohl er ein Neuzugang in Fenders Produktpalette ist.
Der Rascal Bass beitzt einen stylischen Retro-Look, obwohl er ein Neuzugang in Fenders Produktpalette ist.

Die Sounds werden immer griffiger und perkussiver, je weiter man den Pickup-Wahlschalter nach rechts bewegt. Logisch, denn die hinteren Tonabnehmer bringen zunehmend höhere Mitten ins Spiel, die für eine gute Durchsetzungskraft und Transparenz im Klang entscheidend sind. Wenn der mittlere und der Stegtonabnehmer zusammengeschaltet werden, produziert der Rascal einen starken, relativ modernen Bassound mit deutlich mehr Obertönen, als man es von den üblichen Fender Shortscale-Bässen kennt. Und mit dem Stegtonabnehmer im Solomodus klingt der Rascal überraschenderweise sogar fast so bissig wie ein waschechter Jazz Bass und lädt zu virtuosen Soloeinlagen ein.

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Mittlerer Tonabnehmer mit Playback Mittlerer und Steg-Tonabnehmer

So klasse der Stegtonabnehmer auch klingt, die Tragfähigkeit bleibt natürlich etwas auf der Strecke, wenn er im Solomodus arbeiten muss. Abhilfe schafft hier ein beherzter Zug am Lautstärkeregler, um den Halstonabnehmer am anderen Ende des Klangspektrums dazu zu schalten. Resultat des Zusammenspiels ist ein voluminöser Sound mit kehligen Tiefmitten und transparenten, eleganten Höhen, der sich in vielen Musikrichtungen einsetzen lässt. Und wer es eine Spur aggressiver und durchsetzungsstärker mag, kann schließlich den Wahlschalter (mit immer noch gezogenem Lautstärkeregler) in Position 4 bringen, um alle drei Tonabnehmer scharf zu schalten. Das zusätzliche Mittenspektrum sorgt für mehr Wärme und der Sound wirkt insgesamt noch solider und griffiger – der Rascal besitzt in dieser Einstellung die größte Durchschlagskraft im Bandsound.

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Hals- und Steg-Tonabnehmer Alle Tonabnehmer Alle Tonabnehmer mit Playback

Fazit

Der Rascal Bass hat mich persönlich mit seiner Wandelbarkeit und der breiten Palette an tollen Sounds wirklich überrascht. Dennoch ist dieser Shortscale-Bass ein relativ spezielles Instrument und wahrscheinlich keine Lösung für Jedermann. Die kurze Mensur logischerweise nicht denselben straffen und definierten Sound von modernen Longscale-Bässen liefern, und die Lipstick-Tonabnehmer prägen mit ihrem leicht hohlen Charakter das Klangbild deutlich. Wer jedoch auf einzigartige Oldschool-Sounds steht und für die zahlreichen Nuancen Verwendung hat, die mit der ungewöhnlichen Tonabnehmerkonfiguration möglich sind, ist beim Rascal genau an der richtigen Adresse. Durch die ausgeklügelte Gesamtarchitektur fühlt sich dieser Shorty außerdem gar nicht so anders an als ein herkömmlicher Fender Jazz oder Precision Bass und die Spieltechnik passt man sehr schnell an die kurze Mensur an. Bassisten, die von virtuosen Slapeinlagen gelangweilt sind und eher im Soul, Country oder gar Indie zuhause sind, sollten sich den neuen Exoten aus dem Fender Stall deshalb auf jeden Fall mal zur Brust nehmen.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • viele, eigenwillige Sounds
  • tolle Retro-Optik
  • ähnliche Handhabung wie ein Longscale-Bass
  • tadellose Verarbeitung
Contra
  • Sound nicht so kräftig und durchsetzungsstark wie bei Longscale-Bässen
Artikelbild
Fender Classic Player Rascal Bass OC Test
Für 649,00€ bei
Der Fender Rascal Classic Player ist wie gemacht für Leute, die das "etwas andere" Instrument suchen!
Der Fender Rascal Classic Player ist wie gemacht für Leute, die das “etwas andere” Instrument suchen!
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Fender
  • Modell: Fender Classic Player Rascal Bass OC
  • Land: Mexiko
  • Mensur: 30 Zoll (Shortscale)
  • Korpus: Erle, Ocean Turquoise Polyester Finish, Perloid-Pickguard
  • Hals: geschraubt Ahorn, Palisander-Griffbret, 21 Jumbo Medium-Bünde, weiße Lagenmarkierungen
  • Hardware: Vintage-Mechaniken, Guild Starfire-Steg mit Stahl-Saitenreitern
  • Tonabnehmer: 3 x Seymour Duncan Strat Lipstick
  • Regler/Schalter: Push/Pull Volumen, Tonblende, 5-Positionen-Wahlschalter, zwei weitere Positionen mit herausgezogenem Volumen-Regler
  • Zubehör: Fender-Gigbag
  • Gewicht: ca. 4,1kg
  • Preis (UVP): 959,00 Euro
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