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Gretsch New Classic Maple Snare Test

Glaubt man, das Städtchen Mannheim hätte neben seinem wohl derzeit populärsten Sohn Xavier Naidoo Jahre keine wirklichen Pioniergeister hervorgebracht, so wird man nach ein wenig Recherche eines Besseren belehrt. Aufgemerkt! 1817 baut Karl Drais hier das erste Fahrrad, Automobil-Entwickler Carl Benz schustert 1878/79 den ersten Zweitakt-Verbrennungsmotor in einem Hinterhof zusammen, Julius Hatry das erste Raketenflugzeug, und in dieser Mannheimer Schaffensperiode emigriert 1873 der 17-jährige Friedrich Gretsch von Mannheim über den großen Teich nach Brooklyn, um kurz darauf den Grundstein für die gleichnamige Musikalienfabrik zu legen. Über ein Jahrhundert spielen jene Instrumente nun schon in der musikalischen Championsleague vorne mit. Umso erstaunlicher klingt nun Gretschs dramatisch tiefgestapelte Aussage über die New Classic Serie:

Man habe “mit der New Classic Serie das erste mal seit 50 Jahren eine von Grund auf neu konzipierte Serie auf den Markt gebracht.” Allerdings kann man der Firma Gretsch beim besten Willen nicht vorwerfen, die letzten 50 Jahre denselben Driss auf den Markt geworfen zu haben. Vielleicht weckt aber auch gerade deshalb diese Serie ein besonderes Interesse, und fordert mich auf, diesen neuen” Gretsch-Trommeln Auge und Ohr zu leihen. Beide Sinnesorgane widmen sich in den folgenden Zeilen vollends der Gretsch New Classic Maple Snare. Sehr clever in der Namensgebung; New aber dennoch Classic! Einen alten Klassiker noch besser machen? Vielleicht sogar dem ehrenwerten Klassiker das Wasser reichen? Zeit, mal genauer drauf zu schauen und hin zu hören..

Gretsch_Snare
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DETAILS
Na klar, die Optik macht den ersten Eindruck. Und der ist auf Anhieb klasse. Ob man nun die hier abgebildete Black-Fade-Lackierung favorisiert oder eines der anderen Finishes, bleibt jedem selbst überlassen. In den helleren Teilen dieser Lackierung kann man die sanft gewellte Ahorn-Holzmaserung sehr schön erkennen. Schon im Gretsch-Produktkatalog von 1958 kann man Snares und Drumsets in dieser Lackierung finden, und dieses gute Stück hier bewegt sich tatsächlich irgendwo zwischen Moderne und altehrwürdigem Klassiker. Zehn Vintage Style Tube-Lugs sorgen maßgeblich für den gewissen Retro-Look.

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Ein weiteres Relikt ist das Gretsch-Round-Badge-Logo aus den Produktionsjahren 1920-1971, welches in voller Pracht auf dem Holzkessel prangt, allerdings leicht abgewandelt: Anstelle der berühmten Phrase „Drum Makers Since 1883“ steht dort schlicht und einfach der Name der Serie: New Classic Maple. Nichts desto trotz ein schöner, nostalgischer Hingucker, dessen Vorgänger vor fast 40 Jahren zum letzten Mal das Werk verließ. Insgesamt fällt die 14 x 5,5 Zoll große Snare optisch angenehm auf, edel und dennoch erdig charaktervoll, ohne überflüssige Schnörkel oder klimperige Verzierungen. Auch im Bereich der Felle hat sich Gretsch nicht lumpen lassen. Man verzichtet auf Billig-Schmörres und tut damit dem Snare-Sound und dem Kunden einen großen Gefallen. Die Snare klingt mit einem Evans-Schlagfell (G1 coated) und Reso (Hazy 300) auf Anhieb gut, obwohl frisch aus dem Karton und noch ungestimmt. Nach einem minimalen Tuning und einer halben Stunde spielen fällt auf: “Cool – keine dunklen Stickmarks.“ So wie das Teil aussieht könnte ich sie wieder zurück ins Schaufenster stellen.

Ich löse die zehn Schrauben, welche – jeweils mit einer Scheibe aus Kunststoff unterlegt – den Die-Cast-Hoop an den Fellrahmen pressen. Die Schrauben lösen sich butterweich und geräuschlos aus den gefetteten Triple-plated-highly-polished-chrome-Böckchen (geile deutsch-englische Wort-Wurst!), wobei auffällt, dass sich manche leichter und manche etwas behäbiger schrauben lassen. Da haben scheinbar manche Schrauben im wahren Sinne ‚ihr Fett nich weg gekricht‘. Beim Abnehmen des Schlagfelles fällt mein Blick sofort auf die Kantung der Snare. Zehn Holzlagen kann ich hier deutlich erkennen, sauber gearbeitet mit einer 30° Kantengratung und leicht abgerundeter Außenkante.

Diese taste ich dort, wo das Fell aufliegt, mit dem Finger ab: glatt wie ein ‚Kinder-Bobbes’ (wie man hier in Frankfurt zu sagen pflegt), nirgends rau oder uneben. Insgesamt ist der Ahornkessel 10 mm stark. In einer der Holzlagen erkenne ich kleine Macken, allerdings sind diese so nah am Inneren des Kessels, dass keine Gefahr für das Fell besteht. Ansonsten ist der Kessel erstklassig verarbeitet.
Die Vintage-Style-Lugs sind durch dünne Kunststoffscheiben vom Kessel isoliert, so dass die Lugs keinen direkten Kontakt mit dem Holzkessel haben. Innen werden sie von jeweils zwei Schrauben mit Unterlegscheibe am matt silber lackierten Kessel fixiert. Das sieht nach einer Schutzlackierung aus – falls man mit dem Tourbus mal irgendwo stecken bleibt: Snare raus, Fell ab, Suppe kochen! Da wird nichts tropfen, dufte! 


Die Kesselnaht ist perfekt verarbeitet und beim Darüberstreichen ist nichts von ihr zu spüren. Von außen ist sie nur im hellen Teil der Lackierung hauchdünn sichtbar. 
Die Gretsch-eigene Throw-Off-Snareabhebung mit justierbarer Butt-Plate macht spontan einen guten Eindruck und passt sich auch optisch den spartanisch verzierten Spannböckchen gut an. Ebenfalls wie die Böckchen ist die Abhebung mit Kunststoff unterlegt. Die Handhabung ist wie sie sein sollte: Nichts wackelt, eiert oder knackst, sondern die Mechanik funktioniert einwandfrei im Zusammenspiel mit dem Snareteppich. Beim nun folgenden ‚Zusammenschrauben‘ taucht oben erwähntes Phänomen wieder auf: Manche Schrauben lassen sich nur schwerfällig in die Böckchen drehen. Sie reiben leicht am Hoop noch bevor der Schraubenkopf ihn berührt. Ich bin gezwungen, den Stimmschlüssel zu benutzen, obwohl die Schraube noch keine vier Umdrehungen im Böckchen sitzt. Unter diesen Umständen ist es natürlich schwer (bis unmöglich) den Moment zu ‚erspüren‘, in dem die Schraube zum ersten Mal Druck auf den Hoop ausübt und man die Snare gleichmäßig stimmen kann. Ich muss den Spannreifen ein Stückchen in Richtung des Böckchens ziehen, damit die Schraube nicht am Hoop reibt und leichtgängig eingedreht werden kann. Nachdem ich alle zehn Schrauben mittels dieses Verfahrens am selben Punkt habe, kann ich mit dem Stimmen loslegen.

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PRAXIS
Die Snare ist des Schlagzeugs bestes Stück, oder sollte zumindest danach klingen. Für mich eines der wichtigsten Kriterien überhaupt: Wie und wann klingt die Snare? Nichts ist nervender als ewig und detailversessen schrauben zu müssen um den einen Punkt zu erwischen, an dem die Trommel klingt. Umso erfreuter bin ich beim ersten Schlag auf die New Classic Maple, denn die Snare klingt einfach. Sie hat Charakter und eine holzige Wärme, die so manche Maple-Snare in dieser Preisklasse nicht bietet. Sie klingt fokussiert und knackig, ohne zu nerven oder nur zu knallen. Sie bleibt ihrem Grundsound treu, egal wie ich sie stimme.

Audio Samples
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Tiefe Stimmung Tiefe Stimmung im Set

Erste Runde, erstes Extrem: Runter mit der Spannung! Ziemlich weich spielt sich das Fell nun und bollert sonor den Sound aus dem Holzkessel. Bei vielen Snares habe ich in dieser Stimmung oft ein verwaschenes, lebloses ‚Geschnarre‘ erlebt, das mit Ton und Kraft nicht mehr viel gemeinsam hat. Irgendwas raschelt und knäult sich dann aus dem Kessel, klingt aber nicht wirklich elegant. Die Gretsch enttäuscht mich Gott sei Dank nicht: Der tiefe Sound ‚eimert und schnattert‘ angenehm, läßt aber trotzdem Platz für definierten Ton. Ich favorisiere hier den Schlag in die Mitte ohne Rimshot. Die Snare schiebt einen runden, vollen Ton aus dem Kessel, der schön rockig marschiert, aber auch groovig zu perlen vermag. Je nach dem was gerade gebraucht wird.

Jetzt trimme ich die Snare auf eine mittlere Lage für einen erdigen, knackigen Sound und mittigen ‚Wumms‘. Ich muss mich nicht lange abmühen, denn die Snare reagiert sofort und ist erstaunlich schnell auf der von mir gewünschten Stimmlage. Selbst ohne Tensionwatch oder Abklopferei am Fellrand kann ich hier fast intuitiv den Stimmschlüssel drehen und erziele ein zufriedenstellendes Ergebnis. Klarer Pluspunkt! Der Sound ist ausgewogen, warm und ein wenig verwaschen. Vor allem letztere Eigenschaft könnte nach meinem Geschmack noch ein bisschen definierter sein, ist aber durchaus noch im Bereich des Akzeptablen.

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Mittlere Stimmung Mittlere Stimmung im Set 1 Mittlere Stimmung im Set 2 Hohe Stimmung Hohe Stimmung im Set

Letzte Runde, letztes Extrem: Jetzt will ich dem Fell ein bissl Futter geben, und ziehe die Schrauben ordentlich an. Jetzt gibt die Snare wirklich Pfeffer, mit schön hohem und rundem Ton. So gestimmt, lädt die Snare zu ein paar groovigen Beats ein. Vor allem der Rimshot verbreitet beste Laune und sollte den eifrigen Kopfnickern in den ersten Reihen eine perfekte Beat-Symbiose aus Snare und Kick bescheren. Mir gefällt vor allem die druckvolle Klarheit, die die Snare in besagter Stimmung abfeuert. In gewohnt knackiger Manier und peppigen Obertönen klingt hier nichts unangenehm oder metallisch steril. In dieser Lage lässt die Snare ordentlich ihre Muskeln spielen und überzeugt auf ganzer Linie.

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FAZIT
Bei der Gretsch New Classic Maple treffen traditionelle Elemente auf moderne Konstruktion. In der Optik sehr vintage gehalten, kann die Snare klanglich jedoch ein weites Spektrum bedienen und präsentiert sich modern und erfreulich vielseitig. Die Snare läßt sich wunderbar einfach und ohne viel Aufwand stimmen und ist in jeder Lage äußerst potent. Der holzig warme Grundcharakter zieht sich durch jede Stimmung wie ein roter Faden. Sehr angenehm ist, dass die Snare alles Nötige für einen guten Ton mitbringt. Fell- oder Snareteppichwechsel sind nicht nötig, denn Gretsch hat werkseitig bereits qualitativ hochwertige Parts verbaut. 
Um an die ganz großen Snares ranzukommen, fehlt ihr freilich noch der ein- oder andere Charakterzug, aber sie macht trotzdem (vor allem in dieser Preisklasse) eine sehr überzeugende Figur.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr vielseitig
  • sehr einfach zu stimmen
  • schöne Optik
Contra
  • Schrauben reiben am Hoop
Artikelbild
Gretsch New Classic Maple Snare Test
Für 447,00€ bei
Gretsch_Snare_1b
Spezifikationen
  • Maße: 14 x 5½ Zoll
  • Kesselmaterial: Ahorn
  • Kesseldicke: 10 mm
  • Anzahl Lagen: zehn
  • Böckchen: zehn Einzelböckchen pro Fellseite
  • Finish: Black-Fade-Lackierung
  • Strainer: Throw-Off
  • Spannreifen: Die-Cast-Hoops
  • Preis: € 391,50,- (UVP)
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