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Moog Muse Test

Für manche überraschend, für andere nur logisch: Moog bringt mit dem MUSE einen achtfach polyphonen Analog-Synthesizer auf den Markt. Schaut man auf Features wie Polyphonie, die umfangreiche Mod Matrix und die beiden Filter, könnte man den MUSE als Brücke zwischen dem paraphonen Moog Matriarch und dem hochpreisigen Flaggschiff Moog One verstehen. 

Moog Muse Test

Gleichzeitig lehnt sich Moog mit dem Muse aus dem sonst eher monophonen Fenster und begibt sich in den Kosmos etablierter Poly-Synths wie dem Sequential Prophet REV2 oder dem Novation Summit. Es lässt sich nur darüber spekulieren, ob dieser neue Weg mit der Firmenübernahme durch den Music-Tech-Riesen inMusic (u. a. Akai, M-Audio) zusammenhängt. Ob der Spagat aus puristischer Tradition und neuen Ufern beim Muse gelingt, haben wir für euch getestet.

Checkliste zum Kauf von Moog Muse

  • achtfach polyphoner, bi-timbraler Analogsynthesizer
  • Drei Oszillatoren
  • Zwei flexibel einsetzbare Filter
  • Digitales Delay mit Diffuse/Reverb-Option
  • Vier LFOs und diverse Modulationsmöglichkeiten

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DETAILS

Stolzes Format

Schon beim Karton zeigt sich: Dem Kompaktheitstrend von Herstellern wie Behringer stellt sich der Muse eindeutig entgegen. Mit seinen knapp 100 x 42 x 11 cm (B x T x H) und stolzen 14,5 kg Gewicht ist er ein echte Brocken. Vor allem die Tiefe vom „Heckspoiler“ (vermutlich zur Hitzeabfuhr) lässt ihn sperriger wirken als so manches Stage Piano, das auf einem Doppelstativ auf der Bühne unausgeglichener aussehen könnte. 

Das stolze Format hat aber auch den Vorteil, dass große Poti-Abstände und viele Regler auf dem Bedienpanel Platz gefunden haben, die sich bei anderen Synthesizern gern mal in Sub-Menüs verstecken. Außerdem ist im Muse eine leicht gewichtete 61 Tasten Full-Size-Tastatur mit Aftertouch verbaut. Die wirkt im direkten Vergleich etwas leichtgängiger, klappriger und weniger solide als etwa beim Moog Matriarch. Das kann aber auch daran liegen, dass es aufgrund des großen Gehäuses mehr zum Klappern gibt.

Best-of Vintage-Synth-Design

Die typischen, vertrauten Vintage-Potis verweisen eindeutig auf Moog, während mich das große Gehäuse mit den bunten Plastik-Buttons phasenweise an Vintage-Flaggschiffe wie den Yamaha CS-80 oder den Roland Jupiter-8 erinnert. Dazu kommen die Octave Cat-ähnlichen Fader-Hüllkurven. Schon äußerlich deutet der Muse also an, dass er nicht einfach nur „ein weiterer Moog“ ist. 

Moog Muse Seitenansicht

Aufbruch zu neuen Ufern: der Moog Muse im frischen Design (Foto: Moog)

Aufbau und Bedienung

Auf den ersten Blick ist der Muse ein klassisch subtraktiver Poly-Synth, wie wir es gewohnt sind. Die Oszillatoren laufen im Mixer zusammen, bevor sie in die Filtersektion wandern und schließlich mit Modulationen und Effekten veredelt werden. Die verschiedenen Sektionen des Muse offenbaren dann doch ein paar interessante Features, die ihn teilweise stark von anderen Analog-Synthesizern unterscheiden – dazu später mehr.

Jeder Bereich verfügt über einen dreieckigen Button, über den man im Programmer-Display das jeweilige „More“-Menü öffnet. In diesem Menü editiert man die Parameter, die über die sichtbaren Potis hinausgehen. Es sind also im Prinzip klassische Sub-Menüs, die sich dank der Buttons easy einer bestimmten Sektion zuordnen lassen.

Bedient man die Regler wie etwa den OSC1 Frequency, tauchen die Werte nicht wie etwa beim Prophet REV2 im Display auf. Somit klebt man nicht ständig mit einem Auge am Display, sondern konzentriert sich mehr auf Performance und Klang. Das Display liefert uns also nur die Informationen, die wir auch wirklich brauchen. 

Moog Muse Draufsicht
Die Bedienoberfläche vom Muse (Foto: Moog)

Bi-Timbralität und Voice Control

Was wir bereits von Poly-Synths wie etwa dem Novation Summit kennen, ist die Bi-Timbralität – also das gleichzeitige Erzeugen und Spielen zweier unterschiedlicher Sounds. In der Voice Control-Sektion bestimmt man, wie diese gespielt werden. Möglich sind Split und Layer. Die Buttons A und B zeigen an, welchen Sound ihr gerade bearbeitet.

Voice Control Sektion
Die Voice Control-Sektion… (Foto: Moog)

Klickt ihr beide Buttons gleichzeitig, könnt ihr die Sounds global bearbeiten, zum Beispiel den Filter-Cutoff für beide Patches simultan regeln. Je nach Einstellung teilen sich die acht Stimmen flexibel auf die beiden Patches auf – oder ihr legt die Anzahl pro Patch im „More“-Menü fest. Außerdem ist neben einer Chord-Funktion ein Detune-Regler an Bord, über den man die Stimmen gegeneinander verstimmen kann. Hinzu kommen Buttons für Monophonie und Unisono.

Display Moog Muse
…und der zentrale Programmer-Bereich mit Display (Foto: Tom Gatza)

Ihr könnt also alle acht Stimmen übereinander stapeln, was euch unter anderem ziemlich mächtige Basssounds beschert. Der VCA stellt neben Pan-Spread auch L/R-Panning für die jeweiligen Patches zur Wahl. Insgesamt beherbergt der Muse 16 Bänke mit jeweils 16 Slots – macht insgesamt also 256 Speicherplätze. Die vielseitigen Modulationsmöglichkeiten kommen in den Factory Presets nur bedingt zur Geltung, die meist relativ unkompliziert sind. Am meisten Spaß macht es dann doch, selbst Sounds zu bauen und so die wahre Macht des Muse zu entdecken.

Moog Muse Oszillatoren

Die Oszillatorsektion verbindet Altbekanntes mit ungewöhnlichen Moog-Erweiterungen. An Bord sind drei VCOs, die auf denen des Moog Voyager basieren. Der ist innerhalb der Moog-Familie ja für seinen eigenständigen Sound bekannt. Zwei der Oszillatoren haben neben ihren Oktavschaltern auch ein interessantes Blending-Konzept. Es gibt jeweils einen Regler für das stufenlose Mischen von Dreieck und Sägezahn und einen für die Pulsweite der Rechteck-Wellenform. Diese beiden Komponenten (Dreieck/Sägezahn und Puls) könnt ihr dann wiederum mittels Fader stufenlos mischen. Auf diese Weise entstehen intuitiv ganz eigene Wellenformvariationen.

Oszillatorenv
Die zwei Oszillatoren werden ergänzt durch den… (Foto: Tom Gatza)

Die beiden Oszillatoren lassen sich auch zueinander syncen und auch FM ist möglich, wahlweise von OSC1 auf OSC2 oder anders herum. Sind beide FM-Buttons aktiv, findet Cross-Modulation statt. Der dritte Oszillator nimmt eine Spezialrolle ein. Er hat ein eigenes Bedienpanel namens „Modulation Oscillator“ und verzichtet auf Oktavschalter oder mischbare Wellenformen. Stattdessen gibt es diverse Regler für Modulationsziele wie etwa Filter Amount oder Pitch Amount. Das Prinzip, dass ein Oszillator optional auch als Modulationsquelle dienen kann, kennen wir bereits aus dem Moog Model D oder dem Sequential Prophet-06. Beim Muse drehen sich die Prioritäten nun um: Die Modulation ist die Hauptaufgabe und die Oszillatorfunktion die Option. 

Modulation
Modulation Oscillator (Foto: Tom Gatza)

Der Mixer des Muse

Im Mixer kommt ein weiteres, für Moog untypisches Feature zum Vorschein: Fader. Die meisten Moog-Synthesizer arbeiten in allen Sektionen hauptsächlich mit Potis. Nicht nur für den Mixer, sondern auch für die Hüllkurven sind die Fader eine gute Wahl, weil sie so übersichtlich sind.

Muse Mixer
Im Mixer gesellen sich noch Ring Mod, Noise und Overload hinzu. (Foto: Tom Gatza)

Mischen könnt ihr hier die Levels für die drei Oszillatoren, einen Ringmodulator auf Basis von OSC1 und OSC2 und einen Noise Generator. Außerdem gibt es einen Overload-Regler, der den Mixer Output als Feedback Loop wieder in den Mixer einspeist. Hierdurch entsteht ein Overdrive-Sound, der charakteristisch für den Moog CP3 Mixer aus den 60er Jahren ist. 

Filter und Hüllkurven

Der Muse beheimatet zwei Moog-typische Ladder Filter mit seperaten Controls für Cutoff, Envelope Amount und Resonance. Während Filter 2 ausschließlich als Low Pass Filter fungiert, könnt ihr Filter 1 optional auf Highpass umschalten.

Envelopes mit Fader
Die Hüllkurven eignen sich als wunderbare Modulationsquelle… (Foto: Tom Gatza)

Außerdem lassen sich die beiden Filter wahlweise seriell, parallel oder in stereo betreiben, was stark an das Filterkonzept vom Moog Matriarch erinnert. Auf dessen „Spacing“-Option hat man beim Muse zwar verzichtet, dafür lassen sich hier beide Filter linken. Besonders hilfreich im Live-Einsatz ist ein separater Low-Cut Regler für die Summe – bi-timbral könnt ihr den allerdings nicht betreiben.

Die zwei ADSR-Hüllkurven für Amp und Filter lassen sich loopen und reagieren auch auf Velocity. 

LFOs
Genau wie die LFOs (Foto: Tom Gatza)

Üppige Modulation

Moog war bisher für einen puristischen Ansatz und charakteristischen Sound bekannt. Beim Muse kommt nun ein ausgeprägtes Gespür für vielseitige Modulationen hinzu, die ihr auf verschiedenen Wegen einrichten könnt. Im Programmer-Bereich nutzt man dazu die sogenannte „Mod Map“.

Hierbei handelt es sich um eine Modulationsmatrix mit bis zu 16 Slots. Pro Slot bestimmt man dann die Modulationsquelle und das Modulationsziel. Außerdem kann man über einen Controller, beispielsweise das Mod Wheel, festlegen, worüber man die Modulationsintensität regeln möchte. Für die möglichen Controller hat Moog eine eigene Sektion namens „Assignable Controllers“ eingerichtet. Hier befindet sich auch ein Makro-Regler, den man als eine Art zusätzliches Mod Wheel verstehen kann.

Hinzu kommt bei jedem Modulations-Slot die Option FUNCTION. Sie moduliert auf Basis unterschiedlicher Algorithmen ausgewählte „Function Destinations“. So moduliert ihr beispielsweise die Wellenform eines LFOs, der gleichzeitig der Filterfrequenz zugewiesen ist. Diese mehrteilige Modulationsstruktur (Mod Source/Destination, Function, Control) ermöglicht sehr vielseitige und komplexe Modulationen. Viele Modulationsquellen haben haptische „Assign“-Buttons. Dreht ihr dann den Regler der Mod Destination, könnt ihr die Modulation auch rein haptisch und intuitiv programmieren, ohne ewig im Display-Bereich herum zu klicken.

Was euch auch hier leider nicht erspart bleibt, ist die Tatsache, dass ihr jede eingerichtete Modulation per „Enter“-Taste bestätigen müsst. Das kennt man von anderen Synthesizern nicht, weshalb man es gern mal vergisst – und schon ist die ausgeklügelte Modulation verloren gegangen.

LFOs und Modulation Oscillator

Vier Modulationsquellen stehen euch insgesamt auf dem Keyboard zur Verfügung. Die Clock hält syncbare LFOs in unterschiedlichen Qualitäten bereit. Zwei davon sind herkömmliche LFOS mit Dreieck, Rechteck, Puls und Random. Aber auch hier versteckt sich mit USER ein nettes Zusatz-Feature: Euch stehen 11 Wellenformen zur Verfügung, aus denen ihr euch eine zusätzliche LFO-Wellenform aussuchen dürft. Auch die Sinusform ist hier mit dabei, was gerade für sanfte Modulationen oft besser geeignet ist als das Dreieck.

Der nächste an der Reihe ist der sogenannte Pitch LFO, der mit seiner stufenlos wählbaren Mischung aus Sawtooth, Dreieck und Ramp vor allem für Pitch-Modulationen zuständig ist. Während ihr die anderen beiden LFOs über die Mod Slots zuweist, hat der Pitch LFO einen dezidierten Regler für Pitch Amount, womit ihr die Mod Map umgehen könnt. Der Modulation Oscillator bringt gleich vier solcher Regler für Pitch, Filter, PWM und VCA Amount mit. Dadurch kommt der Muse insgesamt sogar auf 21 Modulation Slots.

Eine weitere tolle Modulationsquelle ist beispielsweise der „Random Trig“, der bei jeder gespielten Taste zufällige Werte einer Modulationsquelle an die Destination schickt. Bei vielen Mod Sources könnt ihr außerdem zwischen uni- und bi-polar auswählen.

Arpeggiator und Sequencer

Der Arpeggiator von Muse lässt sich pattern-, random- oder reihenfolgenbasiert betreiben. Außerdem gibt es einen separaten Schalter für forward/backward und zusätzliche Detaileinstellungen im „More“-Menü. Arpeggiator und Sequencer verfügen jeweils über einen Clock-Divide-Regler. Der polyphone Sequencer von Muse hat es in sich: Für alle bis zu 64 Steps könnt ihr pro Stimme Gate, Velocity, Timing und bei bi-timbraler Nutzung sogar Patch A oder B auswählen.

Arp & Sequenzer
Der Arpeggiator und der Sequencer… (Foto: Tom Gatza)

Bis zu 16 Parameter-Automationen könnt ihr zusätzlich in den Sequencer aufnehmen. In Kombination mit den Probability-Settings entstehen hier sehr vielschichtige wie lebendige Patterns und Sequenzen. Und für die habt ihr hier eine eigene Speichereinheit, die unabhängig von der Sound-Bank agiert. Außerdem gibt es einen LIVE RECORD Mode, der Steps ersetzt, während die Sequenz läuft.

Effekte des Muse
In den sich durch Parameter Rec auch etwa das Delay automatisieren lässt (Foto: Tom Gatza)

Effekte 

In Sachen On Board-Effekte zeigt sich der Muse minimalistisch. Hier findet ihr lediglich das sogenannte „Diffuse Delay“, das ihr nicht bi-timbral, sondern nur global betreiben könnt. Hierbei handelt es sich um ein digitales, linkbares Stereo-Delay mit zwei Sound-Modi. Die Delay-Fahnen könnt ihr mittels „Character“-Poti wahlweise so verwaschen, dass der Sound wie ein Reverb wirkt. Es ist also kein einfaches Delay.

Mit etwas Know-how sind hier diverse Sounds möglich – von Delay, über Raum und Reverb bis hin zu Ambient. An sich ist das Diffuse-Delay ein tolles Kreativ-Tool. Mit Blick auf die Konkurrenz wäre gerade für den Live-Einsatz eine simplere, bi-timbrale Effektsektion mit weiteren Effekttypen wie etwa im Novation Summit, OB-6 und Trigon 6 aber schön gewesen.

Anschlüsse

Connections
Die Anschlüsse auf der Rückseite (Foto: Moog)

Bei den Anschlüssen bleibt der Moog Muse weitestgehend klassisch. Neben einem Stereo-Ausgang (6,3-mm-Klinke) und MIDI-In/Out/Thru gibt es eine großzügige CV-Ausstattung mit zwei CV-In/Out sowie Clock-In/Out und USB-A/B für MIDI, Updates und Back-ups. Externe Pedale bindet man über zwei Anschlüsse für Expression und Sustain ein.

Leider gibt’s keinen Audio-Eingang, was gerade für die Filter und Effekte/Modulationen sehr interessant gewesen wäre. Auch ein zweiter Stereo-Out für die getrennte Ausgabe der A/B-Patches hätte nicht geschadet. Praktisch ist hingegen der separate Lautstärkeregler für den Kopfhörerausgang auf dem Front-Panel. Außerdem hat man auf ein externes Netzteil verzichtet, ihr braucht für den Muse lediglich ein Kaltgerätestromkabel.

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PRAXIS

Workflow und Programming

Wie bereits angedeutet, gibt’s beim Moog ein paar schlaue Bedienhilfen, die den Workflow erleichtern. Durch die flexiblen Möglichkeiten zur Modulationszuweisung außerhalb des Displays/Mod Map oder die More-Menüs bleibt der Muse trotz seiner Komplexität insgesamt übersichtlich und intuitiv. Diese Flexibilität ist aber auch manchmal hinderlich, weil man dann doch hin und wieder den Überblick darüber verliert, welche Modulationen man nun eigentlich auf welcher Ebene zugewiesen hat und welche aktiv sind.

Was man sich außerdem hätte sparen können, ist, dass man bei jeder Zuweisung „Enter“ drücken muss. Das geht bei den meisten Synths auch gut ohne und ist eine unnötige Stolperfalle. Auch wenn man beim Sequencer etwas öfter ins Display schaut, lässt der sich dank LIVE RECORD MODE und den 16 Anzeige-Buttons recht unkompliziert programmieren. Die Bi-Timbralität und die übersichtliche Preset-Struktur machen den Muse auch für die Bühne sehr interessant.

Langes Booting

Auffällig ist die lange Boot-Zeit des Synths. Bis man einen Ton spielen kann, verstreichen insgesamt rund 70 Sekunden. Vermutlich läuft hier unter anderem eine automatische Tuning-Routine ab, die ja meist ohnehin nötig ist und hier eben schon eingepreist wurde. Jedoch komme ich bei meinem Sequential Prophet-6 auf insgesamt 30 Sekunden Boot-Zeit inklusive Tuning. Auch wenn es um zwei Stimmen weniger geht, ist der Unterschied schon gravierend. Das kann vor allem live bei besonders kurzen Change-Overs schon mal stressen, ist aber insgesamt kein Drama.

Wie “moog” klingt der Muse ?

Die Ausflüge von Moog in Sachen Features, Bedienung und Design machen auch vor dem Klang des Muse nicht halt. Der Grundsound bewegt sich nicht zuletzt durch das Ladder-Filter deutlich in Moog-Gefilden. Beim Spielen und Programmieren stellt sich aber schnell das Gefühl ein, dass der Muse eben doch nicht „typisch Moog“ ist.

Im Vergleich zum Moog Matriarch etwa klingt der Muse etwas weniger samtig und dicht, sondern deutlich höhenlastiger, aufgeräumter bei Akkorden und auf eine Art entschlackter.

Der Matriarch hat eindeutig mehr Wärme und Oszillator-Drift. Er schwingt und schwebt, wohingegen der Muse zwar immer noch deutlich analog, aber etwas sauberer und neutraler daherkommt. Das hat eventuell auch mit dem vergleichsweise cleanen Mixer und VCA zu tun, ist aber bei einem polyphonen Synth durchaus auch begrüßenswert. Denn so wirken die Akkorde weniger matschig-mächtig und lassen sich etwas besser im Band-Kontext mischen. Die Unterschiede werden vor allem bei offenem Filter mit dem rohen Oszillator-Sound deutlich. Um das zu demonstrieren, habe ich einmal ein paar vierstimmige Akkorde bei gleichen Settings an den Muse und einmal an den Matriarch geschickt.

Audio Samples
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Muse Chords Matriarch Chords

Oszillatoren

Dass der Muse nicht den klassischen Moog-Weg geht, mag auch an den Voyager-basierten Oszillatoren liegen, die das ebenfalls nicht getan haben. Das extra für den Muse entwickelte Design mit den mehrfach mischbaren Wellenformen lädt jedenfalls zu individuellen Sounddesign-Ausflügen ein.

Um die Bandbreite des Oszillators zu demonstrieren, habe ich einmal eine Fahrt von Dreieck bis Sägezahn gemacht. Dann gings über den Fader stufenlos ins Rechteck über, wo ich dann wiederum die Pulsbreite geregelt habe. Zusätzlich habe ich einmal alle „reinen“ Wellenformen inklusive Sinus-Wave des Modulation-Oszillators aufgenommen.

Audio Samples
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Oszillator Bandbreite OSC Triangle OSC Sawtooth OSC Pulse OSC Sine (Mod Osc)

Bei der Pulsbreite gibt es einen sehr interessanten Sweet Spot, den ich von keinem anderen Analog-Synth kenne. Kurz bevor der Regler voll aufgedreht ist und der Sound verschwindet, produziert der Muse-Oszillator noch seine famous last Words: eine glitchy verzerrt wirkende Textur, die sich wunderbar für LoFi-Sounds eignet.

Audio Samples
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Dying Oszillator Friendly Swarm: Pulse OSC; LFO auf Cutoff und PWM

Tolle Sounds, jederzeit

Durch die acht Stimmen und die Voyager-Oszillatoren glänzt der Muse in ganz unterschiedlichen Disziplinen. Sowohl seidige Lead-Sounds, als auch kernige Bässe und träumerische Pad-Sounds sind dank des guten Grundsounds schnell programmiert. Es gestaltet sich schon fast schwierig, sie nicht schön klingen zu lassen.

Seine ganze Macht demonstriert der Muse im Unisono-Modus. Wo Filter und VCA anderer Synthesizern auch mal in die Knie gehen und der Unisono-Sounds seltsam komprimiert wirkt, bleibt er beim Muse stets druckvoll und lebendig.

Audio Samples
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Achtfacher Unisono Bass mit Pitch-LFO auf Aftertouch Pulse Wave + Overload/Distortion MOD OSC Auf VCA Pan für Stereo-Effekte, Pitch LFO, Diffuse Delay als Raum

Auch wenn man das Diffusion Delay und seine Funktionsweise erst einmal kennenlernen muss, offenbart es eine große Bandbreite aus Reverb/Delay-Sounds und schickt vor allem die Pad-Sounds ins Weltall.

Audio Samples
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OSC 1 Dreieck/Sägezahn, OSC 2 Pulse, soft Pitch-LFO Mod, into Diffuse Delay OSC mit Filter Envelope, Diffuse Delay OSC+Glide+Pitch LFO/Vibrato, Diffuse Delay, Overload

Die Bi-Timbralität macht den Muse sowohl für die Bühne als auch für komplexes Sounddesign interessant. Gerade im Band-Kontext ist es sehr hilfreich, wenn man in der linken Hand einen Bass- und in der rechten einen Pad/Lead-Sound separat spielen kann. Aber auch für den Sequencer ist die Bi-Timbralität Gold wert, da das Patch ja per Step gewechselt werden kann. In Kombination mit Parameter Rec und Diffuse Delay kommen hier sehr lebendige, verspielte Sequenzen zustande.

Audio Samples
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Bi-Timbral Split: Arp+Delay, Linke Hand Plucked Bass Bi-Timbral; Bass-Arpeggiator, Pad-Sound mit Noise->Filter Freq, Diffuse Delay Poly Sequencer mit Parameter Rec und Diffuse Delay Bi Timbrale Sequenz mit zwei unterschiedlichen Patches, Parameter Rec und Diffuse Delay

Die FM-Funktion funktioniert erstaunlich gut. Damit die Oszillatoren sich nicht unkontrolliert zerstören, schaltet man zur Kontrolle per Mod Map eine der Hüllkurven dazwischen. In den folgenden Beispielen habe ich die FM-Intensität auf das Mod Wheel gelegt, sodass die klanglichen Unterschiede klar werden.

Audio Samples
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FM OSC2 auf OSC1 FM von OSC2 über Filterhüllkurve auf OSC1, Intensity über Mod Wheel Bi Timbral Stack, Sequencer, Patch B Volume und FM Amount über Mod Wheel

Große Moog-Keyboards sind eher weniger für ihre schnellen Hüllkurven bekannt, was sich auch beim Muse nicht ändern soll. Mit ein wenig Feingefühl entlockt man ihm gerade durch die komplexe Filterstruktur dann aber doch recht amtliche Drumsounds, die im Sequencer dank Probability richtig lebendig werden.

Audio Samples
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Verschiedene Drum Sounds, Hi Hat Sequencer mit Probability und Parameter Rec

Insgesamt wird der Muse seiner Flaggschiff-Optik klanglich durchaus gerecht und brilliert in ganz verschiedenen Aufgaben. Diese Vielseitigkeit geht klanglich aber auch auf Kosten von Moogs „One Trick Pony“-Image. Auch wenn der Sound sich eindeutig als „Moog“ identifizieren lässt, bringt der Muse etwas weniger vom typisch warmen Vintage-Charakter mit und geht so seinen eigenen Weg.

FeaturesMoog MuseSequential Prophet-Rev02Novation Summit
Polyphonie8616
Anzahl Oszillatoren3 (einer davon Mod OSC)2 + Sub-Oszillator3
FilterZwei Low Pass Filter, eins davon auf Highpass schaltbar. Parallel, Seriell oder Stereo nutzbar12db/24db Low Pass-Filter, optionaler Highpass in der Effekt-SektionMultimode Filter mit Dual Filter-Option (festgelegte Filter-Kombinationen)
Anzahl Hüllkurven233
Anzahl LFO’s444
Anzahl Modulations-Slots21 (16 Mod Map+
5 Bedienpanel)
2216
Audio InNeinNeinJa
Effekt-Slots124
Effekt-Typen1134
Gewicht14,5 kg9,3 kg11 kg
Bewertung im Test4,5/54/54,5/5
PreisVorraussichtlich 3.500 €2.099 €2.099 €
Produkt bei ThomannThomann-LinkThomann-Link

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Fazit

Der Moog Muse ist ein echtes Analog-Flaggschiff und vereint viele Qualitäten, die über die bisherige Ausrichtung von Moog teilweise hinausgehen. Die vielseitigen Modulationsmöglichkeiten und der flexible Sequencer machen den Muse in Kombination mit dem präzisen, aber dennoch analog wirkenden Grundsound zu einer Allzweckwaffe. Klanglich geht er seinen eigenen Weg, ohne dabei den Moog-Charme zu verlieren. Dazu kommen smarte Bedienhilfen, die den Synth trotz seiner Vielschichtigkeit sowohl im Live-Kontext als auch im Studio-Programming sehr zugänglich machen.

Moog Muse Test

Features

  • 8-fache Polyphonie
  • Zwei Moog Ladder Filter, seriell/stereo/parallel betreibbar
  • Zwei ADSR-Hüllkurven
  • VCA mit Level, Panning und Pan Spread
  • Zwei VCO’s mit Dreieck, Sägezahn, Pulse und FM/Cross Mod
  • Mod VCO als zusätzlicher OSC oder für komplexe Modulationen
  • Drei LFO’s
  • Arpeggiator mit Random, Pattern, Order und Forward/Backward-Button
  • Step Sequencer mit bis zu 64 Steps, Parameter-Recording und eigenem Memory
  • Bi-Timbralität (Stack/Layer)
  • Wahlweise monophon, polyphon oder unisono mit Detune-Regler
  • Mod Map mit bis zu 16 Modulation Slots
  • Assignable Controllers mit Makro-Regler
  • Pitch/Mod Wheel
  • Bis zu 256 Presets in 16 Bänken
  • Mixer mit Ring Mod, Noise Generator und Overload
  • Linkbares Stereo-Delay mit Diffuse-Funktion
  • Stereo Out (6,3mm Klinke)
  • Headphones-Anschluss mit separatem Volume-Regler
  • Low Cut-Regler für die Summe
  • Zwei CV In/Out
  • Clock In/Out
  • USB A/B
  • Stromversorgung über Kaltgerätekabel
  • PREIS: € 3499 Straßenpreis am 31.7.24

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Kommentieren
Profilbild von Peter Hauser

Peter Hauser sagt:

#1 - 06.08.2024 um 22:09 Uhr

0

So we ich das sehe, bleibe ich gerne bei meinem Novation Summit :), interessant auch, dass er hier zum Vergleich diente. Auch kann ich beim Durchlesen des Artikels mich dem den Eindruck nicht widersetzen, dass der Funke vom Muse auf den Tester nicht so recht hat überspringen wollen. Interessant wäre auch ein Vergleich zum Polybrute 12, der in der ähnlichen Preisklasse weibelt und mit deutlich mehr Features daherkommt.

Profilbild von Kosmonaut

Kosmonaut sagt:

#2 - 13.09.2024 um 10:27 Uhr

0

In der tabellarischen Übersicht auf Seite 2 steht mein Prophet REV2 6 fache Polyphonie, es sind doch je nach Ausbaustufe 8 bzw. 16?

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