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Roland TD-20KX Test

Jahaaaa! Wir sind wieder einmal die Allerallerallerersten! Bevor überhaupt auch nur irgendwer davon wusste, haben wir uns schon eines gekrallt: Das TD-20KX von Roland ist da! Es ersetzt das TD-20 und das TDW-20. „Das neue Flaggschiff“ und „das beste V-Drumset seiner Zeit“ sind Losungen, die uns die Firma Roland mit stolz geschwellter Brust mit auf den Heimweg von ihrer Präsentations-Show gegeben hat. Es gibt tatsächlich viel zu entdecken, schon auf den ersten Blick hat sich eine Menge getan. Okay, das Ende der Drumsets TDW-20 und TD-20 mit der Neueinführung des TD-20KX verursacht eine ähnliche Schockstarre wie das Ende der Glühbirne. Man hatte sich doch so sehr daran gewöhnt. Aber muss man sich als E-Drum-User jetzt komplett umstellen? Wir testen das TD-20KX auf Nachhaltigkeit und Tradition. Viel Spaß beim Lesen!

E-Drumsets werden immer aktueller und bahnen sich seit Jahrzehnten ihren Weg in die Wohnungen, Proberäume und auf die Bühnen dieser Welt. Manchmal ist ein akustisches Drumset eben nicht leise genug um ein entspanntes Drumming in ruhigen musikalischen Umbegungen zu ermöglichen. In Zeiten von Dance-Musik aber eben auch manchmal nicht druckvoll genug. Um diesen Ansprüchen professionell gerecht zu werden, hat Roland das TD-20KX entwickelt.
Sparkle-Finish, Edelstahl-Rack, silberne Becken, eine große Bassdrum und Kabel im Metallic-Look sind die vordergründigsten Neuigkeiten. Das ist allerdings noch nicht alles, versprochen! Hier steckt der Engel im Detail!

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Details
“Details” ist nicht nur die Überschrift für dieses Kapitel, sondern steht auch Sinn gebend für das komplette Drumset. Eine wahre Flut praktischer und hochwertiger Neuerungen und Gimmicks zwingt einen dazu, beim Aufzählen mehrmals Luft zu holen. Die Neuigkeiten vorweg: Die Becken glänzen metallisch und schaukeln wie ihre großen Vorbilder aus dem analogen Paralleluniversum gemütlich nach jedem Schlag aus.

Die Bassdrum fällt vorbildlich groß aus, 16“ Durchmesser können sich sehen lassen und geben einem das angenehme Gefühl, man würde wirklich in eine fette Bassdrum treten. Die Sinne lassen sich doch gerne etwas vorgaukeln. Einen ähnlichen visuellen Placebo-Effekt dürften die Toms und die Snare beim Publikum auslösen, denn die mit einem schönen Finish versehenen Trommeln befinden sich offensichtlich auf gutem Wege zur Annäherung an die topmodernen „Hyperdrive-Drum“ genannten Toms der Akustik-Sets, welche – gleich einem Minirock – inzwischen immer kürzer ausfallen.

Die Optik ist die vordergründigste Neuerung gegenüber den populären Vorgängern des TD-20KX – dem TDW-20 und dem TD-20. Das Finish kann jeder Besitzer ohne großen Aufwand wechseln. Zu diesem Zweck befindet sich in Rolands Boxengasse eine kleine – aber geschmackvolle – Auswahl verschiedener Folien-Finishes. Folien sind natürlich “kompatibel zu Drittherstellern”, so dass es einen immensen Gestaltungsspielraum gibt!

Ein weiteres sehr schönes Detail sind die Kabel: Endlich richten sich diese mal in der Farbgebung nach der Hardware, und nicht wie bei den Vorgängern die Hardware nach den Kabeln. Endlich keine schwarzen Kabelschlangen mehr, die sich genauso unmotiviert um ein schwarzes Rack winden, wie Druckerkabel in Großraumbüros um graue Tische mit mikrowellengroßen Bildschirmen. Stattdessen findet man hochwertige Kabel mit durchsichtiger Isolierung, die mittels eines praktischen Kabel-Clips direkt an den jeweiligen Edelstahl-Stangen fixiert werden können.
Auf dem Weg zum Modul verlaufen die Kabelstränge dann dezent im Hohlraum der Rack-Stangen.
Alle Stangen und Halterungen haben denselben Durchmesser und lassen sich außer in die Rack-Klammern auch wahlweise in die vorderen Ständer des Racks stecken. Dieses System macht einen schnellen Auf- oder Umbau komfortabel und spart Platz.

In Sachen Modul setzt Roland auf Altbewährtes. Allerdings in Kombination! Es befinden sich alle Preset-Sounds der Vorgänger TD20 und TDW20 auf dem Modul. Dadurch kommen beachtliche 920 Sounds zusammen, die man frei kombinieren kann. Hat man eine gute Drumsound-Kombination gefunden, lässt sich diese über den eingebauten Karten-Slot auf einer CF-Karte speichern.

Neben weiteren und detaillierteren Einstellungsmöglichkeiten in den Bereichen „Simulierte Soundumgebung“ und Kompression befindet sich der Quell aller Neugierde – oder leider auch „der Stein des Anstoßes“ – auf der Rückseite des Moduls. Einen USB-Port hat sich Roland offensichtlich für spätere Veröffentlichungen aufgespart. Das in etlichen Foren ersehnte direkte Plug & Play ist damit leider nicht möglich. Ein gewisser Datenaustausch ist dennoch über das MIDI-Duo möglich. Ein digitaler S/PDIF-Audioausgang kann ein Stereosignal ohne vorherige D/A-Wandlung verschicken.

Hauptmotiv des TD-20KX ist ohnehin weniger Revolution als Evolution. Roland möchte mit den neuen Features im Live-Sektor Boden gut machen, und so reihen sich auch die neuen klanglichen Features des Moduls in die optische Entwicklung des Sets ein: Man hat alle Möglichkeiten! 25 Raum-Typen, Raum-Größen, Wand-Typen, fast schon millimetergenaue Mic-Positionen und eine variable Raum-Form simulieren viele natürlichen Sound-Einflussnahmen.

Besonders bei einem Live-Konzert lässt sich so wirklich haargenau einstellen, wie ein natürliches Set in der gegebenen Umgebung klingen würde. Der Sound des Drumsets lässt sich dem Raum somit anpassen und pfropft sich ihm nicht mehr einfach so auf. Mit der erweiterten und verbesserten Kompressor-Palette rüstet sich Roland für die allgemeine Suche nach dem druckvollsten Live-Sound.

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Praxis
Der erste Aufbau des Drumsets gestaltet sich in etwa so simpel wie der eines Ikea-Regals. Im weiteren Verlauf sorgen Memory-Locks und geschmeidig laufende Klammern und Scharniere für einen flotten Auf- und Abbau. Die Kabel sind sinnvoll gekennzeichnet und solange man sich nicht gegen einen standardisierten Aufbau sträubt, ist dieser fast selbsterklärend einfach.

Kugelscharniere in den Köpfen der Beckenständer und in den Gelenken der Tomhalterungen ermöglichen eine entspannte Einstellung der Winkel und Höhen aller Elektropads, die so gut wie keine Grenzen kennt. Zwei Jahre Rack-Entwicklungszeit machen sich spätestens dann bemerkbar, wenn keine Schraube mehr klemmt oder zwischen zwei Klammern plötzlich keinen Platz mehr hat, um fester gedreht zu werden. Auch die etwas überflüssige parallele Mittelstange wurde wegrationalisiert, was wiederum zur Übersichtlichkeit beiträgt. Allerdings haben so begrüßenswerte Eigenschaften wie Robustheit, Look und Flexibilität zwei Nachteile: Das Set ist sehr schwer und sehr groß.
Auch wenn Roland bereits (oder “erst jetzt”?) mit gewohnter Akribie an einer sinnvollen Transportlösung tüftelt, beläuft sich das Gesamtgewicht des Basis-Drumsets auf stattliche 56,6 kg, Hihat- und Snareständer sowie Fußmaschine nicht inbegriffen. Allerdings lassen sich die Muckis vom Drumset-Schleppen beim Knüppelschwingen wieder einsetzen, denn egal wie dick der Stick oder wie kraftvoll und taktvoll der Drummer auch ist, es scheint, als könnte nicht einmal ein Bombeneinschlag ernsthafte Spuren am Set hinterlassen. Schon die beiden Muckibuden-Drummer der offiziellen Präsentation von Roland wirkten so, als wollten sie am TD-20KX ihre Workouts nachholen. Ja, da hat sich nicht nur optisch einiges getan, auch in Sachen Verarbeitung wurde hier ein neues Level – möglicherweise auch eine Grenze – erreicht.

Das Spielgefühl ist durch die Mesh-Heads gewohnt angenehm, das Hörerlebnis hat aber durch die noch feinere Dynamik-Abstufung des Moduls gegenüber den Vorgängermodellen deutlich an Qualität gewonnen. Sowohl die Optik als auch die natürlichere Dynamik im Prozess der Sounderzeugung bewirken bei mir auf Anhieb ein völlig enthemmtes Drumming:

Audio Samples
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D’n’B-Groove

Nun zu den Preset-Sounds: Wer bereits ein TDW-20 oder ein TD-20 gespielt hat, den überrascht hier nichts. Allerdings ist es überraschend, dass Roland hier keine wirklichen Überraschungen parat hat. Alle Sounds klingen so wie immer, es sind keine hinzugekommen.

Audio Samples
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TD-20KX Snare dynamisch Cymbals dynamisch Ride dynamisch 50’s King

Die Natur-Drumset Simulationen klingen doch eher nach Plastik als nach Holz, was auch daran liegen mag, dass für die Presets in erster Linie straff bespannte Trommeln Pate standen.
Trotzdem können viele Beckensounds überzeugen, genauso wie einige Snaresimulationen und die Bassdrums. Dank der zusätzlichen Dynamik-Stufen hören sich die bereits gelobten Becken verblüffend echt an. Besonders bemerkenswert ist: Großartig, wie lebensecht sich die Cymbals spielen lassen. Das Ridebecken beispielsweise sieht nicht nur sehr gut aus, es reagiert fast wie sein Vorbild aus Metall auf alle Spielarten des Drummers mit klanglicher Perfektion.
Etwas weniger genau nehmen es die Toms, die wie ich finde in den meisten Presets eher nach Plastikeimer als nach Ahorntrommel klingen.

Auch wenn die Naturdrumset-Simulationen seitens des Herstellers deutlich den Elektrosounds vorangestellt werden, sehe ich die Stärken des Sets besonders im Bereich der Computersounds. Wo sonst – wenn nicht an einem Roland TD-20KX – kann man so genüsslich ein 909 Drumset spielen?

Audio Samples
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909-Groove Songo TD-20X Playalong Funk-Groove Playalong

Auch die weiteren Synthesizer-Drums fügen sich wesentlich problemloser in die Soundberechnungen des Moduls ein als die akustischen Simulationen.
In der Live-Situation und im Proberaum – durch die vielen tollen Preset-Playalongs – macht das Drumset auf Anhieb Spaß.
Wie gestaltet sich also die Studiosituation?
Das wichtigste zuerst: Midi ist eingebaut und funktioniert. Soweit so gut, ist Midi doch seit einigen Jahrzehnten absoluter Standard. So richtig interessant wäre es aber mit moderneren Daten-Schnittstellen wie USB oder Firewire.
Wahrscheinlich gehört dem „Physical Modeling“ im Gegensatz zum Sampling die Zukunft, allerdings wäre es für einen professionellen Studiokontext angebracht, einen eigenen Bereich im Modul freizustellen, in dem ein eigener Setsound mit kompletten Zugriff auf viel mehr Parameter selbst erstellt werden kann. Eines der Ziele einer guten Studioproduktion ist Eigenständigkeit, zu der dieses Drumset mit seinen Sound sicher nicht beitragen wird. Weil heutige Studioproduktionen im Regelfall mit Harddisk-Systemen arbeiten, wäre es notwendig, mit jedem Einzelsound digital aus dem Modul herauszukommen, etwa mit zwei ADAT-Outs (und einem Wordclock-Input). Der elektrische S/PDIF-Ausgang wirkt daher recht verloren.

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Fazit
Roland hat sich beim TD-20KX sehr nachdrücklich vieler Aufgaben angenommen, die sich eigentlich schon zu Beginn des Zeitalters der Elektro-Drums gestellt haben. Der ganz große Wurf ist Roland hier nur optisch gelungen, allerdings ist die Firma mit der Zweigstelle in Norderstedt bei Hamburg mit dem TD-20KX an einem Punkt der Evolution von E-Drumsets angekommen, an dem es unter den bisherigen Umständen einfach nicht mehr wesentlich besser geht. Der große Wurf wurde also aufgeschoben, viele kleine Würfchen könnten aber bereits dieses Drumset zu einem absoluten Renner machen. Es ist in etwa so wie bei der Entwicklung der Benzinmotoren: Die Leistungsgrenze scheint erreicht, der nächste Schritt ist unweigerlich die Revolution hin zum Wasserstoff- oder Elektromotor.
Auch wenn das Set mit großartiger Ingenieurskunst und einer tollen Optik zu überzeugen weiss, so kann man doch – wenn man ganz leise ist – den ein oder anderen zukünftigen TD-20KX-Freund schon jetzt murmeln hören: „Und was ist mit der ADAT-Schnittstelle? Und wann kann ich meine eigenen Samples da draufladen? Wann kann ich mir selber ein Drumset aus den vorhandenen Parametern schrauben?“. Allerdings nur ganz leise, denn die bemannte Raumfahrt kann sich auch nicht jeder leisten. Oder doch?

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • hervorragende Verarbeitung
  • viele sinnvolle Gimmicks
  • gute Sound-Tuning-Optionen
Contra
  • pappige Tomsounds
  • hohes Gewicht
Artikelbild
Roland TD-20KX Test
Für 6.099,00€ bei
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TECHNISCHE DATEN
  • Chrom-Rack, alle wesentlichen Teile aus Metall
  • das Folienfinish kann ausgetauscht werden
  • silberfarbene V-Cymbals und V-Hihat
  • Pads: vier Toms (2 x 10″, 2 x 12″), Snare (12″), Bassdrum (14″), zwei Crashes (14″), Ride (15″), Hihat (12″)
  • Soundmodul:
  • kombiniert die Sounds der Module des TD-20 und des TDW-20
  • 920 dynamische Sounds
  • 100 vorprogrammierte Drumsets
  • neue Compression-Algorithmen
  • 99 Speicherplätze für TD-20X Backups auf CF-Karten
  • verbesserte Dynamik
  • Midi-I/O
  • acht Line-Ausgänge (Klinke)
  • acht Line-Eingänge (Klinke)
  • S/PDIF Out (elektrisch)
  • 25 Ambience-Einstellungen (Soundbooth, Studio, Concert Hall, etc.)
  • Preis incl. Rack: € 5999,- (UVP)
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